Osteuropa — Georgien


Georgien Georgia

Die Osseten - ossetisch wird auch als “alanisch” beze­ich­net — sind ein iranisch sprachiges Volk und  die Nach­fahren der Ala­nen (und damit wohl der Skythen), die ab dem 2. Jahrhun­dert v. Chr. im nördlichen Kasach­stan und im Nor­dosten des Kaspis­chen Meeres siedel­ten, und ab der Mitte des 1. Jahrhun­derts n. Chr. in die südrus­sis­chen Step­pen zwis­chen Wol­ga und Don zogen. Während ein Teil der Ala­nen mit den Van­dalen nach West­en zog (Rex Van­dalo­rum et Alano­rum) blieb ein ander­er Teil — aus denen sich die Osseten entwick­el­ten — in diesem Gebi­et wohn­haft. Im Kauka­sus gibt es den Dariel­pass, dessen Namen von dar‑i Alan (dt. Pforte der Ala­nen) entstammt. Er war das Ein­fall­stor der Ala­nen bei ihren Eroberungszü­gen im südlichen Kauka­sus. Fak­tisch liegen geor­gis­che und ossetis­che Volks­grup­pen schon seit dem 5. Jahrhun­dert, seit der Besiedelung Südos­se­tiens durch die Ala­nen, in ein­er Dauer­fe­hde. Vom 9. bis zum 13. Jahrhun­dert (Mon­golen­stürme) bestand im Kuban-Gebi­et und im Nord­kauka­sus der von Byzanz aus chris­tanisierte Staat Alanien. Ein Teil des Volkes wurde in Folge der Mon­golen­stürme im 13. Jahrhun­dert bis nach Ungarn ver­trieben, wo sie in der sar­ma­tisch-alanis­chen Volks­gruppe der Jaszen (Jassen, Jazy­gen, Assen “ungar­ländis­che Ala­nen”) Auf­nahme fan­den. Die Osseten (von geor­gisch “Oss”, was Osseten bedeutet und der Endung “-eti” (“Land”)) sind auch heute noch zu 80 % ortho­doxe Chris­ten. Etwa 15 bis 20 % (über­wiegend in Nor­dos­se­tien) sind Muslime.

Die Osseten waren unter dem Druck von Osma­n­en und Tataren 1774 geschlossen dem Rus­sis­chen Reich beige­treten. Osse­tien wurde im 19. und 20. Jahrhun­dert — zulet­zt durch eine nachträgliche Grenzziehung (unter dem Georgi­er Stal­in) — in zwei später unab­hängige Nach­folges­taat­en der Sow­je­tu­nion, Rus­s­land und Georgien, aufgeteilt. Dies führte dazu, dass etwa 350.000 Osseten im rus­sis­chen Nor­dos­se­tien siedeln, während etwa 65.000 Brüdern und Schwest­ern auf geor­gis­chem Staats­ge­bi­et im autonomen Südos­se­tien die Bevölkerungsmehrheit bilden. Der Qua­si­staat Süd-Osse­tien (die Osseten sind zwis­chen Georgien im Süden und Rus­s­land im Nor­den in etwa zwei gle­ich großen Sied­lungs­ge­bi­eten aufgeteilt) hat sich noch zu Zeit­en der UdSSR von Georgien los­ge­sagt. Südos­se­tien ist etwa so groß wie die Insel Mal­lor­ca oder einein­halb mal so groß wie das Saar­land. Eine Volk­szäh­lung im Jahr 1989 ergab eine Bevölkerungszahl von etwa 100.000 Men­schen, davon rund 30.000 Georgiern. Zusät­zlich zu den 70.000 Osse­tien im eigentlichen Osse­tien waren weit­ere etwa 100.000 Osseten in anderen Gebi­eten Georgiens verteilt. 

