Einzelne Wirtschaftsbranchen:
1. Kraftfahrzeugindustrie / Motorisierung:
Der KFZ-Markt und damit der Fahrzeugbau dürften als eines der wichtigsten Indizien für eine wirtschaftliche Entwicklung gewertet werden. Daß die “Oberklasse” sich ein eigenes Fahrzeug zulegt, ist die eine Sache — dass diese Fahrzeuge dann auch im Land produziert werden ist die andere Seite, denn einmal zeigt sich daran ein zunehmender Binnenmarkt für solche Produkte, und je mehr Fahrzeugproduktion stattfindet, desto mehr Arbeitsplätze entstehen — die Fahrzeugindustrie wird so zu einem der Bausteine des “Wirtschaftswunders” wie in Deutschland (VW) und der wirtschaftlichen Entwicklung eines Landes. Indien gilt weltweit als einer der wachstumstärksten Automärkte. Bereits 2006 wurden in Indien mehr als 1,4 Mio. Autos neu gebaut — und zusätzlich alleine aus Deutschland Fahrzeuge für 192 Mio. Euro importiert. Der Markt ist also vorhanden. Dementsprechend haben die Vertreter der KFZ Industrie für den Zeitraum von 2007 bis 2012 ingesamt 5 Mrd. $ an Investitionen angekündigt.
An der Entwicklung der KFZ-Industrie kann man auch den Wohlstand eines Landes ablesen. Dabei können auch die nationalen Eigenheiten des KFZ-Marktes ein Schlaglicht auf die wirtschaftliche Entwicklung des Landes werfen. Man vergleiche nur einmal die PKW-Typen, die in Nordamerika und in (West-)Europa das Straßenbild dominieren. Der typisch amerikanische, Sprit fressende Straßenkreuzer findet in Westeuropa nur bei Liebabern einen Absatz. Hier dominieren kleinere, sparsamere Modelle das Straßenbild. Und ähnlich zeigt sich das Straßenbild in Südamerika. Nicht die näher gelegenen Vereinigten Staaten, sondern die europäischen Hersteller dominieren wie in Europa mit ihren Typen das Straßenbild Lateinamerikas.
Wie schaut das nun in Indien aus?
Wenn das nach wie vor gilt, dann dürfte Indien zu einem gewaltigen Höhenflug ansetzen. Weil der öffentliche Transport Indiens nicht ausreichend ist — auch hier will Indien in den nächsten Jahren gewaltige Summen investieren, um das öffentliche Verkehrswesen und die Infrastruktur zu verbessen — ist gerade der Mittelstand an eigenen Kraftfahrzeugen interessiert. Etwa 25 % der Käufer von Motorrädern und Mopeds würden lieber ein Auto erwerben — und erst 0,8 % der Inder verfügen über einen eigenen PKW. Die Unternehmensberatung Booz Allein schätzt, dass in Indien von 2006 bis 2015 zwischen 3,5 und 6 Mio. Fahrzeuge abgesetzt werden können. Bisher sind es überwiegend preiswerte Kleinwagen, die im Wettbewerb mit Lastwagen und Bussen um wenige Quadratmeter freier Fahrbahn stehen. 2011 lag die Zahl der Neuzulassungen bei etwa 2,5 Millionen Fahrzeugen. Und fast 3/4 der Zulassungen entfallen auf Klein- und Kleinstwagen wie den Suzuki Alto, dem Wagon R oder dem Hyundai iro — also in einem Marktsegement unter 5.000,- Euro. Beispielhaft ist der Tata Nano zu nennen, oder der 2012 auf den Markt kommende RE60 des indischen Motorradherstellers Bajaj. Das sind — für europäische Verhältnisse — eher “mikrige” Fahrzeuge, nicht aber für Indien. Wer sich dort ein Auto leisten kann (und sei es noch so klein), der will das auch zeigen. Solche Fahrzeuge werden aber nicht importiert (das wäre zu tuer) — sie entstehen in einheimischen Fabriken.
Dementsprechend entwickelt sich der Kraftfahrzeugmarkt - wie früher mit Ford in den USA oder VW in Deutschland und wie in China auch — zu einem weiteren Element des Aufschwungs. Nach Schätzungen von Marktexperten kann sich Indien in den nächsten zehn Jahren (mit einem Jahresmarkt von über 25 Mrd. €) zu den fünf wichtigsten globalen Kraftfahrzeugmärkten entwickeln.
