Turkstaaten — Aserbaidschan

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Aserbaidschan AzerbaijanAserbaidschan Streitkräfte Azerbaijan Armed Forces

Aser­baid­schans Wirtschaft:
Aser­baid­schen lebt von den Erdöl- und Gasvorkom­men in seinem Staats­ge­bi­et. Bere­its vor rund hun­dert Jahren wurde an den ein­sti­gen Som­mer­res­i­den­zen südlich der Kauka­sus-Ket­ten ein erster Ölboom aus­gelöst. Rund die Hälfte aller Erdöl­pro­duk­te der Welt kamen aus der Gegend von Baku, und diese Quellen waren so bedeu­tend, dass Hitlers Gen­erale über den Kauka­sus nach Aser­baid­schan vor­soßen soll­ten — was das Desaster der 6. Armee im Kessel des dama­li­gen Stal­in­grad, dem heuti­gen Wol­gograd mit verur­sachte.
Nach dem Nieder­gang in der Sow­jet­zeit mit seinen drama­tis­chen Umweltver­schmutzun­gen ste­ht nun der zweite Ölboom des Lan­des vor der Türe.
Der aser­baid­sch­a­nis­che Wirtschaft wurde für das Jahr 2005 ein Wirtschaftswach­s­tum von 20 % voraus­ge­sagt (Stand Novem­ber 2005). Tat­säch­lich waren es 26 %. Die Inbe­trieb­nahme der neue n Erdölpipeline, mit der ab 2006 aser­baid­sch­a­nis­ches Erdöl über Georgien und die Türkei nach Cey­han am Mit­telmeer gepumpt wer­den kann, soll das Wach­s­tum auf Jahres­rat­en von bis zu 30 % ansteigen lassen. Denn die neue Erdölpipeline (der eine Gaspipeline fol­gt) ermöglicht die Förderung neu erschloss­ner Quellen im Kaspis­chen Meer. Da sich auch die zen­tralasi­atis­chen Staat­en — allen voran Kasach­stan — an die Pipeline anhän­gen wollen, dürfte durch die Erhe­bung von Tan­sit­ge­bühren ein weit­ere Ein­nah­me­topf geöf­fent wer­den. Rund 210 Mil­liar­den Dol­lar soll das Land in den näch­sten 20 Jahren alleine aus seinen Ölex­porten erlösen kön­nen. Auch die Gasvorkom­men des Lan­des sind bedeut­sam. Im Shah-Deniz-Feld wer­den bis zu 100 Mrd. cbm Gas ver­mutet. Die acht Mil­lio­nen Ein­wohn­er des Lan­des — von denen nach offiziellen Angaben rund 40 % unter der Armutsgren­ze leben — kön­nen dann den Reich­tum eines der 20 ölre­ich­sten Län­der der Erde aufteilen.

Aufteilen? Es ist klar, dass solch ein Reich­tum begehrlichkeit­en wächst — und die weni­gen Oli­garchen des Lan­des, die nicht nur die Wirtschaft son­dern auch die Min­is­ter­posten und dem Päsi­den­ten Ali­jew unter sich aufgeteilt haben, sind nur bed­ingt bere­it, die Ein­nah­men zu teilen. Die meis­ten Kabi­nettsmit­glieder hät­ten — so zitiert dei FAZ (02.11.2005) die “Inter­na­tion­al Cri­sis Group” — ihr Amt gekauft. “Trans­paren­cy Inter­na­tion­al” zählt Aser­baid­schan zu den kor­ruptesten Län­dern der Welt.
Der Fam­i­lien­clan Aljew beherrscht derzeit die Repub­lik. Während Präsi­dent Gej­dar Aljew — zur Sow­jet­zeit ein ehe­ma­liger Geheim­di­en­stchef und KP-Führer — als Staatschef fungiert (www.president.az) nimmt Sohn Ikcham Aljew als Vizepräsi­dent der aser­baid­sch­a­nis­chen Ölge­sellschaft maßge­blichen Ein­fluss auf den wichtig­sten Expor­tar­tikel des Lan­des. 
Nach einem drama­tis­chen Schwächean­falls des Staat­sober­hauptes vor laufend­en Fernsehkam­eras wird allerd­ings eine erneute Desta­bil­isierung des Lan­des befürchtet.
Es bleibt abzuwarten, ob sich Aser­baid­schan schon zu einem demokratis­chen Staatswe­sen entwick­elt hat. Wenn es nicht gelingt, den kurzfristi­gen Reich­tum weniger Jahrzehnte in Wirtschaft­szweige zu investieren, die nicht von den begren­zten Öl- und Gas­res­sourcen abhän­gen, dann wird Aser­baid­schan seine Chance auf Wohl­stand und Sta­bil­ität verspielen. 

