MarineForum Wochenschau vom 27. Oktober 2017

NAH-/MITTELOST

Die militärische/sicherheitspolitische Lage im Nahen-/Mit­tleren Osten bleibt von der Bekämp­fung des islamistis­chen Ter­rors sowie den Bürg­erkriegen in Syrien und Jemen bes­timmt. Der poli­tis­che Kon­flikt mehrerer ara­bis­ch­er Staat­en mit dem Emi­rat Katar ist etwas in den Hin­ter­grund getreten, dauert aber an. Das Unab­hängigkeit­sref­er­en­dum der irakischen Kur­den und die Absicht von US-Präsi­dent Trump, das Atom­abkom­men mit dem Iran aufzukündi­gen, dro­hen die regionale Sicher­heit­slage zusät­zlich zu destabilisieren.

Kamp­schiffe der US Navy (Zer­stör­er „Shoup“), der franzö­sis­chen Marine Nationale (Zer­stör­er „Jean Bart“) und der britis­chen Roy­al Navy (Fre­gat­te „Mon­mouth“) führten am 20./21. Okto­ber südlich der Straße von Hor­muz im Golf von Oman die Übung „Intre­pid Sen­tinel“ durch.

Ziel war die Verbesserung von Inter­op­er­abil­ität zwis­chen den drei per­ma­nent in der Region präsen­ten Mari­nen und eine Verkürzung der Reak­tion­szeit auf uner­wartete, kurzfristige Entwicklungen.

Dieser Artikel wird mit fre­undlich­er Genehmi­gung der „Marine­Fo­rum – Zeitschrift für mar­itime Fra­gen“ veröf­fentlicht.

Marineforum

ISLAMISTISCHER TERROR IN SYRIEN UND IRAK (Fortschrei­bung)

Bei der Bekämp­fung des islamistis­chen Ter­rors in Syrien und Irak bleibt trotz — vielle­icht auch wegen — aller Fortschritte eine inter­na­tion­al über­greifende Koali­tion weit­er­hin Fernziel. Unverän­dert bes­tim­men divergierende Eigen­in­ter­essen zahlre­ich­er Staat­en sowie die Spal­tung zwis­chen Schi­iten und Sun­niten die Entwicklung.

SYRIENIRAK: US-geführte Koali­tion (Oper­a­tion „Inher­ent Resolve“)

Eine US-geführte multi­na­tionale Koali­tion set­zt mit Oper­a­tion „Inher­ent Resolve“ Luftschläge gegen islamistis­che Ter­ror­grup­pen in Irak und Syrien fort, wobei sich der Schw­er­punkt nach Syrien ver­lagert hat. Auch dort wird der IS aus immer mehr Gebi­eten verdrängt.

Ziele von Koali­tions-Luftan­grif­f­en sind Kom­man­dozen­tren (Führungsper­so­n­en), Stützpunk­te, Depots und von Islamis­ten kon­trol­lierte Öl-Anla­gen, daneben aber auch logis­tis­che Straßen­trans­porte und Grup­pen ver­legen­der Kämpfer. Viele Angriffe dienen der direk­ten Unter­stützung (Close Air Sup­port) irakisch­er Trup­pen und syrisch­er (kur­dis­ch­er) Oppo­si­tion­s­milizen. Zum Ein­satz kom­men zurzeit nur landgestützt von Flug­plätzen der Golf­s­taat­en, Jor­daniens und der Türkei operierende Kampf­flugzeuge und Drohnen der Stre­itkräfte zahlre­ich­er Staat­en. Die britis­che Roy­al Air Force nutzt ihre Basis in Akrotiri (Zypern).

Der US-Flugzeugträger „Nimitz“ ist uner­wartet aus dem Per­sis­chen Golf abge­laufen und hat Kurs auf den West-Paz­i­fik genom­men (s.u. Nord­ko­rea). Am 24. Okto­ber wurde die „Nimitz“ Car­ri­er Strike Group im südöstlichen Ara­bis­chen Meer beim Ver­lassen des Oper­a­tions­ge­bi­etes der 5. US-Flotte gemeldet.

