Wirtschaftsprobleme:
Indiens Aufschwung wurde bisher vom Dienstleistungssektor getragen, der knapp 61 % zum BIP beiträgt (2006). Etwa 20 % werden durch die Landwirtschaft und nur knapp über 19 % durch die Industrie beigesteuert. Der Dienstleistungssektor schafft im Verhältnis aber nur wenige Arbeitsplätze — und der Boom dieser hochqualifizierten Arbeitsplätze flacht ab. So steuert der IT-Bereich mit rund 40 Mrd. $ etwa 4 % zum BIP bei — die Zuwachsraten brechen aber langsam ein, von 33 % (2006) auf nur noch 27 % im Folgejahr. Die jährlich 250.000 gut ausgebildeten Absolventen der indischen Hochschulen — wie dem renomierten “Indian Institut of Technology” (ITT) reichen bei Weitem nicht aus, die freien Arbeitsplätze (bis zu 1,3 Mio. jährlich) zu besetzen. Die Folge sind enorme Lohnzuwächse. Indien ist längst nicht mehr der “Billigheimer” der IT-Branche. Mehr als 700 Millionen Inder sind in der wenig produktiven Landwirtschaft tätig — und die Tagelöhner und Bauern erreichen meist nicht einmal Verdienste von 2 $ täglich. Die Folge ist eine zunehmende Landflucht. Abermillionen von Arbeitsplätzen müssten generiert werden, um diesen — vielfach ungelernten Arbeitskräften — ein ausreichendes Einkommen zu sichern. Größtes Problem aber ist die fehlende industrielle Basis. Während China mit einfachen Arbeitsplätzen rund 100 Millionen entwurzelter Bauern ein Auskommen in den boomenden Städten ermöglichte bestehen in Indien nur 7 Millionen Industriearbeitsplätze. Das ist zu wenig, um der auserhalb der Hochschulen nachwachsenden Jugend — mehr als 50 % der Inder sind noch keine 25 Jahre alt und haben ihr Arbeitsleben noch vor sich — ausreichende Berufs- und Karrierechancen zu eröffnen. Alleine 70 Millionen Inder werden von 2008 bis 2013 in den Arbeitsmarkt drängen. Indien muss also daran arbeiten, den industriellen Sektor enorm zu verstärken. Entsprechenden Ambitionen stellen sich aber große Hindernisse in den Weg:
Hindernis Bürokratie:
Die in Jahrzehnten gewachsene Staatsbürokratie kann zu einer echten Investitionsbremse werden. Die seit 1991 durchgeführte Öffnung des Staates hat immer noch Reste der einstmals vorhandenen “sozialistischen Planwirtschaft” erhalten. Bei der Zulassung neuer Firmen müssen knapp 50 nationale und über 150 regionale Gesetze beachtet werden. Diese Hindernisse kosten Zeit. Der Chiphersteller Intel wollte diese Prozeduren nicht abwarten — und hat entschieden, ein 2,5 Mrd. $ Werk nicht mehr in Indien sondern in China zu errichten. Hindernis Infrastruktur:
Die mangelnde Infrastruktur ist zur Jahrtausendwende eines der größten Probleme Indiens. Der Investitionsbedarf in Straßen und Eisenbahnlinien, Flugplätze und Häfen, die Strom- und Wasserversorgung wird nach Angabe der FAZ (01.12.2006) auf 320 bis 500 Mrd. $ geschätzt. Der Wirtschaftsboom Indiens erlaubt allerdings enorme Investitionen. Im Jahr 2004 wurde noch eine Investition von 150 Mrd. $ für den Zeitraum bis 2015 angekündigt. Im Jahr 2007 sind schon 320 Milliarden Dollar — bis 2012 — avisiert. Die Eisenbahnen sind heillos überlastet. Hunderte von Passagieren quetschen und drängen sich — nicht nur im Nahverkehr Bombays — in und auf die Waggons der Züge. Derzeit (2006) umfasst das indische Eisenbahnnetz etwa 63.000 km, zum Teil marode und sanierungsbedürftig. Indien möchte dieses Netz erneuern und ausbauen. Für eine mit japanischer Unterstützung projektierte Hochgeschwindigkeitsbahn, die für den Güterverkehr zwischem Mumbay und Dehli errichtet werden soll (über 1.350 km) und eine Verlängerung von Dehli nach Kalkutta (1.450 km) sind 5 Mrd. $ vorgesehen — mit einem anvisiert Fertigstellungstermin im Jahr 2011. Straßen sind in einem maroden Zustand. Selbst auf den sogenannten Autobahnen behindern Eselkarren und Kühe den Verkehr, und die meisten Überlandstraßen — kaum zweispurige Schlaglochpisten ‑sind nach europäischen Verhältnissen nicht einmal als Landstraßen zu bezeichnen. Der Neubau von Autobahnen — geplant ist eine Autobahn, die alle großen Städte ‑Mumbai (Bombay), Ahmadabad, Udaipur, Jaipur, Dehli, Varanasi, Kalkutta, Chennai (Madras) und Bagalore in einem Zirkelschluß verbinden soll — kostet Zeit und Geld. Die “Golden Quadrilateral” wird allerdings demnächst offiziell fertig gestellt: 6000 km mehrspuriger Autobahn werden die indischen Wirtschaftszentren miteinander verbinden und zu Kristallisationssträngen der Entwicklung werden.In dieser Ausgangslage hat sich der Luftverkehr zu einer Alternative entwickelt. Die beiden indischen Staatsairlines — Air India und Indian Airlines — sind zwar seit Jahren in behäbiger Bürokratie versunken, aber private Fluglinien erleben einen beispielhaften Aufschwung. So ging 1994 Jet Airways in den Markt — ein privater, an der Börse notierter Anbieter, der bis zum Jahr 2005 mit 51 Flugzeugen im Bestand die zweite große Staatslinie, Air India, überholt hat. Sahara Airlines (seit 1995 im Geschäft). Air Deccan (seit August 2003) und Kingfisher Airlines sowie Spice Jet (beide 2005) runden die Riege der privaten Anbeiter ab. Aufschwung erhielt die rasante Entwicklung mit einer ebenso einfachen wie bestrickenden Idee des Gründers von Air Deccan, der mit Aviation Private Limited bereits Indiens größe private Hubschraubergesellschaft führte. Nahe fast aller größeren indischen Städten befinden sich Flugpisten, vielfach Militärflugplätze, die für die großen Passagierflugzeuge der Staatscarrier aufgrund der kurzen Start- und Landepisten nicht geeignet sind. Anstatt Milliarden in den Ausbau der Flugplätze zu stecken sollen kleine Flugzeuge den Transit zwischen diesen Plätzen und Zubringerdienste zu den großen Internationalen Fluglinien übernehmen. Air Decca startete — nach den für Indien beinahe üblichen bürokratischen Hemmnissen — mit einer ATR 42 einen “Billigflugverkehr”. Auch andere Firmengründer haben diese Geschäftsidee übernommen. Von 1994 bis 2004 hat sich der Anteil der privaten Carrier am Passagieraufkommen um 20 % auf knapp 60 % erhöht. Das ist vor allem auch einer stark steigenden Nachfrage zu verdanken. Wachsende Einkommen einer immer größer werdenden Mittelschicht, und auch der internationale Tourisus sind die “Hauptqellen” dieses Wachstums.
Hindernis Energieversorgung:
Indien gehört — wie China — zu den Volkswirtschaften mit den größten Zuwächsen und damit mit einem ständig steigenden Energiebedarf. Ein Drittel der indischen Stromproduktion wird zudem in den Städten “illegal abgezapft” oder geht auf anderen Wegen verloren. Die ständigen Stromausfälle kosten der indischen Industrie — die Südd. Zeitung (29.10.2007) zitiert eine Schätzung der Weltbank — etwa 8 % des Umsatzes.
Derzeitiger Energiemix:
Derzeit (Anfang 2007) stammen 37,4 % der indischen Primärenergieträger aus Biomasse und Abfall, 34,1 % aus Kohle, 22,2 % aus Erdöl, 4,1 % aus Erdgas, 1,4 % aus erneuerbaren Energien und 0,8 % aus Atomkraftwerken — deren Entwicklung allerdings (mit der damit verbundenen Entwicklung der Atombombe) 0,5 % des BIP verschlingt (Quelle: Süddeutsche Zeitung, Ostern 2007).
Indien ist — wie China — auf der Suche nach dem “richtigen Energiemix”, der den nationalen Gegebenheiten und Bedürfnissen am Besten entspricht.