Nach­dem Südos­se­tien 1990 (noch im Rah­men der Sow­je­tu­nion) seine Sou­veränität erk­lärt und ein eigenes Par­la­men gewählt hat­te, marschierten im Jan­u­ar 1991 geor­gis­che Nation­al­is­ten ein, die von ossetis­chen Milizen 1991/92 mit rus­sich­er Unter­stütz­tung zurück­ge­wor­fen wur­den. Dieser Bürg­erkrieg führe zu ersten eht­nis­chen “Bere­ini­gun­gen”. Ossten aus Georgien flüchteten nach Osse­tien und Georgi­er flüchteten in das Gebi­et, das heute als “Kern­ge­orgien” beze­ichent wird. Im Mai 1992 erk­lärte sich Südos­se­tien für unab­hängig. Im Juni 1992 wurde ein Waf­fen­still­stand unterze­ich­net, der 2004 erneuert wurde. Danach soll eine Frieden­struppe aus Russen, Osseten und Georgiern die Sicher­heit gewährleis­ten. Nach dem Bürg­erkrieg, der Hun­derte von Todes­opfern forderte (und von rus­sis­chen Trup­pen auf Seite der Osseten unter­stützt wurde), sind seit 1992 leicht bewaffnete OSZE-Friedenss­chützer beauf­tragt, ein erneutes Auf­flam­men dieses Krieges zu ver­hin­dern. Unter den Augen der OSZE (deren Ein­heit­en — aus­gerech­net — aus Osseten, Russen und Georgiern gebildet sind) wer­den zunehmend schwere Waf­fen und Geschütze — wie T‑62 Panz­er und 122 mm PzHaub­itzen “Nelke” — nach Südos­se­tien “geschmuggelt”. Die Südos­seten beschaf­fen sich rus­sis­che Pässe. Auch der fak­tis­che Präsi­dent von Süd-Osse­tion, Eduard Koko­jew, ist stolz darauf, rus­sis­ch­er Staats­bürg­er zu sein — und den Anschluss an Rus­s­land zu betreiben — der mächtige rus­sis­che Bär streckt seine Pranke nach Süd-Osse­tien aus. Seit 2004 ver­sucht Georgiens Präsi­dent Saakaschwili, mit immer weit­er reichen­den Autonomie-Ange­boten den Kon­flikt zu lösen — bis­lang ohne Erfolg. Gle­ichzeit­ig wurde die geor­gis­che Armee mit US-Hil­fe zu ein­er schlagkräfti­gen Truppe aufgebaut.

Anfang August 2008 — zeit­gle­ich zur Eröff­nung der Olymp­is­chen Spiele — ver­suchte Georgien offen­bar in einem Über­raschungsan­griff, Südos­se­tion zu beset­zen. Georgien behauptet dazu ein­er rus­sis­chen Beset­zung zuvor gekom­men zu sein. Die südos­setis­che Haupt­stadt — Zch­in­wali  nahe an der Gren­ze zu Georgien gele­gen — kon­nte auch für kurze Zeit beset­zt wer­den. Dann machte der rasche Entsatz durch die rus­sis­che Luft­waffe und Ein­heit­en der rus­sis­chen 58. Armee aus dem Nord­kauka­sis­chen Mil­itär­bezirk sowie Ein­heit­en der 76. Pskow­er Luft­lande­di­vi­sion den Rück­zug der Georgi­er erforder­lich. Rus­sis­che Luft­waf­fen­hein­heit­en haben zudem Ziele im geor­gis­chen Lan­desin­neren — so die wichtige Hafen­stadt Poti mit ihrem Marinestützpunkt und den Ölver­ladeein­rich­tun­gen — bom­bardiert. Georgien soll, so die offizielle Erk­lärung aus Moskau, “zur Zwangs­be­friedung” gebracht wer­den.  Inzwis­chen ist unter Ver­mit­tlung der franzöis­chen EU-Präsi­dentschaft ein neuer Waf­fen­still­standsver­trag unterze­ich­net, der eine Rück­kehr der Mil­itärs in die Aus­gangsstel­lun­gen vor dem neuen Bürg­erkrieg vor­sieht. Rus­s­land hat sich allerd­ings das Recht aus­bedun­gen, bis zum “Inkraft­treten inter­na­tionaler Mech­a­nis­men” weit­ere Sicher­heits­maß­nah­men durchzuführen. Dazu gehört nach rus­sis­ch­er Lesart offen­bar die Präsenz rus­sis­ch­er Trup­pen an wichti­gen Verkehrsknoten­punk­ten “Rest-Georgiens”.

Inzwis­chen wer­den erste Zusam­men­fa­sun­gen der Abläufe auch in den west­lichen Medi­en bekannt. 

Bei der nach­fol­gen­den Darstel­lung beziehen wir uns ins­beson­dere auf die FAZ und den SPIEGEL (38/2008) .

