Gewitter und ein erster Tropensturm haben die saisonale Schönwetterperiode beendet und den am Horn von Afrika eingesetzten Seestreitkräften die seit Monaten ruhigste Woche beschert. Wenn vor der somalischen Küste sogar Frachtschiffe in Seenot geraten, wird offenbar auch für Piraten in ihren kleinen Skiffs Seefahrt zu gefährlich. So wurde in der abgelaufenen Woche weder ein versuchter noch ein gelungener Überfall gemeldet. Zuletzt brachte die britische Fregatte CHATHAM (NATO) am 15. Mai etwa 150 sm vor der Küste von Tansania eine mutmaßliche „Pirate Action Group“ (PAG) bestehend aus einem Mutterboot und zwei Skiffs auf. Wie üblich wurden Waffen und Ausrüstung beschlagnahmt, die zwei Skiffs zerstört und die Piraten dann in ihrem Mutterboot mit ausreichend Kraftstoff zur Rückkehr an die somalische Küste entlassen. Damit sollen im Monat Mai bisher etwa acht PAG aus dem Verkehr gezogen worden sein – leider immer nur vorübergehend, denn niemand hindert die Verbrecher an einer sofortigen Neuausrüstung für die nächste Kaperfahrt.
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CHATHAM Boarding Team Bildquelle: NATO |
Nur noch ein einziger weiterer Zwischenfall wurde gemeldet, der mit Piraterie allerdings nur am Rande zu tun haben dürfte. Die französische Fregatte NIVOSE (EU NavFor) verlegte am 20. Mai unmittelbar vor den Hafen von Mogadischu. Auftrag war die Absicherung einer Lieferung von Versorgungsgütern für die Friedenstruppe der Afrikanischen Union durch zwei Frachter. Noch etwa eine Seemeile vom Hafen entfernt, wurde die Fregatte plötzlich von Land aus mit vermutlich Gewehren unter Feuer genommen aber nicht getroffen. Sofortige „Antwort“ mit schweren Maschinengewehren beendete den kurzen Beschuss.
Während die Überfälle in See saisonbedingt nun erst einmal zurück gehen, sucht die internationale Gemeinschaft auf politischer Ebene nach Möglichkeiten, der „Plage“ vor der ostafrikanischen Küste durch abgestimmte rechtliche Maßnahmen Herr zu werden. Die „Außenministerin“ der Europäischen Union, Catherine Ashton, besuchte mehrere Staaten in der Region. Vom 18. bis 21. Mai führte sie in Kenia, Tansania und schließlich auf den Seychellen Gespräche zu erweiterten Möglichkeiten, in internationalen Gewässern gestellte Piraten zur Strafverfolgung dorthin überstellen zu können. Gleichzeitig ist Russland bemüht, in Verhandlungen mit der NATO, der Europäischen Union und den USA zu einer neuen, gemeinsamen rechtlichen Basis für den Umgang mit Piraten zu gelangen. Der russische Vorstoß ergänzt die bereits eingeleitete Befassung der Vereinten Nationen. Am 27. April hatte der UN Sicherheitsrat einstimmig einen von Russland erarbeiteten Resolutionsentwurf zur Schaffung eines „regionalen oder internationalen Gerichtshofes mit unmittelbar angegliederten Gefängnissen“ zur Inhaftierung und Strafverfolgung von mutmaßlichen Piraten verabschiedet. Ende Juli soll der UN Generalsekretär dazu Optionen erarbeiten und vorstellen. Bis zur realen Umsetzung dürfte jedoch noch geraume Zeit vergehen.
Aktuelle Entwicklungen bei Einsatzkräften
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JEAN BART Bildquelle: franz. Marine |
Dschibuti will seine Hafeninfrastruktur künftig auch zur Nachversorgung im Kampf gegen die Piraterie eingesetzter russischer Kriegsschiffe bereit stellen. Eine entsprechende bilaterale Vereinbarung wurde am 16. Mai unterzeichnet.
Der französische Zerstörer JEAN BART hat zu einem dreimonatigen Einsatz in den Indischen Ozean verlegt. Das Schiff wird sich dort allerdings nicht permanent der EU NavFor anschließen, sondern einen Teil seiner Zeit auch bei der CTF-150 in der Anti-Terror Operation Enduring Freedom verbringen. Der Einsatz der JEAN BART ist ungewöhnlich. Üblicherweise verlegt der für Flugabwehr und Luftraumverteidigung optimierte Zerstörer nur gemeinsam mit einer größeren Einsatzgruppe (Trägerkampfgruppe) und nicht als Einzelfahrer in den Indik. Das derzeitige Deployment könnte daher auch ein Hinweis sein, dass der in einer Vielzahl nationaler und internationaler Einsätze überlasteten französischen Marine allmählich die Fregatten / Korvetten „ausgehen“.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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