Wochenschau MarineForum vom 01. Dezember 2017

NAH-/MITTELOST

Die militärische/sicherheitspolitische Lage im Nahen-/Mit­tleren Osten bleibt von der Bekämp­fung des islamistis­chen Ter­rors sowie den Bürg­erkriegen in Syrien und Jemen bes­timmt. Span­nun­gen zwis­chen Sau­di-Ara­bi­en und dem Iran dauern eben­so an, wie der poli­tis­che Stre­it mehrerer Golf­s­taat­en mit dem Emi­rat Qatar.

Nach inter­na­tionalem Druck und zunehmenden War­nun­gen vor ein­er human­itären Katas­tro­phe hat Sau­di-Ara­bi­en die Block­ade jemeni­tis­ch­er Häfen gelock­ert. Am 26. Novem­ber kon­nte ein erstes Frachtschiff den von Houthi Rebellen kon­trol­lierten Hafen Hodei­dah (Rotes Meer) anlaufen und dort 5.500 t Mehl entladen.

ISLAMISTISCHER TERROR IN SYRIEN UND IRAK (Fortschrei­bung)

Bei der Bekämp­fung des islamistis­chen Ter­rors in Syrien und Irak bes­tim­men unverän­dert divergierende Eigen­in­ter­essen zahlre­ich­er Staat­en sowie die Spal­tung zwis­chen Schi­iten und Sun­niten die Entwick­lung. Den­noch wird der IS aus immer mehr Gebi­eten verdrängt.

Dieser Artikel wird mit fre­undlich­er Genehmi­gung der „Marine­Fo­rum – Zeitschrift für mar­itime Fra­gen“ veröf­fentlicht.
Marineforum

SYRIENIRAK: US-geführte Koali­tion (Oper­a­tion „Inher­ent Resolve“)

Eine US-geführte multi­na­tionale Koali­tion set­zt mit Oper­a­tion „Inher­ent Resolve“ Luftschläge gegen islamistis­che Ter­ror­grup­pen in Irak und Syrien fort. Ziele von Koali­tions-Luftan­grif­f­en sind Kom­man­dozen­tren (Führungsper­so­n­en), Stützpunk­te, Depots und von Islamis­ten kon­trol­lierte Öl-Anla­gen, daneben aber auch logis­tis­che Straßen­trans­porte und Grup­pen ver­legen­der Kämpfer. Viele Angriffe dienen der direk­ten Unter­stützung (Close Air Sup­port) irakisch­er Boden­trup­pen und syrisch­er (kur­dis­ch­er) Oppo­si­tion­s­milizen. Zum Ein­satz kamen in den let­zten Wochen nur landgestützt von Flug­plätzen der Golf­s­taat­en, Jor­daniens und der Türkei operierende Kampf­flugzeuge und Drohnen der Stre­itkräfte zahlre­ich­er Staat­en. Die britis­che Roy­al Air Force nutzt ihre Basis in Akrotiri (Zypern).

In der kom­menden Woche wer­den wahrschein­lich auch wieder trägergestützte Kampf­flugzeuge in Oper­a­tion „Inher­ent Resolve“ einge­bun­den. Mit Ein­tr­e­f­fen der „Theodore Roo­sevelt“ Car­ri­er Strike Group (CSG) in der Region ist die nach Ablaufen des US-Flugzeugträgers „Nimitz“ ent­standene, mehrwöchige Präsen­zlücke geschlossen. Die „Theodore Roo­sevelt“ wird am 28. Novem­ber im Zuständigkeits­bere­ich der 5. US-Flotte aber noch im Ara­bis­chen Meer gemeldet; sie dürfte in den näch­sten Tagen in den Per­sis­chen Golf einlaufen.
an Bord der ‘Theodore Roo­sevelt’ im Ara­bis­chen Meer (Foto: US Navy)

Die seit Sep­tem­ber in der Region einge­set­zte „Amer­i­ca“ Amphibi­ous Ready Group (ARG) der US Navy operiert seit fast drei Wochen inner­halb des Per­sis­chen Golfes, führte zulet­zt Übun­gen mit Ein­heit­en der multi­na­tionalen Com­bined Task Force (CTF) 150 – u.a. der aus­tralis­chen Fre­gat­te „War­ra­munga“ — durch. Eingeschiffte Jagdbomber AV-8B Har­ri­er, Kampfhub­schrauber und Schwenkro­tor­flugzeuge V‑22 Osprey des US Marine Corps kön­nen bei Bedarf auch über Land (gegen islamistis­che Ter­ror­grup­pen) einge­set­zt wer­den. Das zur „Amer­i­ca“ ARG gehörende Dock­lan­dungss­chiff „San Diego“ bleibt abge­set­zt vom Ver­band im Mittelmeer.

