Erstmals seit Jahren werden vom Horn von Afrika im Verlauf einer Woche keine neue Entführungen, keine versuchten Überfälle, ja selbst keine „vorbeugend aus dem Verkehr gezogenen“ Piraten gemeldet (zumindest nicht in Medien bzw. für die Öffentlichkeit bestimmten, offiziellen Erklärungen). Zugleich berichtet das International Maritime Bureau über im Vergleich zum Vorjahresquartal weltweit um etwa 20 Prozent zurück gegangene Aktivitäten von Piraten.
Politiker sehen hier die Früchte des Einsatzes von Seestreitkräften; viele Experten erkennen vornehmlich schlechtes Wetter als Hauptgrund. Recht haben eigentlich beide Gruppen. Im Golf von Aden schließen sich immer mehr Handelsschiffe gesicherten Konvois an. Nur noch relativ selten versuchen „optimistische“ Kapitäne eine Passage als Alleinfahrer. Hier zeigt der Einsatz der zahlreichen Marinen aus aller Welt deutlich Wirkung, und das darf die Politik durchaus als Erfolg verbuchen. Zugleich hindert aber in der ganzen Region anhaltend schlechtes Wetter die Piraten an längeren Kaperfahrten. Auch im Golf von Aden können die kleinen Skiffs nicht wie gewohnt längere Zeit neben den Schifffahrtsrouten auf mögliche Beute warten. Zu groß ist das Risiko kurzfristiger Wetterverschlechterung, und die Seetauglichkeit der kleinen Skiffs hat durchaus Grenzen. Das angesichts der hohen Marinepräsenz im Golf von Aden beobachtete Ausweichen der Piraten in die nicht permanent zu patrouillierenden offenen Seegebiete des Indischen Ozeans (Somaliabecken) verbietet sich zur Zeit gänzlich. Wellenhöhen von durchschnittlich drei Meter, vor allem aber die Gefahr sich spontan entwickelnder Tropenstürme machen hier Beutezüge unmöglich. So bleiben die Verbrecher zur Zeit weitgehend untätig in ihren Stützpunkten, suchen bestenfalls in Küstennähe oder geschützten Seegebieten (Seestraße Bab el Mandeb) nach „Gelegenheitszielen“.
Piratencamp an der somalischen Küste Bildquelle: EU NavFor |
Dies dürfte sich allerdings absehbar wieder ändern. Ab etwa Mitte August wird sich die saisonale Wetterlage deutlich beruhigen, und dann werden vor allem im Somaliabecken auch die Aktivitäten von Piraten wieder schlagartig zunehmen. Nach gut zwei Monaten Pause haben sie deutlichen „Nachholbedarf“. Wer also angesichts der derzeitigen Ruhe bereits von einem „Ende der Seuche“ spricht, dürfte dann vermutlich schnell eines Besseren belehrt werden. So lange Piraten in ihren Stützpunkten an der somalischen Küste völlig unbehelligt bleiben und bei Antreffen in See meist nur entwaffnet werden und dann ihres Weges ziehen dürfen, besteht für sie absolut kein Grund, ihr überaus lukratives „Geschäft“ aufzugeben. Politische Erfolgsmeldungen (mit dem Hintergedanken, die teuren Marineeinsätze schon bald reduzieren zu können) sind so sicher verfrüht.
In Japan macht man sich diesbezüglich offenbar keine Illusionen. In den nächsten Tagen will die Regierung das Parlament auffordern, den am 23. Juli auslaufenden (nationalen) Einsatz um ein Jahr zu verlängern.
Die Vereinigten Arabischen Emirate wollen die Möglichkeiten der Seychellen zur Bekämpfung der Piraterie stärken. Mit einer „Spende“ von 15 Mio. Dollar soll ein neuer Küstenwachstützpunkt auf einer kleinen Nebeninsel entstehen; zugleich will man fünf kleinere Küstenwachboote liefern.
Aktuelle Entwicklungen bei Einsatzkräften
Die sechste chinesische Einsatzgruppe mit dem Zerstörer LANZHOU und dem Docklandungsschiff KUNLUN SHAN hat am 13. Juli den östlichen Golf von Aden erreicht. Nahe der Insel Socotra trafen sich die Neuankömmlinge mit den Schiffen der fünften Einsatzgruppe (Zerstörer GUANGZHOU und Fregatte CHAOHU) sowie dem Flottenversorger WEISHAN HU, der nach der fünften auch noch die sechste Einsatzgruppe vor Ort unterstützen soll.
CHAOHU bei Konvoisicherung Bildquelle: PLAN |
Beide Einsatzgruppen führen noch einige Tage gemeinsame Operationen durch, bevor sich GUANGZHOU und CHAOHU dann auf den Rückweg in die Heimat machen.
Das niederländische Docklandungsschiff JOHAN DE WITT hat am 16. Juli mit dem Einlaufen im Heimathafen Den Helder seinen Einsatz beendet.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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