NAH-/MITTELOST
Die militärische/sicherheitspolitische Lage im Nahen-/Mittleren Osten bleibt vorrangig vom Bürgerkrieg in Syrien und von der Bekämpfung des islamistischen Terrors in Irak und Syrien bestimmt. Daneben gibt es aber natürlich auch andere (maritime) Ereignisse oder Entwicklungen in der Region.
Dieser Artikel wird mit freundlicher Genehmigung der „MarineForum – Zeitschrift für maritime Fragen“ veröffentlicht.
JEMEN
Im ersten derartigen Zwischenfall seit Beginn des Bürgerkrieges lief am 10. März ein Seefahrzeug vor der Küste des Jemen im südlichen Roten Meer, knapp nördlich der Meerenge des Bab-el-Mandeb auf eine Seemine. Das Boot der jemenitischen Küstenwache wurde zerstört; zwei Besatzungsmitglieder wurden getötet, acht weitere durch die Explosion verletzt.
Der Vorfall ereignete sich offenbar in Küstennähe, abseits der internationalen Seeverkehrswege. Er bestätigt die bisher nur vermutete Verminung von Ansteuerungen jemenitischer Häfen im südlichen Roten Meer durch Houthi Rebellen und nährt Befürchtungen, dass Minen sich aus ihrer Verankerung lösen, abtreiben und dann auch die internationale Seeschifffahrt gefährden könnten.
KAMPF GEGEN DEN ISLAMISTISCHEN TERROR (Fortschreibung)
Bei der Bekämpfung des islamistischen Terrors bleibt eine international übergreifende Koalition weiterhin Fernziel. Noch zu viele Eigeninteressen einzelner Staaten sowie die Spaltung zwischen Schiiten und Sunniten bestimmen die Entwicklung.
Dennoch zeichnet sich im Kampf gegen den IS in Syrien eine vorsichtige Kooperation (mit dem begrenzten Ziel eines „De-Conflicting“) zwischen Russland, der Türkei und den USA ab – auch wenn Russland und die Türkei in Syrien abseits der Terrorbekämpfung unverändert sehr eigene, nationale Ziele verfolgen.
Syrien – Irak: US-geführte Koalition (Operation „Inherent Resolve“)
Eine US-geführte multinationale Koalition setzt mit Operation „Inherent Resolve“ Luftschläge gegen islamistische Terrorgruppen im Irak und in Syrien fort. Ziele sind Kommandozentren (vor allem auch Führungspersonen), Stützpunkte, Depots und von Islamisten kontrollierte Öl-Anlagen, daneben aber auch logistische Straßentransporte und Gruppen verlegender Kämpfer, die im Irak auf den Flüssen Euphrat und Tigris vor allem auch Boote nutzen. Viele Angriffe dienen der direkten Unterstützung (Close Air Support) irakischer Bodentruppen oder kurdischer Milizen — aktuell vor allem bei der andauernden Offensive zur Rückeroberung von Mosul. Zum Einsatz kommen US-Trägerkampfflugzeuge und von Flugplätzen der Golfstaaten, Jordaniens und der Türkei operierende Kampfflugzeuge der Streitkräfte zahlreicher Staaten. Die britische Royal Air Force nutzt ihre Basis in Akrotiri (Zypern).
Erstmals seit Ablaufen der „Eisenhower“ am 20. Dezember operiert wieder ein US-Flugzeugträger im Zuständigkeitsbereich der 5. US-Flotte (Gewässer um die Arabische Halbinsel und im Indik). Nach mehrwöchigen aus dem östlichen Mittelmeer durchgeführten Luftschlägen gegen IS-Ziele in Irak und Ostsyrien — kurz unterbrochen durch eine Nachversorgung in Souda Bay (Kreta) — hat der US-Flugzeugträger „George H.W. Bush“ am 10. März das Mittelmeer verlassen und durch den Suezkanal Kurs auf den Persischen Golf genommen.
