MarineForum Wochenschau vom 30. Juni 2017

AH-/MITTELOST

Die militärische/sicherheitspolitische Lage im Nahen-/Mit­tleren Osten bleibt von der Bekämp­fung des islamistis­chen Ter­rors, den Bürg­erkriegen in Syrien und Jemen und den fort­dauern­den Span­nun­gen der Golf­s­taat­en mit dem Emi­rat Katar bestimmt.

Dieser Artikel wird mit fre­undlich­er Genehmi­gung der „Marine­Fo­rum – Zeitschrift für mar­itime Fra­gen“ veröf­fentlicht.
Marineforum

Ver­mut­lich auch in Zusam­men­hang mit der Entwick­lung um Katar, scheinen sich die Span­nun­gen zwis­chen Sau­di Ara­bi­en und dem Iran zu ver­schär­fen. Am 17. Juni eröffnete ein Boot der sau­di-ara­bis­chen Küstenwache im Per­sis­chen Golf das Feuer auf zwei iranis­che Fis­cher­boote; ein Fis­ch­er soll dabei getötet wor­den sein. Der Iran behauptete sofort, die bei­den Boote hät­ten in „erlaubten“ Gewässern gefis­cht, seien dann aber „durch Wellen“ in saud­is­che Gewäss­er gedrückt worden.

Zwei Tage später vere­it­el­ten sau­di-ara­bis­che Sicher­heit­skräfte im nord­west­lichen Per­sis­chen Golf einen Ter­ro­ran­griff von drei aus dem Iran kom­menden, „mit Sprengstoff belade­nen“ Speed­booten auf Förder­an­la­gen im Mar­jan Ölfeld. Zwei der Boote hät­ten nach Warn­schüssen die Flucht ergrif­f­en, das dritte kon­nte aber gestellt und die Insassen – ange­blich drei Sol­dat­en der iranis­chen Rev­o­lu­tion­s­gar­den – ver­haftet wer­den. Zu diesem Zwis­chen­fall schweigen sich iranis­che Medi­en aus – sich­er mit gutem Grund.

JEMEN

Erneut (25. Juni) behaupten einige jemeni­tis­che und iranis­che Medi­en einen Angriff der reg­ulären jemeni­tis­chen Marine auf ein Kriegss­chiff der sau­di-ara­bisch geführten Koali­tion vor dem Hafen von al Mokha (Rotes Meer). Eine ähn­liche Mel­dung hat­te es schon am 14. Juni gegeben. Nun ist die jemeni­tis­che Marine mit der sau­di-ara­bisch geführten Koali­tion ver­bün­det, und die Mel­dun­gen wür­den zumin­d­est Teilen von ihr „Meuterei/Desertation“ unter­stellen. Offizielle Bestä­ti­gun­gen gibt es nicht; am 14. Juni soll es wohl einen Beschuss eines Kriegss­chiffes durch Houthi-Rebellen gegeben haben. Einiges (u.a. auch die Wort­wahl „sau­di-ara­bisch geführte Aggres­sor-Koali­tion“) spricht für auf die örtliche Bevölkerung zie­lende bewusste Desinformation.

ISLAMISTISCHER TERROR IN SYRIEN UND IRAK

Bei der Bekämp­fung des islamistis­chen Ter­rors in Syrien und Irak bleibt eine inter­na­tion­al über­greifende Koali­tion weit­er­hin Fernziel. Noch immer bes­tim­men divergierende Eigen­in­ter­essen zahlre­ich­er Staat­en sowie die Spal­tung zwis­chen Schi­iten und Sun­niten die Entwick­lung. In Syrien ver­wis­chen sich zunehmend die Fron­ten zwis­chen Ter­ror­bekämp­fung und Bürg­erkrieg. Oft lässt sich bei­des kaum noch trennen.

So schoss am 18. Juni ein vom US-Flugzeugträger „George HW Bush“ aus dem östlichen Mit­telmeer einge­set­zer Jagdbomber F/A‑18 Super Hor­net einen Jagdbomber Su-22 Fit­ter der syrischen Luft­waffe ab, der nahe der IS-Hochburg Raqqa von den USA im Kampf gegen IS unter­stützte syrische Oppo­si­tion­s­milizen bom­bardiert hat­te. Rus­s­land hat daraufhin mit dem Abschuss von US-Flugzeu­gen gedroht.