Die indischen Hersteller (Mahindra, Maruti und Tatra) können mit ihren lokal gefertigten, preisgünstigen Fahrzeugen (Tata kann seit 2008 ein Auto für 2000,- € anbieten) enorme Absatzgewinne verbuchen. Seit 2002 steigen die Absatzzahlen auf dem indischen Automobilmarkt jährlichum durchschnittlich 20 % auf rund 800.000 Fahrzeuge (2006) — und ein Ende dieses Booms ist nicht absehbar.
Asiatische Hersteller wie Honda, Hyundai, Suzuki und Toyota sind ebenfalls aktiv. “Maruti-Suzuki” hat mit dem Kleinwagen Maruti 800 — von 1985 bis 2006 in rund 2 Millionen Exemplaren verkauft — einen Marktanteil von etwa 35 %. Der heimische Hersteller Tata (Pune) belegt mit knapp 30 % einen zweiten Platz. In Bombay prodziert Mahindra in einem Joint-Venture mit Renault, mit 9 % Marktanteil der dritte der drei indischen Hersteller von Kleinfahrzeugen. Allerdings haben zunehmend auch die Hersteller von Edelmarken den Markt erkannt. Die indische Regierung gab dann auch bekannt, (Quelle: FAZ 09.11.2006) dass der Jahresumsatz der KFZ-Branche bis 2016 auf 145 Mrd. $ vervierfacht werden wird. In dieser Dekade sollen 25 Mio. zusätzliche Arbeitsplätze entstehen, die KFZ-Industrie wird dann 1/10 von Indiens BSP erzeugen. Der KFZ-Absatz soll von 1,35 Mio. Neufahrzeugen im Jahre 2007 bis 2013 auf jährlich 3 Mio. Fahrzeuge steigen. Eine 2006 verkündete Steuersenkung von knapp 25 auf 16 % — anfänglich nur für Kleinwagen — erleichtert die Investitonsentscheidung in der Fahrzeugindustrie. Dabei legt gerade die Mittelschicht auch Wert auf moderne Produkte. Und tatsächlich: die Automobilkonzerne der Welt drängen nach Indien — so, wie einst China zum Investitionsland Nr. 1 der Branche wurde. Derzeit beherrschen noch die fernöstlichen Hersteller Suzuki (Japan) und Hyundai (Korea)mit etwa 75 % des gesamten Absatzes den indischen Markt. Vor allem die Kleinwagen dieser Hersteller sind erfolgreich — so, wie der Fabia der VW-Tochter Skoda das am meisten nachgefragte VW-Modell ist, neben Bausatzfertigungen von Passat, Jetta und Touareg. Rund 90 % des indischen PKW-Marktes entfallen auf die preiswerten Kleinwagenmodelle. Mit zunehmender Vergrößerung der indischen Mittelschicht — und zunehmendem Wohlstand — entfällt auf den indischen PKW Markt aber ein immer bedeutenderes Wachstumspotential. Maruti Udyog, Indiens größter Produzent, will bis 2010 jährlich 1 Mio. Fahrzeuge verkaufen. Maruti — eine Tochtergesellschaft von Suzuki - wird mit 1 Mrd. € eine neue Fabrik für Dieselmotoren errichten und neben dem Werk in Guragon bei Dehli (600.000 Fahrzeuge Kahreskapaziät) ein weiteres Werk in Haryana errichten, dessen Kapazität von 100.000 Fahrzeuge bis 2009 auf 250.000 Fahrzeuge ausgeweitet werden soll — 100.000 davon sollen ab 2008 in Europa verkauft werden. Mit einem Gesamtinvestment von 1,6 Mrd. € sollen künftig bis zu einer Million Fahrzeuge jährlich alleine von Suzuki auf dem Subkontinent verkauft werden.
Nissan plant zugleich eine Auftragsproduktion für einen Kleinwagen bei Maruti zu vergeben, der mit einem Ein-Liter-Motor umgerechnet nicht mehr als 4000,- Euro kosten und mit jährlich 50.000 Einheiten unter dem Nissan-Logo nach Europa exportiert werden soll.