Mit Passage des Suezkanals verließ der Flugzeugträger den Zuständigkeitsbereich der 6. US-Flotte (Ostatlantik, Mittelmeer) und erreichte den der 5. US-Flotte. Die „George H.W. Bush“ ist damit nun auch Flaggschiff der aus dem US Central Command/5th Fleet geführten und in Operation „Inherent Resolve“ eingesetzten Task Force 50 – eine Funktion, die von Dezember bis Ende Februar der britische Hubschrauberträger „Ocean“ wahrgenommen hatte. Mit dem Flugzeugträger und Einheiten seiner Carrier Strike Group hat auch die dänische Fregatte „Peter Willemoes“ den Suezkanal passiert. Sie ist in den US-Verband integriert, soll ihn bis Mitte Mai im Einsatz begleiten.
Syrien: Russland – Türkei
Russland macht weiterhin keinen wirklichen Unterschied zwischen Islamisten und Oppositionsrebellen; alle gelten gleichermaßen als “Terroristen”. Nach wie vor erfolgen russische Luftangriffe in direkter Unterstützung syrischer Streitkräfte auch in Gebieten, in denen keine islamistischen Milizen aktiv sind. Die Türkei ist neben dem Kampf gegen IS im Rahmen ihrer nationalen Kurdenpolitik vor allem bemüht, auf Autonomie setzende syrische Kurden (zugleich von den USA unterstützte syrische Rebellen) möglichst weit nach Osten in Richtung Irak abzudrängen. Nach der gemeinsam von Russland und der Türkei im Bürgerkrieg ausgehandelten Feuerpause scheinen die Luftwaffen beider Staaten Freiräume zu finden, der Bekämpfung des IS nun aber vermehrt Priorität zu geben, koordinieren wohl auch einen Teil ihrer Einsätze.
Jemen: Kampf gegen AQAP – Al Qaeda on the Arabian Peninsula
Der amphibische Träger „Makin Island“ der US Navy wird seit einigen Wochen nur sehr vage „im Zuständigkeitsbereich der 5. US Flotte“ gemeldet. Dies spricht dafür, dass er weiterhin im Golf von Aden operiert und dort mit eingeschifften Kampfflugzeugen AV-8B Harrier und/oder Kampfhubschraubern AH‑1 Cobra des US Marine Corps‘ in Luftschläge gegen den an der jemenitischen Südküste aktiven, örtlichen Ableger der Terrororganisation al-Kaida eingebunden ist. Das US-Verteidigungsministerium soll sich in den letzten Tagen mit der jemenitischen Regierung auf „erweiterte Einsatzoptionen“ verständigt haben.
Das zur „Makin Island“ Amphibious Ready Group (ARG) gehörende Docklandungsschiff „Somerset“ führte in der ersten Märzwoche an der omanischen Küste nahe Salalah amphibische Übungen durch.
Für die seit Mitte Oktober verlegte „Makin Island“ ARG nähert sich allmählich das Ende ihres 6- bis 7‑monatigen Einsatzes, zu dem ja auch noch die lange Heimreise nach San Diego (Kalifornien) zählt. Ablösung ist bereits auf dem Weg. Die „Bataan“ ARG mit dem amphibischen Träger „Bataan“ und den Docklandungsschiffen „Mesa Verde“ und „Carter Hall“ hat den Atlantik überquert und am 12. März zu einer kurzen Nachversorgung im spanischen Marinestützpunkt Rota festgemacht. Inzwischen ist die „Bataan“ wieder in See. Bei zügiger Durchfahrt könnte sie Ende März den Golf von Aden erreichen, aber sie hat es offenbar nicht sonderlich eilig. Der amphibische Träger hat noch nicht die Straße von Gibraltar passiert, sondern wird nach Auslaufen aus Rote zunächst wieder „im östlichen Atlantik” gemeldet. Dies könnte auf vor dem Einlaufen ins Mittelmeer noch geplante Übungen (vor der marokkanischen Küste?) deuten. Für Docklandungsschiff „Carter Hall“ ist ein Abstecher ins Schwarzmeer zu einer amphibischen Übung mit den rumänischen Streitkräften geplant.