Danach hat Georgien bere­its im Juli 2008 Trup­pen an der Gren­ze zu Südoss­se­tien massiert. Am Mor­gen des 7. August hat­te Georgien rund 12.000 Sol­dat­en zusam­menge­zo­gen — darunter 1/3 der gepanz­erten Fahrzeuge (rund 75 Panz­er und gepanz­erte Schützen­wa­gen) bei Gori.

In der Nacht vom 7. auf den 8. August began­nen die geor­gis­chen Stre­itkräfte um 22:35 Uhr — knapp eine Stunde vor dem von Georgien behaupteten Ein­marsch rus­sis­ch­er Panz­er in den Roki-Tun­nel, der die einzige schnelle Land­verbindung zwis­chen Südos­se­tien und Rus­s­land (Nor­dos­se­tien) darstellt, mit einem mas­siv­en Artilleriebeschuss von Zch­in­wal­li. Mit knapp 30 Raketen­wer­fern und 152 mm Kanonen — auch mit Streumu­ni­tion — wurde das Zen­trum der Stadt beschossen.  Der schwere Beschuss auch mit Granat­en. Grat-Abschuss­ram­p­en und Artillerie auch von ausser­halb des Kon­flik­t­ge­bi­etes  traf auch die OSZE-Beobachter­büros in Zch­in­wal­li, die Mil­itär­beobachter mussteim im Keller Schutz suchen (OSZE-Bericht vom 08.08. 11:00 Uhr).

Die Georgi­er rück­ten in der For­ma­tion eines umgekehrten Dreiecks auf Zch­in­wali vor, mit ihrer 3. und 4. Brigade an den bei­den vorderen Enden und Artillerie im Hin­ter­grund. Die geor­gis­che 2. Brigade blieb in Reserve. Sie nah­men Zch­in­wali schnell ein und ver­sucht­en sich danach in Rich­tung des Roki-Tun­nels. zu bewe­gen, die Masse der geor­gis­chen Infan­terie­ver­bände blieb aber auf den Hauptverkehrsstraßen stecken.

Nach Lausch­op­er­a­tio­nen der (west­lichen) Geheim­di­en­ste ver­sucht­en die rus­sis­chen Frieden­strup­pen die ganze Nacht über, Kon­takt mit der 58. Armee in Nor­dos­se­tien aufzunehmen. Die Funkrufe blieben aber erfol­g­los. Erst um 07:30 Uhr  — etwa 8 Stun­den nach Beginn des geor­gis­chen Beschuss­es — sei mit dem Abschuss ein­er SS-21 Rakete ein Ein­greifen der rus­sis­chen Armee erfol­gt. Bis zum Mit­tag des 8. August war klar, dass Rus­s­land mit Kampf­flugzeu­gen und Kurzstreck­en­raketen in den Kon­flikt eingriff.

Die Russen standen mit 8000 Mann der 58. Armee in Nor­dos­se­tien, die ger­ade ihr som­mer­lich­es Rou­tine­manöver in der Kauka­sus­re­gion abschloss und deshalb die Fahrzeuge noch betankt und auf­mu­ni­tion­iert bere­it ste­hen hat­te. Die Russen kamen ab dem 8. August gegen 11:00 Uhr durch den Tun­nel und bracht­en die 3. Brigade der Georgi­er rasch zum Ste­hen. Ihre Vorge­hensweise entsprach dem alten sow­jetis­chen Bewe­gungskrieg, wie er der Nato aus zahlre­ichen Mod­ellen und Übun­gen des Kalten Krieges bekan­nt ist.
Mit ein­er „mas­siv­en Feuer­walze“, die höch­ste Artillerierohrzahlen pro Quadratk­ilo­me­ter her­vor­brachte, und Kolon­nen, die sich bei Beschuss verteilen, schlu­gen sie die Georgi­er zurück. Die 3. geor­gis­che Brigade lief unter Zurück­las­sung ihrer schw­eren Waf­fen auseinan­der, die 4. bewegte sich rück­wärts in Rich­tung Gori. Noch am 8. August erre­icht­en die Russen Zchinwali. 

Die Georgi­er unter­nah­men in der Nacht vom 8. auf den 9. August noch ein­mal einen Ver­such eines Gege­nan­griffs. Am Ende zogen sich ihre 4. und 2. Brigade unzusam­men­hän­gend nach Tiflis zurück. Am 9. August wurde mit amerikanis­ch­er Hil­fe noch die 1. Brigade aus dem Irak einge­flo­gen, was am Aus­gang aber nichts mehr änderte.