Suzuki und Nissan werden zudem in einer gemeinsamen Farbik bis zu 1,5 Mrd. $ investieren, um zunächst jährlich 350.000 Fahrzeuge auf den indischen Markt zu werfen. Nissan bedient sich dabei einer Kooperation mit Renault, um gemeinsam im Madras (Südindien) eine Autofabrik zu errichten. Hyundai - der zweite fernöstliche Riese — hat seine Kapazitäten seit 2008 auf eine Fertigungsrate von 600.000 Fahrzeugen erhöht. Tata Motors - ein Kooperationspartner von Fiat — erichtet eine neue Kleinwagenfabrik in Singur in Westbegalen, mit der ab 2008 Autos, Motoren und Antriebsteile entstehen sollen. *) 100.000 Fahrzeuge zum Stückpreis von etwa 7.000 € werden anfänglich gebaut werden. Zugleich kündigt Tata an, ein Billigauto (“Nano”) für unter 2.000 Euro auf den Markt zu werfen. Die Automobiltochter des TATA-Familienkonzerns , die bis dato vorwiegend Lastkraftwagen und Kleinfahrzeuge für den südasiatischen Markt produzierte, hat im März 2008 von Ford die angeschlagene Luxustochter Jaguar und das robuste Unternehmen Land Rover im Paket übernommen. *) Auf Grund von massiven Bauernprotesten hat der indische Autobauer Tata aber schon im September 2008 endgültig den Plan aufgegeben, im Bundesstaat Westbengalen eine Fabrik zum Bau des Billigautos Nano in Betrieb zu nehmen. „Man kann keine Fabrik unter Polizeischutz betreiben, man kann keine Fabrik betreiben, wenn Bomben geworfen werden, man kann keine Fabrik betreiben, wenn die Arbeiter eingeschüchtert werden“, sagte der Chef der Unternehmensgruppe, Ratan Tata nach einer Meldung der FAZ vom 03. Oktober. Die Fabrik war schon fast fertiggestellt, doch in den vergangenen Wochen hatten Zehntausende wieder und wieder gegen das Autowerk protestiert. Honda — der nächste Japaner auf dem indischen Markt — will zusätzlich zur bestehenden Fabrik in Noida (Jahreskapazität: 100.000 Fahrzeuge) ein weiteres Werk errichten, um ab 2010 den Absatz verdoppeln zu können.
Auch Hyundai plant, die Kapazität seiner Fabrik in Chennai ab 2008 auf 600.000 Fahrzeuge zu verdoppeln.
Von den Europäernhat inzwischen — wieder einmal — VW “die Nase vorne. Der in China so agil auftretende Vorreiter der Motorisirung eines Riesenreiches — schien für lange Zeit diesen Markt verschlafen zu haben. Vollends erschüttert wurden die Ambitionen auf ein eigenes Montagewerk durch Unsauberkeiten, die im Sommer 2005 das Vertrauen zwischen Indien und dem Konzern massiv erschütterten. Der deutsche Automobilkonzern, der die große Erfahrung mit dem Aufbau von Fabrikationsanlagen in Schwellenländern (Brasilien, China) hat, war nach seinem Korruptionsskandal bis zum Sommer 2006 über die Standortwahl nicht hinaus gekommen. Lediglich das Tochterunternehmen SKODA konnte schon im Januar 2004 ein Montagewerk in Aurangabad, nordöstlich von Bombay, eröffnen. Diese Niederlassung — die größte eines europäischen Herstellers — konnte bis zum Sommer 2006 (nur) rund 50.000 Fahrzeuge auf dem indischen Markt platzieren. Inzwischen scheint sich aber auch hier die “Lage wieder zu normalisieren”. Anstatt einer Produktionslinie im südindischen Bundesstaat Anrhra Pradesh kam der nordindische Bundesstaat Punjab ins Gespäch. Dessen Regierung habe drei Standorte zur Auswahl angeboten, in denen — nach Investitionen von rund 250 Mio. € — Volkswagen mit der Produktion von Polo und Golf auch den indischen Markt erschließen könnte. Dabei werden aber nicht einfach die europäischen Modelle nachgebaut. Die Markenbezeichnungen “Polo” oder “Vento” (für Jetta) stehen für völlig neu konstruierte Fahrzeuge, die eigens für Idien entwickelt wurden. Nunmehr wurde für mehr als eine halbe Milliarde Euro in Pune auf 140.000 Quadratmeter eine Fabrik errichtet, in der 2500 Beschäftigte ab 2011 jährlich 110.000 Fahrzeuge produzieren sollen. VW möchte im Werk neben dem Skoda Fabia vor allem Kleinwagen — zunächst auf Polo-Basis — herstellen. Daneben wird die Einführung des Kleinstwagens “Up” (Skoda) vorangetrieben, der speziell für die Schwellenläner entwickelt wurde. Die erste Jahreskapazität von 100.000 Autos, die in Pune vom Band lief, verhalf den Deutschen zu einem Marktanteil von immerhin schon 5 %. Und VW möchte — so das ehrgeizige Ziel — seinen Marktanteil auf 20 Prozent erhöhen.