SYRIEN: Rus­s­land – Türkei

Auch mehrere Wochen nach­dem Syriens Machthaber al-Assad formell das „siegre­iche Ende“ des Kampfes gegen IS verkün­dete, gehen die Kämpfe in Ost­syrien weit­er. Erneut set­zte Rus­s­land zur Unter­stützung syrisch­er Boden­trup­pen in Zen­tral­rus­s­land ges­tartete Langstreck­en­bomber Tu-22M3 Backfire‑C ein. Der rus­sis­che Gen­er­al­stab meldete für die abge­laufene Woche noch die „Ver­nich­tung von 901 IS-Zielen“.

Rus­s­land gibt der Bekämp­fung des islamistis­chen Ter­rors in Syrien dur­chaus Pri­or­ität, macht aber unverän­dert keinen wirk­lichen Unter­schied zwis­chen Islamis­ten und Oppo­si­tion­sre­bellen. Außer­halb von erk­lärten „De-Eskala­tion­szo­nen“ gel­ten alle gegen das al-Assad-Regime aktiv­en Milizen gle­icher­maßen als Ter­ror­is­ten, und nach wie vor erfol­gen rus­sis­che Luftan­griffe denn auch in Gebi­eten, in denen keine islamistis­chen Milizen aktiv sind.

Die Türkei bekämpft zwar auch islamistis­che Grup­pen, wid­met sich in ihrem „Kampf gegen Ter­ror­is­mus“ bei gren­züber­schei­t­en­den mil­itärischen Oper­a­tio­nen in Syrien aber bevorzugt der Neu­tral­isierung dor­tiger kur­dis­ch­er Milizen. Glaub­hafte Mel­dun­gen deuten dabei sog­ar auf (vorüberge­hende und örtlich begren­zte) Koop­er­a­tion mit der islamistis­chen al-Nus­ra Front.

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BÜRGERKRIEG IN SYRIEN (Fortschrei­bung)

Für den rus­sis­chen Präsi­den­ten Putin ste­ht der mil­itärische Ein­satz in Syrien vor dem Abschluss, rückt die poli­tis­che Entwick­lung in den Fokus. Rus­s­lands Gen­er­al­stab­schef kündigte den Abzug „großer Teile“ der rus­sis­chen Trup­pen an; Rus­s­land werde aber zwei Stützpunk­te in Syrien (wahrschein­lich die Marineba­sis Tar­tus und den Luft­waf­fen­stützpunkt bei Latakia) behalten.

Karte: IHS Mon­i­torIn den auf Ini­tia­tive von Rus­s­land, Syrien, dem Iran und der Türkei erk­lärten „De-Eskala­tion­szo­nen“ wer­den nur einige wenige Zwis­chen­fälle reg­istri­ert. Türkische Trup­pen weit­en in ein­er gren­züber­schre­i­t­en­den Oper­a­tion ihre Kon­trolle im Gebi­et um Idlib und nordöstlich davon aus. Offizielles Ziel ist die „Gewährleis­tung der Sicher­heit in der um Idlib ein­gerichteten De-Eskala­tion­szone“. Primäres Oper­a­tionsziel ist aber offen­sichtlich die gewalt­same Ver­drän­gung der kur­dis­chen YPG-Miliz aus der Region.

In Genf hat am 28. Novem­ber die 8. Runde der von den Vere­in­ten Natio­nen aus­gerichteten Gespräche zu ein­er poli­tis­chen Lösung (polit­i­cal set­tle­ment talks) begonnen. Wesentliche Fortschritte wer­den nicht erwartet. Für die syrische Oppo­si­tion bleibt ein Rück­tritt von Machthaber al-Assad Grund­vo­raus­set­zung für jede Über­gangslö­sung. Rus­s­land, Iran und die Türkei hal­ten als „Garantiemächte“ am Vorschlag eines „Kon­gress­es des Nationalen Dialoges“ in Sotschi (Rus­s­land) fest, wollen diesen nun aber um zwei Monate auf Feb­ru­ar 2018 ver­schieben. Das Vorhaben stößt unverän­dert auf erhe­bliche Wider­stände. Die „Syr­i­an Oppo­si­tion Coali­tion“ lehnt es rundweg ab; die Türkei will sich mit eini­gen kur­dis­chen Grup­pen nicht an einen Tisch setzen.

