Lateinamerika (Einführungsdossier)

 

Mit einem Anteil von 30 Prozent am gesamten sino-lateinamerikanis­chen Han­delsvol­u­men ist Brasilien der wichtig­ste Part­ner Chi­nas in Lateinameri­ka. Alleine 2004 wuchs das bilat­erale Han­delsvol­u­men um über 50 Prozent auf 12,36 Mrd. US-Dol­lar. Brasilien exportiert vor allem auf­grund der Aus­fuhr von Sojabohnen, Eisen­erz und ander­er Primär­pro­duk­te seit Jahren erfol­gre­ich nach Chi­na. Mit weit­eren Waren wie Stahl kann Brasilien darüber hin­aus den Bedarf des “hun­gri­gen asi­atis­chen Riesen” zusät­zlich deck­en. 1993 etablierte Chi­na mit Brasilien als erstem Land weltweit strate­gis­che Beziehun­gen, dessen erfol­gre­ich­stes Vorzeige­pro­jekt das im Hochtech­nolo­giebere­ich ange­siedelte Chi­na-Brazil Earth Resources Satel­lites-Pro­jekt (CBERS) ist, in dem eine Koop­er­a­tion in der Entwick­lung, Kon­struk­tion und Entsendung von Satel­liten zur Erforschung und Beobach­tung natür­lich­er Ressourcen erfolgt.

Der chi­ne­sis­che Präsi­dent Hu Jin­tao unterze­ich­nete auf sein­er Lateinameri­ka-Reise 2004 knapp 100 Vere­in­barun­gen mit südamerikanis­chen Part­nern. Auf Brasilien, wo er am läng­sten ver­weilte, fol­gten Argen­tinien und Chile. Die drei Län­der zählen neben Mexiko und Pana­ma zu den fünf wichtig­sten Han­delspart­nern Chi­nas in der Region.

Mit chi­ne­sis­chen Kred­iten (2005 bis 2010 auf 75 Mrd. $ geschätzt) wird vor allem die Infra­struk­tur (Eisen­bahn, Häfen, Straßen­bau) investiert.   Brasil­ian­is­che Unternehmen “revanchierten” sich in den 5 Jahren bis 2007 mit einem Investi­tionsvol­u­men  von 175 Mio. US-$ (Flugzeug­bau — Embraer), Elek­tron­ik, Ernährungsin­dus­trie) für die Investi­tio­nen Chi­nas in Südamerika. 

Argen­tinien exportiert nach Chi­na haupt­säch­lich Soja – rund 30 Prozent der chi­ne­sis­chen Soja-Importe stam­men aus argen­tinis­chen Liefer­un­gen. Nach Nahrugns­mit­teln fol­gen Stahl­pro­duk­te, Led­er und Rohbaumwolle.

Chile ist gemessen am Han­delsvol­u­men (5,4 Mrd. US-$, 2004) der drit­twichtig­ste Han­delspart­ner Chi­nas auf dem Sub­kon­ti­nent. Auch Chile führt haupt­säch­lich Primär­pro­duk­te aus – Kupfer, Salpeter, Papi­er, Fis­chmehl und Holz sowie Obst und Wein.

Die Schwellen­län­der ver­fü­gen über immer mehr Devisen­re­ser­ven - und investieren damit kräftig in Infra­struk­tur und Tech­nik. Damit wird auch den Maschi­nen- und Anla­gen­bauern in den etablierten Indus­tri­es­taat­en — etwa den Kraftwerkaus­rüstern — eine entsprechende Nach­frage beschert. Mit zunehmend wohlhaben­der­er Mit­telschicht wächst zudem die Nach­frage nach Kon­sum- und Luxu­sar­tikeln. Die Kraft­fahrzeug­in­dus­trie in den Schwell­län­dern ist dafür ein bere­detes Beispiel.