In den drei Monat­en ihrer Oper­a­tio­nen im Per­sis­chen Golf wur­den von der „Nimitz“ ins­ge­samt 1.322 Ein­sätze von Kampf­flugzeu­gen geflo­gen. Eine Presseerk­lärung der US Navy deutet darauf hin, dass nach mehrwöchiger Präsen­zlücke die zurzeit noch im West­paz­i­fik operierende „Theodore Roo­sevelt“ Car­ri­er Strike Group die Auf­gaben in der Gol­fre­gion wahrnehmen soll.

In den Seege­bi­eten um die Ara­bis­che Hal­binsel operiert seit Anfang Sep­tem­ber auch die „Amer­i­ca“ Amphibi­ous Ready Group (ARG) der US Navy. Eingeschiffte Jagdbomber AV-8B Har­ri­er und Kampfhub­schrauber des US Marine Corps aber auch mit Schwenkro­tor­flugzeu­gen V‑22 Osprey zu ver­brin­gende Kom­man­dotrup­pen kön­nen bei Bedarf auch über Land (gegen islamistis­che Ter­ror­grup­pen) einge­set­zt wer­den. Das zur „Amer­i­ca“ ARG gehörende Dock­lan­dungss­chiff „Pearl Har­bor“ hat vom 15. bis 25. Okto­ber an der Küste der Vere­inigten Ara­bis­chen Emi­rate die 10-tägige bilat­erale amphibis­che Übung „Iron Mag­ic“ mit den VAE-Stre­itkräften durch geführt. Das zweite zur „Amer­i­ca“ ARG gehörende Dock­lan­dungss­chiff „San Diego“ operiert abge­set­zt vom Ver­band im Mittelmeer.

SYRIEN: Rus­s­land – Türkei

Rus­s­land gibt der Bekämp­fung des islamistis­chen Ter­rors in Syrien dur­chaus Pri­or­ität, macht allerd­ings unverän­dert keinen wirk­lichen Unter­schied zwis­chen Islamis­ten und Oppo­si­tion­sre­bellen. Außer­halb von erk­lärten „De-Eskala­tion­szo­nen“ gel­ten alle gegen das Regime aktiv­en Milizen gle­icher­maßen als Ter­ror­is­ten, und nach wie vor erfol­gen rus­sis­che Luftan­griffe denn auch in Gebi­eten, in denen keine islamistis­chen Milizen aktiv sind. Die Türkei bekämpft zwar auch islamistis­che Grup­pen, gibt in Syrien aber in ihrem all­ge­meinen „Kampf gegen Ter­ror­is­mus“ der Neu­tral­isierung kur­dis­ch­er Milizen deut­lich mehr Pri­or­ität. Glaub­hafte Mel­dun­gen deuten dabei sog­ar auf Koop­er­a­tion mit der islamistis­chen al-Nus­ra Front.

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BÜRGERKRIEG IN SYRIEN (Fortschrei­bung)

Karte: IHS Mon­i­torIn den auf Ini­tia­tive von Rus­s­land, Syrien, dem Iran und der Türkei erk­lärten „De-Eskala­tion­szo­nen“ herrscht weit­ge­hend Ruhe. Ander­norts gehen die Kämpfe weit­er; islamistis­che Milizen bleiben ohne­hin grund­sät­zlich von allen Feuer­pausen ausgenom­men. Türkische Trup­pen haben nach Gren­züber­schre­itung Idlib unter ihre Kon­trolle gebracht, wollen nun auf weit­ere Orte vorstoßen. Offizielles Ziel der Oper­a­tion ist die „Gewährleis­tung der Sicher­heit in der bei Idlib ein­gerichteten De-Eskala­tion­szone“. Wahrschein­lich richtet sich die Trup­pen­ver­legung aber vor allem gegen die kur­dis­che YPG-Miliz.

Rus­s­land sieht in den „De-Eskala­tion­szo­nen“ die Basis für ein Ende des Bürg­erkrieges. Sie zwän­gen Oppo­si­tion­s­milizen nicht nur zu ver­baler Dis­tanzierung, son­dern ganz real auch zu räum­lich­er Tren­nung von islamistis­chen Ter­ror­grup­pen, und dies eröffne Chan­cen für poli­tis­chen Dia­log. In den Zonen vere­in­barte Feuer­pausen wur­den teil­weise auch schon in formelle regionale Waf­fen­still­stände überführt.