Mar­itime Aspekte

Im östlichen Mit­telmeer operiert weit­er­hin das von der rus­sis­chen Schwarzmeer­flotte geführte Ständi­ge Mit­telmeergeschwad­er (Med­Sqn) der rus­sis­chen Marine. Kampfein­heit­en sind zurzeit die Korvette „Boykiy“ der Baltischen Flotte, der Minen­such­er „Ivan Gol­u­bets“ der Schwarzmeer­flotte, sowie immer noch die zwei in der Ost­see für die Schwarzmeer­flotte gebaut­en, neuen U‑Boote „Velikiy Nov­gorod“ und „Kolpino“ (KILO-III-Klasse), die ihre Über­führungs­fahrt ins Schwarze Meer nun schon mehr als drei Monate lang für einen Ein­satz bei der Med­Sqn unter­brochen haben. Am 1. Dezem­ber kündigte die rus­sis­che Schwarzmeer­flotte die erneute Ver­legung ihrer Fre­gat­te „Admi­ral Grig­orovich“ ins Mit­telmeer an.

Die auch als „Syr­i­an Express“ beze­ich­nete Liefer­ung von Rüs­tungs­gütern nach Syrien und Nach­schub für die dort einge­set­zten rus­sis­chen Trup­pen wird in vollem Umfang fort­ge­set­zt. Aktuell sind noch keine Rück­führun­gen rus­sis­ch­er Trup­pen oder Aus­rüs­tung von Syrien nach Rus­s­land erkennbar. Zurzeit sind drei Lan­dungss­chiffe der Schwarzmeer­flotte und drei der ins­ge­samt acht von der rus­sis­chen Marine gebraucht gekauften und formell in ihren Bestand über­nomme­nen Frachtschiffe in die Trans­porte einge­bun­den. Ver­stärkung für „Syr­i­an Express“ kommt aber auch aus anderen Flot­ten. Aktuell hat die Nord­flotte dazu ihr Lan­dungss­chiff „Alek­san­dr Otrakovskiy“, die Baltische Flotte ihr Lan­dungss­chiff „Min­sk“ abgestellt.

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ARGENTINIEN (update 02 Dez)

Am 30. Novem­ber hat die argen­tinis­che Marine die Besatzung des seit dem 15. Novem­ber ver­mis­sten U‑Bootes „San Juan“ offiziell für tot erklärt.

Schon zwei Tage vorher hat­te Staat­spräsi­dent Macri den Ange­höri­gen bere­its sein Beileid aus­ge­sprochen. Die Suche nach Über­leben­den ist damit offiziell eingestellt, aber die Suche nach dem Wrack der „San Juan“ geht natür­lich weit­er. Sieben Spezialschiffe mehrerer Natio­nen sind bere­its vor Ort. Die über den Atlantik zuver­legende rus­sis­che „Yan­tar“ wird in der kom­menden Woche erwartet; Rus­s­land schickt auch Spezialper­son­al nach Argen­tinien. Das Under­sea Res­cue Com­mand der US Navy hat sein auf dem Luftweg von San Diego ver­legtes Spezial­gerät auf dem zivilen Off­shore Sup­port Ves­sel „Sophie Siem“ installiert.

Die argen­tinis­che Marine hat inzwis­chen weit­ere Details zum Ver­schwinden der „San Juan“ veröf­fentlicht. Dabei betonte der Marine­sprech­er, das U‑Boot sei in guter materieller Ver­fas­sung gewe­sen und habe vor Aus­laufen zu sein­er rou­tinemäßi­gen Aus­bil­dungs­fahrt an die Süd­spitze Südamerikas „alle Sicher­heit­süber­prü­fun­gen“ bestanden. Tor­pe­dos seien für diese Fahrt nicht an Bord gewesen.

Am 15. Novem­ber, kurz nach Mit­ter­nacht, habe der Kom­man­dant über Satel­litenkom­mu­nika­tion Kon­takt mit dem Marinekom­man­do aufgenom­men. Bei schw­er­er See sei beim Schnorcheln zum Aufladen der Bat­te­rien See­wass­er über das Lüf­tungssys­tem in die Bat­teriebank 3 (die vordere der bei­den achteren) eingedrungen.

Es sei zu einem Kurz­schluss und einem kleinen Schwel­brand gekom­men, der jedoch von der Besatzung gelöscht wer­den kon­nte. Die vorderen Bat­teriebänke seien schon vorher von der Energiev­er­sorgung getren­nt (isoliert) gewe­sen, und das U‑Boot set­ze seine Fahrt aufge­taucht mit Diesel­mo­toren fort. Man habe Kurs auf den Stützpunkt Mar del Pla­ta genommen.

