Arabien (Einführungsdossier), Felix Arabia

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2. Blütezeit
Islamis­ch­er Auf­schwung — Sal­adin und der Kalif von Bagdad

2.1.: Aus­bre­itung der ara­bis­chen Sprache:
Die Heimat der Semi­ten ist die Welt östlich des Mit­telmeeres und des Roten Meeres. Vom “frucht­baren Halb­mond” — dem Wei­de- und Ack­er­land südlich der Türkei in den heuti­gen Staat­en Syrien und Irak — find­et sich die Urheimat der semi­tis­chen Sprache bis hin­unter zum Süden der ara­bis­chen Hal­binsel, von wo es “Südarabern” aus dem Jemen bere­its im ersten Jahrtausend vor Chris­tus gelun­gen war, einen “semi­tis­chen Brück­enkopf” am Gegen­ufer in Äthiopi­en zu begrün­den.
Im Nor­den und im Zen­trum der ara­bis­chen Hal­binsel wur­den Inschriften gefun­den, die in die Zeit von ca. 50 v. Chr. bis 50 n. Chr. fall­en und als Vor­läufer der ara­bis­chen Sprache ange­se­hen wer­den kön­nen. Die früh­este Man­i­fes­ta­tion der ara­bis­chen Sprache ist ein Grab­stein, der in Syrien gefun­den wurde und auf 328 n. Chr. datiert wird. Um 600 n. Chr. kön­nen die Dialek­te schon in eine west­liche und eine östliche Gruppe unterteilt wer­den. Zu dieser Zeit wur­den Gedichte in mündlich­er Tra­di­tion weit­ergegeben.
Mit der Eroberung durch die moslemis­chen Araber 640/41 gehörte auch Ägypten — und inner­halb kurz­er Zeit auch der nördliche Teil Afrikas — zum Islamisch- Ara­bis­chen Wel­tre­ich, wobei poli­tis­che Herrschaft durch Araber und die mit dem Koran ein­herge­hende Ara­bisierung (der Koran wird in sein­er ara­bis­chen Ursprache ver­bre­it­et) zum Rück­gang der mit den Arabern nah ver­wandten Hami­tis­chen Sprachen beige­tra­gen haben. 
Der Koran — die in der ara­bis­chen Sprache Mohammeds niedergelegte Offen­barung Allahs — kon­nte und durfte nur in dieser Sprache gelehrt wer­den. Zugle­ich mit der Ver­bre­itung des Islam ging also eine “Ara­bisierung” der zum Islam bekehrten Bevölkerung ein­her, die zum Studi­um des Islam zwangsläu­fig auch die ara­bis­che Sprache erler­nen mussten. Nur das Studi­um des Korans in der Sprache Mohammeds erlaubt das Ver­ständ­nis der Offen­barung Mohammeds.. Durch die Über­set­zung des Wortes Gottes in eine Fremd­sprache geht der Sinn und die Rel­e­vanz des Wortes ver­loren.
Während die in Byzanz gepflegten Werke der antiken Lit­er­atur und Wis­senschaft in das ara­bis­che über­set­zt wur­den — und über diesen Umweg das christliche “Abend­land” erre­icht­en — war die Über­set­zung des Koran (die eine “Entara­bisierung” der islamis­chen Reli­gion bedeutet hätte) ver­boten. Seit dem 8. Jh. wurde die griechis­che Kul­tur in großem Umfang assim­i­liert und die Lit­er­atur ins Ara­bis­che über­set­zt. Im Mit­te­lal­ter war die Ken­nt­nis der griechis­chen Antike (Lit­er­atur, Philoso­phie usw.) nir­gends bess­er als in Ara­bi­en. Im Mit­te­lal­ter waren die Araber bedeu­tende Astronomen, Math­e­matik­er und Medi­zin­er, so dass zahlre­iche astronomis­che (Zenith, Alde­baran …), math­e­ma­tis­che (Alge­bra, Zero …) und medi­zinis­che (Elix­i­er, …) Ter­mi­ni aus dem Ara­bis­chen stam­men.
Die Herrschafts- und Kul­tur­sprache der Islamis­chen Welt war nach der Eroberung das Ara­bis­che des Koran, das wohl auf­grund sein­er Ähn­lichkeit zur hami­tis­chen Sprache nicht nur von den Fel­lachen Ägyptens, son­dern von den meis­ten hami­tis­chen Stäm­men Nordafrikas assim­i­liert und als eigene Umgangssprache angenom­men wurde. Lediglich die Pers­er und türkischen Stämme — deren Sprache keine Ver­wandtschaft mit dem Semi­tis­chen aufweist — kon­nten sich der “Ara­bisierung” der eige­nen Umwelt entziehen.