In den kom­menden Tagen wollen Bürg­erkriegsparteien und aus­ländis­che Inter­ven­tion­s­mächte in ein­er neuen Gespräch­srunde in Astana (Kasach­stan) über eine Sicherung der Zonen und ihre mögliche Erweiterung berat­en. Rus­s­land strebt eine unab­hängige Waf­fen­still­stand­süberwachung an, kann aber ohne UN-Man­dat noch kein einziges nicht im syrischen Bürg­erkrieg involviertes Land zur Entsendung von Frieden­strup­pen bewe­gen. So wer­den vor­erst nur rus­sis­che und — in der Zone bei Idlib — türkische Mil­itär­polizis­ten eingesetzt.

Mar­itime Aspekte

Im östlichen Mit­telmeer operiert weit­er­hin das von der rus­sis­chen Schwarzmeer­flotte geführte Ständi­ge Mit­telmeergeschwad­er (Med­Sqn) der rus­sis­chen Marine. Kampfein­heit­en sind zurzeit die Fre­gat­te „Pytliviy“ der Schwarzmeer­flotte und (wahrschein­lich) der Zer­stör­er „Vit­sead­mi­rak Kulakov“ der Nord­flotte, sowie immer noch die zwei in der Ost­see für die Schwarzmeer­flotte gebaut­en, neuen U‑Boote „Velikiy Nov­gorod“ und „Kolpino“ (KILO-III-Klasse), die ihre Über­führungs­fahrt ins Schwarze Meer für einen nun schon neun Wochen dauern­den Ein­satz bei der Med­Sqn unter­brochen haben.

Unter­stützung für die Med­Sqn kommt offen­bar aus der Baltischen Flotte. Die Korvet­ten „Boykiy“ und „Soo­brazitel­niy“ (STERE­GUSHCHIY-Klasse) waren am 15. Okto­ber gemein­sam mit dem Tanker „Kola“ zu „Übun­gen im Atlantik“ aus Baltiysk aus­ge­laufen, führten nach Pas­sage des Englis­chen Kanals (20 Okt) auch zunächst U‑Jagd- und Flu­gab­wehrübun­gen in der nördlichen Bis­caya durch.

Nun hat­ten bei­de Korvet­ten schon vor einem Jahr und dann erneut im April dieses Jahres ähn­liche Übun­gen durchge­führt, waren aber nach jew­eils gut drei Wochen in die Ost­see zurück­gekehrt. Dies­mal wer­den sie am 27. Okto­ber gemein­sam mit dem Tanker süd­west­lich von Liss­abon gemeldet, sind also offen­bar auf dem Weg ins Mit­telmeer. Für Korvet­ten der STERE­GUSHCHIY-Klasse wäre dies der erste Mittelmeereinsatz.

In Tar­tus (Syrien) kündigt sich die Rota­tion des dort als per­ma­nente Reparatur­ba­sis sta­tion­ierten Werk­stattschiffes der AMUR-Klasse an. Üblicher­weise wird diese Auf­gabe von Werk­stattschif­f­en der Schwarzmeer­flotte wahrgenom­men, die sich alle sechs Monate ablösen. Im Juni hat­te erst­mals ein Werk­stattschiff AMUR der Baltischen Flotte in Tar­tus fest­gemacht. Nach nur vier Monat­en ist für dieses nun Ablö­sung auf dem Weg. Am 21. Okto­ber passierte das Werk­stattschiff AMUR PM-56 der Schwarzmeer­flotte den Bosporus mit Kurs auf Tartus.