Um 06.00 Uhr wieder­holte der Kom­man­dant in der fäl­li­gen Rou­tinemel­dung diesen Lage­bericht. Um 07.30 Uhr meldete er sich erneut. An Bord sei alles wohlauf, aber man müsse bei dem schw­eren Wet­ter (Orkan mit bis zu 10m hohen Wellen) den Marsch nun getaucht fort­set­zen — und dies mit nur ein­er einzi­gen funk­tions­fähi­gen Bat­teriebank, d.h. mit nur einem Vier­tel der nor­malen elek­trischen Leis­tung. Dies war der let­zte Kon­takt mit der „San Juan“. Um 10.31 Uhr wurde dann nahe sein­er angenomme­nen Posi­tion das Geräusch ein­er „Explo­sion“ erfasst.

Dieses Geräusch wurde von der Com­pre­hen­sive Nuclear-Test-Ban Treaty Orga­ni­za­tion (CNTBTO) erfasst, die zur Ent­deck­ung möglich­er Atom­waf­fen­tests weltweit ozeanis­che Seege­bi­ete mit akustis­chen Spezial­geräten beobachtet. Eine (inof­fizielle) Analyse der Dat­en durch den US-Spezial­is­ten Bruce Rule (unter­suchte u.a. auch den Unter­gang des US-U-Bootes “Thresh­er”) spricht nicht von ein­er “Explo­sion”, son­dern ein­er “Implo­sion” (Blasen-Impuls) des Rumpfes in 390m Tiefe. Der gesamte Druck­kör­p­er der “San Juan” sei in nur 40 Mil­lisekun­den zer­stört worden.

Warum das U‑Boot in die Tiefe abge­sunken ist, bleibt zu klären, aber offen­sichtlich hat­te die Besatzung keine Kon­trolle mehr über das U‑Boot. Experten erin­nern in diesem Zusam­men­hang an den Ver­lust des nuk­lear­getriebe­nen US-U-Bootes “Scor­pi­on” (1968), bei dem eine durch (gasende) Bat­te­rien verur­sachte Wasser­stof­f­ex­plo­sion die Besatzung schla­gar­tig hand­lung­sun­fähig gemacht hat­te. Die “Scor­pi­on” war dann langsam gesunken, bis der Rumpf in etwa 500m Tiefe kol­la­bierte. Das Geräusch ein­er solchen Wasser­stof­f­ex­plo­sion an Bord eines U‑Bootes ist mit den hydroakustis­chen Sys­te­men der CNTBTO nicht unbe­d­ingt erfass­bar. Bei der “San Juan” hal­ten Experten auch eine Vergif­tung der Besatzung oder Explo­sion durch sich in der defek­ten Bat­teriebank 3 gebildetes Chlor­gas für möglich.

Die argen­tinis­che Marine schweigt sich zur weltweit im Inter­net ver­bre­it­eten Analyse des inter­na­tion­al renom­mierten US-Spezial­is­ten bish­er aus. Ein Grund für die Zurück­hal­tung kön­nte sein, dass der Rumpf der “San Juan” schon in 390m Tiefe kol­la­biert sein soll – mehr als 200m ober­halb der “kon­struk­tiv­en Zer­störungstauchtiefe” von 600m. Nun hat­te die “San Juan” von 2007 bis 2014 (sieben Jahre!) bei der argen­tinis­chen Domecq Gar­cia eine Grundüber­hol­ung und Mod­ernisierung mit Bat­terieaus­tausch durchge­führt, in deren Ver­lauf 2012 auch der Druck­kör­p­er zer­schnit­ten wor­den war. Es gibt denn auch erste Speku­la­tio­nen, dass min­der­w­er­tige Schweißar­beit beim Wiederzusam­men­fü­gen dessen struk­turelle Fes­tigkeit gemindert haben könnte.

Zurzeit sind sieben Spezialschiffe damit beschäftigt, den Meeres­bo­den mit Mul­ti-Beam Sonarg­eräten in einem zeitlich sehr aufwändi­gen, koor­dinierten „Sea Map­ping Ver­fahren“ meter­ge­nau zu ver­messen, um so die gesunkene „San Juan“ zu find­en. Ein­fach ist dies nicht. Zwar ist das Suchge­bi­et nun räum­lich einge­gen­zt, aber der ver­mut­liche Unter­gang­sort der „San Juan“ liegt in unmit­tel­bar­er Nähe der Abbruchkante des Kon­ti­nen­tal­sock­els, wo die Wasser­tiefe sehr schnell von 300–400m auf bis zu 4.000m abfällt. Inter­es­sant ist, dass außer der Implo­sion des Rumpfes keine weit­eren Geräusche durch Implo­sio­nen auch ander­er abgeschlossen­er Sek­tio­nen des U‑Bootes (Tor­pe­dorohre) erfasst wur­den. Dies kön­nte darauf hin­deuten, dass die “San Juan” nicht in extreme Tiefen abge­sunken ist und ihre Auffind­en erleichtern.