Am 18. Juni schossen iranis­che Rev­o­lu­tion­s­gar­den aus dem Iran (über den Irak hin­weg) sieben bal­lis­tis­che Boden-Boden-Raketen „auf Posi­tio­nen des IS“ in der ost­syrischen Prov­inz Deir el-Zour. Während Beobachter nur zwei Tre­f­fer im Ziel­ge­bi­et erken­nen kon­nten und nach anderen Infor­ma­tio­nen min­destens drei Raketen schon im Irak niederge­gan­gen sein sollen, feiern staatliche iranis­che Medi­en den „präzisen Schlag gegen IS“. Alle Raketen hät­ten ihre Ziele getrof­fen, ja man kon­nte sog­ar sofort (ohne die Zeit für eine Zielauswer­tung abzuwarten) melden, dass dabei (genau) 65 IS-Kämpfer getötet wurden.

SYRIENIRAK: US-geführte Koali­tion (Oper­a­tion „Inher­ent Resolve“)

Eine US-geführte multi­na­tionale Koali­tion set­zt mit Oper­a­tion „Inher­ent Resolve“ Luftschläge gegen islamistis­che Ter­ror­grup­pen im Irak und in Syrien fort. Ziele sind Kom­man­dozen­tren (Führungsper­so­n­en), Stützpunk­te, Depots und von Islamis­ten kon­trol­lierte Öl-Anla­gen, daneben aber auch logis­tis­che Straßen­trans­porte und Grup­pen ver­legen­der Kämpfer, die im Irak auf den Flüssen Euphrat und Tigris vor allem auch Boote nutzen. Viele Angriffe dienen der direk­ten Unter­stützung (Close Air Sup­port) irakisch­er Boden­trup­pen oder kur­dis­ch­er Milizen — aktuell vor allem bei Raqqa (Syrien) der seit Monat­en dauern­den und noch immer nicht abgeschlosse­nen Offen­sive zur Rücker­oberung von Mosul (Irak). Zum Ein­satz kom­men US-Trägerkampf­flugzeuge und landgestützt von Flug­plätzen der Golf­s­taat­en, Jor­daniens und der Türkei operierende Kampf­flugzeuge und Drohnen der Stre­itkräfte zahlre­ich­er Staat­en. Die britis­che Roy­al Air Force nutzt ihre Basis in Akrotiri (Zypern).

Der US-Flugzeugträger „George H.W. Bush“ operiert weit­er­hin im östlichen Mit­telmeer, set­zt von dort seine Kampf­flugzeuge gegen IS-Ziele in Irak und Syrien ein. An diesem Woch­enende wird der Flugzeugträger zu einem Besuch vor Haifa (Israel) erwartet. Die seit Jan­u­ar im Ein­satz befind­liche „George H.W. Bush“ Car­ri­er Strike Group (CSG) dürfte schon bald den Rück­marsch zum Heimath­afen Nor­folk antreten. Welch­er Ver­band sie im Nahen/Mittleren Osten ablösen soll, bleibt offen.

Der schon seit Ende März in den Seege­bi­eten um die Ara­bis­che Hal­binsel operierende amphibis­che Träger „Bataan“ hat nach einem mehrtägi­gen Besuch in Jebel Ali (Vere­inigte Ara­bis­che Emi­rate) zu Nachver­sorgung und Wartung den Per­sis­chen Golf offen­bar wieder ver­lassen. Zu aktuellen Posi­tio­nen auf Ein­satza­uf­gaben gibt es keine Informationen.

SYRIEN: Rus­s­land – Türkei

Rus­s­land macht weit­er­hin keinen wirk­lichen Unter­schied zwis­chen Islamis­ten und Oppo­si­tion­sre­bellen; alle gel­ten gle­icher­maßen als “Ter­ror­is­ten”. Nach wie vor erfol­gen rus­sis­che Luftan­griffe in direk­ter Unter­stützung syrisch­er Stre­itkräfte auch in Gebi­eten, in denen keine islamistis­chen Milizen aktiv sind.

Die Türkei ist neben dem Kampf gegen IS vor allem bemüht, im Rah­men ihrer nationalen Kur­den­poli­tik auf Autonomie set­zende syrische Kur­den (dazu gehören auch von den USA mit Waf­fen und Mil­itär­ber­atern aktiv unter­stützte Milizen) zu „neu­tral­isieren“. In Nordsyrien stellt die Türkei aus syrischen Milizen eine „Stel­lvertreter-Armee“ auf, die vorge­blich gren­z­na­he Schutz­zo­nen vor dem IS sich­ern soll, deren eigentlich­er Auf­trag aber wohl die Ver­drän­gung kur­dis­ch­er Milizen ist.

