MarineForum Wochenschau vom 17. März 2017

NAH-/MITTELOST

Die militärische/sicherheitspolitische Lage im Nahen-/Mit­tleren Osten bleibt vor­rangig vom Bürg­erkrieg in Syrien und von der Bekämp­fung des islamistis­chen Ter­rors in Irak und Syrien bes­timmt. Daneben gibt es aber natür­lich auch andere (mar­itime) Ereignisse oder Entwick­lun­gen in der Region.

Dieser Artikel wird mit fre­undlich­er Genehmi­gung der „Marine­Fo­rum – Zeitschrift für mar­itime Fra­gen“ veröf­fentlicht.
Marineforum

JEMEN
Im ersten der­ar­ti­gen Zwis­chen­fall seit Beginn des Bürg­erkrieges lief am 10. März ein Seefahrzeug vor der Küste des Jemen im südlichen Roten Meer, knapp nördlich der Meerenge des Bab-el-Man­deb auf eine Seem­ine. Das Boot der jemeni­tis­chen Küstenwache wurde zer­stört; zwei Besatzungsmit­glieder wur­den getötet, acht weit­ere durch die Explo­sion verletzt.

Der Vor­fall ereignete sich offen­bar in Küsten­nähe, abseits der inter­na­tionalen Seev­erkehr­swege. Er bestätigt die bish­er nur ver­mutete Ver­min­ung von Ans­teuerun­gen jemeni­tis­ch­er Häfen im südlichen Roten Meer durch Houthi Rebellen und nährt Befürch­tun­gen, dass Minen sich aus ihrer Ver­ankerung lösen, abtreiben und dann auch die inter­na­tionale Seeschiff­fahrt gefährden könnten.

KAMPF GEGEN DEN ISLAMISTISCHEN TERROR (Fortschrei­bung)

Bei der Bekämp­fung des islamistis­chen Ter­rors bleibt eine inter­na­tion­al über­greifende Koali­tion weit­er­hin Fernziel. Noch zu viele Eigen­in­ter­essen einzel­ner Staat­en sowie die Spal­tung zwis­chen Schi­iten und Sun­niten bes­tim­men die Entwicklung.

Den­noch zeich­net sich im Kampf gegen den IS in Syrien eine vor­sichtige Koop­er­a­tion (mit dem begren­zten Ziel eines „De-Con­flict­ing“) zwis­chen Rus­s­land, der Türkei und den USA ab – auch wenn Rus­s­land und die Türkei in Syrien abseits der Ter­ror­bekämp­fung unverän­dert sehr eigene, nationale Ziele verfolgen.

Syrien – Irak: US-geführte Koali­tion (Oper­a­tion „Inher­ent Resolve“)

Eine US-geführte multi­na­tionale Koali­tion set­zt mit Oper­a­tion „Inher­ent Resolve“ Luftschläge gegen islamistis­che Ter­ror­grup­pen im Irak und in Syrien fort. Ziele sind Kom­man­dozen­tren (vor allem auch Führungsper­so­n­en), Stützpunk­te, Depots und von Islamis­ten kon­trol­lierte Öl-Anla­gen, daneben aber auch logis­tis­che Straßen­trans­porte und Grup­pen ver­legen­der Kämpfer, die im Irak auf den Flüssen Euphrat und Tigris vor allem auch Boote nutzen. Viele Angriffe dienen der direk­ten Unter­stützung (Close Air Sup­port) irakisch­er Boden­trup­pen oder kur­dis­ch­er Milizen — aktuell vor allem bei der andauern­den Offen­sive zur Rücker­oberung von Mosul. Zum Ein­satz kom­men US-Trägerkampf­flugzeuge und von Flug­plätzen der Golf­s­taat­en, Jor­daniens und der Türkei operierende Kampf­flugzeuge der Stre­itkräfte zahlre­ich­er Staat­en. Die britis­che Roy­al Air Force nutzt ihre Basis in Akrotiri (Zypern).