BÜRGERKRIEG IN SYRIEN (Fortschreibung russische Intervention)
Eine auf Initiative Russlands, der Türkei und des Iran vereinbarte Feuerpause wird nur dort eingehalten, wo Oppositionsgruppen ihr auch ausdrücklich zugestimmt haben. Andernorts gehen die Kämpfe weiter, und islamistische Gruppen wie IS und al-Nusra sind ohnehin ausgeklammert.
Unter UN-Führung in Genf durchgeführte Gespräche zur Vereinbarung von Rahmenbedingungen für eine politische Übergangslösung bis hin zu freien Wahlen haben bisher kaum Fortschritte gebracht. Unverändert sind nur wenige Konfliktparteien bereit, irgendwelche Kompromisse einzugehen und Abstriche an eigene Forderungen zu machen. Immerhin will man sich „Ende März“ zu einer neuen Gesprächsrunde treffen.
Auch Gespräche in Astana (Kasachstan), in denen die fragile Feuerpause in einen dauerhaften, formellen Waffenstillstand überführt werden soll, blieben bisher erfolglos. Auch das jüngste Treffen (14./15. März) brachte keine Annäherung. Für syrische Oppositionsmilizen sind die Gespräche „sinnlos, solange Russland die vereinbarte Feuerpause nicht ernsthaft implementiert und Syrien Angriffe auf Zivilisten fortsetzt“. Auch in Astana will man sich aber am 3./4. Mai erneut treffen.
Maritime Aspekte
Im östlichen Mittelmeer operiert das Ständige Mittelmeergeschwader (MedSqn) der russischen Marine. Zu diesem von der Schwarzmeerflotte geführten und routinemäßig zwischen Zypern und der syrischen Küste eingesetzten Verband gehören zurzeit neben einigen Hilfsschiffen als Kampfeinheiten nur die Fregatte „Admiral Grigorovich“ und der Minensucher „Kovrovets“ (beide Schwarzmeerflotte).
Mit Frachtumschlag im russischen Schwarzmeerhafen Noworossiysk (Anbindung an das russische Eisenbahnnetz), dauert die auch als „Syrian Express“ bezeichnete Lieferung von Rüstungsgütern nach Syrien und russische Basis in Tartus (Quelle: blog)Nachschub für die dort eingesetzten russischen Truppen an. Jede Woche passieren mehrere Landungsschiffe der russischen Marine (auch dazu verlegte Schiffe der Nordflotte und der Baltischen Flotte) oder speziell für diese Transporte gebraucht in der Türkei gekaufte und als Hilfsschiffe in die russische Marine integrierte, ex-zivile Frachtschiffe den Bosporus süd- oder nordlaufend.
Nach Abschluss eines Abkommen mit Syrien zu einer erweiterten Nutzung der russischen Liegenschaften in der Marinebasis Tartus hatten sich die Transportfahrten in den letzten Monaten noch intensiviert. Transportiert wurde wohl vor allem auch Baumaterial, denn „im Frühjahr“ sollen Bauarbeiten zu einer „Erweiterung und Modernisierung“ der russischen Liegenschaften in Tartus beginnen. Die Arbeiten sollen insgesamt fünf Jahre dauern.)
BANGLADESCH
Am 12. März hat die Bangladesh Navy (BN) ihre ersten zwei U‑Boote in Dienst gestellt.
Mitte November hatte BN-Befehlshaber Admiral Mohammad Nizamuddin Ahmed im Rahmen eines offiziellen China-Besuches bei der Dan-Werft in Dalian (China) zwei bei der chinesischen Marine ausgemusterte U‑Boote der MING-Klasse übernommen. Nach Abschluss letzter Restarbeiten waren die auf „Nabajatra“ and „Joyjatra“ umgetauften Boote im Dezember mit einem Spezialfrachter nach Bangladesch überführt worden, wo nun im Marinestützpunkt Chittagong in Anwesenheit von Regierungschefin (zugleich auch Verteidigungsministerin) Scheich Hasina feierlich die Seekriegsflagge ihrer neuen Heimatmarine gehisst wurde.