Die auch als „Syr­i­an Express“ beze­ich­nete Liefer­ung von Rüs­tungs­gütern nach Syrien und Nach­schub für die dort einge­set­zten rus­sis­chen Trup­pen wird nach gut zwei­monatiger „Atem­pause“ wieder in vollem Umfang fort­ge­set­zt. Zurzeit sind Lan­dungss­chiffe der Schwarzmeer­flotte und zwei von der rus­sis­chen Marine gebraucht gekaufte und formell in ihren Bestand über­nommene Frachtschiffe in die Trans­porte einge­bun­den. Ver­stärkung für „Syr­i­an Express“ kommt aber auch aus anderen Flot­ten. Aktuell hat die Nord­flotte dazu ihr Lan­dungss­chiff „Alek­san­dr Otrakovskiy“, die Baltische Flotte ihr Lan­dungss­chiff „Min­sk“ ins Schwarzmeer verlegt.

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CHINA

In Chi­na will man das „schnell­ste Amphibi­ous Assault Vehi­cle (AAV) der Welt“ entwick­elt haben.

AAV dienen bei zahlre­ichen Mari­nen dazu, Marine­in­fan­ter­is­ten von einem Lan­dungss­chiff aus an einem Strand anzu­lan­den, um dort einen Brück­enkopf zu bilden, in den dann die Haup­tkräfte nachge­führt wer­den. Meist erre­ichen sie auf ihrem Weg durch das Wass­er nur rel­a­tiv geringe Geschwindigkeit­en; so wer­den z.B. für das AAV‑7 des US Marine Corps nur etwas mehr als 13 km/h genan­nt. Man muss hier allerd­ings zwis­chen rel­a­tiv schw­eren echt­en Schützen­panz­ern wie AAV‑7 (mehr als 25ts) und leicht­en bloßen Kampf­booten wie dem von der britis­chen Gibbs Amphib­ians pro­duzierten „Humdin­ga“ unter­schei­den. Let­ztere sind nur wenig mehr als 5ts schw­er und erre­ichen bei Fahrt durchs Wass­er Geschwindigkeit­en von mehr als 40 km/h, sind dabei aber nur leicht oder gar nicht gepanz­ert (teils sog­ar offen) und meist auch unbe­waffnet. Bei ihnen wird auss­chließlich auf Geschwindigkeit gesetzt.

Bei dem vom Chi­na North Vehi­cle Research Insti­tute (Peking) entwick­el­ten AAV han­delt es sich um ein leicht­es (5,5 ts), zwar geschlossenes, aber ver­mut­lich nur leicht gepanz­ertes Fahrzeug ohne erkennbare Bewaffnung. Ein Schw­er­punkt beim Design lag auf Reduzierung des Wasser­wider­standes durch einen V‑förmigen Rumpf. Bei Fahrt im Wass­er wer­den die vier Räder eingeklappt, und ein Wasser­strahlantrieb (Pump Jets) gibt dem Fahrzeug dann Geschwindigkeit­en von bis zu 50 km/h (bei ruhiger See) und zugle­ich eine aus­geprägte Fähigkeit zu abrupten Kur­swech­seln. Zu Geschwindigkeit bei Land­fahrt und oper­a­tiv­er Reich­weite macht man noch keine Angaben. Ein­satzmöglichkeit­en wer­den außer bei amphibis­chen Oper­a­tio­nen auch bei bloßen (admin­is­tra­tiv­en) Per­son­al­trans­porten und Spe­cial Forces Oper­a­tions gesehen.

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FRANKREICH

Das Vertei­di­gungsmin­is­teri­um hat mit ein­er Auss­chrei­bung die Beschaf­fung neuer Lan­dungs­boote eingeleitet.

Sie sollen alte Boote vom Typ CTM (Cha­lands de Trans­port Matériel, im NATO-Code als LCM beze­ich­net) erset­zen. Von diesen war in den 1960er Jahren ein erstes Los von 16 Booten gebaut wor­den, teils auch für die franzö­sis­che Armee, die diese später an die Marine abge­treten hat­te. Diese Boote sind bere­its sämtlich außer Dienst gestellt; einige wur­den an befre­un­dete Mari­nen abgegeben. Von ein­er zweit­en, zwis­chen 1982 und 1992 gebaut­en Serie von noch ein­mal 14 Booten sind heute noch 13 in Dienst.