Damit ist der indische Markt aber nicht erschöpft. Auch Luxusfahrzeuge werden in Indien gekauft — aber eher in kleinen Stückzahlen. Im Jahr 2010 betrug der Absatz in diesem Marktsegment gerade einmal 15.000 Fahrzeuge. Wer sich ein solches Luxuzsfahrzeug leisten kann, der kann auch den Import des Fahrzeuges von einem nichtindischen Hersteller finanzieren. Dementsprechend hält sich das Engagement von Audi, BMW oder Mercedes Benz — den deutschen Herstellern von Luxusfahrzeugen — noch in Grenzen.
Audi hat zum Jahresanfang 2008 mit der Montage von PKWs für den indischen Markt begonnen. Beginnend mit einer Jahresproduktion von 300 Fahrzeugen sollen — nach einer Investitionen von 30 Mio. Euro — bis 2015 pro Jahrüber 2000 Audi A‑6 im Bundesstaat Maharashtra vom Band laufen, und ab Ende 2008 dann auch noch der A‑4 das Sortiment vergrößern.
BMW hat sein erstes Werk Anfang 2007 in Betrieb nehmen können. In Chennai im Südwesten Indiens sollen jährlich bis zu 1.700 PKWs der 3er und 5er Reihen vorwiegend für den indischen Markt produziert werden, wobei der lokale Marktanteil mit nur 1.500 Fahrzeugen zunächst recht niedrig angesetzt scheint. Allerdings: auch hier wird eine massive Steigerung der Absatzzahlen erwartet. Nach etwas über 3.000 Luxuswagen (2006) wird bis 2013 ein Absatzplus um das Doppelte auf mehr als 10.000 Edelkarrossen erwartet. Allerdings beabsichtigt BMW auch, mit dem “Mini” auf den indischen Markt vorzudringen. Zunächst nur mit dem Verkauf von Importfahrzeugen — aber wer weiß?
Und auch die Amerikaner leisten sich derzeit (2006) mehr Zurückhaltung als offensives Engagement; Ford konnte im Jahr 2006 bis zum August lediglich knapp 30.000 Fahrzeuge absetzen — aber immerhin bereits damit den Verkaufserfolg um fast 100 % steigern. Der US-Konzern baut inzwischen mittelgroße Limousinen im Lande. Zunächst hat Ford hierzu für 375 Mio. $ ein Werk in Madras mit einer Kapazität von 100.000 Fahrzeugen errichtet. Anfang Januar 2008 wurde ein neues Investitionsvorhaben bekannt gemacht: für 500 Mio. $ soll die Kapazität des Autowerks in Madras auf 200.0000 Fahrzeuge verdoppelt werden, um auch noch ein neues Kompaktauto aus heimischer Produktion anbieten zu können. Bestandteil dieser Erweiterung ist auch ein Motorenwerk, das ab 2010 jährlich 50.000 Motoren fertigstellen soll.
Und Nutzfahrzeuge?