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GROSSBRITANNIEN

Der erste von vier neuen Flot­ten­tankern/-ver­sorg­ern der TIDE-Klasse ist in Dienst gestellt.

Am 27. Novem­ber wurde die „Tidespring“ im Rah­men ein­er Feier­stunde im Flot­ten­stützpunkt Portsmouth formell in die Roy­al Fleet Aux­il­iary (RFA), die Hil­fs­flotte der Roy­al Navy übernommen.

Die Beschaf­fung der vier 37.000-ts-Tanker/Versorger „Tidespring“, „Tider­ace“, „Tidesurge“ und „Tide­force“ ist Teil des 2007 verkün­de­ten Pro­jekt MARS (Mar­itime Afloat Reach & Sup­port) zur Mod­ernisierung der RFA. Zunächst soll­ten sechs neue Flot­ten­tanker mehrere noch aus den 1970-er und 1980-er Jahren stam­mende Schiffe (z.T. heuti­gen Sicher­heit­sansprüchen nicht mehr genü­gende „Einhüllen“-Tanker) erset­zen. Zulauf war ursprünglich zwis­chen 2011 und 2016 geplant, aber Anfang 2009 wurde das Pro­jekt unter Sparzwän­gen vorüberge­hend auf Eis gelegt.

2010 gab es eine „Wieder­bele­bung“ unter einem um drei Jahre verzögerten Zeit­plan, aber Diskus­sio­nen um Einspar­möglichkeit­en gin­gen weit­er. Schließlich entsch­ied man sich für nur noch vier Schiffe. Anfang 2012 wurde die süd­ko­re­anis­che Dae­woo Ship­build­ing & Marine Engi­neer­ing (DSME) als Haup­tauf­trag­nehmer benan­nt — gegen hefti­gen Protest der poli­tis­chen Oppo­si­tion, die britis­che Werften „aus­geklam­mert“ sah, dabei aber geflissentlich ignori­erte, dass auch keine einzige britis­che Werft ein Ange­bot abgegeben hatte.

Nach nur vage umschriebe­nen Prob­le­men war die „Tidespring“ mit einem Jahr Ver­spä­tung im Jan­u­ar von DSME an die Roy­al Navy übergeben wor­den. Im April traf sie zur Endaus­rüs­tung mit Instal­la­tion restlich­er mil­itärisch­er Aus­rüs­tung (Bewaffnung zur Selb­stvertei­di­gung, Fer­n­meldesys­teme etc.) in Fal­mouth ein. Dort liegt seit Ende Sep­tem­ber auch schon das zweite Schiff, die „Tider­ace“. Für deren Fer­tig­stel­lung und auch bei den noch ausste­hen­den zwei Schwest­er­schif­f­en erwartet man keine Verzögerun­gen mehr, ja hofft sog­ar, auch die Ver­spä­tung der „Tidespring“ noch kom­pen­sieren zu kön­nen und alle vier Schiffe – wie zulet­zt geplant – bis Ende 2018 in Dienst zu stellen.

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NORDKOREA (Fortschrei­bung)

Nach 74 Tagen Pause hat Nord­ko­rea erneut eine Langstreck­en­rakete getestet und damit die Span­nun­gen wieder verschärft.

Grafik: staatliche Medi­enIn den frühen Mor­gen­stun­den des 29. Novem­bers wurde die Rakete von einem Straßen-mobilen Starter nahe der Haup­stadt Pyongyang über Nord­ko­rea hin­weg in die Japansee geschossen, wo sie nach 53 Minuten und ins­ge­samt 950 km Flugstrecke in der japanis­chen Erweit­erten Wirtschaft­szone auf­schlug. Bei dem Flugkör­p­er soll es sich um die neue Int­gerkon­ti­nen­tal­rakete “Hwa­song-15” han­deln, die in der Lage sei, “das gesamte Gebi­et der USA” zu erreichen.

