Am 11. Mai fing die türkische Fregatte GIRESUN (NATO) im Arabischen Meer, 200 sm von der jemenitischen Küste entfernt, eine jemenitische Fischer-Dhau ab. Das Fahrzeug war mehrere Tage zuvor von somalischen Piraten gekapert worden, die es als Mutterschiff für weitere Überfälle nutzen wollten. Sieben Fischer wurden befreit; 14 mutmaßliche Piraten in Gewahrsam genommen. Über ihr Schicksal gibt es keine weiteren Informationen. Türkische Behörden informieren regelmäßig sehr ausführlich (und „heroisch“) über derartige Festnahmen, hüllen sich danach dann aber in Schweigen. Nicht selten müssen die Verbrecher nämlich wieder frei gelassen werden, weil sich kein Land für eine Strafverfolgung findet. Solche Peinlichkeiten, die den eigenen Erfolg im Kampf gegen die Piraterie doch deutlich schmälern, will man dann doch nicht öffentlich machen.
GIRESUN befreit jemenitische Dhau (Foto: türkische Marine) |
Der Vorfall zeigt aber auch einmal mehr, dass das Aufbringen mutmaßlicher Piraten auch aus anderer Perspektive gesehen werden kann. In einer Pressemitteilung jemenitischer Behörden heißt es nämlich nur, ein türkisches Kriegsschiff habe ein jemenitisches Fischerboot beschossen, die Besatzung festgesetzt und acht Stunden lang verhört“. Zu Piraten findet sich hier kein Wort.
Am 16. Mai griffen Piraten im Golf von Oman, unweit der iranischen Küste, mit mehreren Skiffs den chinesischen (Flagge: Panama) Frachter HEILAN CRUISER an. Ein in der Nähe fahrendes Schiff der iranischen Marine reagierte auf den Notruf und nahm Kurs auf den Ort des Geschehens. Bei seiner Annäherung brachen die Piraten ihr Vorhaben sofort ab und flüchteten.
Zentrales Medienereignis der abgelaufenen Woche war allerdings der Angriff von Kräften der EU NavFor auf ein Piratencamp an der somalischen Küste. Erst kürzlich hatte die EU in einer Erweiterung der Rules of Engagement für Operation „Atalanta“ entschieden, künftig auch gegen Piratenlager an Land (bis zu einer Tiefe von 2 km) vorzugehen und dabei gezielt Boote und Ausrüstung zu zerstören. Am 15. Mai wurde dieser Beschluss erstmals in die Praxis umgesetzt. Von Kriegsschiffen vor der Küste gestartete Hubschrauber griffen ein Piratenlager bei Handulle (etwa 18 km nordöstlich von Haradhere) an und zerstörten neun Boote sowie am Strand lagernde Kraftstoffbehälter und Waffen. Zu den beteiligten Kräften hüllt man sich in Schweigen. Das Bundesverteidigungsministerium versicherte lediglich, die Deutsche Marine sei hier nicht beteiligt gewesen. Auf den Internetseiten der niederländischen Marine liest man, an diesem Tag hätten Hubschrauber der niederländischen Fregatte VAN AMSTEL und der spanischen Fregatte REINA SOFIA (beide gehören der EU NavFor an) „einen Aufklärungsflug“ durchgeführt.
Solche Aktionen sind sicher geeignet, den Piraten das Gefühl der „Unangreifbarkeit“ in ihren Sanktuarien an der somalischen Küste zu nehmen und zugleich ihre materiellen Mittel und Möglichkeiten zu Raubzügen zu begrenzen – und sie sind auch seit Langem überfällig. Bei den örtlichen Fischern stoßen sie allerdings auf wenig Gegenliebe. Unmittelbar nach dem Angriff appellierten sie an die EU NavFor, solche Angriffe doch bitte nicht zu wiederholen. Die Piraten lebten eng verzahnt mit der Bevölkerung, und ihre Boote unterschieden sich in keiner Weise von den zahlreichen, unmittelbar daneben liegenden Fischerbooten. Dem Angriff seien denn auch einige harmlose Fischerboote zum Opfer gefallen. Verifizieren lässt sich dies aus offen zugänglichen Quellen natürlich nicht, und bei der EU NavFor schweigt man sich zu Details (bisher) aus.
Kurzmeldungen
- Die Seychellen haben sich am 16. Mai bereit erklärt, im Rahmen eines Abkommens mit der Europäischen Union elf mutmaßliche somalische Piraten zur Strafverfolgung aufzunehmen. Die Männer waren am 11. Mai bei der Befreiung einer gekaperten iranischen Fischer-Dhau durch die niederländische Fregatte VAN AMSTEL (EU NavFor) festgenommen und seitdem an Bord in Gewahrsam gehalten worden. Sie wurden unmittelbar nach der Entscheidung den Behörden in Victoria (Seychellen) überstellt.
- Ein in London (Großbritannien) ansässiges Versicherungsunternehmen bietet Reedern an, die Prämien für eine Versicherung gegen im Entführungsfall zu zahlende Lösegelder um bis zu 75% zu reduzieren, wenn das betreffende Schiff durch ein bewaffnetes Sicherheitsteam geschützt wird. Die Kosten für die Lösegeldversicherung eines Großtankers könnten sich damit von derzeit 15.000 US-Dollar auf knapp 4.500 US-Dollar (pro einfache Fahrt) verringern.
Aktuelle Entwicklungen bei Einsatzkräften
Die neue russische Einsatzgruppe um den Nordflottenzerstörer VIZEADMIRAL KULAKOV hat ihren “Dienst” am Horn von Afrika aufgenommen. Am 14. Mai begann der Zerstörer der UDALOY-Klasse das Geleit eines ersten Konvois durch den Golf von Aden.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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