Erst­mals seit Ablaufen der „Eisen­how­er“ am 20. Dezem­ber operiert wieder ein US-Flugzeugträger im Zuständigkeits­bere­ich der 5. US-Flotte (Gewäss­er um die Ara­bis­che Hal­binsel und im Indik). Nach mehrwöchi­gen aus dem östlichen Mit­telmeer durchge­führten Luftschlä­gen gegen IS-Ziele in Irak und Ost­syrien — kurz unter­brochen durch eine Nachver­sorgung in Sou­da Bay (Kre­ta) — hat der US-Flugzeugträger „George H.W. Bush“ am 10. März das Mit­telmeer ver­lassen und durch den Suezkanal Kurs auf den Per­sis­chen Golf genommen.

Mit Pas­sage des Suezkanals ver­ließ der Flugzeugträger den Zuständigkeits­bere­ich der 6. US-Flotte (Ostat­lantik, Mit­telmeer) und erre­ichte den der 5. US-Flotte. Die „George H.W. Bush“ ist damit nun auch Flag­gschiff der aus dem US Cen­tral Command/5th Fleet geführten und in Oper­a­tion „Inher­ent Resolve“ einge­set­zten Task Force 50 – eine Funk­tion, die von Dezem­ber bis Ende Feb­ru­ar der britis­che Hub­schrauberträger „Ocean“ wahrgenom­men hat­te. Mit dem Flugzeugträger und Ein­heit­en sein­er Car­ri­er Strike Group hat auch die dänis­che Fre­gat­te „Peter Wille­moes“ den Suezkanal passiert. Sie ist in den US-Ver­band inte­gri­ert, soll ihn bis Mitte Mai im Ein­satz begleiten.

Syrien: Rus­s­land – Türkei

Rus­s­land macht weit­er­hin keinen wirk­lichen Unter­schied zwis­chen Islamis­ten und Oppo­si­tion­sre­bellen; alle gel­ten gle­icher­maßen als “Ter­ror­is­ten”. Nach wie vor erfol­gen rus­sis­che Luftan­griffe in direk­ter Unter­stützung syrisch­er Stre­itkräfte auch in Gebi­eten, in denen keine islamistis­chen Milizen aktiv sind. Die Türkei ist neben dem Kampf gegen IS im Rah­men ihrer nationalen Kur­den­poli­tik vor allem bemüht, auf Autonomie set­zende syrische Kur­den (zugle­ich von den USA unter­stützte syrische Rebellen) möglichst weit nach Osten in Rich­tung Irak abzu­drän­gen. Nach der gemein­sam von Rus­s­land und der Türkei im Bürg­erkrieg aus­ge­han­del­ten Feuer­pause scheinen die Luft­waf­fen bei­der Staat­en Freiräume zu find­en, der Bekämp­fung des IS nun aber ver­mehrt Pri­or­ität zu geben, koor­dinieren wohl auch einen Teil ihrer Einsätze.

Jemen: Kampf gegen AQAP – Al Qae­da on the Ara­bi­an Peninsula

Der amphibis­che Träger „Makin Island“ der US Navy wird seit eini­gen Wochen nur sehr vage „im Zuständigkeits­bere­ich der 5. US Flotte“ gemeldet. Dies spricht dafür, dass er weit­er­hin im Golf von Aden operiert und dort mit eingeschifften Kampf­flugzeu­gen AV-8B Har­ri­er und/oder Kampfhub­schraubern AH‑1 Cobra des US Marine Corps‘ in Luftschläge gegen den an der jemeni­tis­chen Süd­küste aktiv­en, örtlichen Ableger der Ter­ro­ror­gan­i­sa­tion al-Kai­da einge­bun­den ist. Das US-Vertei­di­gungsmin­is­teri­um soll sich in den let­zten Tagen mit der jemeni­tis­chen Regierung auf „erweit­erte Ein­sat­zop­tio­nen“ ver­ständigt haben.

Das zur „Makin Island“ Amphibi­ous Ready Group (ARG) gehörende Dock­lan­dungss­chiff „Som­er­set“ führte in der ersten März­woche an der oman­is­chen Küste nahe Salalah amphibis­che Übun­gen durch.