In Ägypten erfol­gte die Ara­bisierung vor allem zwis­chen dem 10. und dem 13. Jahrhun­dert, und dieser Ara­bisierung Ägyptens fol­gt die Ara­bisierung Nordafrikas- der heuti­gen Maghreb-Staaten.

2.2.: Das Kalifen­re­ich von Damaskus und Bag­dad:
Die Aus­bre­itung der ara­bis­chen Sprache und Schrift und damit die des Islam hängt eng mit der zweit­en großen Blütezeit der “ara­bis­chen Welt” zusam­men — dem Kali­fat von Damaskus und Bag­dad.
Nach dem Tode Mohammeds gelang es, einen engen Gefol­gs­mann zum Nach­fol­ger (chal­i­fa) zu wählen. Abu Bakr und weit­ere drei Kalifen (die soge­nan­nten 4 “Recht­geleit­eten” — raschi­den) führten als Ober­haupt der Gemeinde das poli­tis­che Werk Mohammeds fort. 
Das zunächst aus Stammesver­bän­den gebilde­ten Heer der ara­bisch-islamis­chen Stre­itkräfte bran­dete und über­rollte den Ost­teil des byzan­ti­nis­chen Reich­es. Am Ende der Herrschaft des zweit­en Kalifen (644) hat­ten die ara­bis­chen Stre­itkräfte ganz Ara­bi­en, die syrischen und ägyp­tis­chen Prov­inzen der griechis­chen Byzan­ti­ner erobert und mit der Beset­zung des iranis­chen Sasani­dis­chen Reich­es begonnen. 
Das ara­bis­che Heer hat­te sich von ein­er Stammeshorde zu ein­er gut organ­isierten Stre­it­macht ver­wan­delt, das durch den Ein­satz von Kame­len als Fort­be­we­gungsmit­tel den Krieg über große Ent­fer­nun­gen und durch trock­enes Wüsten­gelände an uner­wartete Flanken des Feines tra­gen kon­nte. Nicht nur die Aus­sicht auf Beute — auch die inte­gra­tive Kraft eines Glaubens, die glühende Überzeu­gung, den recht­en Glauben zu ver­bre­it­en, hat­ten diesen Wan­del bewirkt.
In den Teilen Syriens und des Zweistrom­lan­des, die bere­its von Volksstäm­men ara­bis­ch­er Herkun­ft und Sprache bewohnt waren, viel auch der Islam auf frucht­baren Boden. Jedes Kind kon­nte den in ara­bis­ch­er Sprache vor­ge­tra­ge­nen Koran ver­ste­hen, und seine Regeln befol­gen.
In einem Zeitraum von weni­gen Jahren war auf der ara­bis­chen Hal­binsel ein Großre­ich ent­standen, das den gesamten klas­sis­chen semi­tis­chen Sprachraum umfasste — ein­schließlich der dicht bevölk­erten Gebi­ete des Frucht­baren Halb­monds — und dabei war, sich auf die angren­zen­den Völk­er zu erstreck­en.
Die Feld­lager der ara­bis­chen Armeen — in den großen Städten wie Bas­ra und Kufa im Irak, Fus­tat (das spätere Kairo) in Ägypten oder als Kern­punkt neuer Sied­lun­gen — entwick­el­ten sich schnell zu Han­dels- und Wirtschaft­szen­tren des neuen ara­bis­chen Reich­es, in denen die Heer­führer auch poli­tis­che Funk­tio­nen wahrnahmen. 