Externer Link:
Indien — auf der Suche nach dem richtigen Energiemix — (www.bmu.de) Wenn Indien weiterhin jährliche Wirtschaftsraten von 7 % erwirtschaften will, dann muss die Stromproduktion - so die Firma McKinsey — künftig innerhalb von 5 Jahren jeweils um 75 % steigen. Der Elektrizitätsbedarf ist bereits heute während der Spitzenbelastungen um etwa 15 % höher als die landesweite Produktion von 120.000 Megawatt. SeineEnergieversorgung beruht zum Einen auf seinen großen Kohlevorkommen, zum Anderen auf den Ressourcen, die durch den Bau von Wasserkraftwerken im Himalaja genutzt werden können. Das ist nicht allzu viel für ein Land, das einen ganzen Subkontinent mit Strom versorgen muss. Dementsprechend leiden gerade ländliche Gebiete unter der fehlenden Energieversorgung — und auch in den industrialisierten Gebieten bricht die Produktion immer wieder zusammen, weil für Stunden die Energieversorgung ausfällt. Eigene Stromversorgung gehört in vielen Industrien — etwa in dem gegen Stromausfälle besonders empfindlichen EDV-Sektor, der einen Hauptpfeiler des indischen Wirtschaftswachstums bildet — zu den Überlebensnotwendigen Voraussetzungen eines Wirtschaftsstandorts.
Erneuerbare Energien:
Die erneuerbaren Energien sollten in dieser Kalkulation von 3.800 MW bis 2012 auf 12.000 MW mehr als verdreifacht werden und dann sechs Prozent der Gesamtleistung erbringen. Bis 2012 sollen außerdem eine Million Haushalte ihr Wasser mit Solarenergie erhitzen, 4.500 Dörfer durch die Technik der Erneuerbaren mit Elektrizität versorgt werden, fünf Millionen solarbetriebene Straßenlaternen und zwei Millionen Solar-Home-Systeme zum Kochen mit Solarenergie aufgestellt werden, 30 Millionen Haushalte sollen optimierte Holzöfen bekommen und drei Millionen Haushalte eine Kleinbiogasanlage bekommen. In Daman — einem Stadtstaat ca. 150 km nordöstlich von Mumbay (früher als Bombay) bekannt, werden 80 Prozent der Windkraftanlagen für den Subkontinent produziert. Das Land besitzt die weltweit fünftgrößte installierte Windkraftleistung (1.700 MW Leistung), zusätzlich könnte die Windenergie vor allem an den Küstenstandorten bis zu 45.000 Megawatt an elektrischer Leistung zusätzlich erbringen. Bis 2012 sollen in Indien Windräder mit einer Leistung von 6000 MW stehen.
Der Anteil erneuerbarer Energiequellen soll deshalb bis zum Jahr 2012 um rund 10.000 MW auf ca. 6% der prognostizierten Gesamtkapazität der Stromerzeugung ansteigen.
Obwohl Indien — mit Brasilien — weltweit führender Produzent von Zuckerrohr ist, hat Indien nicht in gleichem Maße wie Brasilien auf die Einführung von Äthanol-Brennstoffen gesetzt. Ursächlich ist wohl auch die unsichere Ernte. 2003 bis 2005 ging aufgrund von Trockenheit und Dürre der Ernteertrag so zurück, dass die nationale Nachfrage nur durch Inanspruchnahme von 13 Mio. t. staatlicher Zuckerreserven gedeckt werden konnte. Erst 2005/2006 ist wieder soviel geerntet worden, dass neben der Ergänzung der nationalen Reserven ein Zuckerausfuhr von 1,5 Mio. t. erreicht wurde. Für das Erntejahr 2007 wird — bei einem Eigenbdarf von 21 Mio. t. — mit einer Ernte von gut 25 Mio. t. Zucker aus Zuckerrohr gerechnet. Das ist zu wenig, um damit eine auf Zuckervergärung gerichtetete Treibstoffindustrie aufzubauen. Ein weiteres Problem ist der unwirtschftliche Einsatz der Biomasse in Ländern, die immer wieder Probleme haben, die eigene Bevölkerung zu ernähren. Der Mais, der für die Herstellung einer einzigen Tankfüllung Bioäthanol benötigt wird, reicht aus, um einen Erwachsenen ein Jahr lang zu ernähren. Kraftstoff aus Biomasse ist also auch eine Vergeudung von Lebensmitteln — und ineffizient dazu: die Aufforstung der Anbaufläche, um Holz zum Heizen zu gewinnen, wäre effizienter als die Vergeudung der Biomasse aus Mais, Raps oder Sojabohnen im Kraftstoff.
