ERAM ist für den Einsatz gegen Ziele in mittlerer bis größerer Entfernung konzipiert, nicht als Abstandswaffe. Die beiden Hauptaufgaben der SM‑6 sind Schiffseigenschutz sowie erweiterte Luftraumverteidigung für den Flottenverband. Darüber hinaus soll die Rakete beim küstennahen Einsatz auch Ortschaften bzw. militärische Stellungen an Land abschirmen.
Die wesentliche effektive Reichweitenerhöhung, die ERAM gegenüber der SM‑2 aufweist, wird durch die Ausstattung der SM‑6 mit dem Aktivzielsucher ermöglicht. Da die SM‑2 Raketen nur ein semiaktives Zielsuchsystem besitzen, müssen sie während der Endflugphase durch das SPG-62 Feuerleitradar des AEGIS-Systems bis zur letzten Sekunde an das Zielobjekt herangeführt werden. Aufgrund der Erdkrümmung können aber weder das SPY1 Luftüberwachungsradar noch das SPG-62 Feuerleitradar des AEGIS-Systems niedrig fliegende Ziele in mehr als ca. 50 Kilometer Entfernung erfassen. Selbst wenn ein Aufklärungsflugzeug einen feindlichen Marschflugkörper oder ein niedrig fliegendes feindliches Jagdflugzeug bereits in 300 Kilometer Entfernung zu einem US-Zerstörer erfasst, kann das Schiff seine SM‑2 Abfangraketen also erst einsetzen, wenn der Feind den AEGIS-Radarhorizont erreicht. Gegen einen mit Mach 1 fliegenden Angreifer bleiben dann lediglich 2,5 Minuten für den Abfangversuch übrig.
Mit ERAM soll alles anders werden, erklärte Stan Schroeder, Leiter der Flugabwehrprogramme bei Lockheed Martin Sensors and Systems in New Jersey. »Die SM‑6 kann immer noch (wie die SM‑2) per Datenlink Informationen (vom AEGIS-System) beziehen, ist aber darüber hinaus imstande, unter eigener Führung hinauszufliegen, um das designierte Ziel selbstständig aufzuspüren und zu zerstören«, sagte Schroeder bezüglich des Aktivzielsensors der neuen Rakete. »Wenn die Rakete imstande ist, autonom zu agieren, kann sie in niedriger Höhe über den Radarhorizont hinausfliegen (…)Wir haben dann eine sehr leistungsfähige Abfangrakete, die uns erlaubt, ihre lange Reichweite voll auszuschöpfen.«
Rear Admiral Nevin P. Carr, ehemaliger Leiter des Referats für Waffenentwicklung im Führungsstab der Navy, bestätigt diese Einschätzung der SM‑6. »Wir erweiterten den Schutzbereich der Seebasis und [schießen den Feind ab] ehe er feuern kann, und wir können diesen Schutzschirm auch über Land ausdehnen, um unsere Truppen im Küstenbereich mit zu verteidigen«, erklärte Carr im Frühjahr 2007 gegenüber der Fachzeitschrift Sea Power.
Der Aktivzielsucher ist auch besser als halbaktive Zielsucher geeignet, moderne agile Flugziele inklusive moderner landgestützter Marschflugkörper zu bekämpfen. Die Abfangrakete ist in der Endflugphase viel näher am Ziel als das Schiff; der bordeigene Zielsucher kann daher schneller als der Feuerleitrechner des Schiffes auf Ausweichmanöver des Zielobjekts reagieren. Das näher gelegene Suchradar der Rakete ist in dieser Phase auch weniger anfällig als das Schiffsradar für elektronische Störmaßnahmen des Ziels.