Der Testschuss erfol­gte in ein­er extrem stark über­höht­en, bis 4.750(!) km hoch reichen­den Flugkurve. Bei solch hoher Flug­bahn ist die Reich­weite stark verkürzt, aber US-Experten bestäti­gen im Wesentlichen die von Nord­ko­rea zur möglichen Reich­weite der “Hwa­song-15” genan­nten Dat­en. Zumin­d­est aus Medi­en­mel­dun­gen ist bish­er allerd­ings nicht bekan­nt, ob Nord­ko­rea bei seinen Rake­ten­tests auch schon den Wiedere­in­tritt von Gefecht­sköpfen in die Atmo­sphäre erprobt hat. Bei Schüssen mit über­höhter Flugkurve ist dies kaum möglich, denn zu steil­er Wiedere­in­tritt würde den Wiedere­in­trittskör­p­er zer­stören. Erst die Beherrschung der Wiedere­in­trittstech­nik macht die nuk­leare Bestück­ung eines weit reichen­den bal­lis­tis­chen Flugkör­pers möglich.

US-Präsi­dent Trump forderte in ein­er ersten Reak­tion “alle Staat­en der Welt” auf, sämtliche diplo­ma­tis­chen und wirtschaftlichen Beziehun­gen zu Nord­ko­rea abzubrechen, ver­langte von Chi­na die Ein­stel­lung aller Ölliefer­un­gen und kündigte nochmals ver­schärfte Sank­tio­nen an. Der zu ein­er Son­der­sitzung ein­berufene UN Sicher­heit­srat fasste jedoch keine Beschlüsse zu neuen Sank­tio­nen. Chi­na erk­lärte, man werde kein­er­lei Maß­nah­men unter­stützen, die in Nord­ko­rea zu ein­er human­itären Katas­tro­phe führen könnten.

Rus­s­land und Chi­na fordern eine diplo­ma­tis­che Lösung. In Vor­leis­tung soll­ten die USA auf jegliche mil­itärische Übun­gen mit Süd­ko­rea verzicht­en (was ein­er qua­si-Aufkündi­gung des Bünd­niss­es gle­ichkäme), Nord­ko­rea seine Raketen- und Atom­pro­gramme auf dem gegen­wär­ti­gen Stand ein­frieren (nicht abrüsten). Nord­ko­rea hat allerd­ings immer wieder bekräftigt, Diplo­matie könne im Ver­hält­nis zu den USA erst dann eine Rolle spie­len, wenn die Entwick­lung die gesamten USA abdeck­ender, nuk­lear­fähiger Interkon­ti­nen­tal­raketen abgeschlossen sei. Nun hat Nord­ko­re­as Dik­ta­tor Kim Jong-un nach dem erfol­gre­ichen Test der “Hwa­song-15” öffentlich erk­lärt, die “Entwick­lung zur Nuk­lear­ma­cht (sei) abgeschlossen”. Kön­nte damit der Zeit­punkt für Diplo­matie gekom­men sein?

Neben Forderun­gen nach weit­er ver­schärften Sank­tio­nen heizt der neue Rake­ten­test in den USA auch wieder die Diskus­sio­nen um mögliche mil­itärische Optio­nen an.

Ein pen­sion­iert­er US-Gen­er­al fordert öffentlich, zur Raketen­ab­wehr (BMD – Bal­lis­tic Mis­sile Defence) aus­gerüstete Kampf­schiffe der US Navy soll­ten bei kün­fti­gen nord­ko­re­anis­chen Tests die Raketen ein­fach abschießen.

Die prak­tis­che Umset­zung ist allerd­ings prob­lema­tisch. Ein Abfan­gen von Interkon­ti­nen­tal­raketen ist zurzeit nur in der Start­phase und im Zie­len­dan­flug möglich; die dazwis­chen ver­laufende exoat­mo­sphärische „Mid-Course“ Flug­bahn liegt zu hoch. Die US Navy müsste also eine nord­ko­re­anis­che Rakete unmit­tel­bar nach dem Start noch über nord­ko­re­anis­chem Staats­ge­bi­et abschießen — was einem kriegerischen Akt gle­ichkäme. Oder sie müsste bei nur kurz­er Vor­warnzeit BMD-fähige Kampf­schiffe von der Japansee bis vor Guam per­ma­nent in allen möglichen Ziel­ge­bi­eten nord­ko­re­anis­ch­er Rake­ten­tests sta­tion­ieren – wofür die Durch­hal­te­fähigkeit fehlen dürfte.

Zurzeit hat die US Navy ihre Präsenz um die kore­anis­che Hal­binsel deut­lich reduziert. Im West­paz­i­fik operiert nur die in Japan sta­tion­ierte „Ronald Rea­gan“ Car­ri­er Strike Group. Sie hat weit­er südlich bis zum 26. Novem­ber vor Oki­nawa (Japan) und in der Philip­pinensee an der jährlichen bilat­eralen teil­stre­itkraftüber­greifend­en Übung „Annualex 2017“ mit japanis­chen Stre­itkräften teilgenom­men. Die „Nimitz“ CSG hat auf dem Rück­marsch in die Heimat am 25. Novem­ber Pearl Har­bor (Hawaii) erre­icht, und die „Theodore Roo­sevelt“ CSG ihren geplanten Ein­satz in der Gol­fre­gion begonnen.