Für die seit Mitte Okto­ber ver­legte „Makin Island“ ARG nähert sich allmäh­lich das Ende ihres 6- bis 7‑monatigen Ein­satzes, zu dem ja auch noch die lange Heim­reise nach San Diego (Kali­fornien) zählt. Ablö­sung ist bere­its auf dem Weg. Die „Bataan“ ARG mit dem amphibis­chen Träger „Bataan“ und den Dock­lan­dungss­chif­f­en „Mesa Verde“ und „Carter Hall“ hat den Atlantik über­quert und am 12. März zu ein­er kurzen Nachver­sorgung im spanis­chen Marinestützpunkt Rota fest­gemacht. Inzwis­chen ist die „Bataan“ wieder in See. Bei zügiger Durch­fahrt kön­nte sie Ende März den Golf von Aden erre­ichen, aber sie hat es offen­bar nicht son­der­lich eilig. Der amphibis­che Träger hat noch nicht die Straße von Gibral­tar passiert, son­dern wird nach Aus­laufen aus Rote zunächst wieder „im östlichen Atlantik” gemeldet. Dies kön­nte auf vor dem Ein­laufen ins Mit­telmeer noch geplante Übun­gen (vor der marokkanis­chen Küste?) deuten. Für Dock­lan­dungss­chiff „Carter Hall“ ist ein Abstech­er ins Schwarzmeer zu ein­er amphibis­chen Übung mit den rumänis­chen Stre­itkräften geplant.

 

BÜRGERKRIEG IN SYRIEN (Fortschrei­bung rus­sis­che Intervention)

Eine auf Ini­tia­tive Rus­s­lands, der Türkei und des Iran vere­in­barte Feuer­pause wird nur dort einge­hal­ten, wo Oppo­si­tion­s­grup­pen ihr auch aus­drück­lich zuges­timmt haben. Ander­norts gehen die Kämpfe weit­er, und islamistis­che Grup­pen wie IS und al-Nus­ra sind ohne­hin ausgeklammert.

Unter UN-Führung in Genf durchge­führte Gespräche zur Vere­in­barung von Rah­menbe­din­gun­gen für eine poli­tis­che Über­gangslö­sung bis hin zu freien Wahlen haben bish­er kaum Fortschritte gebracht. Unverän­dert sind nur wenige Kon­flik­t­parteien bere­it, irgendwelche Kom­pro­misse einzuge­hen und Abstriche an eigene Forderun­gen zu machen. Immer­hin will man sich „Ende März“ zu ein­er neuen Gespräch­srunde treffen.

Auch Gespräche in Astana (Kasach­stan), in denen die frag­ile Feuer­pause in einen dauer­haften, formellen Waf­fen­still­stand über­führt wer­den soll, blieben bish­er erfol­g­los. Auch das jüng­ste Tre­f­fen (14./15. März) brachte keine Annäherung. Für syrische Oppo­si­tion­s­milizen sind die Gespräche „sinn­los, solange Rus­s­land die vere­in­barte Feuer­pause nicht ern­sthaft imple­men­tiert und Syrien Angriffe auf Zivilis­ten fort­set­zt“. Auch in Astana will man sich aber am 3./4. Mai erneut treffen.

Mar­itime Aspekte

Im östlichen Mit­telmeer operiert das Ständi­ge Mit­telmeergeschwad­er (Med­Sqn) der rus­sis­chen Marine. Zu diesem von der Schwarzmeer­flotte geführten und rou­tinemäßig zwis­chen Zypern und der syrischen Küste einge­set­zten Ver­band gehören zurzeit neben eini­gen Hil­f­ss­chif­f­en als Kampfein­heit­en nur die Fre­gat­te „Admi­ral Grig­orovich“ und der Minen­such­er „Kovrovets“ (bei­de Schwarzmeerflotte).

