Arabien — Horn von Afrika — Somalia

Somalia

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Die wichtig­sten Infor­ma­tio­nen im Überblick:

Regierungs­form (Gov­ern­ment Type):damals Repub­lik (Repub­lic)

Karte Somalia

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Haupt­stadt (Cap­i­tal):Muqdisho (Mogadis­chu)
Ein­wohn­er (Pop­u­la­tion):9,626 Mio.
Fläche (qkm) (Area (sq.km):637.657
Wehre­tat (Defence Budget):20 Mio. $ (2002)
BSP/Einwohner (GNP/Capita):? $
Dat­en außer Wehre­tat dem Fis­ch­er Weltal­manach 2005 entnommen

 

Geschichte und eth­nis­che Struk­tur:
Das “Horn von Afri­ka” war wohl schon in der Antike ein Ziel ägyp­tis­ch­er und römis­ch­er Seefahrer, die von hier aus ost­wärts nach Indi­en — möglicher­weise aber auch süd­wärts ent­lang der Küsten Afrikas vorstießen. Punt (ägyp­tisch pwn.t) war ein reich­es Gold­land, dessen Name sich häu­fig auf altä­gyp­tis­chen Inschriften find­et und auch von Seefahrern im Auf­trag Salo­mos, des jüdis­chen Königs ange­laufen wor­den sein soll. Die Region zwis­chen dem Golf von Aden und dem indis­chen Ozean hat sich am 23. Juli 1998 ein­seit­ig als “Punt­land” für “sou­verän” erklärt.

Die Soma­lis sind über­wiegend Nach­fahren von noma­disieren­den Kamelzüchtern, die seit etwa der Zeit um Christi Geburt das Horn von Afri­ka besiedel­ten. Dieses Volk “ost-kus­chi­tis­ch­er Sprache” weit­ete die jährlichen Wan­derun­gen in allmäh­lich­er Erweiterung des Wei­dege­bi­etes vom Hochland Südathiopi­ens über die nord­ke­ni­an­is­che Ebene bis zum Roten Meer vor­drangen, das etwa um die erste Jahrtausendwende erre­icht wurde. Das Wort “Soma­li” taucht trotz inten­siv­er Kon­tak­te in den ara­bis­chen Raum bis zum 16. Jhdt. nicht auf — die Quellen sprechen von “Stäm­men”, was darauf hin­deutet, dass die eth­nis­che Gemein­schaft der soma­lis­chen Stämme nie zu ein­er poli­tis­chen Ein­heit geführt hat­te. Poli­tik ist auch heute noch eine “Ver­wandtschafts­frage”. Die Sip­pen wer­den von einem informellen Rat von “Ältesten” geleit­et, die für die Sippe sprechen — aber nicht gegen die Sippe herrschen. Die Macht der Stämme wiederum hängt von der zahlen­mäßi­gen Kraft ab, die ein solch­er Stamm im Zweifel gegen seine Wider­sach­er mobil­isieren kann. 

Die soma­lis­che Gesellschaft ist darauf begrün­det, die mageren Wei­dege­bi­ete opti­mal zu nutzen. Die von der Abstam­mung — geneal­o­gisch — begrün­dete Stammes­ge­sellschaft ermöglicht eine bre­ite Streu­ung der Bevölkerung und erlaubt den­noch gegen­seit­ige Hil­fe und kollek­tive Hand­lungsmöglichkeit. Alle Soma­lier betra­cht­en sich als Mit­glieder ein­er riesi­gen, verzweigten Fam­i­lie, die vom mythis­chen Grün­der­vater “Samaale” aus Ara­bi­en abstam­men soll. Diese Fam­lie beste­ht aus sechs großen Clan­fam­i­lien, die sich jew­eils über etwa 30 bekan­nte Gen­er­a­tio­nen (patri­ar­chalis­che Abstam­mung) hin­weg von einem gemein­samen Vor­fahren ableit­en. Vier Stämme (ca. 85 % der Bevölkerung) leben im Nor­den fast auss­chließlich von der tra­di­tionellen Viehzucht, die bei­den südlichen Stämme betreiben auch Acker­bau. Die Clan­fam­i­lie gliedert sich jew­eis wieder auf Unter­gliederun­gen, die eigentlichen Clans (mit bis zu zwanzig Gen­er­a­tio­nen), eine Hauptlin­ie (mit 6 — 10 Gen­er­a­tio­nen) deren Mit­glieder nicht untere­inan­der heirat­en, und die Sippe, die den eigentlichen Fam­i­lien­zusam­men­halt bildet und auch kollek­tiv han­delt und — etwa beim “Blut­geld” füreinan­der ein­ste­ht und ggf. auch Ungerechtigkeit­en gegen Sip­penange­hörige mit Gewalt rächt. Die Zuge­hörigkeit überträgt sich durch die Abstam­mung vom Vater — die Tochter wird durch die Heirat aber nicht zum Mit­glied der anderen Lin­ie, son­dern bleibt der eige­nen Sippe ver­bun­den. Dadurch ergibt sich ein “Net­zw­erk” von patrilin­iearen und matri­lin­earen Ver­wandtschafts­beziehun­gen, die zu ein­er gegen­seit­i­gen Hil­fe und Unter­stützung auch zwis­chen den Sip­pen führt. Ein soma­lis­ches Kind erhält über seine Abstam­mung einen genau definierten Platz in der Gesellschaft, und es ist schon auf­grund der Namensge­bung, die auf der Rei­he der Vor­fahren auf­baut jedem möglich, die Verbindung zu allen anderen zu bes­tim­men. Die Ver­wandtschafts­beziehung erset­zt die in Europa gebräuch­liche Adresse.  Aus der geneal­o­gis­chen Verbindung entste­ht eine moralis­che Verpflich­tung zur gegen­seit­i­gen Hil­fe. Damit ergibt sich zugle­ich eine “Aus­gren­zung” von Nicht-Soma­liern. Der nicht­so­ma­lis­che Vater führt dazu, dass die Kinder zu keinem soma­lis­chen Clan gehören — die Nachkom­men existieren ausser­halb des geneal­o­gis­chen Ordnungssystems. 

