Asien — Chinas neuer Militärtransporter Y‑20 „Kun-peng“ oder „Roc“

 

 

 

Asien — Chinas neuer Militärtransporter Y‑20 „Kun-peng“ oder „Roc“

Writ­ten by Erich Sczepanski

 

 

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Y – 20 „Kun-peng“ oder „Roc“

Chi­nas neuer Militärtransporter

 

Beze­ich­nung:

Die inof­fizielle Beze­ich­nung „Kun-peng“ ste­ht für einen gigan­tis­chen Vogel der chi­ne­sis­chen Mytholo­gie, der „tausende von Meilen weit fliegen“ kann. Und diese Eigen­schaften kön­nen wohl auch dem chi­ne­sis­chen Trans­porter zugeschrieben wer­den. Die chi­ne­sis­che Fachzeitschrift „Luft­fahrtwissen“ zitiert die Pro­fes­sorin Liang Fang von der Hochschule für Nationale Vertei­di­gung in Peking mit den Worten: „Ein­herge­hend mit dem Anwach­sen unser­er nationalen Inter­essen, wer­den es uns die schw­eren Trans­port­flugzeuge  ermöglichen, unsere Belange in Übersee zu wahren.“ Und die Reich­weite wird tat­säch­lich so eingeschätzt, dass von Chi­nas west­lichen Flug­basen „non­stop“ über 4.500 km bis nach Ägypten geflo­gen wer­den kann – bei Luft­be­tankung noch wesentlich weit­er. Damit dürften dann auch Ango­la oder Südostaus­tralien in der Reich­weite der Flugzeuge liegen, wie die Chi­na Dai­ly am 28. Jan­u­ar 2013 berichtete.

 

 

Ein­führung:

Bere­its um 1990 sollen erste Pla­nun­gen zur Entwick­lung des Fracht­flugzeuges begonnen haben. 2006 wurde die Entwick­lung eines Trans­port­flugzeuges als mit­tel- und langfristiges Tech­nolo­giepro­jekt genan­nt. Nach dem katas­trophalen Erd­beben von 2008 in der Prov­inz Sichuan mit zehn­tausenden von Toten stellte sich ein gewaltiges Defiz­it bei den chi­ne­sis­chen Luft­stre­itkräften, der PLAAF her­aus. Nicht ein­mal ein Dutzend großer Trans­port­flugzeuge rus­sis­ch­er Pro­duk­tion standen zur Ver­fü­gung, um Hil­f­s­güter in die Region zu trans­portieren. Sowohl Rus­s­land wie auch die USA hat­ten dage­gen jew­eils über 350 strate­gis­che Großraum­trans­port­flugzeuge in ihren Bestän­den. Zwei US-Trans­porter vom Typ Globe­mas­ter zeigten Chi­na zugle­ich, wie effek­tiv der Ein­satz von großen Mil­itär­trans­portern sein kann, wenn die Infra­struk­tur zu Lande – Straßen, Brück­en, Bahn­lin­ien – weit­ge­hend zer­stört sind. Dieses trau­ma­tis­che Ereig­nis dürfte einen gewalti­gen Schub für die Entwick­lung eines eige­nen Großraum­trans­porters gebracht haben. Dass Chi­na dabei wie üblich auf Unab­hängigkeit set­zt, dürfte nicht über­raschen. Denn bish­er wird der glob­ale Markt für solche Trans­porter von den USA und den Nach­folges­taat­en der Sow­je­tu­nion – Rus­s­land, der Ukraine und Usbek­istan beherrscht.

 

Im Jahre 2009 berichteten chi­ne­sis­che Medi­en über Aus­sagen eines Man­agers der Avi­a­tion Indus­try Corp of Chi­na „the design of a “200-ton mil­i­tary air­craft” had been com­plet­ed and pro­duc­tion of pro­to­types had begun”. Bere­its im Dezem­ber 2009 erre­icht­en erste Model­lauf­nah­men, tech­nis­che Grafiken und Wind­kanal­bilder das Inter­net. Von west­lichen Beobachtern zunächst als „Fan Art“ abge­tan, fol­gte dann drei Jahre später die Sen­sa­tion: Im Mai 2012 verkün­dete Gao Jian­she — Vize Gen­er­al Direk­tor (vice gen­er­al manger) der “Avi­a­tion Indus­try Cor­po­ra­tion of Chi­na” (AVIC) — dass man bei der Xi’an Air­craft Indus­try (Group) Com­pa­ny (XAC) alles daran leg­en sollte, um den Erst­flug der Mas­chine vor dem 18. Nation­alkongress der Kom­mu­nis­tis­chen Partei Chi­nas im Som­mer 2012 zu absolvieren. Zugle­ich war vom „roll-out“ im Jan­u­ar des Jahres die Rede. Zu Wei­h­nacht­en 2012 gab es dann erste Fotos der Mas­chine nach dem „roll-out“, wobei offen­bleiben muss, wann diese Bilder geschossen wurden.

 

Inzwis­chen über­schla­gen sich die Berichte, Speku­la­tio­nen und neuen Fotos auf diversen Inter­net-Foren. So wur­den kurz nach Wei­h­nacht­en 2012 Bilder von der Y‑20 auf der Roll­bahn bekan­nt, die ange­blich ein kom­merzieller US-Satel­lit aufgenom­men hat – und am 26. Jan­u­ar 2013 wur­den tat­säch­lich Spot­ter-Bilder vom Erst­flug der Mas­chine mit der Nr. 20001 online gestellt. Dieser fand auf dem Luft­waf­fen­stützpunkt Yan­liang im zen­tralchi­ne­sis­chen Xian stat.