Dies führte bere­its unter dem drit­ten- und vierten Kalifen zu Span­nun­gen zwis­chen den einzel­nen Heer­führern, die zum Schluss in einen regel­recht­en Bürg­erkrieg mün­de­ten. Med­i­na, Bas­ra und Damaskus bilde­ten die Keimzellen eines inner­ara­bis­chen Machtkampfes, den Mu’awiya aus Damaskus für sich entschei­den kon­nte. Sein Geg­n­er, der Kalif Ali, wurde in sein­er eige­nen Stadt Kufa ermordet.

2.2.1: Die Omai­jaden (Umaiyaden) — das Kali­fat von Damaskus
- let­zte gemein­same ara­bis­che Herrschaft -:
Mit dieser Machüber­nahme begann das “Kali­fat von Damaskus”, das nach Med­i­na zur neuen Haupt­stadt bes­timmt wurde. Dieser Wech­sel war insoweit glück­lich, als im frucht­baren Halb­mond genug Lebens­mit­tel pro­duziert wer­den kon­nten, um nicht nur das Heer, die Regierung und den immer prunk­volleren Hof zu unter­hal­ten. Von hier lies sich das östliche Mit­telmeer mit seinem Hin­ter­land viel leichter kon­trol­lieren als von Med­i­na aus Von hier aus war es sehr viel näher zu den “Front­ge­bi­eten” im Osten, Nor­den und West­en, der Nach­schub kon­nte über kurze Wege zu den Ein­satzge­bi­eten des Heeres geführt wer­den, und wichtige Entschei­dun­gen wie auch Trup­pen­ver­stärkun­gen waren über die kürz­eren Wege leichter zu erhal­ten (das “impe­r­i­al over­stretch­ing” ist auch heute gefürchtet). Und tat­säch­lich gelang es, den Schwung des ara­bis­chen Vor­marsches fort zu set­zen und an der Süd­küste des Mit­telmeeres zum Maghreb vorzu­drin­gen. 
Ara­bis­che Stre­itkräfte errichteten in Kairu­an (Tune­sien) eine erste wichtige Gar­ni­son im Maghreb, von der aus die marokkanis­che Atlantikküste und bald darauf auch die spanis­che Hal­binsel erre­icht und beset­zt wer­den kon­nten. 
Gle­ichzeit­ig griff die islamis­che Eroberung im Osten über die Gren­zen des heuti­gen Iran hin­aus und erre­ichte mit dem Oxus (Amu Dar­ja) den Rand­bere­ich der zen­tralasi­atis­chen Steppe. 
Während aber im West­en die sprachver­wandten hami­tis­chen Völk­er nach­wirk­end ara­bisiert wur­den gelang es nicht, die ara­bis­che Sprache im Iran heimisch zu machen. Das kul­turell hoch ste­hende Sasaniden­re­ich hat­te der ara­bis­chen Dich­tung seine eige­nen Werke ent­ge­gen zu set­zen, die bei der bre­it­en, Pahle­vi sprechen­den Bevölkerung, weit­er­hin Anklang fan­den — und auch die türkischen Stämme, auf die in Zen­tralasien getrof­fen wurde, kon­nten der ara­bis­chen Sprache, nicht aber dem in der Wüste ent­stande­nen Islam wieder­ste­hen.
Die Ara­bis­chen Her­ren waren nur eine vom Volk getren­nte Besatzungstruppe, deren Herrschaft auf eine gut funk­tion­ierende, besol­dete Armee und einen eingear­beit­eten Steuer- und Beamte­nap­pa­rat gegrün­det wurde.