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BÜRGERKRIEG IN SYRIEN

In den von Rus­s­land, Syrien, der Türkei und dem Iran gemein­sam erk­lärten vier „De-Eskala­tion­szo­nen“ herrscht weit­er­hin ver­gle­ich­sweise Ruhe. Die Zonen liegen in west­lichen Lan­desteilen, wo syrische Regierungstrup­pen und Ver­bün­dete schon seit Monat­en weit­ge­hend die Ober­hand haben. Ander­norts gehen die Kämpfe weit­er; islamistis­che Milizen bleiben weit­er­hin grund­sät­zlich von allen Feuer­pausen ausgenommen.

Rus­s­land sieht in den „De-Eskala­tion­szo­nen“ die „Basis für ein Ende des Bürg­erkrieges“. Sie zwän­gen syrische Oppo­si­tion­s­milizen, sich räum­lich von islamistis­chen Ter­ror­grup­pen zu tren­nen, und dies eröffne Chan­cen für einen poli­tis­chen Dia­log. Bei der näch­sten, am 4. und 5. Juli geplanten Gespräch­srunde in Astana (Kasach­stan) soll dieser Ansatz weit­er ver­fol­gt wer­den. Ange­blich soll dann auch über einen möglichen Ein­satz von Frieden­strup­pen aus Kasach­stan und Kir­gisien gesprochen werden.

Mar­itime Aspekte

De-Eskala­tion­szo­nen

Im östlichen Mit­telmeer operiert weit­er­hin das von der rus­sis­chen Schwarzmeer­flotte geführte Ständi­ge Mit­telmeergeschwad­er (Med­Sqn) der rus­sis­chen Marine. Kampfein­heit­en der Med­Sqn sind zurzeit die Fre­gat­ten „Admi­ral Grig­orovich“ und „Admi­ral Essen“, der Minen­such­er „Valentin Pikul“ und das U‑Boot „Krasnodar“. Die „Admi­ral Essen“ und das U‑Boot haben ihre Über­führungs­fahrt aus der Ost­see zur kün­fti­gen Heimat­flotte ins Schwarze Meer für einen mehrwöchi­gen Ein­satz zur Unter­stützung der Med­Sqn unterbrochen.

Unter­wasser­start Kali­br (Foto: MoD Russia)Am 23. Juni schossen bei­de Fre­gat­ten und das U‑Boot aus einem im östlichen Mit­telmeer erk­lärten Warnge­bi­et her­aus jew­eils zwei Marschflugkör­p­er Kali­br auf IS-Ziele in Syrien, u.a. ein IS-Waf­fen-/Mu­ni­tions­de­pot in der west­syrischen Prov­inz Hama. Ver­mut­lich erfol­gten die FK-Schüsse in prak­tis­ch­er Erprobung eines TSK-gemein­samen oper­a­tiv­en Konzeptes, bei dem unmit­tel­bar nach dem Ein­schlag der von See geschosse­nen Flugkör­p­er landgestützte Kampf­flugzeuge (in diesem Fall von syrischen Flug­plätzen) zum Ein­satz kommen.

Unter­stützt wurde der Luftschlag möglicher­weise vom seit Anfang Feb­ru­ar im östlichen Mit­telmeer operieren­den Spezialschiff zur Fer­n­melde-/elek­tro­n­is­chen Aufk­lärung (SIGINT) „Kildin“ der Schwarzmeer­flotte, denn dieses lief direkt danach in Rich­tung Heimath­afen Sewastopol ab. Seinen Platz soll das SIG­INT-Schiff „Vasil­ij Tatishchev“ der Baltischen Flotte ein­genom­men haben.

Dieses zur VISH­NIYA-Klasse zäh­lende Schiff wird üblicher­weise allerd­ings nicht zur tak­tis­chen-/op­er­a­tiv­en Unter­stützung eines See­ver­ban­des, son­dern mit Führung durch den Gen­er­al­stab zur strate­gis­chen Aufk­lärung einge­set­zt. Möglicher­weise muss die „Vasil­ij Tatishchev“ die nach dem Unter­gang des SIG­INT-Schiffes „Liman“ der Schwarzmeer­flotte ent­standene Lücke füllen.