Mahindra & Mahindra Ltd. — mit dem Geländewagen “Scorpio” auch im Export aktiver Nutzfahrzeughrsteller — will bis 2009 insgesamt 170 Mio. € invstieren, um die Nachfrage besser befriedigen zu können. Der Konzern hatte mit Mopeds und billigen Jeeps begonnen, bau erst seit 2002 “richtige Autos” — und will alleine 2008 rund 50.000 “Scorpio” produzieren. Die Investionen der Europäer muten dagegen zurückhaltend an: während Lastkraftwagenhersteller Daimler-Chrysler und MAN (letzterer über den Kooperationsparter Force Motors) sowie über 40 deutsche Zulieferer seit Jahren im indischen Markt präsent sind, haben sich die großen Hersteller von Personenkraftwagen bis zur Jahrtausenwende zurück gehalten. Daimler-Chrysler montiert allerdings bereits seit 1994 seine luxuriösen Fahrzeuge in Indien — und Mercedes wird ab 2009 in seinem 43 Mio.-€-Werk Chakan (bei Mumbai) jährlich bis zu 5.000 PKWs herstellen können. In Pune wird von Daimler für die dortige PKW-Fertigung (10.000 Fahrzeuge pro Jahr) bis 2012 eine eigene Lackieranlage für knapp 60 Mio. Euro errichtet.
Die größten Investitionen sind vom Stuttgarter Premium-Hersteller aber im Lastwagenbereich vorgesehen. Daimler investiert mit seinem indischen Partner Hero 700 Mio. € in ein weiteres Nutzfahrzeugwerk im südindischen Chennai — dem früheren Madras am Golf von Bengalen. Dort wollen die beiden Unternehmen zusammen unter dem Markennamen “Bharat-Benz” auf einem über 1,5 Quadratkilometer großen Gelände bis zu 70.000 Lastwagen im Jahr bauen. Dabei wird die gesamte Anebotspalette abgedeckt — mit Lastwagen von 6 bis 49 Tonnen (zuzüglich der für europäische Verhältnisse weit überzogenen “Überladung”). Aus den utnerschiedlichsten Entwicklungen — dem Antrieb des japanischen “Canter” und dem 16 t Chassis des japanischen “Fighter” etwa — hat Daimler spezielle Produkte für Schwellenländer entwickelt, bei den Chassis und Führerhaus noch deutlich verstärkt wurden. Um preislich wettbewerbsfähig zu sein, sollen dabei möglichst viele lokale Zulieferer eingeschaltet werden. So wird mit Artec (Motoren und Getriebe) das bullige Herz der Lastwagenreihe in Indien gebaut.
Ein weiteres Beispiel für die “indische Karte” ist die Firma MAN-Nutzfahrzeuge, die im Mai 2006 mit dem indischen Partner Force Motors in Pithampur das erste indische Werk in Betrieb genommen hat. Nach zweijähriger Zusammenarbeit für die Fertigung von Fahrerkabinen und Motoren werden inzwischen schwere MAN-LKW komplett in Indien gefertigt. Künftig sollen dort jährlich bis zu 24.000 Schwerlastkraftwagen für Asien und Afrika produziert werden. Der indisch-asiatische Markt — mit rund 800.000 Fahrzeugen geschätzt — ist etwa doppelt so groß wie der Absatzmarkt in Europa. Erwar bisher aufgrund der niedrigen Produktionskosten aber nahezu ausschließlich asiatischen Herstellern geöffnet. Europäische Produzenten haben bisher maximal 5 Prozent dieses Marktes für sich erschlossen. Mit dem neuen Werk erhofft sich MAN aufgrund der Kostenvorteile durch die lokale Produktion einen deutlich größeren Anteil “vom Kuchen”, was — so die Erwartung der Konzernspitze — durch den Ausbau des Vertriebs- und Servicenetzes in Asien auch deutsche Arbeitsplätze sichern soll. MAN wird mit seinem Gemeinschaftswerk Pithampur ab Sommer 2007 in Indien präsent sein. Noch im ersten Jahr sollen knapp 4.000 Fahrzeuge vom Band rollen — und die Produktion wird mit dem ehrgezigen Ziel vorangetrieben, jährlich bald knapp 25.000 LKWs herzustellen und unter Ausnützung der geringeren Lohnkosten Indiens im asiatischen Markt zu verkaufen.