Wirtschaftsin­ter­essen des West­ens:
Größtes Pro­jekt der bei­der­seit­i­gen Zusam­me­nar­beit war die Errich­tung ein­er Öl-Pipeline von Baku über das geor­gis­che Tiflis bis in den türkischen Mit­telmeer­hafen Cey­han, ein Drei-Mil­lio­nen-Dol­lar-Vorhaben, das von den USA tatkräftig unter­stützt wurde.
Mit diesem Pro­jekt wur­den gle­ich mehrere Ziele erreicht:

  • Aser­baid­schan gewin­nt west­liche Abnehmer und damit harte Devisen für sein Öl, das vom West­en heiß begehrt ist;
  • Rus­s­land, über dessen Gebi­ete nördlich des Kauka­sus bish­er entsprechende Pipelines führten, wird umgan­gen; eben­so Arme­nien, mit dem Aser­baid­schan einen ver­lus­tre­ichen Krieg geführt hat;

  • Georgien — das gerne selb­st die Ver­ladean­la­gen am Schwarzen Meer unter­hal­ten hätte — wird als Tran­sit­land eingebunden.

  • Die Türken — die eine Ver­ladung in Georgien ver­hin­derten kon­nten, um die Pas­sage großer Öltanker durch Bosporus und Dar­d­anellen zu min­imieren — erre­icht­en, dass die Pipeline bis zum türkischen Mit­telmeer­hafen weit­erge­führt wird. Dort — in Cey­han — kann auch irakisches Erdöl vor allem aus den nördlichen Prov­inzen Iraks über Pipelines herange­führt und ver­laden wer­den, was den lan­gen Weg um die ara­bis­che Hal­binsel und die Pas­sage des Suezkanals oder die Umrun­dung Afrikas spart.

  • Diese Pipeline-Verbindung nach Baku erlaubt zugle­ich weit­ere Trassierun­gen bis hin zu ein­er Fort­führung in die zen­tralasi­atis­chen Staat­en; so wurde eine Verbindung der turk­menis­chen und aser­baid­sch­a­nis­chen Öl- und Gaspipelines vere­in­bart. Bei­de Staat­en berat­en zudem die Möglichkeit, Stromk­a­bel auf dem Grund des Kapis­chen Meeres zu ver­legen, “um durch Strom­liefer­un­gen die Energiesicher­heit zu erhöhen”. Die neuen Pipelines und die mit ihr gebaut­en Erschließungsan­la­gen (wen­ngle­ich der gren­z­na­he Bere­ich der Sow­je­tu­nion bere­its ein gut struk­turi­erte, über­wiegend befes­tigtes, mil­itärisch nutzbares Straßen­netz erhielt) kön­nten sich zu ein­er Neuen Sei­den­straße entwick­eln. Seit kurzem wird auch Kasachis­ches Öl - zunächst mit Tankern über das kaspis­che Meer trans­portiert — über die Pipeline nach Cey­han gepumpt. Täglich 500.000 Bar­rel sind erst der Anfang — eine Ver­längerung der Pipeline über das kaspis­che Meer hin­aus ist bere­its beschlossene Sache. Das neue „Kasachis­chen Kaspi-Trans­port­sys­tem“ soll ab 2010/2011 bis zu 38 Mil­lio­nen Ton­nen Öl im Jahr an Rus­s­land vor­bei nach Aser­baid­schan und von dort nach Georgien und in die Türkei trans­portieren. Damit wer­den die zena­tralasi­atis­chen Nach­folges­taat­en der UdSSR — über­wiegend von türkischen Völk­ern bewohnt — weit­er von ihrer “Bin­nenisolierung” durch den rus­sis­chen Nach­barn befre­it. Neben chi­ne­sis­chen Abnehmern ste­ht den zen­tralaisatisch-türkischen Staat­en nun auch (über die Türkei) der West­en als Markt offen, was mit Sicher­heit die Wirtschafts­beziehun­gen (ins­beson­dere mit der Türkei als End­sta­tion der Pipeline) ver­stärken und verbessern wird.

    Noch im Herb­st 2006 soll auch die Süd­kauka­sis­che Gaspipeline fer­tig gestellt sein, mit der Gas neben der beste­hen­den Ölpipeline von Aser­baid­schan nach Cey­han am Mit­telmeer gepumpt wer­den kann.