Mit Frach­tum­schlag im rus­sis­chen Schwarzmeer­hafen Noworossiysk (Anbindung an das rus­sis­che Eisen­bahn­netz), dauert die auch als „Syr­i­an Express“ beze­ich­nete Liefer­ung von Rüs­tungs­gütern nach Syrien und Nach­schub für die dort einge­set­zten rus­sis­chen Trup­pen an. Jede Woche passieren mehrere Lan­dungss­chiffe der rus­sis­chen Marine (auch dazu ver­legte Ein­heit­en der Nord­flotte und der Baltischen Flotte) oder speziell für diese Trans­porte gebraucht in der Türkei und Deutsch­land gekaufte und teils als Hil­f­ss­chiffe in die rus­sis­che Marine inte­gri­erte, ex-zivile Frachtschiffe den Bosporus süd- oder nord­laufend. Trans­portiert wird zurzeit ver­mehrt auch Bau­ma­te­r­i­al für die begonnenen Arbeit­en zur Erweiterung der rus­sis­chen logis­tis­chen Basis in Tar­tus (Syrien). Dafür wer­den auch nicht unter rus­sis­ch­er Flagge fahrende zivile Frachtschiffe gechartert.

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AUSTRALIEN

Am 16. Juni hat die ASC-Bauw­erft in Ade­laide den ersten von drei Air War­fare Destroy­er (AWD) an das Vertei­di­gungsmin­is­teri­um geliefert.

Die Über­nahme der „Hobart“ erfol­gt gut drei Jahre hin­ter dem ursprünglichen Zeit­plan. Schon 2007 waren die drei AWD ihm Rah­men des Vorhabens „Pro­jekt SEA 4000“ bestellt wor­den. Sie sollen die mit Aus­musterung alter Zer­stör­er der PERTH-Klasse bei der aus­tralis­chen Marine ent­standene Fähigkeit­slücke in der Ver­bands­flu­gab­wehr schließen. Aus­gerüstet mit dem US-Gefechts­führungssys­tem Aegis, sollen sie später auch mit für die Abwehr bal­lis­tis­ch­er Flugkör­p­er geeigneten Flu­gab­wehr-FK Stan­dard Mis­sile SM‑3 bestückt sowie tech­nisch für einen Ein­satz von Marschflugkör­pern Tom­a­hawk vor­bere­it­et wer­den. Das Design der 6.000 ts ver­drän­gen­den Schiffe stammt von der spanis­chen Navan­tia, basiert auf der spanis­chen ALVARO DE BAZAN-Klasse (Typ F‑100).

Liefer­ung der „Hobart“ war eigentlich schon 2014 geplant, aber deut­liche Defizite bei Auf­tragsstruk­tur und Pro­jek­t­man­age­ment führten zu schließlich mehrjähri­gen Verzögerun­gen, ja gegen­seit­ige Schuldzuweisun­gen zwis­chen Navan­tia und ASC-Bauw­erft, Min­is­teri­um und Zulief­er­ern bracht­en das Pro­jekt zwis­chen­zeitlich sog­ar zum Still­stand. Zugle­ich ver­teuerte es sich um gut 20 Prozent, und die Option für noch ein viertes Schiff wurde denn auch aus Kosten­grün­den fall­en gelassen.

Die „Hobart“ wird nun aus­giebig erprobt und schließlich von Ade­laide nach Syd­ney über­führt. Dort soll sie noch in diesem Jahr von der Marine in Dienst gestellt wer­den. Schwest­er­schiff „Bris­bane“ soll im let­zten Quar­tal dieses Jahres Werfter­probun­gen begin­nen; seine Über­gabe an das Vertei­di­gungsmin­is­teri­um ist aktuell im Sep­tem­ber 2018 geplant. Die „Syd­ney“ soll als drittes Schiff „Pro­jekt SEA 4000“ im Früh­jahr 2020 abschließen.

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CHINA

Am 28. Juni wurde auf der Jiang­nan Werft in Schang­hai das Typ­schiff ein­er neuen Klasse großer Kampf­schiffe /TYP 055) zu Wass­er gelassen.

Mit mehr als 10.000 ts ist der Neubau größer als die US-Zer­stör­er der ARLEIGH BURKE-Klasse. Während die Chi­ne­sen offiziell von einem Zer­stör­er (dem nun weltweit größten!) sprechen, klas­si­fizieren die USA das Schiff als Kreuzer. Diese Sicht reflek­tiert auch die von der NATO offiziell vergebene Beze­ich­nung als REN­HAI-Klasse; bei einem Zer­stör­er wäre eine mit dem Buch­staben „L“ begin­nende Klassen­beze­ich­nung zu erwarten gewesen.

