USA — Quo Vadis US-Navy?

Flagge USA

Dieser Artikel wird mit fre­undlich­er Genehmi­gung der “Marine­Fo­rum — Zeitschrift für mar­itime Fra­gen” veröf­fentlicht.

Marineforum

 -

Das Staats­de­fiz­it der USA hat zwis­chen­zeitlich die 14.000 Mil­liar­den (14 Bil­lio­nen) Dol­lar Marke erre­icht. Alle Parteien sind sich einig, dass es so nicht weit­er gehen kann. Anlässlich der Erhöhung der amerikanis­chen Schulden­gren­ze am 1. August wur­den fol­glich Kürzun­gen in Höhe von 2.100 bis 2.400 Mil­liar­den Dol­lar im Bun­de­shaushalt vereinbart. 

Die Kürzun­gen sind in zwei Aus­gabenkat­e­gorien unterteilt: »Sicher­heit­saus­gaben« und »übrige Aus­gaben«. Die Kat­e­gorie »Sicher­heit­saus­gaben« umfasst sowohl das Vertei­di­gungsmin­is­teri­um wie auch das Vet­er­a­nen­min­is­teri­um, das Min­is­teri­um für Heimatschutz, die Atom­sicher­heits­be­hörde, die Geheim­di­en­ste sowie das Außen­min­is­teri­um. Es wird erwartet, dass der weitaus größte Teil der Kürzun­gen in dieser Kat­e­gorie beim Vertei­di­gungsmin­is­teri­um vorgenom­men wird. 

Die Eta­tre­duzierun­gen sollen über zehn Jahre hin­weg in den Fiskal­jahren 2012 bis 2021 durchge­führt wer­den. Sie wer­den in zwei Schrit­ten festgelegt. 

Im ersten Schritt wurde Anfang August beschlossen, über zehn Jahre hin­weg 917 Mil­liar­den Dol­lar aus der Etat­pla­nung zu schnei­den. Hier­von ent­fall­en 350 Mil­liar­den Dol­lar auf den Vertei­di­gungse­tat. Weit­ere Kürzun­gen in Höhe von 1.500 Mil­liar­den Dol­lar sollen bis zum 23. Novem­ber durch ein über­parteilich­es Komi­tee fest­gelegt wer­den. Es ste­ht dem Auss­chuss frei festzule­gen, wie hoch der Anteil der Vertei­di­gungsaus­gaben im Rah­men dieser zweit­en Kürzungsrunde aus­fall­en soll, doch wird all­ge­mein erwartet, dass das Pen­ta­gon deut­lich weniger als die Hälfte der Ein­bußen tra­gen muss. 

Falls sich die Auss­chuss­mit­glieder aber nicht auf die Verteilung der Kürzun­gen unter den ver­schiede­nen Ressorts eini­gen kön­nen – oder falls der Kongress den Vorschlä­gen des Komi­tees nicht bis zum 23. Dezem­ber zus­timmt – wer­den ab 2013 automa­tisch Kürzun­gen in Höhe von 1.200 Mil­liar­den Dol­lar in Kraft treten. Die Hälfte dieser automa­tis­chen Kürzun­gen würde den Sek­tor Sicher­heit­saus­gaben betr­e­f­fen. Je nach­dem, wie die Etatver­hand­lun­gen aus­fall­en, dro­hen dem Pen­ta­gon im schlimm­sten Fall also bis zu 950 Mil­liar­den Dol­lar Aus­fall im Zeitraum 2012 bis 2021. 

Zur Ori­en­tierung: Der Basisvertei­di­gung­shaushalt (also ohne Berech­nung der Kosten für laufende Ein­sätze in Irak oder in Afghanistan) betrug im Fiskal­jahr 2010 rund 530 Mil­liar­den Dol­lar. Auf­grund des parteipoli­tis­chen Stre­its zwis­chen Repub­likan­ern und Demokrat­en kon­nte 2011 über­haupt kein Vertei­di­gungse­tat ver­ab­schiedet wer­den, woraufhin das Pen­ta­gon im Fiskal­jahr 2011 durch eine so genan­nte »kon­tinuier­liche Res­o­lu­tion« des Kon­gress­es Gelder in Vor­jahreshöhe bewil­ligt bekam. 

Die nun vorge­se­henen Kürzun­gen beziehen sich allerd­ings nicht auf den aktuellen Etat, son­dern auf die langfristig geplanten Etat­sätze des Pen­tagons, die bis­lang jährliche Steigerun­gen von mehreren Prozent vor­sa­hen. Beispiel­sweise hat­te die Regierung für Fiskal­jahr 2012 ursprünglich einen Pen­ta­gon- Basise­tat von 553 Mil­liar­den Dol­lar beantragt, was eine nom­i­nale Anhebung um cir­ca 4,3 Prozent gegenüber dem let­zten bewil­ligten Etat entsprach. Bis 2015 sollte der Wehre­tat nach bish­eriger Pla­nung auf 620 Mil­liar­den Dol­lar anwachsen. 

Die im August beschlossene erste Kürzungsrunde in Höhe von 350 Mil­liar­den Dol­lar bewirkt für sich also keine echte Reduzierung des Vertei­di­gung­shaushalts, son­dern eine mehrjährige »Null­runde« ohne Etat­steigerung. Angesichts der Tat­sache, dass die Vertei­di­gungsaus­gaben – ob Personal‑, Wartungs‑, Betriebs- oder Beschaf­fungskosten – fasst alle wesentlich schneller als die Infla­tion­srate steigen, bedeutet aber bere­its eine Null­runde eine de fac­to Kürzung. 

