Deutsche Minenabwehrfähigkeit
Alle derzeitigen Fähigkeiten zur Minenabwehr der Deutschen Marine sind in der neu aufgestellten Einsatzflottille 1 in Kiel zusammengefasst. Die Minentauchereinsatzgruppen der Spezialisierten Einsatzkräfte der Marine (SEKM) sowie die beiden verbliebenen Minensuchgeschwader der Flotte haben hier ihre neue Heimat gefunden. Die Einsatzflottille verbindet den praktischen Einsatz der Mittel in den Geschwadern mit den Möglichkeiten zur Weiterentwicklung innerhalb der Flottillenorganisation. Durch die Einbindung des Center of Excellence for Confined and Shallow Waters (COE CSW) wird sichergestellt, dass die praktischen Erfahrungen von heute zu Verfahren der Zukunft weiterentwickelt werden.
Die Deutsche Marine verfügt über 20 Minenabwehrfahrzeuge, die allesamt auf einer Standardplattform basieren. Ihre Ausrüstung allerdings variiert von Minenjagdsystemen mit zum Teil betagten Minenjagddrohnen des Typs PINGUIN B3, über moderne Minenjagdsysteme mit modernen Einwegdrohnen des Typs SEEFUCHS, bis hin zu den TROIKA Plus Systemen mit SEEHUNDEN, die ein ferngelenktes Minenräumen erlauben.
Die heutigen in den 1990er Jahren gebauten Minenabwehreinheiten sind:
aufgrund ihrer Signatur und Bauart hoch geschützt,
verfügen über eine autarke Seeausdauer bis zu einer Woche,
verfügen über ausreichende Seefestigkeit auch auf hoher See und
erlauben eine Transitgeschwindigkeit über 16 kn.
Das Minenjagdsystem Klasse MJ 332 bekämpft Minen mit den mitgeführten Minenvernichtungsladungen (MVL) der wieder verwendbaren Minenjagddrohne PINGUIN B3, welche kabelgelenkt im Suchbereich eines Sonars zur Mine geführt wird. Eine fünfköpfige Minentauchereinsatzgruppe, zu deren Sicherheit eine Taucherdruckkammer mitgeführt wird, vervollständigt dieses Waffensystem. Es ist kurz- bis mittelfristig eingeplant, diese Einheiten auf das Drohnensystem SEEFUCHS umzustellen, da der PINGUIN B3 seine Alters- und Einsatzdauergrenzen überschritten hat.
Das Minenjagdsystem Klasse MJ 333 basiert auf der ehemaligen Klasse der Schnellen Minensuchboote SM 343. Zum Ende der 90er Jahre wurden diese Einheiten zum Minenjagdboot umgebaut und mit dem revolutionären System der Einwegdrohne SEEFUCHS bestückt, welche nahezu voll automatisiert im Sonarstrahl und mithilfe eigener leistungsstarker Sensorik ihr Ziel findet und durch die eingebaute Blastladung das Ziel und sich selbst zerstört. Weiterreichende Radarsensoren und das Lageinformationssystem LINK 11 erweitern das Fähigkeitsspektrum dieser Einheiten sehr.
Basierend auf dem Grundsatz: »Keep the Men out of the Minefield« werden die Minenabwehrsysteme der Deutschen Marine durch die Hohlstablenkboote der Klasse HL 352 vervollständigt. Auch diese basieren auf SM 343, erhielten mit dem System TROIKA Plus aber die Fähigkeit, bis zu 4 unbemannte Überwasserdrohnen zu lenken, welche im Minengebiet durch die Simulation von magnetischen und akustischen Feldern die Minen zur Explosion bringen.
Alle diese Systeme können wirksam und komplementär in allen Bedrohungsszenarien durch Minen oder andere gefährliche Objekte unter Wasser eingesetzt werden. Wo sie geografisch oder aufgrund der Unterwasserbedingungen ihre Grenzen finden, ergänzen die Minentaucherkomponenten wirkungsvoll die technischen Systeme.
Neben der Bekämpfung und dem Legen von Minen können die Minenabwehreinheiten mit ihren Systemen auch in anderen Bereichen ihren Beitrag zum maritimen Fähigkeitsspektrum der Bundeswehr beitragen. Die Fähigkeit zur Seeraumüberwachung als Beitrag zu einem umfassenden maritimen Lagebild beweisen die Systeme derzeit im Rahmen des UNIFIL-Einsatzes im Operationsgebiet vor dem Libanon mithilfe ihrer Sensorik und die Anbindung an das LINK-Informationssystem. Im Rahmen solcher Maritime Interdiction Operations (MIO) können Minenabwehrfahrzeuge zusätzlich ihren Beitrag zu Evakuierungsoperationen und zur Unterstützung von Spezialkräften leisten. Das Einsatzspektrum der deutschen Minenabwehreinheiten erlaubt schon heute die Verlegung auf eigenem Kiel in Einsatzgebiete im Mittelmeer, in den Persischen Golf oder über den Atlantik.
Allerdings gibt es hier Grenzen:
Die Drohnen der Simulationsräumsysteme (TROIKA Plus) sind nur sehr begrenzt auf eigenem Kiel verlegbar, weil deren Transitgeschwindigkeit zu gering ist; hier wird in der Regel auf Dock-Schiffe zurückgegriffen.
Vonseiten der Verfahren erfordern die heutigen Minenjagdsysteme immer noch die relative Nähe der Plattform und damit der Besatzung zur Bedrohung. Diesem Problem muss mit zukünftigen Systemen zum Schutz der Soldaten begegnet werden.
Die Einheiten sind auf logistische Unterstützung von außen angewiesen und insgesamt für ein Einsatzgebiet in unseren Breitengraden optimiert. Neue Systeme müssen das neue Aufgabenspektrum berücksichtigen.