Hauptein­satzrolle der REN­HAI-Klasse dürfte die Führung größer­er Ein­satzver­bände sein, aber die neuen Kampf­schiffe deck­en ein bre­ites Spek­trum von Fähigkeit­en ab. Ein Schw­er­punkt scheint auf Flugabwehr/Luftraumverteidigung zu liegen. So lässt der nun zu Wass­er gelassene Neubau u.a. Flächen für APAR-Radar erken­nen, wobei unklar bleibt ob das Schiff über ein dem US-amerikanis­chen Aegis ver­gle­ich­bares Gefechts­führungssys­tem ver­fügt, das z.B. auch eine Abwehr bal­lis­tis­ch­er Flugkör­p­er erlaubt. Nach offiziellen Angaben gehören aber auch mod­ern­ste Seeziel-FK, U‑Jagd-Sys­teme, ein 130-mm-Geschütz sowie Waf­fen zur Nah­bere­ichsvertei­di­gung zur Aus­rüs­tung (Details wer­den noch nicht genan­nt). Senkrecht-Start­sys­teme bieten Platz für ins­ge­samt 128 Flugkör­p­er. Das nun zu Wass­er gelassene Typ­schiff soll nach Endaus­rüs­tung und Erprobung schon im kom­menden Jahr in Dienst gestellt wer­den; erst dann wer­den auch Name und Seiten­num­mer bekan­nt wer­den. Weit­ere dieser — so das chi­ne­sis­che Vertei­di­gungsmin­is­teri­um — „fortschrit­tlich­sten und größten Kampf­schiff in ganz Asien“ sind in Schang­hai und Dalian im Bau.

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GROSSBRITANNIEN

Der erste von zwei neuen Flugzeugträgern hat die Bauw­erft in Rosyth (Schot­t­land) zu ersten Werft­probe­fahrten verlassen.

Am 26. Juni bugsierten mehrere Schlep­per die 65.000 ts große „Queen Eliz­a­beth“ aus dem Werft­beck­en durch die sehr enge Durch­fahrt — mit weniger als einem hal­ben Meter Platz zu den Seit­en – und knapp unter Brück­en hin­durch auf die offene See.

In den kom­menden sechs bis elf Wochen wird der Neubau in der Nord­see vor der schot­tis­chen Küste aus­giebig seine schiff­stech­nis­chen Anla­gen und Nav­i­ga­tion­ssys­teme erproben. Da mit „regem Inter­esse“ fremder Beobachter (u.a. rus­sis­che U‑Boote) gerech­net wird, begleit­en und sich­ern zwei Fre­gat­ten den neuen Flugzeugträger. Am Ende dieses ersten Erprobungszyk­lus‘ ste­ht das Ein­laufen in Portsmouth, wo die Qeen Eliz­a­beth“ für die näch­sten „etwa 50 Jahre“ ihre Heimat find­en und gegen Jahre­sende auch formell an die Roy­al Navy übergeben wer­den soll.

Bis zu voller oper­a­tiv­er Ein­satzbere­itschaft wird es noch etwas dauern; all­ge­mein wird von „ini­tial oper­at­ing capa­bil­i­ty“ in 2020 und ein­er ersten Ein­satzver­legung in 2021 aus­ge­gan­gen. Dann wird die „Queen Eliz­a­beth“ u.a. etwa 40 Luft­fahrzeuge ein­set­zen kön­nen, darunter in einem Mix mit diversen Hub­schraubern typ­is­cher­weise bis zu 24 Kampf­flugzeuge F‑35B, die als STOVL-Vari­ante über die Bugrampe starten und senkrecht auf dem Flugdeck lan­den. Beim ersten Ein­satz der „Queen Eliz­a­beth“ sollen dies wegen verzögerten Zulaufs bzw. Ein­satzbere­itschaft eigen­er Flugzeuge (ins­ge­samt 48 sind bestellt) allerd­ings noch F‑35B des US Marine Corps sein.

Das im Bau befind­liche Schwest­er­schiff „Prince of Wales“ soll 2019 fer­tig sein und dann an die Roy­al Navy bzw. zunächst an das Vertei­di­gungsmin­is­teri­um übergeben wer­den. Bei der Desig­nen­twick­lung der bei­den Flugzeugträger hat­te es wegen zwis­chen­zeitlichem Wech­sel von Bugrampe zu Kat­a­pult­star­tan­la­gen und dann doch wieder Rück­kehr zu Bugrampe Verzögerun­gen gegeben. Da das Vertei­di­gungsmin­is­teri­um an der Pla­nung fes­thält, den Hub­schrauberträger „Ocean“ 2018 auszu­mustern, muss sich die Roy­al Navy mit ein­er drei­jähriger Fähigkeit­slücke (bis zur vollen Ein­satzbere­itschaft des ersten neuen Flugzeugträgers) abfinden.

