Am 15. September ließen somalische Piraten nach Zahlung eines Lösegeldes den vietnamesischen (Flagge: Mongolei) Massengutfrachter HOANG SON SUN und seine 24 Mann Besatzung frei. Das Schiff war vor acht Monaten im Arabischen Meer gekapert worden.
Entwicklung der Piratenbedrohung bis zum 24. September (Grafik: US Navy) |
Noch immer hat der Monsun die offenen Seegebiete des Indiks “fest im Griff”, aber das Wetter soll sich in den nächsten Tagen beruhigen. Im nördlichen Arabischen Meer, vor den Küsten von Pakistan und Oman, sollen Wellenhöhen von zur Zeit noch mehr als drei Meter auf etwa 1,5m zurück gehen.
Etwas später wird auch in Teilen des Somaliabeckens ruhigeres Wetter erwartet. Bei deutlich verbesserten Möglichkeiten zum Einsatz kleiner Skiffs wird dann auch die Bedrohung der Handelsschifffahrt durch Piraten erheblich zunehmen. NATO-Kriegsschiffe beobachten denn auch schon offenbare Vorbereitungen in den Piratencamps an der somalischen Küste.
Eine von der US Navy erstellte und veröffentlichte Grafik veranschaulicht die in den kommenden zehn Tagen erwartete regionale Bedrohungsentwicklung (rot = akute Bedrohung) vom 16. September (oben links) bis zum 24. September (unten rechts).
In der abgelaufenen Woche beschränkten sich die Aktivitäten ostafrikanischer Piraten zwangsläufig noch auf die ruhigen Seegebiete des inneren Golfs von Aden bzw. das südliche Rote Meer. Etwas nördlich der Meerenge des Bab el Mandeb wurde am 10. September der griechische Tanker UNITED EMBLEM angegriffen. Sechs Piraten konnten das Schiff auch entern, aber nicht zur in einer Zitadelle verbarrikadierten Besatzung vordringen. Als der durch einen Notruf alarmierte russische Zerstörer SEVEROMORSK am Schauplatz des Geschehens eintraf, hatten sie ihre Beute bereits wieder aufgegeben und das Weite gesucht.
Sieben in der Vorwoche nach der Kaperung der französischen Segeljacht TRIBAL KAT, der Ermordung des Skippers und der Entführung seiner Ehefrau vom spanischen Docklandungsschiff GALICIA (EU NavFor) festgesetzte somalische Piraten wurden zur Strafverfolgung französischen Behörden überstellt und nach Frankreich gebracht.
Von der westafrikanische Küste wird ein neuer Überfall gemeldet. Wieder einmal waren zwei vor der Küste von Benin zum Umschlag von Rohöl nebeneinander liegende Tanker Ziel der vermutlich aus Nigeria kommenden Piraten. Während die Besatzung des einen (norwegischen) Schiffes sich in einer Zitadelle verbarrikadieren konnte, brachten die Piraten den zweiten spanischen (Flagge: Zypern) Tanker auf und entführten ihn samt 23 Mann Besatzung. Sie werden in den kommenden Tagen bemüht sein, die Ladung zum späteren Verkauf auf dem Schwarzmarkt abzupumpen und das Schiff anschließend wahrscheinlich wieder frei geben. Schiffsentführungen mit Lösegeldforderungen sind vor Westafrika (noch) sehr selten.
Die zwei Boote der Marine Benins (Foto: Benin Navy) |
Benins Marine ist zu umfassender Überwachung und Dauerpräsenz vor der Küste nicht in der Lage. Fakt ist aber, dass die Verbrecher hier fast ausschließlich Ankerlieger überfallen. Primärziele waren dabei in den letzten Wochen vor allem Tanker, die routinemäßig vor der Küste von Benin in See ihre Ladung umschlagen. Eine (Teil-)lösung des Problems könnte daher sein, den Tankerkapitänen ein speziell dafür designiertes, dichter unter der Küste liegendes und dann auch leichter zu schützendes Gebiet anzubieten (wobei unklar ist, ob die Tankerkapitäne nicht bewusst Abstand zur Küste suchen, weil der Ladungsumschlag in See aus Umweltschutzgründen vielleicht illegal ist).
Allerdings käme die kleine Marine mit ihren derzeit nur zwei 27‑m Wachbooten auch hier schnell an die Grenzen ihrer Möglichkeiten. An einer (politische Querelen überwindenden) Kooperation regionaler Marinen — von Ghana bis Kamerun – oder/und einer vom Ausland finanzierten materiellen Aufstockung der Marine Benins dürfte so kaum ein Weg vorbei führen.
Aktuelle Entwicklungen bei Einsatzkräften
Das zur derzeit in der Golfregion operierenden BATAAN Amphibious Ready Group der US Navy gehörende Docklandungsschiff WHIDBEY ISLAND wurde für Anti-Piraterie Einsätze detachiert. Mit an Bord ist ein Spezialteam der US Coast Guard, das die Soldaten bei Durchsuchungen gestoppter Schiffe und Boote sowie ggf. Festnahmen mutmaßlicher Piraten unterstützen soll. Sicher auch mit Blick auf das absehbare Ende der Monsunzeit hat die britische Royal Navy ihre primär zur Anti-Terror Operation „Enduring Freedom“ in die Region verlegte Fregatte SOMERSET für Anti-Piraterie Operationen abgestellt.
Die deutsche Fregatte KOELN hat das Horn von Afrika erreicht und sich der EU NavFor in Operation „Atalanta“ angeschlossen. Der südkoreanische Zerstörer MUNMU DAEWAN (KDX-II-Klasse) hat Schwesterschiff CHUNGMUGONG YI SUN-SHIN im Anti-Piraterie Einsatz im Golf von Aden abgelöst.
Schon vor Eintreffen der aus dem Pazifik zulaufenden neuen russischen Einsatzgruppe hat der in den letzten Monaten im Golf von Aden eingesetzte Nordflottenverband mit dem Zerstörer SEVEROMORSK (UDALOY-Klasse), einem Flottentanker und einem Bergeschlepper seinen Einsatz beendet und den Rückmarsch zur Nordflotte angetreten. Mitte Oktober sollen die Schiffe im Heimathafen Severomorsk eintreffen. Auf dem Wege dorthin sind noch Besuche in Tartus (Syrien) — angesichts der dortigen innenpolitischen Lage politisch hoch brisant (!!!) – und in der nordafrikanischen spanischen Enklave Ceuta geplant.
Südafrikanisches U‑Boot CHARLOTTE MAXEKE (Foto: Michael Nitz) |
Die südafrikanische Marine will in regionaler Nachbarschaftshilfe für Mosambik und Tansania ihr Engagement bei der Bekämpfung der Piraterie vor Ostafrika offenbar deutlich erweitern. Bereits im Juni hatte Präsident Zuma die Verlegung von 200 Soldaten „zum Dienst in Mosambik und internationalen Gewässern“ genehmigt. Seit mehreren Monaten patrouillieren immer wieder auch Fregatten — derzeit die AMATOLA – in der Straße von Mosambik. Nun hat das U‑Boot CHARLOTTE MAXEKE (TYP 209‑1400 SAN) einen etwa vierwöchigen „Aufklärungseinsatz“ im Indischen Ozean abgeschlossen. Er soll der „Vorbereitung einer größeren Anti-Piraterie Operation“ gedient haben.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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