Die beiden ex-chinesischen U‑Boote sind für die BN Grundstock zum Aufbau einer seit mehr als zehn Jahren geplanten eigenen U‑Bootkomponente – in Bangladesch völliges Neuland. Um erst einmal „Erfahrungen zu sammeln“, begnügt man sich erst einmal mit älteren Gebrauchtbooten einer früheren Generation und entschied sich nach Marktsichtung für die zwei zusammen nur etwa 180 Mio. Euro billigen chinesischen U‑Boote der MING-Klasse. Diese basiert in ihrem Design auf der in den 1950-er Jahren in der Sowjetunion entwickelten ROMEO-Klasse. Erste chinesische MING entstanden schon in den 1970-er Jahren in Wuhan, aber die nun Bangladesch übergebenen zwei U‑Boote gehören zur jüngsten, erst zwischen 1997 und 2001 hergestellten Variante 035G. Die diesel-elektrisch angetriebenen U‑Boote Karte: Google Mapshaben eine Tauchverdrängung von etwa 2.100 ts; sie sind mit Torpedos (acht 533-mm-Standardrohre) bewaffnet und können auch Minen legen.
Die Beschaffung von U‑Booten ist Teil eines umfangreichen Ausbaus der BN zu einer „dreidimensionalen“ Marine mit Schiffen/Booten, U‑Booten und Marinefliegern, zu dem auch größere Infrastrukturvorhaben gehören. So entstand etwa 40 km südlich von Chittagong auf der Insel Kutubdia bereits eine kleine U‑Boot-Basis, aber U‑Boote sollen auch etwa 170km westlich von Chittagong im Süden des Gangesdeltas Liegeplätze finden. Hier ist beim Seehafen Payra der Bau des neuen, großen Marinestützpunktes „Sher-E-Bangla“ geplant, der einmal große Teile der Kampfflotte aufnehmen und auch Standort eines neuen Marinefliegerhorstes sein soll. Bis 2030 soll dieser neue Stützpunkt bezugsfertig sein.
KANADA
Die Royal Canadian Navy (RCN) hat ihren letzten Zerstörer formell außer Dienst gestellt.
Das Dienstende für die „Athabascan“ kam am 10. März im Rahmen einer Feier in Halifax. Etwas mehr als eine Woche zuvor war der Zerstörer von seiner letzten Seefahrt zurückgekehrt, die ihn noch einmal nach Bermuda geführt hatte; dort hatte war er vor 44 Jahren auch zu seinem allerersten Auslandsbesuch eingelaufen.
Die „Athabascan“ war der letzte von einst vier kanadischen Zerstörern der TRIBAL-Klasse. Die Anfang der 1970-er Jahre gebauten und nach etwa 20 Dienstjahren im Rahmen des „TRIBAL Update and Modernization Programme“ (TRUMP) für Aufgaben als Führungsschiffe optimierten Schiffe waren als einzige Kampfschiffe der RCN mit Flugabwehrsystemen größerer Reichweite (Standard Missile SM‑2) zur Verbandsflugabwehr befähigt.
Als erstes der vier Schiffe war die „Huron“ schon 2005 außer Dienst gestellt worden; sie fand etwas später als Zielschiff bei einem Schießvorhaben ihr Ende. Die anderen drei Zerstörer sollten dagegen trotz ihres fortgeschrittenen Alters noch mehr als ein Jahrzehnt zur See fahren. Die RCN wollte die zeitliche Lücke bis zur Beschaffung neuer Schiffe einer Nachfolgeklasse möglichst kurz halten. Nach einer Kollision im Februar 2014 war allerdings die „Algonquin“ nicht mehr fahrfähig, und zu starker Rostbefall zwang nur vier Monate später auch die „Iroquois“ dauerhaft an die Pier. Auf teure Reparaturen der alten Schiffe wurde unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten verzichtet; beide wurden 2015 ausgemustert. Damit blieb allein noch die „Athabascan“ im aktiven Dienst, bis nun auch auf ihr die Seekriegsflagge letztmalig eingeholt wurde.