Mit Frach­tum­schlag im rus­sis­chen Schwarzmeer­hafen Noworossiysk (Anbindung an das rus­sis­che Eisen­bahn­netz), dauert die auch als „Syr­i­an Express“ beze­ich­nete Liefer­ung von Rüs­tungs­gütern nach Syrien und rus­sis­che Basis in Tar­tus (Quelle: blog)Nachschub für die dort einge­set­zten rus­sis­chen Trup­pen an. Jede Woche passieren mehrere Lan­dungss­chiffe der rus­sis­chen Marine (auch dazu ver­legte Schiffe der Nord­flotte und der Baltischen Flotte) oder speziell für diese Trans­porte gebraucht in der Türkei gekaufte und als Hil­f­ss­chiffe in die rus­sis­che Marine inte­gri­erte, ex-zivile Frachtschiffe den Bosporus süd- oder nordlaufend.

Nach Abschluss eines Abkom­men mit Syrien zu ein­er erweit­erten Nutzung der rus­sis­chen Liegen­schaften in der Marineba­sis Tar­tus hat­ten sich die Trans­port­fahrten in den let­zten Monat­en noch inten­siviert. Trans­portiert wurde wohl vor allem auch Bau­ma­te­r­i­al, denn „im Früh­jahr“ sollen Bauar­beit­en zu ein­er „Erweiterung und Mod­ernisierung“ der rus­sis­chen Liegen­schaften in Tar­tus begin­nen. Die Arbeit­en sollen ins­ge­samt fünf Jahre dauern.)

 

BANGLADESCH

Am 12. März hat die Bangladesh Navy (BN) ihre ersten zwei U‑Boote in Dienst gestellt.

Mitte Novem­ber hat­te BN-Befehlshaber Admi­ral Moham­mad Niza­mud­din Ahmed im Rah­men eines offiziellen Chi­na-Besuch­es bei der Dan-Werft in Dalian (Chi­na) zwei bei der chi­ne­sis­chen Marine aus­ge­musterte U‑Boote der MING-Klasse über­nom­men. Nach Abschluss let­zter Restar­beit­en waren die auf „Naba­ja­tra“ and „Joy­ja­tra“ umge­tauften Boote im Dezem­ber mit einem Spezial­frachter nach Banglade­sch über­führt wor­den, wo nun im Marinestützpunkt Chit­tagong in Anwe­sen­heit von Regierungschefin (zugle­ich auch Vertei­di­gungsmin­is­terin) Sche­ich Hasi­na feier­lich die Seekriegs­flagge ihrer neuen Heimat­ma­rine gehisst wurde.

Die bei­den ex-chi­ne­sis­chen U‑Boote sind für die BN Grund­stock zum Auf­bau ein­er seit mehr als zehn Jahren geplanten eige­nen U‑Bootkomponente – in Banglade­sch völ­liges Neu­land. Um erst ein­mal „Erfahrun­gen zu sam­meln“, beg­nügt man sich erst ein­mal mit älteren Gebraucht­booten ein­er früheren Gen­er­a­tion und entsch­ied sich nach Mark­t­sich­tung für die zwei zusam­men nur etwa 180 Mio. Euro bil­li­gen chi­ne­sis­chen U‑Boote der MING-Klasse. Diese basiert in ihrem Design auf der in den 1950-er Jahren in der Sow­je­tu­nion entwick­el­ten ROMEO-Klasse. Erste chi­ne­sis­che MING ent­standen schon in den 1970-er Jahren in Wuhan, aber die nun Banglade­sch übergebe­nen zwei U‑Boote gehören zur jüng­sten, erst zwis­chen 1997 und 2001 hergestell­ten Vari­ante 035G. Die diesel-elek­trisch angetriebe­nen U‑Boote Karte: Google Map­shaben eine Tauchver­drän­gung von etwa 2.100 ts; sie sind mit Tor­pe­dos (acht 533-mm-Stan­dard­rohre) bewaffnet und kön­nen auch Minen legen.