Mit den Fahrzeugherstellern kommen auch die Zulieferer:
Das indische Tochterunternehmen MICO (Sitz in Bangalore) des Zubehörlieferanten Bosch - Anfang der fünfziger Jahre als Zulieferer der weltweit größten Traktorindustrie gegründet — hat seinen Kurswert an der Börse zwischen 2002 und 2006 um 1200 Prozent gesteigert. Aufgrund der hervorragenden Marktchancen auf dem indischen Binnenmarkt hat sich Bosch entschlossen, bis 2009 mehr als 300 Mio. € zu unvestieren, um nicht nur am lokalen Marktwachstum zu profitieren sondern mit der kostengrünstigen Produktion auch nach Europa zu investieren. So errichtete Bosch für 100 Mio. € eine Fabrik zur Herstellung von Dieseleinspritzsysteme in Bangalore. Aus der im Sommer 2006 eingeweihten Fabrik sollen jährlich bis zu 300.000 Stück dieser “Dieselpumpen” auf den Markt geworfen werden. Bis 2010 wird sogar ein Marktanteil von bis zu 600.000 Exemplaren angestrebt. Die Chancen für weitere Expansion des Unternehmens stehen gut. MICO verfügt über ein landesweites Netz von Fachwerkstätten, und robuste Fahrzeuge mit Dieselmotoren dürften bald bis zu 2/3 des KFZ-Markts in Indien bestreiten.Die 10 größten KFZ-Zulieferer beschäftigten Anfang 2008 insgesamt über 25.000 Mitarbeiter — bei einem Umsatz von 1,2 Mrd. €. Dabei werden zunehmend die entsprechenden Teile in Indien selbst entwickelt, in Orientierung an europäische Standards.
Externer Link: FTD — Autoland Indien — auf dem Sprung
Indien sieht zugleich die Gefahren, die durch den Energieverbrauch dieser Motorisierung entstehen werden. Die indische Regierung will in großem Maßstab “Biodiesel” gewinnen. Das “Center for Jatropha Promotion” soll aus landwirtschaftlichen Flächen mit der Purgiernuss (Jatropha-Strauch) pro Hektar 1 Tonne Biodiesel gewinnen. Eine Raffinierie mit einer Gesamtkapazität für 10.000 Tonnen ist in Hyderabad bereits in der Erprobung.
2. Software für die Welt:
Die Softwareschmiede Indien braucht hier nicht mehr vorgestelt zu werden. Namen wie Infosys (1,6 Mrd.$ Umsatz in 2005, 50.000 Angestellte) oder Genpact (dem Call-Center bei Dehli mit monatlichen! Wachstumsraten von 10 % (13.000 Angestellte in 2005) sind heute weltweit bekannt.Alleine in Bangalore werkeln 25.000 Software-Ingenieure für die EDV-Firmen der Welt, und in Hyderabad bauen Firmen wie Intel, Texas Instruments und SAP mit mehreren Tausend weiteren Ingenieuren ein weiteres “indisches Silicon Valley” auf.
Die erfolgreichen genießen das Leben in Discos, Nachtclubs und Restaurants wie überall auf der Welt.
Der Boom der indischen Software-Schmieden ebbt nicht ab. Am 7.6.2006 berichtete die Süddeutsche Zeitung, dass der Computerriese IBM bis 2009 insgesamt 6 Milliarden $ in Indien investieren wolle, um sein Engagement in Indien — insbesondere im Bereich Dienstleistungen, Forschung und Entwicklung zu verdreifachen. Dabei habe IBM bereits 40.000 Angestellte in 14 indischen Städten. Robert Bosch India — als Zubehörlieferant für die Kraftfahrzeugindustrie bekannt — beschäftigt 15.000 Mitarbeiter in Indien, davon gut 3.000 Mitarbeiter in der Forschungsabteilung; Bangalore ist damit der zweitgrößte Entwicklungsstandort der Firma. Dabei arbeitet Bosch nicht nur im Bereich des elektronischen KFZ-Zubehörs, sondern auch in der Entwicklung von Software, etwa für die Buchhaltung des Konzerns.
3. Biotechnologie:
Ein weiteres Standbein des indischen Wirtschaftsaufschwungs ist die Biotechnologie, die 2005 erstmals 1,07 Mrd. $ Jahresumsatz erwirtschaften konnte und jährliche Wachstumsraten von über 35 % verzeichnen kann.