Irans politische Struktur:
Eine andere Folge ist, dass ein religiöser Führer als “höchste islamische Autorität” die letzte Entscheidungsbefugnis auch in (staats-)polischen Fragen hat. Der Iran sieht sich dabei auch politisch als spirituell ideologische Vormacht der in der arabischen Welt vielfach unterdrückten Schiiten.
Diese Konstellation begründet sich aus dem Schiismus — der (überwiegend iranischen) Abart des Islam:
Einschub: Schiiten
Die Sunniten wollten ihre Anführer vor allem aufgrund ihrer “religiösen Vorzüglichkeit” gewählt wissen; die Schiiten räumten das Recht zur Führerschaft nur den Nachfahren des Propheten ein — für sie gibt es nur 12 rechtmäßige Imame (weltliche wie geistliche Führer).Die Sunniten wollten ihre Anführer vor allem aufgrund ihrer “religiösen Vorzüglichkeit” gewählt wissen; die Schiiten räumten das Recht zur Führerschaft nur den Nachfahren des Propheten ein — für sie gibt es nur 12 rechtmäßige Imame (weltliche wie geistliche Führer).
Der Schiismus geht auf Ali, den Schwiegersohn Mohammeds, zurück, dessen Partei (arabisch “Schiat”, von daher der Begriff Schiismus) nur die direkten Nachfahren Mohammeds als rechtmäßige Führer der islamischen Gemeinde anerkennt. Nach der schiitischen Lehre hat es zwölf rechtmäßige Nachfolger Mohammeds gegeben, die so genannten Imame, deren Reihe mit Ali, Mohammeds Schwiegersohn, beginnt. Das Martyrium von Alis Sohn Hussein, der im Jahr 680, fünfzig Jahre nach dem Tod des Propheten Mohammed, in Kerbela im heutigen Irak vom Heer des Kalifen Yazid getötet wurde, wird als “Gründungsereignis der Schiiten” bezeichnet. Seine Anhänger, die ihn — bis auf eine kleine Schar von 72 Getreuen — schmählich im Stich gelassen hatten, wurden nach der Tragödie vom schlechten Gewissen überwältigt. Da es den Anhängern des Islam verboten ist, Glaubensgenossen zu töten, wurde eine auf die eigene Person bezogene “Selbstkasteiung” zur Buße geboren. Die damals beginnenden Büßerrituale sind die Vorläufer der Buß- und Trauerzeremonien der heutigen Zeit. Der zwölfte Imam ist im Jahr 873 verschwunden, er gilt seither als “verborgen” — er wird am Ende der Zeiten als “Mahdi” wiederkommen und ein Reich der ewigen Gerechtigkeit erbauen. Bis zur Wiederkehr sollen religiöse Führer, sogenannte “Mullahs”, als Statthalter des Imam fungieren. Eigentlich gibt es solange keinen rechtmässigen Herrscher bis der verlorene 12. Imam wieder auftaucht. Somit steht sich die aktuelle Regierung einem Rechtfertigungsproblem gegenüber. Eigentlich gibt es solange keinen rechtmässigen Herrscher bis der verlorene 12. Imam wieder auftaucht. Somit steht sich jede Regierung einem Rechtfertigungsproblem gegenüber.
Theokratische Verfassung:
Aus dieser religiösen Überzeugung heraus hat Chomeni die Verfassung der islamischen Republik geschrieben.
Offizielle Lösung des Problems ist folgendes : In der Verfassung ist der 12. Imam als Staatsoberhaupt des Iran festgeschrieben.
Die eigentliche Macht im Staate geht jedoch vom Amt des so genannten Revolutionsführers aus, der nicht von Volk gewählt, sondern von der Theokratie bestimmt wird.
Ihm unterstehen das Justizministerium, der Geheimdienst und die Armee. Der Iran ist das einzige Land auf Erden, in dem es der Schiismus somit zur Staatsreligion gebracht hat.
Seit dem Tode Chomenis stehen sich in der politischen Arena des Iran zwei “Flügel” gegenüber. Der religiöse Führer Ali Chamenei wacht mit letzter Autorität darüber, dass die revolutionären Prinzipien eingehalten werden. Dazu gehört die Skepsis gegenüber dem Westen, vor allem dem “Erzfeind USA”, die Einschränkung von Frauenrechten oder das Verbot von Satellitenantennen zum Empfang internationaler Fernsehprogramme. Den Gegenpol bildet der Religionsgelehrten Chatami, der mit 69,1% der Wähler zum Staatsoberhaupt gewählt wurde. Er betreibt einen vergleichsweise weltoffenen Kurs, so konnte er bereits wichtige Zeichen setzen: Er ernannte die in den USA promovierte Chemikerin Massume Ebtekar zur Vize- Staatspräsidentin, die erste Frau in einer so hohen Position. Mit seiner liberaleren Politik hofft Chatami auch, die USA zur Aufhebung ihres Handelsembargos zu bewegen. Seit dem Jahr 2000 ist der Konflikt zwischen beiden Fraktionen offen ausgebrochen. Der Teheraner Gerichtshof verbot zehn reformorientierte Tageszeitungen und vier Zeitschriften. Als Begründung führte die Justiz an, die Publikationen hätten “den Islam und die religiösen Elemente der islamischen Revolution herabgesetzt”. Die Konservativen dominieren nicht nur die Justiz; sie haben auch die Mehrheit im Parlament, das 6 Juristen in den Wächterrat als oberstes Kontrollorgan der Gesetzgebung entsendet. Dieser Wächterrat — paritätisch mit 6 vom religiösen Führer ernannten Juristen besetzt — muss Gesetze vor ihrer Inkraftsetzung billigen. Immer wieder wird inzwischen von Studentendemonstrationen vor allem aus Teheran und Täbris berichtet, wobei in der Studentenschaft vor allem der Ruf nach Freiheit, nach freier Entfaltung der eigenen Persönlichkeit ohne religiöse Zensur populär zu sein scheint.
Externe Links:
Tagesschau
Iranischer Gottesstaat in der Krise — (www.tagesschau.de)
Uni-Kassel
Iran: Chronik wichtiger Ereignisse — (www.uni-kassel.de)