Mit den Umaiyaden begann die Pracht der bekan­nten Welt in Damaskus Einzug zu hal­ten. Die Beute aus Eroberungskriegen — aber auch Trib­ut- und Han­del­swaren fan­den den Weg in diese ehe­ma­lige “Prov­inzs­tadt am Rande des oströmis­chen Reich­es”. Aus den Stammes­führern ent­stand eine städtis­che Monar­chie, die sich zunehmend von den führen­den Fam­i­lien in Mek­ka und Med­i­na ent­fremdete. 
Die Umaiyaden began­nen zudem, die Paläste und Gut­shöfe der oströmis­chen Vorbe­sitzer in Syrien zu übernehmen — und sich diese über­nommene oströmis­che Kul­tur anzueignen. Während die Bewässerungsan­la­gen auf den Feldern weit­er gepflegt wur­den, entspan­nte sich der neue ara­bis­che Adel in Bädern mit Mosaik­fußbö­den und reich geschmück­ten Deck­en, und über die Ver­mit­tlung byzan­ti­nis­ch­er Gelehrter wurde der reiche Wis­senss­chatz der Antike für die ara­bis­che Welt zugänglich gemacht.
Zugle­ich mit der Ver­städterung der ara­bis­chen Armeen und Feld­lager begann der Bau von Häusern für das Gemein­schafts­ge­bet, den mas­d­schid (Moscheen); der Felsendom in Jerusalem (auch als poli­tis­ches Zeichen des Tri­umphes des Islam gedacht) erhielt Geschwis­ter, große Moscheen wur­den in Damaskus und Alep­po, in Med­i­na und Kairu­an und bald darauf auch in Cor­do­ba, der ara­bis­chen Haupt­stadt Spaniens errichtet.
Diese Moscheen — in der Gebet­srich­tung auf Mek­ka aus­gerichtet, und mit dem Minarett zum Gebet­sruf verse­hen — waren nicht nur “Gotteshäuser”. Die Moscheen entwick­el­ten sich auch zu Zen­tren der Gelehrsamkeit — den ersten ara­bis­chen Uni­ver­sitäten der Welt.
Das Kali­fat von Damaskus kann aus heutiger Sicht als die Epoche gel­ten, in der sich die ara­bis­chen Stammeskrieger — nun mit dem Islam — erneut zu einem der kul­turell höchst entwick­elt­sten Völk­er der dama­li­gen Zeit entwickelten.

Mit dem Auf­schwung der Dynas­tie von Damaskus wur­den aber bald auch die Gren­zen des Wach­s­tums erre­icht.
So frucht­bar der ara­bis­che Halb­mond im Gebi­et um Damaskus ist — der Hof wurde zuse­hends von den östlich gele­ge­nen Län­dern Mesopotamiens abhängig. Das bewässerte Kul­tur­land zwis­chen Euphrat und Tigris entwick­elte sich immer mehr zum Wirtschaftsmo­tor des Reich­es.
Dort aber war der iranisch-sasani­dis­che Kul­turbere­ich von starkem, boden­ständi­gen Ein­fluss — und ein Zweig der Propheten­fam­i­lie, die Nachkom­men seines Onkels Abbas beanspruchte die Nach­folge des Propheten “inner­halb der Fam­i­lie” anzutreten.

Bin­nen kurz­er Zeit gelang es, ein schlagkräftiges Heer aufzustellen und den let­zten Umaiyaden-Kalifen in mehreren Schlacht­en (749 — 750) zu schla­gen, bis nach Ägypten zu ver­fol­gen und dort zu ermorden.

2.2.2. das ein­heitliche ara­bis­che Reich zer­bricht — die Nach­fol­ger der Umaiyaden:
2.2.2.1. Spanis­ches Omai­jaden-Reich — Mit­tler zwis­chen Islam und Mit­te­lal­ter