Ersatz für die TRIBAL-Zerstörer (und längerfristig auch schon für die heute etwas mehr als 20 Jahre alten Fregatten der HALIFAX-Klasse) ist mit dem „Canadian Surface Combatant“ Vorhaben geplant. Dieses setzte zunächst auf komplette Entwicklung und Bau in Kanada, geriet aber in schwieriges Fahrwasser. Im Herbst 2015 wurde das Vorhaben bei erheblichen Kostenüberschreitungen und weit hinter dem Zeitplan als „at very high risk” eingestuft. Ein „interner Report“ konstatierte überdies, dass die kanadischen Werften für ein völlig eigenständiges Vorhaben „weder über erforderliche Fachkenntnisse noch ausreichende Produktionskapazitäten verfügen“. Inzwischen ist man denn auch von einer Eigenentwicklung abgerückt und sucht auf dem Weltmarkt nach einem verfügbaren Design mit Bau (Joint Venture) bei der kanadischen Irving in Halifax. Entscheidungen sind noch nicht gefallen, und der Baubeginn des Typschiffes wird denn auch nicht vor 2020 erwartet. Auf jeden Fall wird sich die RCN wohl mit weniger als den ursprünglich geplanten insgesamt 15 Schiffen begnügen müssen.
NATO
Einige Wochen nachdem sich die ständigen NATO-Einsatzverbände nach ihrer Winterpause wieder neu formiert haben, wird es Zeit für erste Übungen.
Zu diesen gehört alle Jahre wieder die im Mittelmeer durchgeführte Übung „Dynamic Manta“, die größte jährliche Übung der NATO mit U‑Booten. Schauplatz ist das zentrale Mittelmeer, genauer gesagt die Gewässer des Ionischen Meeres südöstlich und östlich von Sizilien, und schon traditionell findet sich die italienische Marine in der Rolle des Gastgebers.
Mit einer „Photo-Exercise“ aller Teilnehmer begann am 13. März „Dynamic Manta 2017“, an dem diesmal zehn NATO-Marinen mit Schiffen und/oder U‑Booten, Flugzeugen und Hubschraubern beteiligt sind. Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Italien, Kanada, Spanien, die Türkei und die USA sind mit insgesdamt zehn Überwassereinheiten dabei, wobei einige der Schiffe zum ständigen NATO Einsatzverband SNMG‑2 gehören. Frankreich, Griechenland, Italien, Spanien, die Türkei und die USA haben für „Dynamic Manta 2016“ jeweils ein U‑Boot in die Augusta Naval Base und nach Catania (Sizilien) verlegt. Zu den schwimmenden und tauchenden Einheiten gesellen sich neun landgestützt von Sigonella (Sizilien) operierende U‑Jagdflugzeuge und drei Hubschrauber, sowie mehrere bordgestützte U‑Jagdhubschrauber.
Auf der Agenda von „Dynamic Manta 2016“ stehen bis zum 24. März in detailliert vorgeplanten „Serials“ sowohl U‑Jagdübungen (Anti-Submarine Warfare — ASW) als auch Übungen der U‑Boote gegen Überwasserschiffe (Anti-Surface warfare — ASUW). Bei den U‑Jagdübungen sind die vom NATO Submarine Command geführten U‑Boote nicht nur Zieldarsteller, sondern führen auch selbst gegeneinander U‑Jagd durch. Die Schiffe koordinieren ihre Einsätze mit den Flugzeugen und Hubschraubern. Unterstützung leistet ein „In-Stride Debriefing Team“ (IDT) aus U‑Jagdexperten und U‑Bootfahrern, das schon im Verlauf der Übungen (und nicht erst bei der Post-Exercise Discussion) die Aktivitäten analysiert und Verbesserungsvorschläge macht. Schon während der Übung sollen so Effektivität und Professionalität allmählich gesteigert werden.
