MASKAT:
In Maskat — mit dem die Verbindung zu Oman geschlossen wird — schließt sich das “Al-Bustan-Hotel” dem Reigen der Edel-Unterkünfte an, der vom “Chedi” — einem Designer-Gebäude mit orientalischem Prunk und westlicher Technik — fortgeführt wird. In diesem Hotel findet sich — mit immerhin 1.500 Buchbänden — auch eine der größten Bibliotheken der arabischen Welt.
SCHARDSCHA (SARJA:
Auch das Scheichtum Schardscha (Sharja) — direkter Nachbar der omanischen Enklave an der Straße von Hormuz — und drittgrößter Staat der VAR hat sich der Aussenwelt geöffnet. Hier hat Allah etwas weniger von seienr Ölgabe bereitgestellt, und Emir Al-Quasimi hat zu allem Überfluss 1985 ein Alkoholverbot erlassen — was den Tourismus nicht unbedingt gefödert hat. Auch aufgrund seiner Kleideretikette (besuchen Sie das Emirat nicht “bauchfrei”) gilt Schardscha gemeinhin als konservativ. Die Hauptstadt Sharja — im 19. Jahrhundert durch Perlenvorkommen und Salzgewinnung eine der reichsten Handelsstädte der Emirate — musste also andere Wege finden, um in der Karwane des Fortschritts nicht abgehängt zu werden. Schardscha schuf schon vor gut hundert Jahren die ersten Schulen der Region, erlaubte die erste Zeitung.…
Auf dieser Tradition aufbauend hat Emir Mohammed Al-Quasimi vor allem Kunst und Kultur zu seinem Herzensanliegen gemacht. Mit neuen Hochschulen (wie der im gesamten Nahen Osten geschätzten American University) und Museumsgründungen, einer anerkannten Kunstbiennale für Gegenwartskunst und der Restauration der alten Suks wurde Sharja zum kulturell-geistigen Mittelpunkt der Emirate — und hat auch wegen seiner gepflegten heimischen Architektur von der UNESCO die Anerkennung als “arabische Kulturhauptstadt” erhalten (1998). Der drittgrößte Teilstaat der Region besitzt mehr Museen als Abu Dhabi und Dubai zusammen. Der Emir (Bachelor in Agrarwissenschaft und zwei Promotionen in Philosophie und Politischer Geographie in Großbritannien, Ehrendoktor der Universität Tübingen) gilt inzwischen als einer der liberalsten Staatenlenker am Golf. Er trage — so das zuständige Tübinger Institut — “wie kein anderer Herrscher der arabischen Welt zum Dialog der Kulturen bei.” Emir Al-Quasimi sponsert islamische Gemeinden in Deutschland, die sich ausdrücklich einem “offenen, modernen Islam” verschreiben. Derzeit gibt es Überlegungen, in München eine Akademie zur Ausbildung von Imamen in deutscher Sprache zu gründen, die Muslimen aus allen Ethnien offen stehen und den “Reformgedanken eines in Europa angekommenen Islam” vertreten soll. Im Emirat werden kommunaler Ebene Wahlen gefördert, und Frauen können in die obersten politischen Führungspositionen aufsteigen. So ist derzeit (2007) der Posten des Wirtschaftsministers von einer Frau besetzt — und dass diese Frau die Nichte des Emirs ist, nimmt dem Emirat nichts von seinem wirtschaftlichen Erfolg.
RAS EL-CHAIMA (Ras al-Khaima):
Und die Öffnung beschränkt sich nicht nur auf die großen Emirate. Während in Saudi-Arabien eine Frau nicht ohne männliche Begleitung das Haus verlassen darf (von der selbst gesteuerten Fahrt im Kraftfahrzeug gar nicht zu reden) hat im Golfemirat Ras al-Chaima die erste arabische Taxifahrerin (November 2006) ihre Arbeit aufgenommen.
