1980 – Putsch und darauf folgend Bürgerkrieg:
Erst nach einem Militärputsch gelang es 1980 dem Feldwebel Doe, einem ‘echten’ Liberianer, die Macht zu ergreifen. Diesem Militärputsch folgte etwa ab 1982 ein blutiger Bürgerkrieg. Obwohl in den allgemeinen Wahlen 1985 Doe und die von ihm gegründete National Democratic Party (NDP) bestätigt wurden, ging der Bürgerkrieg weiter.
Sieben Kriegsparteien, die sich in weitere Untergruppen spalteten, fochten einen erbarmungslosen Kampf um die Vormachtstellung im Land. Liberia versank in Anarchie. Die beiden größten Bürgerkriegsparteien, die “National Patriotic Front of Liberia”(NPFL) und der “United Liberation Movement for Democracy in Liberia” (ULIMO) kontrollierten weite Gebiete Liberias.
Tausende von Kindersoldaten waren an den Kämpfen beteiligt, nachdem sie entführt und von den unterschiedlichen militärischen Gruppierungen zwangsrekrutiert wurden.
Etwa 80% der Bevölkerung wurden während des Krieges von ihren Häusern und ihrem Land vertrieben. Der Krieg zerstörte die Infrastruktur Liberias.
Wer konnte, flüchtete ins Ausland. Rund 750 000 Menschen sollen in den Nachbarstaaten Guinea, Côte d’Ivoire (Elfenbeinküste), Ghana, Nigeria und Sierra Leone Schutz gesucht haben, um dem Gemetzel zu entkommen. Schätzungen ergaben, dass bis zu 200.000 Menschen im Bürgerkrieg getötet wurden.
Dieser Krieg wurde auch nicht beendet, als Doe von der Rebellenbewegung National Patriotic Front (NPF) unter der Leitung von Charles Taylor 1989 vor laufenden Kameras bestialisch zerstückelt wurde.
Nachdem mehrere Friedensabkommen gescheitert waren, einigten sich die Kriegsparteien im August 1995 unter dem Druck der UNO auf die Unterzeichnung eines Friedensvertrages. Auch nach dem offiziellen Ende des Bürgerkriegs brachen immer wieder Kämpfe rivalisierender Gruppen aus, denen die Bevölkerung hilflos ausgesetzt war. Marodierende Banden tyrannisierten die Menschen und durchstreiften mordend und plündernd das Land.
Nach dem vorläufigen Waffenstillstand – überwacht durch eine Intervention der 1990 zur Beilegung des Konfliktes in Liberia gebildeten westafrikanischen Friedenstruppe ECOMOG (Economic Community of West African States Ceasefire Monitoring Group) — wurde der Rebellenführer Taylor 1997 an die Macht gespült, was James Torh — Geschäftsführer der inzwischen verbotenen liberianischen Menschenrechtsorganisation FOCUS, die sich gegen Kindersklaverei und für die Aufarbeitung von Menschenrechtsverletzungen während des Bürgerkrieges eingesetzt hat – in einem Interview mit AI wie folgt schilderte:
„Taylor hatte als einer der einflussreichsten Rebellenführer an den Friedensgesprächen teilgenommen, weil er sich von einer Wahl eine Festigung seiner Position versprach. Während des Wahlkampfs hat er wiederholt gedroht, dass er den Bürgerkrieg fortsetzen werde, wenn er nicht zum Präsidenten gewählt würde. Nach sieben Jahren Bürgerkrieg war die Bevölkerung zermürbt und wählte Taylor in der Hoffnung, dass das Land Frieden finden würde.
Das Gegenteil ist jedoch eingetreten. Liberia befindet sich im Krieg mit Guinea und betreibt in Sierra Leone einen Bürgerkrieg. Das Land destabilisiert die gesamte Region. Im Zentrum dieser Destabilisierung steht Charles Taylor, der in Sierra Leone die bewaffnete Oppositionsgruppe RUF aufgebaut hat und Söldner nach Guinea schickt.“
Diese Wahlen beendeten den Bürgerkrieg nicht – im Gegenteil:
Hinter der Fassade einer “demokratisch gewählten” Regierung hatten die ehemaligen Rebellenführer ein Terrorsystem aufgebaut, das nur am Ausbau der eigenen Macht interessiert ist und sich um die Nöte und Bedürfnisse der Bevölkerung überhaupt nicht kümmert. Liberias Präsident Charles Taylor behandelte die Einkünfte aus dem Holzeinschlag wie seine persönliche Kriegskasse. Seit der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen im März 2001 Sanktionen gegen Liberias Diamantenhandel verhängt hatte, war Taylor auf diese Geldquelle dringend angewiesen. Er unterstützte damit unter anderem die Rebellen in Sierra Leone.