Damit war die Herrschaft der Umaiyaden allerd­ings noch nicht been­det. In Spanien — oder Andalus, wie die ara­bis­che Prov­inz des Kali­fats nach den Wan­dalen benan­nt wurde — in Andalus also bestand seit 710 ein Prov­inz des Kalifen­re­ich­es, dessen Ein­fluss bis zu den spanisch-französichen Gren­zge­bir­gen reichte. 
Nach der Machter­grei­fung der Abbasi­den suchte ein Umaiyade Zuflucht und Unter­stützung in Andalus. Dies führte 756 zur Begrün­dung ein­er neuen omai­jaden-Dynas­tie, die über 300 Jahre an der Macht blieb und schon im 8. und 9. Jahrhun­dert in engem Kon­takt mit dem Franken­re­ich Chlod­wigs und dem Karolinger­re­ich (Karl d. Große) stand — das Emi­rat von Cor­do­ba. 
Wie in Syrien nutzten die Omai­jaden — die schon im Hed­schas auf der ara­bis­chen Hal­binsel Stadt­be­wohn­er waren — ihre Macht, um die Inter­essen der Städte und des besiedel­ten Lan­des zu födern. Die Städte — zuerst Cor­do­ba und dann Sevil­la als weit­er­er Fürsten­sitz — wuch­sen mit den gestiege­nen Ern­teerträ­gen, die auf­grund der erweit­erten kün­stlichen Bewässerung erre­icht wer­den kon­nten.
Die Omai­jaden bracht­en nicht nur die Ken­nt­nis der Bewässerung aus dem Nahen Osten mit — über den Umweg “vie Andalusien” gelangte die Ken­nt­nis der antiken Schriften wieder in den West­en, ara­bis­che Uni­ver­sitäten bracht­en die ara­bis­chen Zahlen, die höch­sten Ken­nt­nisse von Alge­bra und Astronomie direkt an die Gren­zen des Abend­lan­des.
Araber aus Syrien, aber auch Berber aus dem Maghreb besiedel­ten die spanis­che Hal­binsel, die vorher nicht men­schen­leer gewe­sen war. Gemein­sam mit Arabern, Berbern und Chris­ten lebten auch jüdis­che Handw­erk­er und Händler in ein­er gemis­cht­en Gesellschaft. Zusam­menge­hal­ten war dieses “gemis­chte Staatsvolk” durch die religiöse Tol­er­anz der Umaiyaden und die ara­bis­che Sprache, die sich zunehmend zur Volkssprache aller Bevölkerung­steile entwick­elte. Diese religiöse Tol­er­anz, die gemein­same Sprache und die über Jahrhun­derte andauernde Unab­hängigkeit förderte ein aus­ge­sprochen andalu­sis­ches Selb­st­be­wusst­sein, das bere­its 929 zur Annahme des Kalifen­ti­tels durch den Umaiyadis­chen Herrsch­er führte. Mit der Herrschaft von Abd ar-Rah­man III (912–61) erre­ichte das andalu­sis­che Umaiyaden-Reich seinen Höhep­unkt. Kurz danach zer­fiel das Emi­rat in rival­isierende Araber- und Berber­dy­nas­tien, die langsam von Nor­den aus (Kön­i­gre­iche Leon, Kastil­lien, Navar­ra und Aragon) erobert und zurückge­drängt wur­den.
Zur Zeit der Staufer kon­nten sich die islamis­chen Almo­haden und das Kön­i­gre­ich Grana­da nur noch im Süden der iberischen Hal­binsel behaupten. 

2.2.2.2.: Idrisiden-Dynas­tie in Marokko:
Auch im “fer­nen West­en” — im Maghreb — regte sich Wider­stand gegen die umaiyadis­che Herrschaft in Damaskus. Auch hier ent­bran­nte der Stre­it, welche Fam­i­lie die Nach­folge des Propheten antreten dürfte. 
Diese Gebi­ete ließen sich von Damaskus aus nur noch schw­er kon­trol­lieren. Die ara­bis­chen Feld­her­ren und Ver­wal­tungs­beamten ver­fol­gten zunehmend eigene Inter­essen — und fan­den in Idris, einem Urenkel Alis, eine Führungs­fig­ur, die diese Eigen­in­ter­essen zu kanal­isieren ver­stand.
Am Ende des 8. Jahrhun­derts bildete sich in Marokko das sowohl vom andalu­sis­chen Omai­jaden- als auch von der zen­tralen abba­sidis­chen Macht im Irak unab­hängige Reich der Idrisiden. Sie erbaut­en Fes und begrün­de­ten eine Dynas­tie, die bis heute Marokko beherrscht und ihren Mach­tanspruch mit der Abstam­mung vom Propheten Mohammed legitimiert. 