Die Ehre der Fam­i­lie beruht auf dem Ver­hal­ten der Frau, die sich qua­si “als Botschaf­terin der eige­nen Fam­i­lie” in der Fam­i­lie des Mannes befind­et. Dieser kann sich nach islamis­chem Rit­us recht schnell schei­den lassen — aber das schlechte Benehmen der Tochter bleibt an ihrem Vater hän­gen. Sex­uelles Fehlver­hal­ten wie auch das “anban­deln” mit einem Aus­län­der zer­stören die auf Ver­wandtschaft beruhende Sol­i­darge­mein­schaft und bedeuten eine tiefe Mis­sach­tung der eige­nen Fam­i­lie, was durch die Fam­i­lie bestraft wird. 

Bere­its im 7. Jhdt. siedel­ten sich mus­lim­is­che Araber an, und vom 13. Jhdt. an wuch­sen die Hafen­sied­lun­gen von Arabern, Persern und islamisierten Soma­lis zu wohlhaben­den Han­delsstädten.  Die Nachkom­men dieser Han­dels­dy­nas­tien bwohnen in den heuti­gen Städten immer noch ihre eige­nen Vier­tel. Das Land selb­st war vom 17. bis zum 19. Jhdt. dem Sul­tan von Oman unter­tan, bis Fran­zosen, Briten und Ital­iener das Gebi­et nach der Öff­nung des Suez-Kanals in den 80er Jahren des 19. Jhdts. unter sich aufteil­ten. 1886 set­zte sich Großbri­tan­nien im nördlichen Soma­lia fest, 1888 fol­gte Frankre­ich in Dji­bouti. Der Ogaden wurde 1897 von Äthiopi­en annek­tiert, später holte sich Eng­land den südlichen Gren­zdis­trikt für seine Kolonie Kenia und Ital­ien set­zte sich 1927 im verbleiben­den südlichen Teil des Lan­des fest. Äthiopi­en, das 1890 zur Brüs­sel­er Dekla­ra­tion beitreten kon­nte, ver­fügte über erhe­bliche europäis­che Waf­fen, die den tra­di­tionellen Bogen und Speeren der Nomaden weit über­legen waren. Während die europäis­chen Kolo­nialmächte im Küstenge­bi­et die tra­di­tionelle Noman­den­wirtschaft nicht behin­derte führte der (verge­bliche) Vorstoß Äthiopi­ens zur Küste zur Abtren­nung von Wei­de­flächen und Wasserquellen, zur Spalung von Fam­i­lien und Stäm­men. Dies führte zur ersten großen Unab­hängigkeits­be­we­gung der Soma­lis (“Der­wisch-Auf­s­tand” — 1899 — 1920), der auch heute noch die Feind­schaft gegenüber aus­ländis­chen Inter­ven­tio­nen prägt. 

Obwohl die Verbindun­gen zum Jemen und nach Oman kurz sind und auf­grund der gün­sti­gen Winde schon seit Jahrtausenden bestanden, hat sich die eigene Nation­al­ität der Soma­li aber immer erhal­ten. Soma­li ist eine kus­chi­tis­che Sprache mit ca. neun Mil­lio­nen Sprech­ern in Soma­lia, Südost-Äthiopi­en, Dji­bouti und Nor­dost-Kenia. Soma­lis­che Stämme find­en sich also im heuti­gen Soma­lia — aus den bei­den Kolonien “Britisch-” und “Ital­ienisch-Soma­lia” her­vorge­gan­gen, aber auch im Nor­den Kenias, in Dschibu­ti und vor allem im Osten Äthiopi­ens (Ogaden).  Das soma­lis­che Staatsvolk lebt also auch außer­halb des Staat­ster­ri­to­ri­ums. Dazu kommt, dass die aus der Kolo­nialzeit stam­mende Gren­zen ins­beson­dere zu Äthiopi­en, die von den Hirten­stäm­men des Lan­des nie beachtet wor­den waren, umstrit­ten sind und von kein­er soma­lis­chen Regierung anerkan­nt wur­den.  Die auf der mys­tis­chen gemein­samen Abstam­mung beruhende Sol­i­dar­ität aller Soma­lier führt dazu, dass die kolo­nialen Gren­zen nicht anerkan­nt wer­den — Soma­lier fühlen sich auf­grund der eth­nis­chen Verbindung als Ange­hörige ein­er eng ver­wandten Nation, deren Stämme zwar auch untere­inan­der Kon­flik­te haben, die sie aber zur gemein­samen Sol­i­dar­ität gegen außen­ste­hende Verpflichtet. Das hat immer wieder zu Gren­zkon­flik­ten mit Äthiopi­en und Kenia geführt, die eben­falls ein geschlossenes soma­lis­ches Sied­lungs­ge­beit aufweisen. Der fün­fza­ck­ige Stern der Staats­flagge ste­ht für die Ein­heit des soma­lis­chen Volkes,  das auf Äthiopi­en, Dschibu­ti, Kenia Soma­lia,  und Soma­liland aufgeteilt ist.