PIRATERIE
Erstmals seit fünf Jahren haben somalische Piraten am Horn von Afrika wieder ein Schiff entführt.
Am 13. März griffen „mehr als zwei Dutzend“ bewaffnete Piraten in zwei Skiffs den kleinen Küstentanker „Aris 13“ (Flagge: Komoren; Betreiber in den Vereinigten Arabischen Emiraten) an. Das Schiff war mit einer Ladung Kraftstoff auf dem Weg von Dschibuti nach Mogadischu (Somalia). Nach jahrelanger Ruhe fürchtete der Kapitän offenbar keine Piraten mehr, verzichtete auf Schutz durch in der Region operierende internationale Seestreitkräfte und wählte den kürzesten, küstennahen Weg. Direkt vor der Spitze des Horns von Afrika, vor der semi-autonomen somalischen Provinz Puntland, kam das Ende seiner Reise. Die Piraten hatten keinerlei Probleme den langsam fahrenden Tanker mit seinem sehr niedrigen Freibord zu entern und unter ihre Kontrolle zu bringen.
Ein nach Notruf alarmiertes Aufklärungsflugzeug der EU NavFor (Operation „Atalanta“) konnte nur noch beobachten, wie die Entführer ihre Beute nach Alula (Caluula, Puntland) steuerten und vor dem dortigen Hafen vor Anker gingen. Dort forderten die Piraten für Schiff und Ladung sowie die acht Mann Besatzung (sämtlich aus Sri Lanka) Lösegeld. Die örtlichen Behörden kündigten sofort eine Befreiungsaktion an und setzten Sicherheitskräfte in Marsch. Am 15. März kam es zu einem kurzen Feuergefecht, als diese ein Boot beschossen, das den vor dem Hafen ankernden Piraten Nachschub bringen sollte. Es folgten „intensive Verhandlungen“, die am 16. März schließlich dazu führten, dass die Piraten die „Aris 13“ wieder frei gaben – angeblich bedingungslos und ohne Zahlung eines Lösegeldes. Einige Medien wollen jedoch von einer „für die Piraten sehr vorteilhaften Lösung“ erfahren haben.
Örtliche Fischer erklärten Journalisten, bei den Entführern handle es sich um frühere Piraten und junge Fischer, für die sich der Verzicht auf die frühere „Einnahmequelle“ Piraterie nicht ausgezahlt habe. Nachdem sich die internationalen Marinen nach jahrelanger Ruhe vor Piraten weitgehend von der somalischen Küste zurückgezogen hätten und sich nur noch um die Hauptseeverkehrswege durch den Golf von Aden kümmerten, seien ausländische Fischer in die somalischen Küstengewässer zurückgekehrt. Ohne jede Bedrohung durch die völlig unzureichend ausgerüsteten örtlichen Küstenwachen würden sie diese nun völlig ungeniert systematisch leer fischen. Viele der so ihrer Lebensgrundlage beraubten somalischen Fischer sähen keine Alternative mehr zu einer Rückkehr zu Piraterie.
TAIWAN
Taiwan hat aus den USA zwei weitere Fregatten der OLIVER HAZARD PERRY-Klasse erhalten.
