Update Piraterie — Stand 31.12.2011

In weit­en Teilen des Indis­chen Ozeans beein­trächtigt der saisonale Nord-Ost-Mon­sun zur Zeit die kleinen Piraten­skiffs in ihren Möglichkeit­en, Han­delss­chiffe zu ent­führen. Das gilt vor allem für die Seege­bi­ete unmit­tel­bar vor der soma­lis­chen Küste. In eini­gen Gebi­eten des Ara­bis­chen Meeres herrschen allerd­ings gute Voraus­set­zun­gen für Kape­run­gen, und dies musste am 27. Dezem­ber der ital­ienis­che Frachter ENRICO IEVOLI erfahren. Das Schiff hat­te in den Vere­inigten Ara­bis­chen Emi­rat­en 15.000 t Ätz­na­tron an Bord genom­men und sich auf den Weg ins Mit­telmeer gemacht. Im Ostein­gang des Golfs von Aden wollte der Kapitän sich für die Pas­sage durch piratenge­fährdete Gebi­ete einem von chi­ne­sis­chen Kriegss­chif­f­en gesicherten Kon­voi anschließen. Den vere­in­barten Tre­ff­punkt erre­ichte der Frachter allerd­ings nicht mehr. Vor der oman­is­chen Küste nordöstlich von Salalah kaperten Pirat­en die ENRICO IVEOLI, nah­men die 18 Mann Besatzung als Geiseln und steuerten ihre Beute in Rich­tung Somalia. 

Marineforum - Karte: gcaptain.com
Karte: gcaptain.com

Einen weit­eren möglichen Über­fall kon­nte die iranis­che Marine am 26. Dezem­ber vere­it­eln. Nach Mel­dun­gen staatlich­er iranis­ch­er Medi­en hat­ten im Golf von Oman, nur 30 sm von der iranis­chen Küste ent­fer­nt, drei Skiffs sich „in verdächtiger Weise“ einem saud­is­chen Tanker genähert. Dabei hat­ten sie offen­sichtlich überse­hen, dass die iranis­che Marine zwei Tage zuvor im gle­ichen Gebi­et ihr Groß­manöver „Velay­at 90“ (s.u.) begonnen hat­te. Sofort waren mehrere Kriegss­chiffe zur Stelle und „ver­trieben“ die mut­maßlichen Pirat­en. Wie üblich gab es kein­er­lei Mel­dun­gen über (auch nur ver­sucht­es) Board­ing und Durch­suchung der verdächti­gen Boote. Man kann daraus nur schließen, dass die iranis­che Marine sich grund­sät­zlich damit beg­nügt, (mut­maßliche) Pirat­en nur zu vertreiben. Offen­bar ist sie nicht autorisiert, sie auch zu „neu­tral­isieren“ und damit eine mögliche Gefahr für andere Han­delss­chiffe vor­beu­gend zu beseitigen. 

Deutsche Medi­en bericht­en über die Absicht der Europäis­chen Union, die Rules of Engage­ment für die in Oper­a­tion „Ata­lan­ta“ einge­set­zten Schiffe der EU Nav­For deut­lich zu erweit­ern. Sie sollen kün­ftig auch an der soma­lis­chen Küste an Land gegen Pirat­en vorge­hen dür­fen, dort z.B. flüch­t­ende Pirat­en ver­fol­gen oder Boote schon im Piraten­lager bei der Aus­rüs­tung für Kaper­fahrten zerstören. 

Marineforum - Piratencamp am Strand von Somalia (Foto: EU NavFor)
Pira­ten­camp am Strand von Soma­lia (Foto: EU NavFor) 

Eine offizielle Bestä­ti­gung ste­ht noch aus, aber über­fäl­lig wäre ein solch­er Schritt — zu dem der UN-Sicher­heit­srat mit Res­o­lu­tion 1851 übri­gens schon vor drei Jahren aus­drück­lich ermuntert hat — alle­mal. Schließlich ermöglicht nur die Rück­zugsmöglichkeit in ein von jed­er staatlichen Autorität und äußeren Bedro­hung freies „Sank­tu­ar­i­um“ den soma­lis­chen Pirat­en über­haupt ihre Ver­brechen. Die möglichen neuen Rules of Engage­ment der EU wären so dur­chaus geeignet, den Pirat­en mit­tel­fristig die Basis für ihre Ver­brechen zu entziehen. Auch von Land aus ger­at­en sie allmäh­lich unter Druck. In den semi-autonomen soma­lis­chen Prov­inzen Punt­land und Soma­liland sind immer weniger örtliche Autoritäten bere­it, die Pirat­en gewähren zu lassen und gehen zunehmend aktiv gegen sie vor. 

Aktuelle Entwick­lun­gen bei Ein­satzkräften

Die frühere 9. chi­ne­sis­che Ein­satz­gruppe mit dem Zer­stör­er WUHAN und der Fre­gat­te YULIN ist am 24. Dezem­ber in ihren Heimat­stützpunkt Zhan­jiang (Süd­flotte) zurück gekehrt und hat damit ihren ins­ge­samt 176-tägi­gen Ein­satz been­det. Wie üblich hat­ten die Schiffe nach der Ablö­sung durch die 10. Ein­satz­gruppe und auf dem Heimweg noch einige Besuche in aus­ländis­chen Häfen durchgeführt. 

Marineforum - Zerstörer WUHAN (Foto: china-defense.com)
Zer­stör­er WUHAN (Foto: china-defense.com)

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