Großbritannien — Ersatz für ihr Polarforschungsschiff ENDURANCE

Die Roy­al Navy hat einen (zumin­d­est vorüberge­hen­den) Ersatz für ihr Polar­forschungss­chiff ENDURANCE gefun­den.
Das einzige (1992) speziell für Oper­a­tio­nen unter Eis­be­din­gun­gen beschaffte Schiff der Roy­al Navy war im Dezem­ber 2008 vor Chile havari­ert. Verse­hentlich­es Öff­nen eines Ven­tils bei einem rou­tinemäßi­gen Fil­ter­wech­sel hat­te den Maschi­nen­raum geflutet und zu einem Tota­laus­fall der Antrieb­san­lage geführt. Die ENDURANCE wurde zwar noch aufwändig mit einem Spezial­trans­ports­chiff ins Arse­nal der Portsmouth Naval Base befördert; dort zeigte sich dann, dass eine Instand­set­zung mit zugle­ich unverzicht­bar­er Mod­ernisierung mehrere Jahre dauern wird und in ihren Kosten möglicher­weise einem „wirtschaftlichen Totalschaden“ gle­ich kom­men wird.

Ein ersat­zlos­er Verzicht auf sie hätte sich­er auch einen Verzicht auf wesentliche Teilaspek­te jährlich­er jew­eils sieben­monatiger Ein­satz­fahrten in den Südat­lantik und die Antark­tis bedeutet. Zwar kom­pen­siert die Roy­al Navy den Aus­fall der ENDURANCE im Südat­lantik derzeit noch mit dem Ver­mes­sungss­chiff SCOTT; dieses taugt allerd­ings nicht als Eis­brech­er und führt überdies auch keinen Hub­schrauber mit. Nach­dem der Strate­gic Defence & Secu­ri­ty Review sich für einen Erhalt der Fähigkeit der Roy­al Navy zu Oper­a­tio­nen in Polarge­bi­eten (vor allem in der Antark­tis) aus­ge­sprochen hat­te, und die ENDURANCE abse­hbar für mehrere Jahre nicht ver­füg­bar ist, begann die Suche nach ein­er Zwischenlösung. 

Marineforum - POLARBJÖRN (Foto: Royal Navy)
POLARBJÖRN
Bildquelle: Roy­al Navy

In Nor­we­gen ist man jet­zt fündig gewor­den. Die POLARBJÖRN ist ein von der GC Rieber Ship­ping betrieben­er zivil­er Eis­brech­er, der seinen offiziellen Heimath­afen im nor­wegis­chen Bergen hat, in den let­zten Jahren aber über­wiegend im Off­shore-Geschäft in der Karibik einge­set­zt war – auch wenn Eis dort natür­lich eher spär­lich ist. Das 2001 fer­tig gestellte Schiff ver­drängt voll beladen fast 5.000 ts (ist damit also etwa 1.000 ts leichter als die ENDURANCE), aber mit 100 Unterkun­ft­splätzen kann es prob­lem­los Auf­gaben als Patrouillen‑, Forschungs- und Bergeschiff erfüllen und dabei sog­ar Unter­wasser­ar­beit­en effek­tiv unterstützen. 

Eine Lan­de­plat­tform über dem Brück­e­nauf­bau erlaubt zwar Starts und Lan­dun­gen, eignet sich aber nur bed­ingt für die per­ma­nente Ein­schif­fung eines Hub­schraubers. Hier erwarten Experten einen Umbau (Hangar/Wetterschutz).

Zunächst wird das Schiff für drei Jahre geleast. In dieser Zeit soll eine langfristige Lösung (Ver­schrot­tung oder Reparatur mit zugle­ich Mod­ernisierung) für die ENDURANCE gefun­den wer­den. Die in PROTECTOR umzube­nen­nende POLARBJÖRN wird von der Roy­al Navy beman­nt (76 Mann Besatzung) und geführt. Sie soll Patrouillen im Südat­lantik (u.a. Falk­lands, Süd Georgien) durch­führen, Umweltschutza­uf­gaben in antark­tis­chen Gewässern wahrnehmen, britis­che Antark­t­is­forschung unter­stützen und nationale Forschung­sein­rich­tun­gen in der Antark­tis ver­sor­gen. Im Mai wird das Schiff in Portsmouth erwartet, wo es für seine zukün­fti­gen mil­itärischen Auf­gaben aus­gerüstet wer­den soll. Rechtzeit­ig vor Beginn des näch­sten antark­tis­chen Som­mers wird der Neuzu­gang der Roy­al Navy dann für seinen ersten Ein­satz in den Südat­lantik verlegen. 

Den Namen PROTECTOR erhält die POLARBJÖRN übri­gens nicht ganz zufäl­lig. Schon sechs Schiffe der Roy­al Navy führten diesen Namen, zulet­zt ein Eis­brech­er, der von 1955 bis 1968 ins­ge­samt 13 Ein­satz­fahrten in den Südat­lantik und die Antark­tis unter­nom­men hatte. 

In Koop­er­a­tion mit “Marine­Fo­rum — Zeitschrift für mar­itime Fra­gen

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