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ISRAEL

Israel Air­craft Indus­tries hat ein neues mar­itimes Flugkör­per­sys­tem erfol­gre­ich erprobt.

Am 20. Juni wurde (im Mit­telmeer?) von einem im Lader­aum eines Frachters instal­lierten Start­sys­tem ein bal­lis­tis­ch­er Flugkör­p­er LORA (Long-Range Artillery weapon sys­tem) geschossen.

Die aus einem landgestützten tak­tis­chen Boden-Boden-Flugkör­p­er „größer­er Reich­weite“ entwick­elte, 1.600kg schwere Rakete soll bei dem Testschuss gegen ein ver­ankertes Seeziel die geforderte max­i­male Reich­weite von 400km nachgewiesen haben. Her­steller IAI spricht von ein­er Ziel­ge­nauigkeit von „zehn Meter … oder weniger“.

Ob/wann das Sys­tem LORA in ein offizielles Rüs­tung­spro­jekt der israelis­chen Stre­itkräfte mün­det, bleibt vor­erst abzuwarten. Ein­satz von „harm­losen zivilen Frachtern“ würde bei Sys­tem­re­ich­weite von 400km neue oper­a­tive Optio­nen eröffnen.

Start von LORA (Foto: IAI)

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KANADA

Die Regierung vol­lzieht bei der U‑Boot-Kom­po­nente der kanadis­chen Marine (RCN) offen­bar eine Kehrtwende.

Schon seit eini­gen Jahren find­et sich in der langfristi­gen Marine­pla­nung die Nach­folge der 1998 gebraucht von der britis­chen Roy­al Navy erwor­be­nen vier U‑Boote der VIC­TO­RIA-Klasse, die in Medi­en meist als „krass­er Fehlka­uf“ beze­ich­net wer­den und bis heute in der Kri­tik beleiben. Erst 2015 — 17 (!) Jahre nach dem Kauf — hat­te die RCN diese Boote „voll ein­satzk­lar“ erk­lären kön­nen. Gravierende tech­nis­che Män­gel (bis hin zu Wassere­in­bruch und Leck­a­gen an Treib­stoff­tanks) und der Wun­sch nach „Kana­disierung“ durch Weit­er­nutzung möglichst viel­er von den alten OBERON zu übernehmender Sys­teme hat­ten immer wieder zu Verzögerun­gen und zugle­ich hohen Zusatzkosten für die Instand­set­zung und Mod­ernisierung der ver­meintlichen „Schnäp­pchen“ geführt. Heute belastet die Indi­en­sthal­tung der alten VICTORIA zunehmend das Bud­get der Marine, die seit Ende 2014 regelmäßig zusät­zliche Mit­tel beantra­gen muss. Noch immer scheinen nicht alle Prob­leme beseit­igt. So wurde erst in der let­zten Woche bekan­nt, dass die Bat­teriebänke eines Bootes aus­ge­baut wer­den müssen, um ein anderes ein­set­zen zu können.
Nach aktuellem Sach­stand wer­den die vier U‑Boote zwis­chen 2022 und 2027 das Ende ihrer oper­a­tiv­en Nutzbarkeit erre­ichen; eine Entschei­dung zur Nach­folge drängt also. Über­legun­gen dazu gibt es schon seit Jahren, und über­wiegend gin­gen diese in Rich­tung mod­ern­er, zukun­fts­fähiger Neubaut­en. Die RCN war zuver­sichtlich, dieses Vorhaben „nach 2020“ ange­hen zu kön­nen, ja vielle­icht sog­ar nuk­lear­getriebene U‑Boote (in den USA) beschaf­fen zu kön­nen. Im Gegen­satz zu den diesel-elek­trisch angetriebe­nen VICTORIA wären solche auch unter dem ark­tis­chen Eis ein­set­zbar – eine Forderung, die mit neuem oper­a­tiv­en Fokus (Kli­mawan­del) auf die Ark­tis zunehmend an Bedeu­tung gewinnt.

