Mit dem „seit Jahren größten“ Manöver „Velayat 90“ macht die iranische Marine in diesen Tagen international Schlagzeilen.
Das offiziell genannte Übungsgebiet erstreckt sich von der Straße von Hormuz nach Südosten entlang der iranischen Küste, schließt weit darüber hinaus aber auch die internationalen Gewässer des Golfs von Oman und der nördlichen Arabischen Meeres bis in den Osteingang des Golfs von Aden ein. Schon im Vorfeld machten iranische Marineführung und hochrangige Politiker klar, dass die geplanten Operationen von Zerstörern und U‑Booten nicht zuletzt auch die „regionale Führungsrolle und operative Reichweite“ der iranischen Marine dokumentieren sollten.
Hubschrauber setzt Kampftaucher ab (Foto: offz/ FARS) |
Das auf zehn Tage angesetzte (bei Redaktionsschluss andauernde) „Velayat 90“ begann am 24. Dezember. Die ersten Tage dienten der Vorbereitung der Einheiten. Das staatliche iranische Fernsehen zeigte Videosequenzen vom neuen „Zerstörer“ (leichte Fregatte) JAMARAN, Fregatten der ALVAND-Klasse, U‑Booten KILO und GHADIR sowie zahlreichen weiteren Schiffen, Booten und Luftfahrzeugen. Ein Großteil der Bilder war allerdings offensichtlich Archivmaterial, so dass unklar bleibt, welche Einheiten nun tatsächlich an „Velayat 90“ beteiligt sind – und wo genau diese operieren.
Am 27. Dezember begann dann die taktische Manöverphase, und nun gab es auch mehr Informationen – auch wenn zahlreiche „aktuelle“ Fotos zu „Velayat 90“ nachweislich schon 2010 entstanden. In einem Küstenverteidigungsszenario wurden „feindliche Schiffe und U‑Boote am Eindringen in iranische Küstengewässer gehindert“. Hubschrauber setzten Kampfschwimmer ab, vor der Küste operierten Speedboote der Pasdaran (Revolutionsgarden); an Land wurden Verteidigungsstellungen errichtet. Man übte die Abwehr eines Chemiewaffenangriffs und erprobte (natürlich überaus „erfolgreich“) neue Störsender sowie einen selbst entwickelten neuen Torpedo.
Am 28. Dezember verlagerte sich das Übungsgebiet dann in die offenen Seebereiche des Golfs von Oman (nach offiziellen Angaben bis hinunter zum 20. Längengrad). Land- und seegestützte Drohnen kamen bei Aufklärung zum Einsatz, Kampfflugzeuge der Luftwaffe flogen Unterstützungseinsätze über See. Marinehubschrauber brachten an der Oberfläche treibende Minen „zur Detonation“ und räumten Schiffen einen minenfreien Kanal. Das iranische Fernsehen zeigte darüber hinaus U‑Boote der KILO-Klasse und Klein-U-Boote der GHADIR-Klasse.
Klein-U-Boot GHADIR (Foto: offz/FARS) |
Die dritte und letzte Phase von „Velayat 90“ soll die Marine in den kommenden Tagen dann „auf den Krieg mit dem Feind“ vorbereiten. In einem kriegsähnlichen Szenario sollen u.a. diverse moderne, großteils in eigenen Land entwickelte Flugkörper „unterschiedlichster Reichweiten“ – darunter offenbar auch nicht der Marine gehörende ballistische Langstreckenraketen — geschossen werden. Dies ist nicht der aktuellen politischen Lage geschuldet, sondern entspricht „der Norm“. Iranische Manöver dienen seit jeher immer wieder vor allem auch dazu, öffentlichkeitswirksam der eigenen Bevölkerung ebenso wie Nachbarstaaten und überregionalen Mächten (USA) die im Lande produzierte Rüstungstechnologie zu präsentieren und als Teil nationaler Abschreckungsstrategie die grundsätzliche Überlegenheit der Produkte vor Augen zu führen.
Bei der Berichterstattung zu „Velayat 90“ beschwören internationale Medien immer wieder das Szenario einer „Sperrung der Straße von Hormuz“ herauf – und offizielle iranische Erklärungen bleiben „ortsüblich mehrdeutig“. So gibt es neben offiziellen Dementis des Marinebefehlshabers politische Erklärungen, in denen dies „für den Fall neuer Sanktionen“ angedroht wird. Für die laufende Übung ist eine tatsächliche Sperrung — und sei es auch nur kurzzeitig zu „Übungszwecken“ – sehr unwahrscheinlich. Iranische Marine, Politiker und Medien werden sich darauf beschränken, die grundsätzliche Fähigkeit und Bereitschaft dazu anzudeuten.
Allein dies sorgt international bereits für Unruhe, lässt Gerüchte wachsen — und gibt ganz nebenbei bloßen Routineereignissen eine völlig unangemessene Bedeutung. So fand die Durchfahrt des US-Flugzeugträgers JOHN C. STENNIS durch die Straße von Hormuz (am 27. Dezember) ein breites Medienecho. Da war die Rede von einer „Demonstration der Navigationsfreiheit“, unverhohlenen Drohgebärde, ja sogar von bewusstem Einfahren in die iranischen Manövergebiete – und iranische Medien verkündeten stolz, die eigene Marine habe die JOHN C STENNIS jederzeit „im Visier“ gehabt. Die Tatsache, dass der Flugzeugträger nach dem Ende der US-Operationen im Irak und einem nachfolgenden routinemäßigen Hafenbesuch (über Weihnachten) in den VAE nun einfach wieder aus dem Persischen Golf heraus ins Arabische Meer verlegt, um von dort aus wie geplant Operationen über Afghanistan zu unterstützen, melden nur einige wenige seriöse (meist) Fachmedien.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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