In einer Übung nuklearstrategischer U‑Boote (SSBN) soll die chinesische Marine (PLAN) kürzlich bis zu sechs Flugkörper Julong‑2 (JL‑2) geschossen haben.
Das Übungsgebiet soll sich in der Nähe der nordchinesischen Küstenstadt Dalian befunden haben, also entweder im Gelben Meer oder im nordöstlich an dieses angrenzenden Golf von Bohai. Üblicherweise werden Informationen über solche Schießen nur selten veröffentlicht; diesmal fanden sie den Weg in die Medien, als ein örtlicher Fischer offenbar die Startstufe (Booster) einer JL‑2 in seinem Netz fand.
Einige Kilometer südwestlich von Dalian liegt der U‑Bootstützpunkt Xiaopingdao, in dem auch mindestens zwei nukleargetriebene strategische U‑Boote der neuen JIN-Klasse (TYP 094) stationiert sind. Erste Berichte zu dieser Klasse hatte es 2004 gegeben, als das Typboot bei der Bohaiwerft in Huludao vom Stapel lief; es soll 2008 in Dienst gestellt worden sein. Inzwischen soll die PLAN über drei dieser Boote verfügen; ein viertes soll bei Huludao zu Wasser sein und sich in der Ausrüstung befinden. Optisch gleichen die Boote mit ihrem typischen „Buckel“ den russischen SSBN der DELTA-Klassen und auch dem chinesischen Vorläufer XIA; sind mit 8.500 ts aber größer als die XIA (7.000 ts). Ursprünglich waren Experten von der Beschaffung von fünf JIN ausgegangen. Inzwischen spricht einiges dafür, dass das derzeit ausgerüstete vierte JIN auch das letzte sein wird. Ihm sollen dann wohl vier U‑Boote einer neuen Klasse (TYP 096) folgen.
![]() |
Strategisches U‑Boot der JIN-Klasse (Foto: china-defense.com) |
Die SSBN der JIN-Klasse tragen jeweils 12 nuklear bestückte strategische Flugkörper JL‑2 (für TYP 096 sollen 16 geplant sein). Die 13 m lange und 42 t schwere, zweistufige Rakete (NATO-Bezeichnung CSS-NX‑4; Startstufe Feststoff, zweite Stufe Flüssigtreibstoff) soll eine Reichweite von 8.000 km haben. Die Weiterentwicklung der landgestützten Interkontinentalrakete (ICBM) Dong Feng 31 trägt angeblich als erster chinesischer U‑Bootgestützter ballistischer Flugkörper mehrere nukleare Gefechtsköpfe (MIRV), wobei die Angaben zwischen drei und bis zu sechs schwanken; JIN-Vorgänger XIA ist mit älteren JL‑1 (ein Gefechtskopf) bestückt. Nicht nur die Möglichkeit zu MIRV erweitert die (nuklear-)strategischen Optionen der PLAN deutlich. Die auf XIA mitgeführten JL‑1 haben nur eine Reichweite von etwa 3.000 km, d.h. zu einer effektiven Bedrohung der USA müsste ein mit JL‑1 bestücktes U‑Boot zunächst über den halben Pazifik bis in die Nähe von Hawaii verlegen. JL‑2 geben der PLAN erstmals nahezu globale nukleare Reichweite.
Sollten bei der jüngsten Übung tatsächlich mehrere JL‑2 geschossen worden sein, wäre dies ein Hinweis auf ein „operatives Schießen unter kriegsähnlichen Bedingungen“ (Salve), vor allem dann, wenn möglicherweise beide in Xiaopingdao stationierten JIN beteiligt waren. JL‑2 dürfte damit die Phase bloßer Testschüsse zur funktionalen Erprobung hinter sich haben.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
Alle Informationen entstammen frei zugänglichen Quellen.