Atomenergie:
Nachdem Indien ohne größere Sanktionen dem exklusiven Club der Atomwaffenbesitzer beigetreten ist, wird der Ausbau seines zivile Atomwaffenprogramms massiv beschleunigt. Aus einem ersten Schwerwasserforschungsreaktor im Bhabha Atomic Research Ceter in Trombay, einem Vorort von Bombay (1955 von Kanada geliefert), wo mehrere Atomreaktoren Plutonium produzieren, ist eine ganze Kette von Einrichtungen entstanden. Bereits heute stehen indische Atomanlagen in Narora und Kota, in Kakrapar, Turapur (bei Mumbai) und Kalga am arabischen Meer sowie in Kalpahkamsüdlich vonMadras am Golf von Bengalen. Bisher erzeugen die 16 Atommeiler des Landes allerdings nur 3.900 Megawatt — 3,1 % des nationalen Energiebedarfs.
Weitere 7 Kraftwerke befinden sich im Baustadium. Gut 25 weitere Anlagen sollen bis 2020 folgen, und damit 5 % zur nationalen Energieversorgung beitragen. Indien möchte in wenigen Jahren die Produktion von Atomstrom verdoppeln (und bis 2020 auf 40.000 Megawatt vergrößern), weil Indien wohl nur mit Nuklearkraft seinen gewaltigen Energiebedarf auf Dauer abdecken kann. Im Dezemebr 2010 wurde Indiesns 20. Atomkraftwerk ans Netz genommen — fünf weitere Atomkraftwerke waren zu diesem Zeitpunkt in Bau und zusätzlich 18 Kraftwerke in der Planung. Allein die Anlage von Jaitapur südlich von Mumbai am Arabischen Meer soll in 6 Reaktoren künftig 9900 Megawatt Strom produzieren. Gerade mit dieser Energieart soll verhindert werden, dass Dritte den Energiehahn abdrehen können. Doch Indien verfügt nicht einmal über genug Uran für seine laufenden Meiler. Daher wird der Kernbrennstoff u.a. aus Russland bezogen. Indien hat sich aber immer geweigert, dem Atomwaffensperrvertrag beizutreten — was den Erwerb sensibler Technologien nicht erleichterte. Indien ist es seit Jahrzehnten größtenteils vom internationalen Handel mit Atomtechnologie und Nuklearbrennstoffen ausgeschlossen.
Nach 30 Jahren der Zurückhaltung hat die Regierung Bush nun Anfang 2006 Indien volle Kooperation bei der zivilien Kernkraftnutzung angekündigt. Mit dem Nukleardeal vom 2. März 2006 heben die USA als erstes Land die weltweiten Sanktionen auf und erkennen Indien faktisch als legitime Atommacht an — wenn und soweit Indien seine zivilien Programme — und damit der Mehrheit seiner Atomkraftwerke — der internationalen Kontrolle unterwirft. Das ist für Indien ein Problem, da nahezu sämtliche Nuklearanlagen sowohl zivilen wie auch militärischen Programmen dienen, und sich Indien nicht in seine “militärsche Karten” schauen lassen möchte. Das umstrittene Abkommen über atomare Zusammenarbeit mit den USA würde Indiens Versorgung mit nuklearen Brennstoffen für die nächsten 40 Jahre sichern, ohne dass das Land dafür im Gegenzug den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnen muss. Das Abkommen, das Indien nach jahrzehntelanger Isolation Zugang zu westlicher Technik und Brennstoffen für seine Atomkraftwerke erlaubt, ist deshalb international heftig umstritten. Das indisch-amerikanische Nuklearabkommen verpflichtet Indien nur, 14 seiner gegenwärtig 22 Nuklearreaktoren bis 2014 unter IAEA-Kontrolle stellen – Reaktoren, die ganz oder teilweise militärischen Zwecken dienen, sind jedoch davon ausgeschlossen.
Diese “Doppelnutzung” bereitet gerade den Europäern Probleme, mit den USA gleich zu ziehen. Indiens Atomprogramm stößt auch deshalb auf Misstrauen, weil trotz der Zusicherung, den 1855 gelieferten Schwerwasserreaktor nur zivil zu nutzen, 1974 eine erste Atombombenexplosion ausgelöst wurde — mit Plutonium, das aus eben diesem Reaktor gewonnen wurde.Neben den grundsätztlichen Bedenken — der fehlenden Unterzeichnung des Atomwaffensperrvertrages — wird angesichts der Entwicklung mit dem Iran auch der Zeitpunkt für eine Lockerung der europäischen Exportpolitik für falsch gehalten. Darüber hinaus ist Indien derzeit weder bereit, die Produktion waffenfähigen Spaltmaterials zu beenden, noch auf den Ausbau seines Atomwaffenarsenals zu verzichten. Indien scheint auch nicht gewillt, dem Atomwaffensperrvertrag und dem nuklearen Teststoppvertrag beizutreten.