Ras al-Chaima ist das nördlichste der sieben vereinigten Emirate, 100 Kilomter vin Dubai entfernt und (mit dem Oman, der mit einer Enklave noch nördlicher liegt) unmittelbarer Nachbar der strategisch wichtigen Straße von Hormus — durch die täglich 17 Millionen Barrel Rohöl in die Welt exportiert werden. Seit 2003 — als Scheich Chalid in “Ungnade” viel und durch seinen jüngeren Bruder Saud ersetzt wurde — hat das kleine Emirat den Anschluss an die Entwicklung der großen Geschwister gefunden. Shopping-Mails, Autohäuser, Hotels am Stand und die Filialen von zahlreichen Handelsutnernehmungen haben auch hier einen Hauch von “klein Abu Dhabi” geschaffen.
Ras al-Khaina hat einen der größten Containerumschlagplätze am Golf — und damit seine Lage in der Nähe der Mündun des Golfes in den indischen Ozean optimal ausgenutzt. Bevor Schiffe zum Güterumschlag weiter in den Golf fahren, können sie im Emirat entsprechende Dienste in Anspruch nehmen — und auch der Flughafen wird massiv ausgebaut.
URLAUB und WANDEL:
Wer in den Golfemiraten Urlaub macht erlebt eine Zeitreise zwischen Mittelalter und Moderne, zwischen Fischern und Freiluft-Lokalen am Dubai-Creek und gekühlten Gebäuden, zwischen den dümpelnden Dhaus am Creek, mit denen immer noch Muschelfischer und Händler entlang der Küsten (und des Nachts wohl auch Schmuggler nach Iran) unterwegs sind und Speed-Booten für Wasserski, zwischen altem Basarflair und modernsten Shopping-Centern, zwischen Kamelritt und Jeep-Exkursionen mit Klimaanlage auf Sandwüsten oder dem Golfspiel auf künstlich bewässertem Rasen — und Berge zum Klettern oder Mountainbiken sind auch zu finden.
Aber diese Zeitreise wird auch den Einheimischen zugemutet, und zwar nicht nur vorübergehend “im Urlaub” sondern auf Dauer. Den Einheimischen wird nicht die Möglichkeit geboten, sich nach einem Ausflug in die Fremde wieder in die vertraute Geborgenheit der eigenen Kultur zurückziehen zu können. Verschleierte Frauen zwischen schwatzenden Girls in westlichem “Freizeit-Outfit” mit T‑Shirt und Nabel-Pearcing — ob die Gesellschaft des Landes diesen Spagat auf Dauer verkraftet, kann erst die Zukunft zeigen.
IRAN und HANDEL:
Inallen arabischen Emiraten lässt sich aber auch etwas anderes feststellen: der “kleine Grenzverkehr” mit dem Iran, der von allen arabischen Häfen mit Dhaus über die Straße von Hormus nach Sirik, Badar‑e Abbas, Keschm und Bandar‑e Lenge führt, boomt. Die Geschäfts- und Familienbeziehungen sind über Jahrhunderte gewachsen, und so werden auch heute noch die Waren zwischen den Küsten getauscht. Trotz aller UN-Embargos: aus den arabischen Häfen kommt fast alles, was im Iran begehrt und schwer zu haben ist, Motorblöcke oder Bildschirme finden in den traditionellen Handelsschiffen genauso Platz wie wohl die eine oder andere illegale Ware. Dahinter steckt auch politisches Kalkül: die VAE sind wichtig für den Iran, der damit kein Interesse hat, die Beziehungen zu belasten. Damit werden auch die zahlreichen (und nicht ohne Einfluß stehenden) Iraner in den Emiraten — und die starke schiitische Minderheit “ruhig gehalten”.Politische “Nadelstiche” wie die Sperrung von über 40 Konten iranischer Konteninhaber (durch die Zentralbank der VAE) Ende Juni 2010 vermögen an diesem Grundkonsens wenig zu ändern.
Die Ölemiarate — VAR, Katar, Bahrain — befinden sich zwischen den beiden Regionalmächten, zwischen Saudi Arabien und dem Iran. Um sich zwischen diesen beiden Schwergewichten die eigene Selbstständigkeit zu erhalten ist eine geschmeidige “Schaukelstuhlpolitik” erforderlich, die keinen der beiden Nachbarn zu sehr verärgert und über gute Kontakte zu beiden Seiten des Golfes die eigene Unabhängigkeit weitestgehend bewahrt.