Die Auswirkun­gen kön­nten zum Teil durch Ratio­nal­isierungs­maß­nah­men der Stre­itkräfte abge­fan­gen wer­den. Falls wesentliche Ein­schnitte über die 350 Mil­liar­den hin­aus beschlossen wer­den, muss aber mit ein­er merk­lichen Leis­tungss­chwächung des Mil­itärs gerech­net wer­den, erk­lärte Vertei­di­gungsmin­is­ter Leon Panet­ta am 16. August. Das schlimm­ste aller Szenar­ien, Gesamtkürzun­gen von annäh­ernd 1.000 Mil­liar­den Dol­lar über zehn Jahre, wür­den ern­sthafte Lück­en in die Vertei­di­gungs­fähigkeit der USA reißen, warnte Panetta. 

Noch ste­ht nicht fest, wie die beschlosse­nen und poten­ziellen Kürzun­gen inner­halb des Mil­itärs verteilt wer­den. Ehe über die Umset­zung der Kürzun­gen entsch­ieden wird, will das Pen­ta­gon eine umfassende Bestand­sauf­nahme der Auf­gaben und Fähigkeit­en der US-Stre­itkräfte vornehmen. Den­noch ste­ht fest, dass die US-Navy ihren Anteil an den Kürzun­gen tra­gen muss. Der repub­likanis­che Sen­a­tor und Vertei­di­gung­sex­perte John McCain, selb­st ein pen­sion­iert­er Mari­ne­of­fizier, erk­lärte Ende Juli einige Tage vor Zus­tandekom­men des Etatbeschlusses: »Meines Eracht­ens kön­nte die Navy auf­grund ihrer kosten­in­ten­siv­en Schiffbau‑, Beschaf­fungs- und Wartungse­tats diejenige Teil­stre­itkraft sein, die am stärk­sten [durch Bud­getkürzun­gen] betrof­fen sein wird.« 

Schon jet­zt herrscht eine rege Debat­te darüber, wo die Navy ihre Kürzun­gen vornehmen wird, und welche Auswirkun­gen diese Kürzun­gen haben werden. 

Muskelschwund?

Bere­its die am 1. August beschlossene erste Kürzungsrunde dürfte die Navy zwin­gen, Per­son­al abzubauen und Schiffe auszu­mustern, erk­lärte der dama­lige Chief of Naval Oper­a­tions (CNO), Admi­ral Gary Roug­head, am 4. August. »Ich glaube, dass einige Änderun­gen an der Kräftestruk­tur vorgenom­men wer­den. Es kön­nten dur­chaus einige [ältere] Schiffe [vorzeit­ig] aus­ge­mustert wer­den, da muss man ein­fach durch«, erk­lärte Roug­head gegenüber der Zeitung San Diego Union-Tri­bune. Per­son­al kön­nte auch abge­baut wer­den. Den­noch würde die Navy trotz dieser »Anpas­sun­gen « imstande sein, ihre bish­eri­gen Auf­gaben weit­ge­hend wahrzunehmen, sagte er. 

Für den Fall, dass das Pen­ta­gon darüber hin­aus weit­ere 600 Mil­liar­den Dol­lar ein­büßen muss, sieht Roug­head grundle­gende Auswirkun­gen auf die Navy voraus. »Dann schnei­den Sie tief in die Muskel­sub­stanz. Das Ergeb­nis wäre eine völ­lig andere Navy, wohl ein völ­lig anderes Mil­itär. Aus­rich­tung, Ein­satzbere­itschaft, Stan­dorte, Umfang.« 

Unter einem solchen Szenario gäbe es vieles, wozu die Navy nicht mehr imstande wäre. Unter anderem müsste die glob­ale Präsenz der Flotte reduziert wer­den, sagte Roug­head. Auch das Ziel, die Flotte von derzeit 285 auf min­destens 313 Schiffe auszubauen, wäre mit Sicher­heit Maku­latur. Die Ausweitung der Flotte sei aber erforder­lich, erk­lärte Admi­ral Roug­head. »Mit 285 Schif­f­en ist die Flotte so klein wie zulet­zt 1916. Und ich glaube, dass unsere glob­alen Auf­gaben damals nicht ganz das waren, was sie heute sind«, erk­lärte er bere­its am 16. Juni. 

U-Boot der VIRGINIA-Klasse (Foto: US Navy)
U‑Boot der VIR­GINIA-Klasse (Foto: US Navy)

Eine Teil­lö­sung wäre nach Mei­n­ung Roug­heads die ver­stärk­te Ver­wen­dung von Unter­wasser­drohnen. Diese kön­nten einen erhe­blichen Teil der Aufk­lärungs- und Überwachungsauf­gaben übernehmen, die gegen­wär­tig durch Jag­dun­ter­see­boote wahrgenom­men wer­den. Dann kön­nte die Navy mit ein­er kleineren U‑Boot-Flotte auskom­men, erk­lärte der Admiral. 

Team GlobDef

Seit 2001 ist GlobalDefence.net im Internet unterwegs, um mit eigenen Analysen, interessanten Kooperationen und umfassenden Informationen für einen spannenden Überblick der Weltlage zu sorgen. GlobalDefence.net war dabei die erste deutschsprachige Internetseite, die mit dem Schwerpunkt Sicherheitspolitik außerhalb von Hochschulen oder Instituten aufgetreten ist.

Alle Beiträge ansehen von Team GlobDef →