Die 24-m-Boote (152 ts) kön­nen bis zu 90ts Ladung an Bord nehmen und über eine Bugrampe be- und ent­laden. Ins­ge­samt kön­nen sich not­falls fast 200 Sol­dat­en an Bord „zusam­men­quetschen“, aber sie kön­nen auch Fahrzeuge wie z.B. zwei kleinere LKW, Schützen­panz­er oder sog­ar leichte Kampf­panz­er befördern. Jew­eils vier CTM (2 x 2 nebeneinan­der) find­en im Dock­teil eines Hub­schrauberträgers der MIS­TRAL-Klasse Platz.

Zehn der alten LCM sollen noch bis 2020 oper­a­tiv einge­set­zt wer­den, aber nach dann 30–40 Dien­st­jahren müssen sie erset­zt wer­den. Die nun­mehrige Auss­chrei­bung zielt auf ins­ge­samt 14 neue Lan­dungs­boote, die etwas größer sind und auch mehr Zuladung an Bord nehmen kön­nen. Gefordert ist ein Stahlrumpf; eine kleinere Aus­gabe der 300ts großen aus Alu­mini­um gebaut­en Lan­dungs­boote EDA‑R ist also nicht gefragt. Ein Kri­teri­um bleibt, dass Hub­schrauberträger der MIS­TRAL-Klasse erneut jew­eils vier der Boote (2 x 2 nebeneinan­der) in ihrem Dock­teil mit­führen kön­nen. Die Auss­chrei­bung begren­zt die Abmes­sun­gen denn auch mit 30m x 7m.

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Israel und Deutsch­land haben auf Regierungsebene das schon länger erwartete „Mem­o­ran­dum of Under­stand­ing“ (MoU) zur Beschaf­fung dreier weit­er­er U‑Boote unterzeichnet.

Die „Ende des kom­menden Jahrzehnts“ bei tkMS in Kiel zu bauen­den Neubaut­en — wahrschein­lich eine verbesserte Vari­ante der mit außen­luftun­ab­hängigem Antrieb (AIP) aus­gerüsteten DOLPHIN-II — sollen die drei 1999/2000 in Dienst gestell­ten und dann 30 Jahre alten, kon­ven­tionell diesel-elek­trisch (ohne AIP) angetriebe­nen U‑Boote der DOL­PHIN-I-Klasse erset­zen. Deutsch­land wird – ähn­lich wie bei den früheren U‑Booten – das Vorhaben mit bis zu 540 Euro (etwa ein Drit­tel der Kosten) teil-finanzieren.

Erste Pläne Pläne zur Bestel­lung von drei weit­eren U‑Booten bei der deutschen tkMS waren im Herb­st 2016 bekan­nt gewor­den. Nur wenig später erschienen in israelis­chen Medi­en Berichte über ange­bliche Kor­rup­tion. Nach näher­er Prü­fung eines „Anfangsver­dacht­es zu möglich­er Vorteil­snahme“ leit­ete der israelis­che Gen­er­al­staat­san­walt im Feb­ru­ar dieses Jahres eine offizielle Unter­suchung ein. Diese dauert noch an und soll sich zurzeit auf sechs Per­so­n­en (darunter ange­blich auch der frühere israelis­che Marinechef RAdm Eliez­er Marom) konzen­tri­eren. Min­Präs Netan­jahu soll per­sön­lich nicht betrof­fen sein.

Der U‑Bootauftrag lag seit­dem de fac­to auf Eis, wen­ngle­ich sich Israel und der deutsche Bun­dessicher­heit­srat darauf ver­ständigten, dem Vorhaben grund­sät­zlich grünes Licht zu geben. Nun ist zwar das MoU unterze­ich­net, aber das Vorhaben ist dur­chaus noch nicht gän­zlich „in trock­e­nen Tüch­ern“. Soll­ten sich Kor­rup­tionsvor­würfe bestäti­gen, sei die Unter­schrift der Bun­desregierung „null und nichtig“; alle Ver­hand­lun­gen wür­den sofort eingestellt und das Vorhaben gestrichen.

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NORDKOREA (Fortschrei­bung)

Die Erk­lärung Nord­ko­re­as, die Ankündi­gung des Tests ein­er Wasser­stoff­bombe im Paz­i­fik „wörtlich zu nehmen“, hält die Span­nun­gen hoch.