Die Beschaf­fung von U‑Booten ist Teil eines umfan­gre­ichen Aus­baus der BN zu ein­er „drei­di­men­sion­alen“ Marine mit Schiffen/Booten, U‑Booten und Marine­fliegern, zu dem auch größere Infra­struk­tur­vorhaben gehören. So ent­stand etwa 40 km südlich von Chit­tagong auf der Insel Kutub­dia bere­its eine kleine U‑Boot-Basis, aber U‑Boote sollen auch etwa 170km west­lich von Chit­tagong im Süden des Ganges­deltas Liege­plätze find­en. Hier ist beim See­hafen Payra der Bau des neuen, großen Marinestützpunk­tes „Sher-E-Bangla“ geplant, der ein­mal große Teile der Kampf­flotte aufnehmen und auch Stan­dort eines neuen Marine­fliegerhorstes sein soll. Bis 2030 soll dieser neue Stützpunkt bezugs­fer­tig sein.

 

KANADA

Die Roy­al Cana­di­an Navy (RCN) hat ihren let­zten Zer­stör­er formell außer Dienst gestellt.

Das Dien­s­tende für die „Athabas­can“ kam am 10. März im Rah­men ein­er Feier in Hal­i­fax. Etwas mehr als eine Woche zuvor war der Zer­stör­er von sein­er let­zten Seefahrt zurück­gekehrt, die ihn noch ein­mal nach Bermu­da geführt hat­te; dort hat­te war er vor 44 Jahren auch zu seinem allerersten Aus­lands­be­such eingelaufen.

Die „Athabas­can“ war der let­zte von einst vier kanadis­chen Zer­stör­ern der TRIB­AL-Klasse. Die Anfang der 1970-er Jahre gebaut­en und nach etwa 20 Dien­st­jahren im Rah­men des „TRIBAL Update and Mod­ern­iza­tion Pro­gramme“ (TRUMP) für Auf­gaben als Führungss­chiffe opti­mierten Schiffe waren als einzige Kampf­schiffe der RCN mit Flu­gab­wehrsys­te­men größer­er Reich­weite (Stan­dard Mis­sile SM‑2) zur Ver­bands­flu­gab­wehr befähigt.

Als erstes der vier Schiffe war die „Huron“ schon 2005 außer Dienst gestellt wor­den; sie fand etwas später als Zielschiff bei einem Schießvorhaben ihr Ende. Die anderen drei Zer­stör­er soll­ten dage­gen trotz ihres fort­geschrit­te­nen Alters noch mehr als ein Jahrzehnt zur See fahren. Die RCN wollte die zeitliche Lücke bis zur Beschaf­fung neuer Schiffe ein­er Nach­fol­geklasse möglichst kurz hal­ten. Nach ein­er Kol­li­sion im Feb­ru­ar 2014 war allerd­ings die „Algo­nquin“ nicht mehr fahrfähig, und zu stark­er Ros­t­be­fall zwang nur vier Monate später auch die „Iro­quois“ dauer­haft an die Pier. Auf teure Repara­turen der alten Schiffe wurde unter wirtschaftlichen Gesicht­spunk­ten verzichtet; bei­de wur­den 2015 aus­ge­mustert. Damit blieb allein noch die „Athabas­can“ im aktiv­en Dienst, bis nun auch auf ihr die Seekriegs­flagge let­zt­ma­lig einge­holt wurde.

Ersatz für die TRIB­AL-Zer­stör­er (und länger­fristig auch schon für die heute etwas mehr als 20 Jahre alten Fre­gat­ten der HAL­I­FAX-Klasse) ist mit dem „Cana­di­an Sur­face Com­bat­ant“ Vorhaben geplant. Dieses set­zte zunächst auf kom­plette Entwick­lung und Bau in Kana­da, geri­et aber in schwieriges Fahrwass­er. Im Herb­st 2015 wurde das Vorhaben bei erhe­blichen Kostenüber­schre­itun­gen und weit hin­ter dem Zeit­plan als „at very high risk” eingestuft. Ein „intern­er Report“ kon­sta­tierte überdies, dass die kanadis­chen Werften für ein völ­lig eigen­ständi­ges Vorhaben „wed­er über erforder­liche Fachken­nt­nisse noch aus­re­ichende Pro­duk­tion­ska­paz­itäten ver­fü­gen“. Inzwis­chen ist man denn auch von ein­er Eige­nen­twick­lung abgerückt und sucht auf dem Welt­markt nach einem ver­füg­baren Design mit Bau (Joint Ven­ture) bei der kanadis­chen Irv­ing in Hal­i­fax. Entschei­dun­gen sind noch nicht gefall­en, und der Baube­ginn des Typ­schiffes wird denn auch nicht vor 2020 erwartet. Auf jeden Fall wird sich die RCN wohl mit weniger als den ursprünglich geplanten ins­ge­samt 15 Schif­f­en beg­nü­gen müssen.