Oppositionelle wurden erbarmungslos verfolgt, Journalisten, die Missstände anprangern, verschleppt. Die Gewalt auf den Straßen war alltäglich, Korruption bestimmte das Tagesgeschehen, der wirtschaftliche Wiederaufbau geht kaum voran, und ein großer Teil der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze.
Die Nachbarstaaten – insbesondere die Elfenbeinküste – wurden erneut von Flüchtlingen überschwemmt.
Alsw waren wieder Rebellentruppen dabei, Monrovia einzunehmen und das Land von Taylor zu befreien.
Die ursprünglich von Guinea her operierenden LURD-Kämpfer, die vor einigen Jahren ihren Angriff gegen das Taylor-Regime aufnahmen, rückten von Norden und Nordwesten auf die Hauptstadt vor. Unterstützung erhielten sie vom Movement for Democracy in Liberia (MODEL), einer Rebellenorganisation, die von der Elfenbeinküste (Côte d’Ivoire) her operierte. MODEL gelang es binnen kurzer Zeit, die strategische Kontrolle über die waldreichen Gebiete im Süden und Osten Liberias zu gewinnen.
Wie es heißt, wurde sie vom dortigen Präsidenten Laurent Gbagbo unterstützt, der sich so für Taylors Verwicklungen in die Rebellenkämpfe in diesem Nachbarland Liberias “revanchiert”.
Damit hatte Taylor den Zugriff auf das Tropenholz und damit seine letzte wichtige Einnahmequelle verloren, sein „unmittelbares Machtgebiet“ reduzierte sich zunehmend auf die Hauptstadt Monrovia, was aber seine Truppen nicht hinderte, wie marodierende Guerillas auch das Hinterland heimzusuchen.
Die Wirtschaftsinteressen der Kriegsparteien:
Wie in vielen Konflikten (nicht nur) des afrikanischen Kontinents ging es aber um knallharte Wirtschafts- und damit Machtinteressen — um Liberias Bodenschätze: Eisen, Gold, Diamanten, Blei und Edelhölzer. Die Kriegsherren plünderten Minen und Wälder aus, um mit dem Erlös neue Waffen kaufen und selbst in Wohlstand leben zu können
Externer Link:
Goldgrube Afrika – Süddeutsche Zeitung:
Die Paten des Krieges — (www.sueddeutsche.de)
Noch vor einigen Jahren (2003) mussten wir feststellen:
Der Bürgerkrieg weitet sich auf die Nachbarstaaten aus:
Der Bürgerkrieg Liberias greift inzwischen außer auf die im Norden benachbarten Staaten Guinea und Sierra Leone auch auf die östlich gelegene Elfenbeinküste über.
Sowohl die Regierungs- und Rebellentruppen Liberias nutzen die Flüchtlingslager im Westen der Elfenbeinküste zur Zwangsrekrutierung von Männern und Kindern, aber auch von Frauen, die zur Prostitution gezwungen werden – und die Bürgerkriegsparteien der Elfenbeinküste stehen dem nicht nach.
Die Regierung der Elfenbeinküste soll jedem neuen Krieger (oder für jeden neuen Krieger) ein „Handgeld“ von 250 US-$ zahlen, was bei einem Monatseinkommen von 10 $, das vielfach nicht erreicht wird, ein Vermögen darstellt.
„Gezahlt“ – wie etwa für klassische Söldner – wird von den anderen unterschiedlichen kriegführenden Parteien nichts: die Kämpfer aus Liberia und die Rebellen der Elfenbeinküste geben lediglich die Erlaubnis, dass jeder Ort, der überfallen wird, auch geplündert werden darf.
Es ist fraglich, ob diese entfesselte Soldateska – die eigentlich mehr aus unabhängig voneinander operierenden Banditenhaufen besteht – durch einen Regierungswechsel wieder „eingefangen werden“ kann.
Nachdem Taylor Anfang August 2003 Liberia mit einem Flug in das nigerianische Exil verlassen und die Macht seinem früheren Stellvertreter übergeben hatte, erklärten die oppositionellen Rebellengruppen jedenfalls schon, selbst die Macht übernehmen zu wollen.
Gleichzeitig hat ein UN-Gericht die Auslieferung Taylors gefordert, um diesen im einem Kriegsverbrecherprozeß zur Rechenschaft zu ziehen.
Drei Jahre später (Dezember 2006) können wir “Licht am Horizont Liberias” feststellen:
Charles Taylor ist vor ein internationales Sondergericht nach Den Haag überstellt worden — und Liberia?
Ausrottung, Vergewaltigung, Versklavung — (www.spiegel.de)