Ein solch­er Atom­test aber auch neuer­liche Raketen­starts kön­nen die Lage sehr kurzfristig wieder erhe­blich ver­schär­fen. Einige Experten sehen die nord­ko­re­anis­che “Zurück­hal­tung” der let­zten zwei Wochen ohne­hin nur vor dem Hin­ter­grund des Parteitages der chi­ne­sis­chen Kom­mu­nis­tis­chen Partei.

Nord­ko­rea betont unverän­dert die “Unver­han­del­barkeit” seines Raketen- und Atom­waf­fen­pro­grammes. Diplo­matie könne im Ver­hält­nis zu den USA erst dann eine Rolle spie­len, wenn die Entwick­lung die gesamten USA abdeck­ender, nuk­lear­fähiger Interkon­ti­nen­tal­raketen abgeschlossen sei. Auch US Präsi­dent Trump sieht in Gesprächen “pure Zeitver­schwen­dung”. Unter solchen Rah­menbe­din­gun­gen bleiben “mil­itärische Optio­nen” auf dem Tisch, und US-Streikräfte zeigen auch ver­stärkt “sicht­bare Präsenz” in der Region. So will die US Air Force im Novem­ber eine Staffel neuer Jagdbomber F‑35A für die Dauer von sechs Monat­en nach Kade­na (Japan) ver­legen, und soll überdies ange­blich (unbestätigt) erst­mals seit Ende des Kalten Krieges (1991) strate­gis­che Bomber in 24-Stun­den-Bere­itschaft ver­set­zt haben.

Im Gel­ben Meer ist eine erste Phase eines groß angelegten See­manövers im Gel­ben Meer mit Beteili­gung von ins­ge­samt etwa 40 Kriegss­chif­f­en der süd­ko­re­anis­chen Marine und der US Navy (u.a. Flugzeugträger „Ronald Rea­gan“) am 21. Okto­ber mit Ein­laufen des Flugzeugträgers in Busan zu Ende gegangen.

Am 24. Okto­ber began­nen die US Navy, die süd­ko­re­anis­che Marine und die japanis­che Marine die zweite Phase, bei der vier Aegis-Zer­stör­er aller drei Mari­nen in der Japansee zwei Tage lang die Erfas­sung und Zielver­fol­gung bal­lis­tis­ch­er Raketen übten.

Weit­ere größere Marineübun­gen sind — par­al­lel zur geplanten Asien­reise des US-Präsi­den­ten Trump — für die erste Novem­ber­hälfte angekündigt. An ihnen sollen dann in einem “starken Sig­nal” gle­ich drei Car­ri­er Strike Groups der US Navy teil­nehmen. Neben der in der Region per­ma­nent präsen­ten “Ronald Rea­gan” CSG die “Theodore Roo­sevelt” CSG, die am 24. Okto­ber das Ein­satzge­bi­et der 7. US-Flotte (West Paz­i­fik) erre­icht hat, sowie die “Nimitz” CSG, die ihren Ein­satz im Per­sis­chen Golf been­det hat und in Rich­tung West Paz­i­fik ver­legt. Die “Nimitz” ste­ht am 27. Okto­ber noch im Indis­chen Ozean und soll vor Übungs­be­ginn auch noch einen kurzen Hafenbe­such (Sin­ga­pur oder Hong Kong?) durch­führen; die Übung kön­nte dem­nach in der zweit­en Novem­ber­woche beginnen.

Ob es nach dieser Übun­gen, die Nordkorea’s Pro­pa­gan­da sich­er als “direk­te Bedro­hung und Vor­bere­itung ein­er Inva­sion” anprangern wird, weit­ere “Triple-Car­ri­er Oper­a­tions” geben wird, bleibt abzuwarten. Die “Theodore Roo­sevelt” CSG soll wenig­stens “schon bald” den West Paz­i­fik wieder ver­lassen und in den Per­sis­chen Golf ver­legen, und die “Nimitz” wird im Jan­u­ar im Heimath­afen Everett (Wash­ing­ton) zurück erwartet.