 

NATO

Einige Wochen nach­dem sich die ständi­gen NATO-Ein­satzver­bände nach ihrer Win­ter­pause wieder neu formiert haben, wird es Zeit für erste Übungen.

Zu diesen gehört alle Jahre wieder die im Mit­telmeer durchge­führte Übung „Dynam­ic Man­ta“, die größte jährliche Übung der NATO mit U‑Booten. Schau­platz ist das zen­trale Mit­telmeer, genauer gesagt die Gewäss­er des Ion­is­chen Meeres südöstlich und östlich von Sizilien, und schon tra­di­tionell find­et sich die ital­ienis­che Marine in der Rolle des Gastgebers.

Mit ein­er „Pho­to-Exer­cise“ aller Teil­nehmer begann am 13. März „Dynam­ic Man­ta 2017“, an dem dies­mal zehn NATO-Mari­nen mit Schif­f­en und/oder U‑Booten, Flugzeu­gen und Hub­schraubern beteiligt sind. Frankre­ich, Griechen­land, Großbri­tan­nien, Ital­ien, Kana­da, Spanien, die Türkei und die USA sind mit ins­ges­damt zehn Über­wassere­in­heit­en dabei, wobei einige der Schiffe zum ständi­gen NATO Ein­satzver­band SNMG‑2 gehören. Frankre­ich, Griechen­land, Ital­ien, Spanien, die Türkei und die USA haben für „Dynam­ic Man­ta 2016“ jew­eils ein U‑Boot in die Augus­ta Naval Base und nach Cata­nia (Sizilien) ver­legt. Zu den schwim­menden und tauchen­den Ein­heit­en gesellen sich neun landgestützt von Sigonel­la (Sizilien) operierende U‑Jagdflugzeuge und drei Hub­schrauber, sowie mehrere bor­dgestützte U‑Jagdhubschrauber.

Auf der Agen­da von „Dynam­ic Man­ta 2016“ ste­hen bis zum 24. März in detail­liert vorge­planten „Seri­als“ sowohl U‑Jagdübungen (Anti-Sub­ma­rine War­fare — ASW) als auch Übun­gen der U‑Boote gegen Über­wasser­schiffe (Anti-Sur­face war­fare — ASUW). Bei den U‑Jagdübungen sind die vom NATO Sub­ma­rine Com­mand geführten U‑Boote nicht nur Ziel­d­arsteller, son­dern führen auch selb­st gegeneinan­der U‑Jagd durch. Die Schiffe koor­dinieren ihre Ein­sätze mit den Flugzeu­gen und Hub­schraubern. Unter­stützung leis­tet ein „In-Stride Debrief­ing Team“ (IDT) aus U‑Jagdexperten und U‑Bootfahrern, das schon im Ver­lauf der Übun­gen (und nicht erst bei der Post-Exer­cise Dis­cus­sion) die Aktiv­itäten analysiert und Verbesserungsvorschläge macht. Schon während der Übung sollen so Effek­tiv­ität und Pro­fes­sion­al­ität allmäh­lich gesteigert werden.

 

PIRATERIE

Erst­mals seit fünf Jahren haben soma­lis­che Pirat­en am Horn von Afri­ka wieder ein Schiff entführt.