    Inzwis­chen wird unter Fed­er­führung des öster­re­ich­eschen Energiekonz­erns OMV über eine weit­ere 3300 Kilo­me­ter lange Gaspipeline nachgedacht (Nabuc­co). Zunächst neben der Ölleitung trassiert soll dann in Ana­tolien ein Schwenk nach West­en erfol­gen, um über die Dar­d­anellen, Bul­gar­ien, Rumänien, und Ungarn die öster­re­ichis­che Haupt­stadt Wien zu erre­ichen. Eine Entschei­dung soll erfol­gen, wenn genug Inter­essen­ten bere­it sind, sich an den Investi­tion­skosten von 4,6 Mrd. € bzw. 7,3 Mil­liar­den US-Dol­lar zu beteili­gen. Der Bau der Pipeline soll im Jahr 2010 begin­nen und im Jahr 2013 abgeschlossen wer­den. Inner­halb von drei bis vier Jahren wäre also die Leitung real­isier­bar, so dass der steigende Bedarf Europas (bis 2020 wird ein Anstieg von rund 35 % erwartet) gedeckt wer­den kön­nte, ohne die Abhängigkeit von rus­sis­chen, nahöstlichen und nordafrikanis­chen Quellen zu erhöhen. Mehr als 30 Mil­liar­den Kubik­me­ter Gas aus Aser­baid­schan sowie aus Turk­menistan und Kasach­stan sollen jährlich durch diese Pipeline gepumpt weden. Genau 2013 wird auch das aser­baid­sch­a­nis­che Gas­feld Shah Deniz aus dem Südteil des kaspis­chen Meeres due Förderung aufnehmen — und wohl die Haupt­menge der Gas­förderung erbrin­gen, die durch Nabuc­co geführt wer­den kann. Nach ein­er Mel­dung von RIA NOVOSTI hält US-Vizeaußen­min­is­ter Matthew Bryza Aser­baid­schans Gas­re­ser­ven für aus­re­ichend, um die Gaspipelines Türkei-Griechen­land-Ital­ien (TGI) und Nabuc­co auszu­las­ten.  Alleine Aser­baid­schan ver­fügt über Reser­ven von 1100 Mil­lar­den cbm Erdgas (geschätzt +/+ 200 Mrd. cbm) und weit­ere 13 Mrd. Bar­rel Erdöl.  Eine Verbindung über das kaspis­che Meer würde zudem den Anschluss an die turk­menis­chen Gas­re­ser­ven — die fün­ft­größten der Welt — ermöglichen. Bish­er ist Europa etwa zur Hälfte auf rus­sis­ches Ergas angewiesen — während Iran, Aser­baid­schan, Turk­menistan und Kasach­stan für den Gas­ex­port nur den Tran­sit über rus­sis­che Leitun­gen oder den Seeweg nutzen können.

Die Türkei bezieht seit Jahren Erdgas aus dem aser­baid­scha­ni­eschen Feld Sha Deniz 1. Die Erschließung des zweit­en Feldes — Sha Den­zi 2 mit erwarteten 25 Mrd. Investi­tionsvol­u­men — wird erfol­gen, sobald Aser­baid­schan dauer­haft höhere Erlöse erzielt. Mit ein­er Vere­in­barung vom Som­mer 2010 hat die Türkei diese Abnah­megarantie erfüllt. Damit wird auch der Bau von Nabuc­co — der Gaspipeline nach Europa — immer wahrschein­lich­er. Rund 10 Mrd. Kubik­me­ter Gas sollen über die Leitung schon in den ersten Jahren nach Europa gepumpt werden.

Par­al­lel zur Pipeline wird auch über die Errich­tung ein­er Bahn­lin­ie vom Schwarzen Meer bis nach Baku - mit Unter­stützung der EU — nachgedacht, die bis in die zen­tralasi­atis­chen Staat­en ver­längert wer­den soll.

Aser­baid­schan bemüht sich nach Kräften, die wirtschaftlichen Beziehun­gen zum lock­enden West­en zu verbessern. Han­dels- und Investi­tion­ss­chutzvere­in­barun­gen sind hier wichtige Schritte, um Aser­baid­schan, das inzwis­chen auch dem Europarat ange­hört, in die west­liche Welt einzubinden.

Die “Achse Türkei — Georgien — Aser­baid­schan” wird als “Tran­sitko­r­ri­dor” für den Han­del und Verkehr mit den zen­tralasi­atis­chen Staat­en immer wichtiger. Auch aus poli­tis­chen Grün­den denken vor allen amerikanis­che und europäis­che Poli­tik­er an eine von Rus­s­land unab­hängige “neue Sei­den­straße” zur Erschließung de auf­streben­den Staat­en Zen­tralasiens. Aus poli­tis­chen Grün­den ist aber eine Verbindung über den Iran eben­falls nicht ide­al. Daher wird der “zwis­chen Rus­s­land und Iran” ver­laufende Kor­ri­dor über Aser­baid­schan und das kaspis­che Meer eine Alternative.

 

Wirtschaftsverträge mit dem West­en (Auszug):
Bun­desre­pub­lik — (www.auswaertiges-amt.de)