Nun sind Neubaut­en aber offen­bar wieder vom Tisch. Der Erhalt der „unverzicht­baren“ U‑Bootkomponente ste­ht für die Regierung zwar nicht zur Dis­po­si­tion, aber Neubaut­en sind ihr wohl zu teuer. Sie will lieber noch ein­mal etwa 1,7 Mrd. Euro in eine Grundüber­hol­ung und Mod­ernisierung der alten VICTORIA investieren, um diese dann „bis in die 2030er Jahre“ in Dienst zu hal­ten. Die Bud­gets der näch­sten Jahre wer­den damit sich­er etwas ent­lastet, aber ob sich dies langfristig „rech­net“, bleibt doch abzuwarten. Nicht wenige Beobachter sehen in der Entschei­dung den ersten Schritt zu ein­er Fähigkeitslücke.

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NORDKOREA

Auch von ver­schärften Sank­tio­nen und erhe­blichen wirtschaftlichen Prob­le­men lässt sich Dik­ta­tor Kim Jong-un nicht beeindrucken.

Sein immer wieder genan­ntes poli­tis­ches Ziel bleibt die Über­führung des 1953 geschlosse­nen Waf­fen­still­standes in einen bilat­eralen (mit Ausklam­merung Süd­ko­re­as) Friedensver­trag mit den USA, und dies glaubt er nur durch Dro­hun­gen mit Raketen und Atom­waf­fen erre­ichen zu können.

Chi­na und die USA sind sich darin einig, das nord­ko­re­anis­che Atom­waf­fen­pro­gramm „voll­ständig, ver­i­fizier­bar und unumkehrbar“ been­den zu wollen. Chi­na set­zt dabei weit­er­hin vor­rangig auf ver­stärk­ten poli­tis­chen und wirtschaftlichen Druck. So sind nach Stopp von Kohleim­porten seit mehreren Wochen auch sämtliche Kraft­stof­f­ex­porte nach Nord­ko­rea eingestellt. Die USA unter Präsi­dent Trump ver­fol­gen neben diplo­ma­tis­chen Bemühun­gen auch „mil­itärische Optionen“.

Nach mehrwöchiger demon­stra­tiv­er Präsenz von zwei Car­ri­er Strike Groups operiert zurzeit aber offen­bar kein US-Flugzeugträger in der Nähe der kore­anis­chen Hal­binsel. Die „Ronald Rea­gan“ war Mitte Juni ins Süd­chi­ne­sis­che Meer abge­laufen, hat­te einen Besuch in Sin­ga­pur durchge­führt und wird aktuell nur sehr vage bei Fort­set­zung ihrer rou­tinemäßi­gen „West Pacif­ic Patrol“. Die „Carl Vin­son“ ist nach Ende ihres Ein­satzes am 23. Juni in den Heimat­stützpunkt San Diego zurückgekehrt.

Bleibt die „Nimitz“, die bei ihrer Ver­legung in einen Ein­satz nach einem kurzen Zwis­chen­stopp in Pearl Har­bor (Hawaii) seit gut zwei Wochen immer nur vage „im West­paz­i­fik“ gemeldet wird. Im Ver­band um die „Nimitz“ hat die neuseeländis­che Fre­gat­te „Te Kaha“ den Platz des bei ein­er Kol­li­sion schw­er beschädigten US-Zer­stör­ers „Fitzger­ald“ (s.u. USA) eingenommen.

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RUSSLAND

Am 28. Juni hat in St. Peters­burg der diesjährige „Inter­na­tion­al Mar­itime Defence Salon“ (IMDS) begonnen.

Schau­platz der bis zum 2. Juli dauern­den, schon zum acht­en Mal durchge­führten mar­iti­men Rüs­tungsmesse ist erneut das „Lenex­po“ Ausstel­lungs­gelände in St. Peters­burg. Ins­ge­samt stellen etwa 400 Fir­men ihre Pro­duk­te vor. Unter ihnen sind auch 49 aus­ländis­che Aussteller, auch aus EU-Län­dern. Let­ztere (u.a. auch deutsche Fir­men) bieten keine kom­plet­ten Schiffe/Boote oder Rüs­tungssys­teme an, son­dern beschränken sich auf „zum Schiff­bau geeignete (und nicht unter die fort­dauern­den Sank­tio­nen fal­l­ende) Seg­ment-Pro­duk­te“. In der Unit­ed Ship­build­ing Cor­po­ra­tion zusam­mengeschlossene rus­sis­che Werften/Designfirmen stellen 43 Schiffe/Boote in Mod­ellen und Prospek­ten vor.

Wie üblich, haben zur IMDS auch Schiffe/Boote zum „Anfassen“ beim Ausstel­lungs­gelände an der Newa fest­gemacht. Aus­ländis­che Mari­nen sind nicht angereist; allein rus­sis­che Marine und See­gren­zschutz präsen­tieren Einheiten.