Am 13. März grif­f­en „mehr als zwei Dutzend“ bewaffnete Pirat­en in zwei Skiffs den kleinen Küs­ten­tanker „Aris 13“ (Flagge: Komoren; Betreiber in den Vere­inigten Ara­bis­chen Emi­rat­en) an. Das Schiff war mit ein­er Ladung Kraft­stoff auf dem Weg von Dschibu­ti nach Mogadis­chu (Soma­lia). Nach jahre­langer Ruhe fürchtete der Kapitän offen­bar keine Pirat­en mehr, verzichtete auf Schutz durch in der Region operierende inter­na­tionale Seestre­itkräfte und wählte den kürzesten, küsten­na­hen Weg. Direkt vor der Spitze des Horns von Afri­ka, vor der semi-autonomen soma­lis­chen Prov­inz Punt­land, kam das Ende sein­er Reise. Die Pirat­en hat­ten kein­er­lei Prob­leme den langsam fahren­den Tanker mit seinem sehr niedri­gen Frei­bord zu entern und unter ihre Kon­trolle zu bringen.

Ein nach Notruf alarmiertes Aufk­lärungs­flugzeug der EU Nav­For (Oper­a­tion „Ata­lan­ta“) kon­nte nur noch beobacht­en, wie die Ent­führer ihre Beute nach Alu­la (Calu­u­la, Punt­land) steuerten und vor dem dor­ti­gen Hafen vor Anker gin­gen. Dort forderten die Pirat­en für Schiff und Ladung sowie die acht Mann Besatzung (sämtlich aus Sri Lan­ka) Lösegeld. Die örtlichen Behör­den kündigten sofort eine Befreiungsak­tion an und set­zten Sicher­heit­skräfte in Marsch. Am 15. März kam es zu einem kurzen Feuerge­fecht, als diese ein Boot beschossen, das den vor dem Hafen ankern­den Pirat­en Nach­schub brin­gen sollte. Es fol­gten „inten­sive Ver­hand­lun­gen“, die am 16. März schließlich dazu führten, dass die Pirat­en die „Aris 13“ wieder frei gaben – ange­blich bedin­gungs­los und ohne Zahlung eines Lösegeldes. Einige Medi­en wollen jedoch von ein­er „für die Pirat­en sehr vorteil­haften Lösung“ erfahren haben.

Örtliche Fis­ch­er erk­lärten Jour­nal­is­ten, bei den Ent­führern han­dle es sich um frühere Pirat­en und junge Fis­ch­er, für die sich der Verzicht auf die frühere „Ein­nah­me­quelle“ Pira­terie nicht aus­gezahlt habe. Nach­dem sich die inter­na­tionalen Mari­nen nach jahre­langer Ruhe vor Pirat­en weit­ge­hend von der soma­lis­chen Küste zurück­ge­zo­gen hät­ten und sich nur noch um die Haupt­seev­erkehr­swege durch den Golf von Aden küm­merten, seien aus­ländis­che Fis­ch­er in die soma­lis­chen Küstengewäss­er zurück­gekehrt. Ohne jede Bedro­hung durch die völ­lig unzure­ichend aus­gerüsteten örtlichen Küstenwachen wür­den sie diese nun völ­lig unge­niert sys­tem­a­tisch leer fis­chen. Viele der so ihrer Lebens­grund­lage beraubten soma­lis­chen Fis­ch­er sähen keine Alter­na­tive mehr zu ein­er Rück­kehr zu Piraterie.

 

TAIWAN

Tai­wan hat aus den USA zwei weit­ere Fre­gat­ten der OLIVER HAZARD PER­RY-Klasse erhalten.

Fre­gat­te ‘Gary’ — noch unter US-Flagge (Foto: IS Navy)Am 9. März wur­den die 2015 bei der US Navy aus­ge­musterten „Tay­lor“ und „Gary“ formell an das tai­wane­sis­che Vertei­di­gungsmin­is­teri­um über­schrieben. Zur Unterze­ich­nung der Über­gabedoku­mente war zwar der Befehlshaber der Repub­lic of Chi­na Navy (ROCN) Admi­ral Huang Shu-kuang nach Charleston (South Car­o­lia, USA) angereist, aber die Zer­e­monie erfol­gte mit Blick auf die Volk­sre­pub­lik Chi­na, die schon im Vor­feld gegen den „klaren Ver­stoß des USA-Chi­na-Agree­ments“ protestiert hat­te, „low key“ abseits der Öffentlichkeit. Als Kauf­preis wer­den ins­ge­samt nur etwas mehr als 150 Euro genan­nt – für die ROCN ein „Schnäp­pchen“ und deut­lich preiswert­er als die in Lizenz in Tai­wan hergestellte PER­RY-Vari­ante der CHENG KUNG-Klasse. Ihr Zulauf soll eine Aus­musterung älter­er Fre­gat­ten der KNOX-Klasse ermöglichen.

