Nordkorea/Südkorea — Südkorea gibt Reaktionen bekannt

Vier Tage nach­dem eine inter­na­tionale Expertenkom­mis­sion als Ursache für den Unter­gang der süd­ko­re­anis­chen Fre­gat­te CHEON AN die “Versenkung durch einen Schw­ergewicht­stor­pe­do nord­ko­re­anis­chen Ursprungs” fest­gestellt hat­te, hat Süd­ko­rea am 24. Mai seine Reak­tio­nen bekan­nt gegeben. Nicht uner­wartet ste­hen dabei zunächst weniger unmit­tel­bare mil­itärische als politische/wirtschaftliche Maß­nah­men im Vorder­grund. So wurde mit sofor­tiger Wirkung der gesamte Han­del (Aus­nahme human­itäre Hil­fe) mit dem Nor­den eingestellt; innerko­re­anis­ch­er Han­del macht immer­hin 13 % des nord­ko­re­anis­chen Brut­tosozial­pro­duk­tes aus. Allen Schif­f­en unter nord­ko­re­anis­ch­er Flagge wurde das Durch­fahren süd­ko­re­anis­ch­er Gewäss­er unter­sagt. Ein süd­ko­re­anis­ch­er Zer­stör­er der KDX-II-Klasse wurde dazu sofort in der Jejus­traße posi­tion­iert und ver­wehrte dort schon am näch­sten Tag einem nord­ko­re­anis­chen Frachter die zuvor übliche „abkürzende“ Durch­fahrt. An der innerko­re­anis­chen Gren­ze wur­den die Pro­pa­gan­damaß­nah­men wieder aufgenommen. 

Angekündigt wurde auch eine Befas­sung des UN Sicher­heit­srates mit dem Fall. Um hier die tra­di­tionell Nord­ko­rea unter­stützen­den Vetomächte Rus­s­land und Chi­na „mit ins Boot“ zu brin­gen, wur­den rus­sis­che und chi­ne­sis­che Experten ein­ge­laden, die Beweise zu begutacht­en. Während rus­sis­che Fach­leute offen­bar bere­its auf dem Weg sind, hat Chi­na auf diese Ein­ladung zumin­d­est offiziell bish­er nicht reagiert. Min­is­ter­präsi­dent Wen Jiabao (ger­ade zu einem länger geplanten Besuch in Süd­ko­rea) erk­lärte jedoch, man werde „nie­man­den unter­stützen, der für die Versenkung der CHEON AN ver­ant­wortlich“ sei. 

Nord­ko­rea weist weit­er­hin jede Ver­wick­lung vehe­ment zurück. Es han­dele sich um ein süd­ko­re­anisch-amerikanis­ches Kom­plott. Wenn behauptet werde, ein nord­ko­re­anis­ches Klein-U-Boot habe den Angriff aus­ge­führt, so sei dies eine glat­te Lüge. Nord­ko­rea habe über­haupt keine solchen U‑Boote im Bestand sein­er Marine. Des weit­eren kündigte Nord­ko­rea an, man werde kein­er­lei Pro­voka­tion wie das „ständi­ge“ Über­fahren der See­gren­zen durch Ein­heit­en der süd­ko­re­anis­chen Marine mehr dulden, son­dern hier sofort mit mil­itärisch­er Reak­tion seine Rechte wahrnehmen. Ein vor eini­gen Jahren geschlossenes Abkom­men zur Ver­mei­dung von Zwis­chen­fällen in See wurde außer Kraft geset­zt; alle dies­bezüglichen Fer­n­melde­verbindun­gen gekappt. Berichte über eine ange­bliche Erhöhung des Bere­itschaft­szu­s­tandes der nord­ko­re­anis­chen Stre­itkräfte sind wider­sprüch­lich; eine wirk­liche Bestä­ti­gung hier­für gibt es nicht. 

Marineforum - Manöver im Gelben Meer (Foto: offz.)
Manöver im Gel­ben Meer
Bildquelle: offz.

Natür­lich gibt es auf süd­ko­re­anis­ch­er Seite auch mil­itärische Maß­nah­men, die zwar Bezug zur aktuellen Kon­fronta­tion mit dem Nor­den haben, allerd­ings weit ent­fer­nt von möglich­er „Vergel­tung“ zu sehen sind. So haben am 27. Mai zehn Ein­heit­en der Marine vor der West­küste im Gel­ben Meer inten­sive U‑Jagdübungen mit demon­stra­tivem Ein­satz schar­fer Wasser­bomben durchge­führt. Das Übungs­ge­bi­et lag dabei süd­west­lich von Seoul, deut­lich von den umstrit­te­nen See­gren­zen ent­fer­nt. Eine zweite Übung soll in den näch­sten Tagen fol­gen. Auch hier wird man bemüht sein, „Sig­nale“ zu senden, zugle­ich aber durch Abstand von den See­gren­zen jede unnötige Eskala­tion zu ver­mei­den. Noch im Juni (oder Anfang Juli) sind auch bilat­erale Übun­gen mit der US Navy geplant, zu denen Ein­heit­en der 7. US-Flotte nach Süd­ko­rea ver­legen wer­den. Übungss­chw­er­punk­te sollen U‑Jagd und Mar­itime Inter­dic­tion („mon­i­tor­ing illic­it activ­i­ties”) werden. 

Über­legt wird offen­bar eine Anpas­sung der geplanten Defence Reform 2020 (für die Marine neuer Schw­er­punkt U‑Jagdfähigkeit). Nach Mel­dun­gen süd­ko­re­anis­ch­er Medi­en wurde bere­its die „Massen­pro­duk­tion“ von neuen U‑Jagdtorpedos begonnen, die mit ein­er Träger­rakete (Reich­weite 20 km) aus dem FK-Senkrecht­start­sys­tem von KDX-Zer­stör­ern geschossen werden. 

All­ge­mein geht die süd­ko­re­anis­che Stre­itkräfte­führung derzeit nicht von ein­er Eskala­tion zum offe­nen Krieg aus. Ein solch­er würde sehr wahrschein­lich mit dem Machtver­lust der nord­ko­re­anis­chen Dik­tatur enden, und daran hät­ten die Machthaber in Nord­ko­rea kein Inter­esse. Befürchtet wer­den allerd­ings ver­mehrte Infil­tra­tionsver­suche zu Sab­o­tageak­ten gegen zivile Infra­struk­tur und Ter­ro­ran­schlä­gen. In dieses Bild passen Mel­dun­gen, nach denen schon kurz vor Verkün­dung der süd­ko­re­anis­chen Sank­tio­nen vier nord­ko­re­anis­che U‑Boote der SANG-O-Klasse (360 ts) aus dem Marinestützpunkt Cha­ho an der Ostküste ins Japanis­che Meer aus­ge­laufen sein sollen. Solche U‑Boote wer­den primär zu Kom­man­doun­ternehmen (Infil­tra­tion) einge­set­zt. Die süd­ko­re­anis­che Marine habe kurz nach dem Aus­laufen Kon­takt zu den U‑Booten verloren. 

In Koop­er­a­tion mit “Marine­Fo­rum — Zeitschrift für mar­itime Fra­gen

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