2.2.2.3.: Die Abbasi­den — das Kali­fat von Bag­dad:
In Kafia wurde dage­gen Abul-Abbas (ein Nachkomme des Abbas, nicht von Ali) zum neuen Kalifen aus­gerufen — und eine neue Dynas­tie — die der Abbasi­den — hat­te die Macht ergrif­f­en und machte den Irak anstelle von Syrien zum poli­tis­chen Zen­trum der ara­bis­chen Welt, dem sich lediglich der ferne West­en — das omai­jadis­che Kali­fat Andalus und Marokko — wider­set­zten. 
Bag­dad — an einem strate­gisch ide­alen Platz gele­gen, an der “Wespen­taille zwis­chen Euphrat und Tigris, die sich im Süden in unpassier­baren Sümpfen ver­loren, und über ein dicht­es Kanal­sys­tem mit einem reichen Acker­bauge­bi­et umgeben — wurde zur neuen Haupt­stadt.
Von hier führten Han­delsstraßen nach West­en und Osten, und auf diesen Han­delsstraßen kon­nten auch Stre­itkräfte schnell ver­legt wer­den, wobei Bag­dad geo­graphisch die Mitte des Reich­es bildete, dessen Gren­zen im Osten wie im West­en nahezu gle­ich­weit ent­fer­nt waren.

In der neuen Haupt­stadt Bag­dad entwick­elte sich ein Regierungsstil, der in vie­len Din­gen als Vor­läufer des viel später auftre­tenden Abso­lutismus zu Beginn unser­er Neuzeit gew­ertet wer­den kann.
Die Kalifen ließen sich riesige, prunk­volle Paläste erricht­en, unter­war­fen Besuch­er und Gäste einem ein­schüchtern­den und aufwändi­gem Hofz­er­e­moniell, und herrscht­en durch eine Beamten­hier­ar­chie, die wieder von einem aus­gek­lügeltes Sys­tem von Spi­o­nen überwacht und kon­trol­liert wur­den. Unter den Abbasi­den wurde die Macht der islamis­chen Adels­fam­i­lien — deren Wider­stand das Umaiyaden-Kali­fat hin­wegge­fegt hat­te — gebrochen und durch ein sta­bil­eres Sys­tem ein­er aus dem Sasaniden-Reich über­nomme­nen Elite von hohen Beamten erset­zt, die dem Herrsch­er per­sön­lich (und nicht irgendwelchen wider­stre­i­t­en­den Stammes- und Fam­i­lien­tra­di­tio­nen) verpflichtet waren. 
Die Kalifen waren nicht mehr die Führer, die mit im Feld­lager der Armee zur Eroberung zogen; die Armee war eine Truppe von Beruf­s­sol­dat­en, deren Besol­dung durch ein aus­gek­lügeltes Steuer­sys­tem (beruhend auf ein­er Besteuerung der land­wirtschaftlichen Erträge und ein­er Kopf­s­teuer für Nicht­mus­lime, die nach dem Ver­mö­gen der besteuerten geschätzt wurde) gesichert war. Daneben wurde der Waren­han­del und das städtis­che Handw­erk mit ver­schiede­nen Abgaben belegt.
Die Sol­dat­en wur­den immer wieder ver­schiede­nen Gar­niso­nen zugeteilt — um die Bil­dung von Wider­stand­szirkeln und die Verbindung von beherrschtem Bürg­er­tum und herrschen­der Truppe zu ver­hin­dern. Dies schwächte allerd­ings die Kampfkraft der Truppe, bis zu Beginn des neun­ten Jahrhun­derts durch den Kauf von Sklaven und die Rekru­tierung von türkischen Nomaden eine neue Sol­daten­klasse ent­stand. Diese “Frem­den­le­gionäre” hat­ten keine Verbindun­gen zu der (mit ihrer Hil­fe zu beherrschen­den) städtis­chen Gesellschaft, sie standen — wie die Beamten­hier­ar­chie — in einem per­sön­lichen Abhängigkeitsver­hält­nis zum Kalifen.

