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Rettung im Westen:
“Für ein kleines Land wie Georgien sei eine Mitgliedschaft in dem Militärbündnis vor allem eine Frage der Sicherheitsgarantien.”
Tatsächlich sucht das Land, das bei der Auflösung der Sowjetunion in die Unabhängigkeit trat und aus dem Schatten Russlands hervortritt, einen mächtigen und starken Partner. Die iranischen Ayatollahs und auch die benachbarten islamischen Türken sind für das überwiegend christliche Land, das Jahrhunderte lang von Osmanen und Persern beherrscht wurde, allerdings keine bevorzugte Alternative.
Nein, mit Präsident Schewardnadse — dem jahrelangen sowjetischen Außenminister — war ein geopolitisch denkender Politiker an die Schalthebel der Macht gewählt worden. Georgien dient sich nicht dem islamischen Nachbarn Türkei sondern der überwiegend von christlichen Ländern gebildeten NATO an und hat inzwischen seinen offiziellen Beitrittswunsch erklärt. “Wenn wir andere Garantien bekommen”, so allerdings der stellvertretende Außenminister Georgiens, Giorgi Burdulie im Sommer 2000 in einem Exklusiv-Interview mit Blick auf Moskau, “dann wären wir vielleicht nicht so sehr daran interessiert, in die Allianz aufgenommen zu werden.”
Die “sanfte Revolution” die vor einigen Jahren Schewardnadse aus dem Amt gefegt hat, hat an diese Westorientierung nichts geändert. Da ist es auch kein Wunder, dass Russland als Bedrohung für die Integrität und Souveränität des Landes empfunden wird. Mit der über Georgien führenden Erdölleitung, die den Schmierstoff der Weltwirtschaft vom Kaukasus bis zur türkischen Mittelmeerküste transportiert, hat Georgien auch ein “Faustpfand” für das beständige Interesse des Westens an Ruhe und Stabilität in der Region. Die Auswirkungen auf die westliche Politik sind allerdings unterschiedlich. Während einige Georgien möglichst bald unter den Schutzmantel des Westens schlüpfen lassen wollen warnen andere vor der Krise, die damit nur noch verstärkt werden würde. Noch Anfang 2008 hat der Wunsch Georgiens, in die NATO aufgenommen zu werden, zu erheblichen Meinungsverschiedenheiten zwischen den USA als Befürwortern und europäischen NATO-Partnern geführt.
Dabei müssten es gerade die USA sein, die unter der Führung der US-Aussenministerin Condolezza Rice sehr vorsichtig mit der Ausdehnung der NATO nach Osten umgehen sollten. In einem Buch, in dem Rice 1997 zu den Hintergründen der deutschen Vereinigung Stellung genommen hat, bestätigt Rice, dass Pläne, die darauf abzielen, ehemalige Mitglieder des Warschauer Paktes in die NATO aufzunehmen, einer Garantie wiedersprchen, die man damals Michail Gorbatschow, also der Sowjetunion gegeben hatte — und zwar nicht nur von deutscher sondern auch von amerikanischer Seite. Deutschlands Außenminsiter hätte zuerst 1989 erklärt, dass es im Falle einer Vereinigung von Bundesrepublik Deutschland und DDR “keine Ausweitung der NATO” geben werde. Da wenigstens das Gebeit der DDR zur NATO gehören sollten, hätte Baker (und die Regierung Bush senj. in einem Schreiben an Gorbatschow) den sowjetischen Vertretern — Schewardnadse und Gorbatschow — “eisenfeste Garantien versprochen, dass weder die Jurisdiktion nach die Streitkräfe der NATO nach Osten verschoben werden”, wenn Moskau mit der NATO-Mitgliedschaft des vereinigten Deutschlands einverstanden sei.
Es entbehrt nun nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet Schewardnadse der Wegbereiter für die Öffnung Georgiens nach Westen wurde — eines Staates, der nicht nur zum Warschauer Pakt gehörte, sondern Teil der Sowjetunion war, und dass ausgerechnet Bush jr. die von seinem Vater ausgesprochenen “eisenharten Garantien” negiert. Was muss der Westen noch mehr tun, um sich unglaubwürdig zu machen und Russland zu reizen?
Die USA haben Ihr Interesse an dem Land entdeckt.
Über Georgien kann Öl aus Aserbaidschan zum Schwarzen Meer gepumpt werden, ohne dass das Gebiet Russlands (mit dem rebellischen Tschetschenien) berührt werden muss.
Georgien ist ein strategisch wichtiges Bindeglied zwischen dem NATO-Partner Türkei und den türkischsprachigen Staaten Zentralasiens. Über Georgien und das Turkvolk der Aseris von Aserbeidschan lässt sich Einfluss auf die Region gewinnen, die immer mehr in das strategische Interesse der Weltmächte rückt.
Bis zum Sommer 2003 hatten US-Ausbilder bereits 2 georgische Bataillone für Spezialeinsätze gedrillt, und seit Februar 2003 fliegen amerikanische U‑2 Aufklärungsmaschinen regelmäßig Einsätze entlang des Kaukasus – auch über Abchasien und Ossetien hinweg, wo den dort stationierten russischen Truppen in die Suppentöpfe geschaut werden kann.
Georgien will jetzt seiner NATO-Beitritts-Aktivitäten u.a. mit Aserbaidschan koordinieren.
Fehlt eigentlich nur noch Armenien, um die Kandidatenliste aus dem Kaukasus für die nächste Erweiterung zu komplettieren. Armenien hat zwar historische Vorbehalte gegen die Türkei — aber auch von dort gab es vorsichtige Signale: So wurde schon das erste Manöver im Rahmen des NATO-Programms “Partnerschaft für den Frieden” in Armenien abgehalten. Georgien hatte zwei Jahren zuvor zum ersten Mal ein solches Manöver ausgerichtet.