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RUSSLAND

Die Pel­la Werft (St. Peters­burg) hat am 24. Novem­ber mit der „Tay­fun“ die zweite FK-Korvette der neuen KARAKURT-Klasse zu Wass­er gelassen.

Im Som­mer 2015 hat­te die rus­sis­che Marine mit „Pro­jekt 22800“ den geplanten Bau von 18 neuen FK-Korvet­ten angekündigt, und noch im Dezem­ber legte Pel­la mit „Ura­gan“ und „Tay­fun“ auch schon die ersten bei­den Ein­heit­en auf Kiel.

Die nach einem Design der St. Peters­burg­er Almaz gebaut­en Schiffe erhal­ten mit Seeziel-FK Onyx, landzielfähi­gen Marschflugkör­pern Kali­br-NK, Rohrwaf­fen und Flu­gab­wehr-Sys­te­men „Pantsir‑M“ (Kom­bi­na­tion von Rohrwaf­fen und Flugkör­pern) eine der BUYAN-M-Klasse ver­gle­ich­bare Bewaffnung. Mit ein­er Ver­drän­gung von 800ts wer­den sie zwar klein­er als diese (1.000 ts), sollen aber doch eine deut­lich bessere Seefähigkeit haben. Erste Ein­sätze von BUYAN‑M beim Ständi­gen Mit­telmeergeschwad­er zeigten offen­bar Defizite bei deren Fähigkeit zu län­geren Hochseeoperationen.

Die Neubaut­en sollen mit ein­er oper­a­tiv­en Reich­weite von bis zu 3.000 sm und Höch­st­geschwindigkeit­en von etwa 30 Kn (mit heimis­chen Diesel­mo­toren) bei allen Flot­ten die Fähigkeit­en zu erweit­erten Rand­meer­op­er­a­tio­nen stärken. Pel­la erhielt den Auf­trag zum Bau der ersten sieben Ein­heit­en. Weit­ere drei Schiffe soll – mit Unter­stützung von Pel­la – die More-Werft in Feo­dosiya (Krim) bauen; auf der Krim übri­gens der erste Bau von Kampf­schif­f­en nach der rus­sis­chen Annex­ion. Bei den weit­eren geplanten Korvet­ten erhielt die Gorkiy-Werft im bin­nen­ländis­chen Zelen­odol­sk den Auf­trag für (zunächst) fünf Einheiten.

Pel­la wollte Typ­boot „Ura­gan“ schon im Dezem­ber 2017 an die rus­sis­che Marine übergeben, die More-Werft mit der „Shtorm“ ihr erstes Schiff 2018. Die Zelen­odolsker KARAKURT sollen zwis­chen 2018 und 2021 geliefert wer­den. Angesichts der im rus­sis­chen Kriegss­chiff­bau üblichen Verzögerun­gen mutet diese Pla­nung etwas opti­mistisch an. Die zurzeit in St.Petersburg bei Pel­la an der Aus­rüs­tungspi­er liegende „Ura­gan“ hat offen­bar auch noch nicht mit Erprobun­gen in See begonnen.

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SPANIEN

Die spanis­che Marine hat die beschle­u­nigte Beschaf­fung eines neuen U‑Boot-Ret­tungss­chiffes angekündigt.

Einziges in dieser Spezialauf­gabe ein­set­zbares Schiff der spanis­chen Marine ist der Hochsee­bergeschlep­per „Nep­tuno“. Dieser wurde in den 1970er Jahren als Off­shore Sup­port Ves­sel für eine zivile Fir­ma gebaut, 1988 aber von der spanis­chen Marine gekauft und nach Aus­rüs­tung mit Spezial­gerät (u.a. Taucher­glocke) als U‑Bootrettungsschiff in Dienst gestellt. Die 40 Jahre alte „Nep­tuno“ erfüllt sich­er nicht mehr die Ansprüche an ein mod­ernes Ret­tungssys­tem, und vielle­icht auch vor dem aktuellen Hin­ter­grund des Unter­gangs des argen­tinis­chen U‑Bootes „San Juan“ (s.o.) wird ihre Ablö­sung nun beschle­u­nigt in die Wege geleitet.