Diese “Ent­frem­dung” von der eige­nen, ara­bis­chen Bevölkerung führte zur engeren Verbindung mit den türkischen Offizieren, vor allem als im Sumpfland des Südens Auf­stände schwarz­er Sklaven aus­brachen, die das Kern­land des Irak bedro­ht­en.
Die türkischen Mil­itär­führer erhiel­ten so immer mehr Ein­fluss auf die Regierung des Kalifen, während sich zugle­ich die Statthal­ter in den ent­fer­n­ten Prov­inzen immer mehr der Abhängigkeit ent­zo­gen und immer unab­hängiger zu herrschen began­nen. 
Je weit­er sich der Kalif vom Volk ent­fer­nte, und je mächtiger er wurde, desto wichtiger war es für die Kalifen, sich mit qua­si religiös­er Begrün­dung zu legit­imieren. 
Die Abbasi­den bemüht­en sich sys­tem­a­tisch, den Islam zur Begrün­dung für die eige­nen Herrschaft zu bemühen. Schon die Herkun­ft der Kalifen als Mit­glied der Propheten­fam­i­lie war auf diese religiöse Legit­i­ma­tion aus­gerichtet gewe­sen. 
Nun spiel­ten religiöse Wür­den­träger, die das Amt der Richter und Schlichter bek­lei­de­ten, eine immer mehr wach­sende Rolle. Der Kalif wurde vom poli­tis­chen Nach­fol­ger Mohammeds zunehmend auch von ein­er religiösen Rolle vere­in­nahmt. Der Inhab­er des Kalifen-Amtes wurde als religiös­er Nach­fol­ger des Propheten ver­standen, der durch Geschicht­en und Märchen (1001 Nacht) immer mehr dem Volk entrückt und religiös verk­lärt wurde. 

Selb­st auf dem Höhep­unkt der Macht war die Herrschaft der Abba­sidis­chen Kalifen begren­zt. Sie erstreck­te sich auf die Städte, die frucht­baren Gebi­ete im Umfeld der Städte und die Feld­lager und Stützpunk­te der Armee in den eroberten Gebi­eten.
Ferne Berg- und Step­pen­re­gio­nen standen prak­tisch nur nominell unter der Herrschaft Bag­dads. Zugle­ich entwick­el­ten die Statthal­ter in den ent­fer­n­ten Prov­inzen immer mehr eigene Autorität und Macht, die bis zur erblichen Statthal­ter­schaft führten. Auf diese Weise entwick­el­ten sich lokale Dynas­tien wie der Sal­faniden im Osten, der Talu­niden in Ägybten und der Agh­labiden in Tune­sien. 
Diese Stärkung der Prov­inzregierun­gen führte dazu, dass immer weniger Abgaben nach Bag­dad gelangten. Um ihre Stel­lung in der Zen­tral­prov­inz zu hal­ten, mussten sich die Kalifen zunehmend auf ein Söld­ner­heer und ihren religiösen Nim­bus stützen. 

Türkische Seld­schuken übernehmen die Macht:
Dies führte dazu, dass die Seld­schuken oder Buyi­den — eine türkische Söld­ner­dy­nas­tie vom Rande des kaspis­chen Meeres — im Jahre 945 die Macht an sich reißen kon­nten. For­t­an war für mehrere Jahrhun­derte die mil­itärisch-poli­tis­che Macht getrennt.

Die Abbasi­den, denen das Kali­fat über weit­ere 300 Jahre nicht stre­it­ig gemacht wurde, waren nur noch religiöse Führer ohne jede tat­säch­liche poli­tis­che Macht. Das Kali­fat war nur mehr ein Schat­ten aus der Ver­gan­gen­heit.
Das Kali­fat als religiös­es Staat­samt und eine immer mehr an Ein­fluss gewin­nende türkische Mil­itäre­lite — hier find­en sich die Wurzeln dafür, dass die Kalifen­würde 1517 dem Sul­tan der Osma­n­en in Istan­bul über­tra­gen wurde.