 

Dazu kamen Bilder des chi­ne­sis­chen Staats­fernse­hens, das in der inzwis­chen zum Stan­dard gewor­de­nen „neuen Offen­heit“ aus­führlich über den Erst­flug berichtete.

 

Diese Bilder erlauben auch erste Größenein­schätzun­gen, einen Ver­gle­ich mit anderen Trans­port­flugzeu­gen – und bestäti­gen, dass die Y20 in der Klasse der amerikanis­chen C‑17 und der ex-sow­jetis­chen IL 76 und damit in der Rei­he der weltweit 20 größten Trans­port­flugzeuge ein­gerei­ht wer­den kann.

 

Tech­nis­che Daten:

Als sich­er kann inzwis­chen gelten:

die Y‑20 wurde als 4‑strahliger Großraum­trans­porter vom Nr. 703 Insti­tut, XAC und SAC in enger Zusam­me­nar­beit mit dem Antonov Design Bureau entwick­elt. Ein mock-up der Bugsek­tion wurde ange­blich bis Ende 2008 fer­tig gestellt  und ein mock-up des kom­plet­ten Flugzeuges bis Anfang 2010.

Die Pro­to­typen und wohl auch ersten Vorse­rienex­em­plare wer­den von rus­sis­chen D‑30KP‑2 (bzw. WS-18) angetrieben. Vom D‑30KP‑2 hat Chi­na ins­ge­samt 55 Exem­plare bestellt, die bis Ende 2012 aus­geliefert wer­den soll­ten. Für die End­ver­sion ist zunächst ein neues high-bypass Aggre­gat WS-20 geplant. Möglicher­weise kommt später auch das neue Trieb­w­erk zum Ein­satz, das mit Unter­stützung von MTU für einen zivilen chi­ne­sis­chen Mit­tel­streck­en­jet entwick­elt wird.

Dank FBW und neuem Flügel dürfte die Aero­dy­namik deut­lich bess­er sein als bei der Il-76, so dass die Leis­tung selb­st mit “alten” Trieb­w­erken nicht schlechter sein sollte, als die der Il-76.

 

Die Y‑20 mit ein­er Länge von ca. 47 m und ein­er Span­nweite von ca. 50 m hat einen Frach­traum von ca. 5.50 x 6.50 m (Außen­maße) und weist damit im Ver­gle­ich zur Il-76 vor allem im Hin­blick auf großvo­lu­migere Fracht einen wesentlich bess­er nutzbaren Lader­aum auf. Sie kann mit Sicher­heit die neuen chi­ne­sis­chen Kampfhub­schrauber vom Typ WZ-10 oder auch die 58 t. schw­eren Panz­er 99A2 trans­portieren – die größten Panz­er­fahrzeuge, die bei der PLA im Arse­nal vorhan­den sind. Die Ladeka­paz­ität dürfte bei über 66 Ton­nen liegen, und damit die der US C‑17 Globe­mas­ter fast erre­ichen und etwa dop­pelt so hoch sein wie beim neuesten europäis­chen Trans­port­flugzeug, der A 400 M.

 

Die Kon­fig­u­ra­tion ist offen­bar darauf aus­gelegt, auch auf kurzen und nicht voll aus­ge­baut­en Pis­ten sich­er lan­den und starten zu können.

 

Experten erwarten ab 2017 / 2018 eine Jahre­spro­duk­tion von etwa 10 Maschi­nen, die sich­er auch als Grund­lage für ein chi­ne­sis­ches AWACS (bish­er auf der Il-26 instal­liert) und als Tank­flugzeug genutzt wer­den dürfte. Vorher wird aber erst noch eine zwei- bis drei­jährige umfan­gre­iche Erprobungsphase absolviert wer­den müssen.

 

Chi­nas PLAAF, die bis 2012 lediglich auf rund 20 Iljuschin Il-26 zurück greifen kon­nte (und 30 weit­ere Maschi­nen bestellt hat­te), dürfte mit Beginn der Serien­pro­duk­tion – voraus­sichtlich ab 2017 – eine wesentliche Stärkung erre­ichen. Den­noch darf die Bedeu­tung der Entwick­lung nicht über­schätzt wer­den. Alleine 100 Flugzeug dieser Größe wer­den benötigt, um eine Kampf­bri­gade der PLA zu trans­portieren. Und die voraus­sichtliche Pro­duk­tion­srate erlaubt früh­estens Mitte des Jahrhun­derts einen Gle­ich­stand mit den USA – zum Stand der USAF von 2010.

 

Sachquellen: Die Infor­ma­tion über chi­ne­sis­ches Mil­itär lebt vor allem von zahlre­ichen Inter­net­foren sowie den Bildern, Speku­la­tio­nen und Ver­mu­tun­gen der Teil­nehmer. Entsprechende Quellen sind daher u.a. Sin­oDe­fence Forum, Chi­na Defense Forum, Chi­nese Mil­i­tary Forum u.a.; für die Richtigkeit der Angaben kann keine Gewähr über­nom­men wer­den. Quellen sind ins­beson­dere: China-Defense.com-Forum, Sin­ode­fence­fo­rum, Chi­nese Mil­i­tary Forum

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