In keinem direk­ten Zusam­men­hang mit der aktuellen Lage stand die vom 23.–27. Okto­ber durchge­führte Übung „Coura­geous Chan­nel“, in der die US Forces Korea die Evakuierung von Fam­i­lien­ange­höri­gen und anderem nicht-mil­itärischen Per­son­al geübt haben. Solche Übun­gen find­en seit Jahren regelmäßig zweimal im Jahr statt, gehören also zum „Nor­malver­hal­ten“.

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SRI LANKA

Nur kurz nach Über­nahme eines in Indi­en neu gebaut­en Off­shore Patrol Ves­sel durch die Sri Lan­ka Navy (SLN) hat nun auch die Sri Lan­ka Coast Guard (SLCG) ein ex-indis­ches Gebrauchtschiff in Dienst gestellt.

Neuzu­gang ‘Surak­sha’ (Foto: SLCG)Am 21. Okto­ber wurde in Colom­bo feier­lich das Off­shore Patrol Ves­sel „Surak­sha“ (60) in Dienst gestellt. Bei ihm han­delt es sich um das frühere Wach­schiff „Varuna“ der indis­chen Küstenwache, eines von neun in den 1980er Jahren gebaut­en OPV der VIKRAM-Klasse. Nach gut 18 Jahren im Küstenwach­di­enst war die „Varuna“ in den let­zten zehn Jahren in Indi­en gemein­sam von Marine und Küstenwache als Aus­bil­dungss­chiff genutzt wor­den. Sie wurde erst Ende August dieses Jahres formell außer Dienst gestellt, der SLCG also „warm“ übergeben.

Neubaut­en und Gebrauchtschiffe aus Indi­en stärken schon länger die Fähigkeit­en der SLN zu Hochsee­op­er­a­tio­nen im Süden des südasi­atis­chen Sub­kon­ti­nents, und nun soll auch die SLCG davon prof­i­tieren. Indi­en hil­ft auch großzügig bei der Finanzierung von Neubaut­en und über­lässt Gebrauchtschiffe zu Vorzugspreisen. Natür­lich geschieht dies nicht uneigen­nützig Dahin­ter ste­ht vor allem das nationale Inter­esse, in der als ure­igene Inter­essen­sphäre definierten Region um den südasi­atis­chen Sub­kon­ti­nent Sri Lan­ka gegen zunehmenden chi­ne­sis­chen Ein­fluss als strate­gis­chen Part­ner „im Boot“ zu halten.

Mit 1.180 ts (74m) ist die nun­mehrige „Surak­sha“ vor­erst größtes Schiff der SLCG, die erst 2010 (mit Unter­stel­lung unter das Vertei­di­gungsmin­is­teri­um) aufgestellt wor­den war und bish­er nur über kleine Boote ver­fügte. Die „Surak­sha“ soll aber nicht einziges hochseefähiges Wach­schiff der SLCG bleiben. Erst in diesem Jahr hat die Regierung 180 Mio US Dol­lar für den Bau von drei 85-m-Wach­schif­f­en bewil­ligt, die bei der örtlichen Colom­bo Dock­yard entste­hen sollen.

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USA

Während an der US Atlantikküste noch die ampb­hibis­che Großübung „Bold Alli­ga­tor“ läuft, hat auch am Paz­i­fik eine ähn­liche Übung begonnen.

Dawn Blitz“ ist eine in Teilen auch Com­put­er-simulierte, auf einem sich entwick­el­nden Szenario basierende Übung der Expe­di­tionary Strike Group 3 (ESG 3) der US Navy und der 1st Marine Expe­di­tionary Brigade (1st MEB) des US Marine Corps. Die diesjährige Übung baut auf ein­er Serie von Übun­gen früher­er Jahre auf, wobei „Dawn Blitz 2001“ erste Übung dieser Art war, bei der eine amphibis­che Kampflan­dung auf der Großver­band­sebene der 1st MEB im Mit­telpunkt stand. Nach dieser ersten Übung war allerd­ings erst ein­mal neun Jahre Pause, bevor mit „Dawn Blitz 2010“ das Übungskonzept wieder aus der Schublade geholt wurde. Seit­dem gibt es regelmäßig Übun­gen dieser Serie, und im Laufe der Jahre ist daraus auch ein multi­na­tionales Vorhaben geworden.