Das neue Schiff soll auf jeden Fall vor dem für Ende 2022 erwarteten Zulauf des ersten neuen U‑Bootes der S‑80 PLUS-Klasse ein­satzk­lar sein. Basis­de­sign für das BAM-IS (Buque de Acción Marí­ti­ma — Inter­ven­ción Sub­acuáti­ca) liefern die Off­shore Patrol Ves­sel Buque de Acción Marí­ti­ma (BAM) der METE­ORO-Klasse, von denen vier in Dienst gestellt und zwei weit­ere fest bestellt sind. Ein weit­eres Schiff ist bewil­ligt, und dieses soll dann wahrschein­lich zum BAM-IS mod­i­fiziert wer­den. Die für U‑Boot-Ret­tung benötigten Sys­teme wer­den bere­its entwick­elt, und man ist zuver­sichtlich, auch die Arbeit­en am endgülti­gen Design schon bald abschließen zu können.

Das BAM Beschaf­fungsvorhaben reicht mehr als zehn Jahre zurück. 2005 hat­te die spanis­che Marine den Ersatz der am Ende ihrer oper­a­tiv­en Nutzbarkeit ste­hen­den Korvet­ten der DES­CU­BIER­TA-Klasse durch neue OPV angekündigt. Die 94 m lan­gen (2.500 ts) Neubaut­en sind für Auf­gaben im Rah­men von Präsenz und Überwachung, Aufk­lärung, Sicherung der zivilen Schiff­fahrt, Fis­chereis­chutz, Umweltschutz sowie SAR-Dienst in Küsten­vor­feld und Wirtschaft­szo­nen opti­miert, kön­nen neben Bei­booten auch einen Hub­schrauber einsetzen.

Ursprünglich hat­te die spanis­che Marine einen Bedarf an zehn BAM angemeldet, und noch immer ist unklar, wie viele sie let­z­tendlich erhal­ten wird. Nach den sechs OPV und dem nun geplanten für U‑Boot-Ret­tung und Search & Res­cue opti­mierten siebten Schiff wird all­ge­mein noch ein acht­es erwartet, das aus­gerüstet mit Spezialan­la­gen zur Fer­n­melde-/elek­tro­n­is­chen Aufk­lärung die mehr als 30 Jahre alte „Aler­ta“ (ehe­ma­lige „Darss“ der NVA Volks­ma­rine) als „Sigint“-Schiff der spanis­chen Marine ablösen soll.

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TÜRKEI

Nach fast 75 Dien­st­jahren hat die türkische Marine am 16. Novem­ber ihren für U‑Bootrettung aus­gerüsteten Bergeschlep­per „Akin“ ausgemustert.

Die „Akin“ hat­te 1943 ihr Leben als zunächst „Green­let“ (CHAN­TI­CLEER-Klasse) bei der US Navy begonnen, die sie bei der Paz­i­fik­flotte ein­set­zte. Zum Zeit­punkt der japanis­chen Kapit­u­la­tion lag sie in der Bucht von Tokio, nahm später am Kore­akrieg und am Viet­namkrieg teil. Nach 27 Dien­st­jahren hat­te die US Navy an dem Vet­er­a­nen keinen Bedarf mehr.

1970 wurde die „Greenlet“an die türkische Marine abgegeben und in „Akin“ umbe­nan­nt. In den fol­gen­den noch ein­mal 47 Dien­st­jahren war das u.a. mit Taucher­glock­en und Druck­kam­mern aus­gerüstete Schiff nach Angaben der türkischen Marine in „ins­ge­samt 13 erfol­gre­iche Ret­tung­sein­sätze“ einge­bun­den (Details dazu wur­den nicht genannt).

Bei der türkischen Marine war die „Akin“ bis Anfang dieses Jahres einziges speziell für die U‑Bootrettung aus­gerüstetes Schiff – sich­er auch ein Grund für ihre sehr lange Indi­en­sthal­tung. Erst mit Indi­en­st­stel­lung des neuen, nun mit mod­ern­sten Anla­gen und Geräten aus­gerüsteten U‑Bootrettungsschiffes „Alem­dar“ (im Jan­u­ar 2017) wurde sie verzicht­bar. Ihr weit­eres Schick­sal ist unklar. Viele „Nos­tal­gik­er“ wür­den die „Akin“ kün­ftig gern als Muse­umss­chiff sehen, aber einiges spricht doch eher für eine Ver­schrot­tung oder eine Versenkung als Zielschiff bei ein­er Marineübung.

Kurz­fas­sung
Wochenschau MarineForum vom 01. Dezember 2017
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Wochen­schau Marine­Fo­rum vom 01. Dezem­ber 2017
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