Nach 2012 soll bei Jaitapur im Bundesstaat Maharashtra — etwa 2/3 des Weges zwischen Mumbai und Goa an der Westküste — ein gigantisches Atomkraftwerk mit 6 Reaktoren und einer Leistung von knapp 10 Gigawatt entstehen. Vom französischen Areva-Konzern wird dazu Expertise und Material für knapp 9,5 Mrd. Dollar eingekauft. Allerdings verzögert sich der Grunderwerb von den örtlichen Bauern, die wegen der Lage in einem Erdbebengebiet eine erhebliche Gefährdung befürchten und — erstmals in der indischen Geschichte — eine Anti-Atom-Bewegung bilden.
Dabei hat Indien ein gewaltiges Problem: Kohlekraftwerke, vor allem auch Atomkraftwerke, benötigen vor allem eines — ein Kühlmittel, um den erhitzten Dampf in Energie zu verwandeln. Herkömmlicherweise ist das Wasser — aber genau daran fehlt es in Indien, soweit ein Kraftwerk nicht unmittelbar an einem der großen Flüsse oder am Meer errichtet werden kann. Die Inder versuchen, diese Not mit einem zusätzlichen Gewinn zu lösen — und experimentieren mit nuklear betriebenen Meerwasserentsalzungsanlagen.
Externer Link:
www.bfai.com
Hindernis Schulbildung:
Über 50 Prozent der Bevölkerung sind jünger als 25 Jahre. Aber gerade im ländlichen Bereich ist schon der Besuch einer Grundschule ein unerfüllbarer Traum. Etwa 35 % der Bevölkerung sind Analphabeten. Nur 10 Prozent der jungen Inder haben die Möglichkeit, eine höhere Schule zu besuchen — knapp 50 % sind das in den entwickelten Ländern. Dennoch sind die Universitäten überfüllt. Jedes Jahr schließen Millionen von Studenten und Studentinnen ihr Studium an über 300 Universiäten und knapp 20.000 Colleges ab — darunter alleine 350.000 Ingenieure — und die Eliteuniversitäten wie die 9 “Indian Institutes of Technology” oder die 7 “Indian Institut of Management” gehören weltweit zu den führenden Wissenschaftsinstituten. Aber die Masse der Studenten kommt aus desolaten Instituten mit unterbezahlten Dozenten. Die Bildungsausgaben im Staatsetat sind von knapp 13 % im Jahr 1999 auf unter 11 % im Jahr 2006 gefallen. Staatliche Fördergelder versickern zudem im Sumpf von Bürokratie und Korruption. Dementsprechend vervielfacht sich die Zahl keine privater Ingenieur-Colleges und MBA-Schulen mit manchmal durchaus zweifelhafter Qualifikation.
Dementsprechend mager ist die Qualität vieler Absolventen, die zwar ehrgeizig und “hungrig” sind, die aber vielfach erst noch in den Betrieben zusätzlich geschult und trainiert werden müssten. Eine betriebliche Ausbildung und Lehre ist in Indien weitgehend nicht vorhanden.
Der Ausbau des Schulsystems hält nicht Schritt mit dem jährlichen Wirtschaftswachstum von über 8 %. Alleine im Technologiebereich werden — nach Expertenschätzung (Stand 2007) die Arbeitsplätze von derzeit 450.000 auf über 1,7 Mio. zunehmen. Alleine Infosys (IT-Diensleistungen) schuf im Jahre 2007 insgesamt 31.000 neue Arbeitsplätze, Konkurrenten wie Wipro (14.000 Stellen) folgen dicht auf. Und auch in den anderen boomenden Sektoren — in der Pharmaindustrie genauso wie in der Finanzbranche — schaffen hunderttausende neue Arbeitsplätze jährlich. Das Schulsystem Indiens kann derzeit nicht genug Absolventen. Nach Schützungen werden bis 2010 rund 500.000 Stellen für höher qualifizierte Fachkräfte und 5 Millionen Facharbeiterstellen nicht besetzt werden können. Es mangelt insbesondere an IT-Spezialisten, Naturwissenschaftlern, Bankern und Facharbeitern.
Daher greifen immer mehr Unternehmen zur Selbsthilfe: die Deutsch-Indische Handelskammer, Bosch oder SAP betreiben eigene Institute. Andere kooperieren mit staatlichen Hochschulen und finanzieren über Private Public Partnership entsprechende Lehrstühle.