Fregatte ‘Gary’ — noch unter US-Flagge (Foto: IS Navy)Am 9. März wurden die 2015 bei der US Navy ausgemusterten „Taylor“ und „Gary“ formell an das taiwanesische Verteidigungsministerium überschrieben. Zur Unterzeichnung der Übergabedokumente war zwar der Befehlshaber der Republic of China Navy (ROCN) Admiral Huang Shu-kuang nach Charleston (South Carolia, USA) angereist, aber die Zeremonie erfolgte mit Blick auf die Volksrepublik China, die schon im Vorfeld gegen den „klaren Verstoß des USA-China-Agreements“ protestiert hatte, „low key“ abseits der Öffentlichkeit. Als Kaufpreis werden insgesamt nur etwas mehr als 150 Euro genannt – für die ROCN ein „Schnäppchen“ und deutlich preiswerter als die in Lizenz in Taiwan hergestellte PERRY-Variante der CHENG KUNG-Klasse. Ihr Zulauf soll eine Ausmusterung älterer Fregatten der KNOX-Klasse ermöglichen.
Beide PERRY-Fregatten sind zurzeit noch in den USA, wor sie „für weitere bis zu 30 Dienstjahre“ grundüberholt und modernisiert sowie in Teilen ihrer Ausrüstung (z.B. Fernmeldesysteme) den Standards ihrer neue Heimatmarine angepasst werden. Auch soll noch die Ausbildung einer Kernbesatzung abgeschlossen werden, bevor sich die beiden Fregatten dann – gemeinsam oder jede für sich – auf den Weg nach Taiwan machen. Ende Mai sollen sie dort unter den neuen Namen „Ming-Chuan“ und „Feng-Jia“ bei der ROC Navy in Dienst gestellt werden.
Experten sind von der Namensgebung etwas überrascht, erhalten die Neuzugänge doch nicht die Namen taiwanesischer/chinesischer Seehelden. Ming-Chuan war ein Gouverneur Taiwans zu Zeiten der Qing Dynastie (1644–1911), und auch Feng-Jia (ein Dichter und Anführer des Widerstands gegen Japan) gehört in diese Zeitspanne.
Taiwan hatte die USA zunächst um Überlassung von vier ausgemusterten PERRY-Fregatten gebeten, und der US-Kongress hatte 2014 neben „Taylor“ und „Gary“ auch schon die Abgabe von „Carr“ und „Elrod“ gebilligt. Eine in Taiwan durchgeführte „neue Prüfung unter verteidigungspolitischen Gesichtspunkten“ ergab dann allerdings einen realen Bedarf an nur zwei ex-US PERRY. Dafür kann es mehrere Gründe geben. Zum einen entsprechen die ex-US-Schiffe zwar weitgehend den Lizenz-Eigenbauten der CHENG KUNG-Klasse — aber sie sind 15–20 Jahre älter, und die Marineplanung sieht für alle acht CHENG KUNG bereits ein umfangreiches Mid-Life-Upgrade vor, mit Einrüstung von modernsten Waffensystemen wie Seeziel-FK Hsiung Feng III und Ersatz der Flugabwehr-FK Standard Missile SM‑1 durch modernere SM‑2.
Hinzu kommt, dass Taiwan mit Blick auf künftige nationale Eigenständigkeit in einem langfristigen „20-Jahres-Plan“ nach und nach sämtliche in den USA und in Frankreich erworbenen Schiffe durch Eigenbauten ersetzen will. Bei den Überwasser-Kampfschiffen spricht man von Entwicklung und Bau von sechs bis acht 6.000-ts-Zerstörern „New Generation Major Combatant“ als Ersatz für die vier gebraucht von der US Navy übernommenen, alten Zerstörer der KIDD-Klasse. Die Neubauten sollen ein Phased Array Radar und ein modernes Gefechtsführungssystem („Taiwan Aegis“) erhalten und mit modernsten Seeziel- und Flugabwehr-FK (Vertical Launch System) bestückt sein. Die alten Fregatten der PERRY‑, KNOX- und LAFAYETTE-Klassen sollen sämtlich durch bis zu 15 große „New Generation Guided-Missile Frigates“ (2.000 – 3.000 ts große, ebenfalls mit „Taiwan Aegis“ auszurüstende Mehrzweckschiffe) ersetzt werden.