Bei­de PER­RY-Fre­gat­ten sind zurzeit noch in den USA, wor sie „für weit­ere bis zu 30 Dien­st­jahre“ grundüber­holt und mod­ernisiert sowie in Teilen ihrer Aus­rüs­tung (z.B. Fer­n­meldesys­teme) den Stan­dards ihrer neue Heimat­ma­rine angepasst wer­den. Auch soll noch die Aus­bil­dung ein­er Kernbe­satzung abgeschlossen wer­den, bevor sich die bei­den Fre­gat­ten dann – gemein­sam oder jede für sich – auf den Weg nach Tai­wan machen. Ende Mai sollen sie dort unter den neuen Namen „Ming-Chuan“ und „Feng-Jia“ bei der ROC Navy in Dienst gestellt werden.

Experten sind von der Namensge­bung etwas über­rascht, erhal­ten die Neuzugänge doch nicht die Namen taiwanesischer/chinesischer See­helden. Ming-Chuan war ein Gou­verneur Tai­wans zu Zeit­en der Qing Dynas­tie (1644–1911), und auch Feng-Jia (ein Dichter und Anführer des Wider­stands gegen Japan) gehört in diese Zeitspanne.

Tai­wan hat­te die USA zunächst um Über­las­sung von vier aus­ge­musterten PER­RY-Fre­gat­ten gebeten, und der US-Kongress hat­te 2014 neben „Tay­lor“ und „Gary“ auch schon die Abgabe von „Carr“ und „Elrod“ gebil­ligt. Eine in Tai­wan durchge­führte „neue Prü­fung unter vertei­di­gungspoli­tis­chen Gesicht­spunk­ten“ ergab dann allerd­ings einen realen Bedarf an nur zwei ex-US PERRY. Dafür kann es mehrere Gründe geben. Zum einen entsprechen die ex-US-Schiffe zwar weit­ge­hend den Lizenz-Eigen­baut­en der CHENG KUNG-Klasse — aber sie sind 15–20 Jahre älter, und die Marine­pla­nung sieht für alle acht CHENG KUNG bere­its ein umfan­gre­ich­es Mid-Life-Upgrade vor, mit Ein­rüs­tung von mod­ern­sten Waf­fen­sys­te­men wie Seeziel-FK Hsi­ung Feng III und Ersatz der Flu­gab­wehr-FK Stan­dard Mis­sile SM‑1 durch mod­ernere SM‑2.

Hinzu kommt, dass Tai­wan mit Blick auf kün­ftige nationale Eigen­ständigkeit in einem langfristi­gen „20-Jahres-Plan“ nach und nach sämtliche in den USA und in Frankre­ich erwor­be­nen Schiffe durch Eigen­baut­en erset­zen will. Bei den Über­wass­er-Kampf­schif­f­en spricht man von Entwick­lung und Bau von sechs bis acht 6.000-ts-Zerstörern „New Gen­er­a­tion Major Com­bat­ant“ als Ersatz für die vier gebraucht von der US Navy über­nomme­nen, alten Zer­stör­er der KIDD-Klasse. Die Neubaut­en sollen ein Phased Array Radar und ein mod­ernes Gefechts­führungssys­tem („Tai­wan Aegis“) erhal­ten und mit mod­ern­sten Seeziel- und Flu­gab­wehr-FK (Ver­ti­cal Launch Sys­tem) bestückt sein. Die alten Fre­gat­ten der PERRY‑, KNOX- und LAFAYETTE-Klassen sollen sämtlich durch bis zu 15 große „New Gen­er­a­tion Guid­ed-Mis­sile Frigates“ (2.000 – 3.000 ts große, eben­falls mit „Tai­wan Aegis“ auszurüs­tende Mehrzweckschiffe) erset­zt werden.