Größtes Schiff ist die dem­nächst in Dienst zu stel­lende neue Fre­gat­te „Admi­ral Makarov“, die offen­bar kurzfristig den Platz der zuvor offiziell angekündigten Fre­gat­te „Yaroslav Mudriy“ ein­genom­men hat. Mit dabei sind auch Korvette “Stoykiy“ (STERE­GUSHCHIY-Klasse), die 2016 von der Schwarzmeer­flotte zur Baltischen Foltte ver­legte, mit Marschflugkör­pern Kali­br bestück­te Korvette „Ser­pukhov“ (BUYAN‑M Klasse), das neue Minen­jagdboot „Alek­san­dr Obukhov“, Lan­dungs­boote der POMORNIK‑, SERNA- und DJU­GON-Klasse, schnelle Sicher­heits­boote vom Typ GRACHONOK und RAPTOR, das neue Wach­schiff „Predan­niy“ des See­gren­zschutzes, sowie eine ganze Rei­he klein­er und kle­in­ster Hil­fs­fahrzeuge unter­schiedlich­ster Typen und Zweckbes­tim­mung – ins­ge­samt fast 50 Schiffe und Boote. Geplant sind auch live-Vor­führun­gen von Waffensystemen

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USA

Die Kol­li­sion eines Zer­stör­ers vor Japan sorgt noch immer für Schlagzeilen.

FitzgAm 17. Juni war der Zer­stör­er „Fitzger­ald“ nachts südlich der Bucht von Tokio mit dem philip­pinis­chen Con­tain­er­schiff „ACS Crys­tal“ kol­li­diert. Der Frachter bohrte sich in Höhe der Brücke tief in die Steuer­bor­d­seite des Zer­stör­ers; sein Wul­st­bug riss unter der Wasser­lin­ie ein mehr als 15 Quadrat­meter großes Loch in den Rumpf und flutete sofort drei Räume, u.a. eine Besatzung­sun­terkun­ft, in der sieben US-Seeleute getötet wur­den; weit­ere drei – darunter der Kom­man­dant – wur­den verletzt.

Nur mit Mühe kon­nte Besatzung den Wassere­in­bruch unter Kon­trolle brin­gen und mit dem „zu sinken dro­hen­den“ Zer­stör­er den Hafen von Yokusu­ka erreichen.

Gut zwei Wochen nach dem Ereig­nis sind die Ursachen der Kol­li­sion noch immer völ­lig unklar. In Medi­en lösen sich wider­sprüch­liche Mel­dun­gen mit bloßen Speku­la­tio­nen ab. So hieß es z.B., die Brücke des philip­pinis­chen Con­tain­er­schiffes sei trotz des stark befahre­nen Seege­bi­etes nicht beset­zt gewe­sen; das Schiff sei vom Autopi­loten ges­teuert wor­den. In anderen Medi­en ist dage­gen zu lesen, der Kapitän der „ACS Crys­tal“ habe verge­blich ver­sucht, die „Fitzger­ald“ vor der dro­hen­den Kol­li­sion zu war­nen; diese habe aber nicht ein­mal auf rote Sig­nal­raketen reagiert. Auch dass der Zer­stör­er prak­tisch rechtwin­klig auf sein­er Steuerbord(!)seite getrof­fen wurde, sorgt natür­lich für Spekulationen.

Ins­ge­samt sechs in den USA und Japan einge­set­zte Unter­suchungskom­mis­sio­nen sollen die Umstände klären – wobei die US Navy japanis­chen Behör­den ange­blich eine Befra­gung von Besatzungsmit­gliedern der „Fitzger­ald“ ver­weigern will. Unter­dessen bemühen sich Tech­niker der US Navy, den struk­turell stark beschädigten Zer­stör­er so zu sta­bil­isieren und vorzu­bere­it­en, dass er ohne auseinan­derzubrechen in einem Trock­endock in Yoko­su­ka aus dem Wass­er gehoben wer­den kann. Erst danach wird eine genaue Schadens­be­fun­dung möglich sein.

Kurz­fas­sung
MarineForum Wochenschau vom 30. Juni 2017
Artikelüber­schrift
Marine­Fo­rum Wochen­schau vom 30. Juni 2017
Erk­lärung
Die wöchentlichen Mel­dun­gen des Marine­Fo­rum zur Welt­lage mit mar­iti­men Fokus.
Autor
Her­aus­ge­ber Name
MarieFo­rum
Her­aus­ge­ber Logo

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