Neben der ESG‑3 und der 1st MEB sind an „Dawn Blitz 2017“ auch Sol­dat­en aus Japan (eine Heereskom­panie) sowie Beobachter aus Peru, Kolumbi­en und Mexiko beteiligt. Die US Navy bringt mit der ESG‑3 den amp­bibis­chen Träger „Essex“, die Dock­lan­dungss­chiffe „Anchor­age“ und „Rush­more“, sowie den Zer­stör­er „Wayne E. Mey­er“ ein. Mit von der Par­tie ist darüber hin­aus eine Coastal River­ine Group. Erst­mals über­haupt sind neue Kampf­flugzeuge F‑35B des US Marine Corps in die Übung einge­bun­den, kom­men von der „Essex“ zum Einsatz.

Im Zen­trum von „Dawn Blitz 2017“ ste­hen erneut „amphibis­che Kern­fähigkeit­en“ bei der Durch­führung ein­er „kom­plex­en Oper­a­tion von See nach Land“. Dazu gehören neben groß angelegten Kampflan­dun­gen auch Minen­ab­wehrop­er­a­tio­nen, Schießab­schnitte sowie Teile des „Sea Bas­ing“ Konzepts mit Ein­satz von Mar­itime Prepo­si­tion­ing Forces. Die Übung begann am 20. Okto­ber mit vor­bere­i­t­en­den Aktiv­itäten im Hafen von San Diego und an Land. Es fol­gten kleinere Zweiparteienübun­gen, Vorübun­gen ein­er aus amphibis­chen Schif­f­en und Sicherung­sein­heit­en beste­hen­den Amphibi­ous Task Force, Kom­man­do­op­er­a­tio­nen, Lan­dungstrain­ing von Infan­terie sowie Flu­g­op­er­a­tio­nen. Abschließen­der Höhep­HI­MARS schießt von der ‘Anchor­age’ (Foto: US Navy)unkt wird eine amphibis­che Kampflan­dung in „Brigade-Größe“ beim USMC Stützpunkt Camp Pendle­ton, die sich zum Auf­bau ein­er Expe­di­tionary Advanced Base von der Küste ins Inland entwickelt.

Eine Beson­der­heit bei „Dawn Blitz 2017“ ist auch der erst­ma­lige Ein­satz von HIMARS-Raketen­wer­fern bei einem „Sea-based Strike“. Beim HIMARS „High Mobil­i­ty Artillery Rock­et Sys­tem“ ist auf dem Chas­sis eines leicht­en LKW entwed­er ein Sechs­fach-Starter für unge­lenk­te Raketen größer­er Reich­weite oder eine einzelne MGM-140 Army Tac­ti­cal Mis­sile Sys­tem (ATACMS) instal­liert. Bei­de erlauben den Lan­dungstrup­pen von See her ein Ziel mit so großer Präzi­sion zu bekämpfen, dass es prak­tisch verzugs­los sofort auch am Boden ange­grif­f­en wer­den kann. Kleinere Ein­heit­en kön­nen so größere Gebi­ete an Land effek­tiv abdecken.

Bei „Dawn Blitz 2017“ wurde ein HIMARS Start­fahrzeug auf dem Ach­ter­deck des Dock­land­ingss­chiffes „Anchor­age“ aufgestellt. In Fähigkeits­demon­stra­tion und zugle­ich Nach­weis der Möglichkeit­en zur Inte­gra­tion in seegestützte Oper­a­tio­nen an Bord eines Schiffes wurde ein desig­niertes Ziel über eine Ent­fer­nung von 70 km exakt getrof­fen. Dies mag sich ein­fach anhören, aber beim Start ein­er bal­lis­tis­chen Rakete von Bord eines Schiffes sind immer auch den Schuss­winkel und damit die Flugkurve beein­trächti­gende See­gangs­be­din­gun­gen zu berücksichtigen.

Kurz­fas­sung
MarineForum Wochenschau vom 27. Oktober 2017
Artikelüber­schrift
Marine­Fo­rum Wochen­schau vom 27. Okto­ber 2017 
Erk­lärung
Das Geschehen auf den Welt­meeren in der wöchentlichen Übersicht
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