Update Piraterie — Stand 29.Oktober 2011

Nach Erhalt eines Lösegeldes in unbekan­nter Höhe haben soma­lis­che Pirat­en am 20. Okto­ber den kleinen Ro-/Ro-Frachter ICEBERG 1 (Flagge: Pana­ma, Eign­er in den Vere­inigten Ara­bis­chen Emi­rat­en) frei gelassen. Die ICEBERG 1 war schon im März 2010 im Golf von Aden gekapert wor­den und gilt damit als das bis­lang am läng­sten von soma­lis­chen Pirat­en fest gehal­tene Schiff.

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ICEBERG 1 (Foto: EUNavFor)EUNavFor

Neue Beute kon­nten die Ver­brech­er in der abge­laufe­nen Woche nicht machen. Es wur­den zwar mehrere Kaper­ver­suche gemeldet, die allerd­ings sämtlich erfol­g­los blieben. So grif­f­en zwei Skiffs im südlichen Ara­bis­chen Meer, etwa 300 sm nordöstlich der Sey­chellen, den Frachter CONSTELLATION an, dreht­en aber sofort ab, als ein eingeschifftes Sicher­heit­steam Warn­schüsse abfeuerte. In der Meerenge des Bab el Man­deb hiel­ten nach Mel­dun­gen staatlich­er iranis­ch­er Medi­en am 23. Okto­ber gle­ich 15 Skiffs auf einen iranis­chen Tanker zu. „Schw­eres Abwehrfeuer der iranis­chen Marine schlug sie in die Flucht“, heißt es. Die For­mulierung lässt darauf schließen, dass auch hier ein eingeschifftes Sicher­heit­steam (der iranis­chen Marine) den Angriff vere­it­eln kon­nte. Am gle­ichen Tag hielt im Soma­li­abeck­en, etwa 300 sm von der soma­lis­chen Küste ent­fer­nt, eine ver­mut­lich von Pirat­en gekaperte Dhau auf einen Frachter zu, ging aber sofort wieder auf Dis­tanz, als auch hier ein eingeschifftes Sicher­heit­steam Warn­schüsse abgab. 

Mehrere Fak­toren sind für die derzeit­ige „Erfol­glosigkeit“ der soma­lis­chen Ban­den verantwortlich. 

  • Mit ein­er von Indi­en her­anziehen­den Gewit­ter­front hat sich die Wet­ter­lage vorüberge­hend wieder ver­schlechtert; schon in weni­gen Tagen soll sich das Wet­ter aber wieder bessern.
  • Inter­na­tionale Seestre­itkräfte ver­fü­gen über ein zunehmend koor­diniertes, gemein­sames Lage­bild, in dem die Posi­tio­nen möglich­er Piraten­grup­pen (und von denen sind derzeit eine ganze Rei­he aktiv) ständig auf­datiert und auch an die zivile Schiff­fahrt über­mit­telt wer­den. Gezielte War­nun­gen ermöglichen den Kapitä­nen dann das Umfahren gefährde­ter Gebiete.
  • Kriegss­chiffe von EU Nav­For und NATO wer­den gezielt direkt vor Piraten­lagern an der soma­lis­chen Küste einge­set­zt, um in See gehende Piraten­boote unmit­tel­bar abz­u­fan­gen und zu „neu­tral­isieren“.
  • Vor allem aber schaf­fen immer mehr Staat­en eine geset­zliche Grund­lage für die Ein­schif­fung bewaffneter Sicher­heit­steams, und immer mehr Reed­er nutzen dies auch. Wo Regierun­gen dies bish­er ablehnen, ver­fahren Schiff­seign­er zunehmend nach dem Mot­to „wo kein Kläger, da kein Richter“, oder suchen sich „passende“ Flaggenstaaten.

All dies darf aber nicht darüber hin­weg täuschen, dass zwis­chen Ostafri­ka und Indi­en die Bedro­hung durch soma­lis­che Pirat­en hoch ist und das „Prob­lem Pira­terie“ unverän­dert weit von ein­er Lösung ent­fer­nt bleibt. 

Aktuelle Entwick­lun­gen bei Ein­satzkräften

Mit der TAKANAMI und ihrem Schwest­er­schiff OONAMI sind zwei weit­ere japanis­che Zer­stör­er auf dem Weg in den Golf von Aden. Am 28. Okto­ber liefen sie zu einem kurzen Zwis­chen­stopp mit Nachver­sorgung im indis­chen Kochi ein. Sie sollen die seit zwei Monat­en am Horn von Afri­ka einge­set­zten Zer­stör­er INAZUMA und SAZANAMI ablösen. 

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TAKANAMI (Foto: JMSDF)JMSDF

Die neuseeländis­che Marine sieht noch immer keine Möglichkeit­en, ein eigenes Schiff zu Anti-Pira­terieop­er­a­tio­nen in den Indik zu ver­legen, aber sie schließt sich hier der aus­tralis­chen Nach­bar­ma­rine an. Wenn im kom­menden Früh­jahr deren Fre­gat­te MELBOURNE zu Oper­a­tion „Slip­per“ in den Mit­tleren Osten ver­legt, und im Rah­men dieses sechsmonati­gen Ein­satzes zeitweilig auch in die multi­na­tionale Anti-Pira­terie Ein­satz­gruppe CTF-151 einge­bun­den wird, soll auch ein von der neuseeländis­chen Marine gestelltes, kleines Board­ingteam mit reisen. 

Die südafrikanis­che Regierung hat beschlossen, der Marine mehr Mit­tel für Anti-Pira­terie Oper­a­tio­nen in der Straße von Mosam­bik zur Ver­fü­gung zu stellen. Die Nachricht bestätigt Ein­schätzun­gen über ein kün­ftig deut­lich ver­stärk­tes Engage­ment der dominieren­den Marine Schwarzafrikas, allerd­ings vornehm­lich zur Unter­stützung unmit­tel­bar­er Nach­barn und dementsprechend auch region­al begren­zt auf die Gewäss­er vor deren Küsten. 

In Koop­er­a­tion mit “Marine­Fo­rum — Zeitschrift für mar­itime Fra­gen

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