Rund 5.500 rus­sis­che Sol­dat­en stießen bis Gori vor. Nach Südos­se­tien wur­den kon­ven­tionelle SS-21-Kurzstreck­en­raketen mit ein­er Reich­weite von 120 Kilo­me­tern ver­legt, so dass auch die geor­gis­che Haupt­stadt in Reich­weite der rus­sis­chen Boden-Boden-Raketen geriet.

Die wichtig­sten Reste der geor­gis­chen Armee, etwa drei Batail­lone, haben sich vor Tiflis eingegraben.

Rund 200 geor­gis­che Sol­dat­en fie­len, 1700 wur­den ver­wun­det, 5000 versprengt.

Keine geor­gis­che Luftwaffe:

Die Russen erlangten sehr schnelle die voll­ständi­ge Luftüber­legen­heit. Die zwölf geor­gis­chen Jagdbomber wur­den noch am Boden zer­stört. Lediglich geor­gis­che Hub­schrauber gelangten zum Einsatz.

Alle Schiffe der geor­gis­chen Marine wur­den versenkt

Fast gle­ichzeit­ig mit den Kämpfen in Südos­se­tien began­nen im Kodori-Tal in Abchasien abcha­sis­che Kräfte mit einem Angriff auf die dort sta­tion­ierten Trup­pen des geor­gis­chen Innenministeriums.

Rus­s­land unter­stützte das mit einem Auf­marsch von See her, der eben­falls am 8. August begann. Südlich von Suchu­mi bracht­en drei rus­sis­che Lan­dungss­chiffe 4000 Sol­dat­en an Land, die südlich bis in die geor­gis­che Hafen­stadt Poti vor­rück­ten. Weit­ere Kräfte kamen über Luft­landung ins Einsatzgebiet.

Die Lan­dung­sop­er­a­tio­nen wur­den durch die geor­gis­che Marine gestört, die bei Ocham­chi­ra einen Angriff bei Raketen­schnell­bot­ten auf die rus­sis­che Flotte vor­nahm. Dabei wurde eine der bei­den geor­gis­chen Sten­ka, die Geor­gi Tore­li, versenkt.

Nach dem Vor­marsch rus­sis­ch­er Stre­itkräfte wurde die restliche geor­gis­che Flotte wie die Tblisi in Poti — zusam­men mit den anderen fünf geor­gis­chen Schif­f­en — ohne Gegen­wehr durch von Hand ver­legte Sprengladun­gen versenkt. Zu den dort versenk­ten geor­gis­chen Kriegss­chif­f­en gehörten auch die Ayeti, ein von Deutsch­land geliefertes ehe­ma­liges Minen­such­boot der Lin­dau-Klasse, die zur Com­bat­tante II-Klasse gehörende Dioskuria und ein Boot der Turk-Klasse.

Vom 10. August an sucht­en die Russen die Bewe­gungsmöglichkeit­en der geor­gis­chen Armee sys­tem­a­tisch durch Luftan­griffe einzuschränken. Sie zer­störten wichtige Brück­en, Eisen­bah­n­verbindun­gen, Radarein­rich­tun­gen und Flugfelder. Die let­zten dieser Präzi­sion­ss­chläge, bei denen es offen­bar nicht zu hohen Ver­lus­ten in der Zivil­bevölkerung kam, fan­den am 25. August statt.

 

Südos­se­tien hat sich unmit­tel­bar nach dem Kon­flikt erneut als “unab­hängig” erk­lärt, der neue Staat wurde umge­hend von Rus­s­land anerkannt.

Ein Fre­und­schaftsver­trag mir Rus­s­land und Abchasien erlaubt allen drei Beteiligten, auf dem Ter­ri­to­ri­um des anderen “die mil­itärische Infra­struk­tur und die mil­itärischen Stützpunk­te der Ver­tragsparteien zu nutzen und zu per­fek­tion­ieren”. Damit erhält Rus­s­land die Möglichkeit, seine Stre­itkräfte tief nach Rest­ge­orgien und in die Nähe der für den West­en wichti­gen tran­skauka­sis­chen Pipelines zu dislozieren.

Wirtschaftlich erscheint Südos­se­tien nicht dauer­haft über­lebens­fähig zu sein. Beobachter rech­nen daher damit, dass sich Südos­se­tien nach einiger Zeit der rus­sis­chen Förder­a­tion mit Nor­dos­se­tien (und der Haupt­stadt “Wladikawkas” — Beherrsch­er des Kauka­sus) anschließen wird.