Diese Wirtschaft­sen­twick­lung geht ein­her mit ein­er poli­tis­chen Umori­en­tierung auf dem Kon­ti­nent. Dikata­toren wie Pinochet und Mil­itär­regimes sind ver­schwun­den. Die Demokratie hält Einzug- und bringt inter­es­sante Poli­tik­er an die Macht. Hugo Chávez aus Venezuela lässt keine Gele­gen­heit aus, den etablieren West­mächt­en im All­ge­meinen und den USA im Beson­deren zumin­d­est ver­bal eins auszuwis­chen. In Paraguay hat der Armen-Bischof Fer­nan­do Lugo gegen den Protest des Vatikan die Wahlen gewon­nen, und auch der frühere Koka-Bauer und Sozial­is­ten­führer Evo Morals rei­ht sich in die Grup­pierung dieser “Paradiesvögel” ein. Lediglich Kolumbi­en und Mexiko wer­den noch von kon­ser­v­a­tiv­en Staatschefs geführt. Die Sozial­is­ten ver­sprechen eines: eine Par­tizipa­tion der Ärm­sten am Reich­tum, der durch die hohen Rohstoff­preise in die Län­der Lateinamerikas gespült wird.

Begün­stigt durch die weltweit ras­ant steigende Nach­frage nach den Pro­duk­ten des Kon­ti­nents kön­nen sich die Regierun­gen leis­ten, umfangfre­iche Sozial­pro­gramme aufzule­gen. Die Schwäche der US-Wirtschaft begün­stigt zudem die steigende Ein­flussnahme link­er Gruppierungen.

Kon­ser­v­a­tive Regierun­gen: 
Die kon­ser­v­a­tiv­en Regierun­gen Lateinamerikas — im Jahre 2005 repärsen­tiert durch Mex­i­co, Kolumbi­en und Peru — befind­et sich in einem Rück­zugs­ge­fecht gegen immer offen­siv­er auftre­tende pop­ulis­tis­che Linkside­olo­gien.
Die USA, die sich — auch im Inter­esse der eige­nen Wirtschaft — um eine gesam­tamerikanis­che Frei­han­del­szone und einen gemein­samen Zol­lvere­in bemühen, kön­nen vor allem in den Län­dern auf der schmalen Land­brücke Zen­tralamerikas “pun­tken”. Was in einem gemein­samen Pakt nicht gelang, soll durch bilat­erale Verträge gesichert werden.

Linke Achse: Cara­cas-Brasilien-Buenos Aires:
Der Zusam­men­schluss der “links regierten Län­der” Südamerikas gewin­nt immer mehr an Dynamik. Mit der Wahl von Tabare Vazquez in Uruguay hat das “Trio” der linken Präsi­den­ten um Kirch­n­er (Argen­tinien), Luiz Ina­cio Lula da Sil­va (Brasilien) und Hugo Chavez (Venezuela) einen weit­eren Bünd­nis­part­ner gewon­nen. Bere­its bei ihrem ersten Tre­f­fen Anfang des Jahres 2005 in Mon­te­v­ideo wur­den sechs Abkom­men über wirtschaftliche und soziale Zusam­me­nar­beit unterze­ich­net und die gemein­same Absicht bekräftigt, sich auch gegenüber Drit­ten, ins­beson­dere inter­na­tionalen Finan­zor­gan­i­sa­tio­nen, um Abstim­mung zu bemühen. Dazu kom­men inzwis­chen weit­ere “linksori­en­tierte” Regierun­gen: Chile und vor allem Bolivien mit seinem Indio-Präsi­den­ten Morales ver­voll­ständi­gen die Liste der “linken Regierun­gen”, und mit Peru ist ein weit­er­er linkslib­eraler Poli­tik­er als “kleineres Übel” erneut an die Schalthebel der Macht gewählt wor­den, während in Mexiko im Jahr 2006 weit­ere Regierungswech­sel zu erwarten ist. 

Eine dieser Koop­er­a­tionspro­jek­te ist eine gemein­same Gas-Pipeline, die von Venezuela über 7.000 km nach Brasilien, Paraguay, Uruguay und Argen­tinien führen soll und auch Bolivien und später Chile ein­binden kön­nte. Bolivien ver­fügt über die zweit­größten Gas­re­ser­ven des Kon­ti­nents — und Argen­tinien liefert bere­its selb­st Gas nach Chile. 

Extern­er Link:
Tagess­chau 21.01.1006 — Brasilien, Venezuela und Argen­tinien einig, Südameri­ka bekommt gemein­same Gas-Pipeline — (www.tagesschau.de)