Update Piraterie — Stand 20.Mai 2012

Am 11. Mai fing die türkische Fre­gat­te GIRESUN (NATO) im Ara­bis­chen Meer, 200 sm von der jemeni­tis­chen Küste ent­fer­nt, eine jemeni­tis­che Fis­ch­er-Dhau ab. Das Fahrzeug war mehrere Tage zuvor von soma­lis­chen Pirat­en gekapert wor­den, die es als Mut­ter­schiff für weit­ere Über­fälle nutzen woll­ten. Sieben Fis­ch­er wur­den befre­it; 14 mut­maßliche Pirat­en in Gewahrsam genom­men. Über ihr Schick­sal gibt es keine weit­eren Infor­ma­tio­nen. Türkische Behör­den informieren regelmäßig sehr aus­führlich (und „hero­isch“) über der­ar­tige Fes­t­nah­men, hüllen sich danach dann aber in Schweigen. Nicht sel­ten müssen die Ver­brech­er näm­lich wieder frei gelassen wer­den, weil sich kein Land für eine Strafver­fol­gung find­et. Solche Pein­lichkeit­en, die den eige­nen Erfolg im Kampf gegen die Pira­terie doch deut­lich schmälern, will man dann doch nicht öffentlich machen. 

Marineforum -
GIRESUN befre­it jemeni­tis­che Dhau (Foto: türkische Marine) 

Der Vor­fall zeigt aber auch ein­mal mehr, dass das Auf­brin­gen mut­maßlich­er Pirat­en auch aus ander­er Per­spek­tive gese­hen wer­den kann. In ein­er Pressemit­teilung jemeni­tis­ch­er Behör­den heißt es näm­lich nur, ein türkisches Kriegss­chiff habe ein jemeni­tis­ches Fis­cher­boot beschossen, die Besatzung fest­ge­set­zt und acht Stun­den lang ver­hört“. Zu Pirat­en find­et sich hier kein Wort. 

Am 16. Mai grif­f­en Pirat­en im Golf von Oman, unweit der iranis­chen Küste, mit mehreren Skiffs den chi­ne­sis­chen (Flagge: Pana­ma) Frachter HEILAN CRUISER an. Ein in der Nähe fahren­des Schiff der iranis­chen Marine reagierte auf den Notruf und nahm Kurs auf den Ort des Geschehens. Bei sein­er Annäherung brachen die Pirat­en ihr Vorhaben sofort ab und flüchteten. 

Zen­trales Medi­enereig­nis der abge­laufe­nen Woche war allerd­ings der Angriff von Kräften der EU Nav­For auf ein Pira­ten­camp an der soma­lis­chen Küste. Erst kür­zlich hat­te die EU in ein­er Erweiterung der Rules of Engage­ment für Oper­a­tion „Ata­lan­ta“ entsch­ieden, kün­ftig auch gegen Piraten­lager an Land (bis zu ein­er Tiefe von 2 km) vorzuge­hen und dabei gezielt Boote und Aus­rüs­tung zu zer­stören. Am 15. Mai wurde dieser Beschluss erst­mals in die Prax­is umge­set­zt. Von Kriegss­chif­f­en vor der Küste ges­tartete Hub­schrauber grif­f­en ein Piraten­lager bei Han­dulle (etwa 18 km nordöstlich von Harad­here) an und zer­störten neun Boote sowie am Strand lagernde Kraft­stoff­be­häl­ter und Waf­fen. Zu den beteiligten Kräften hüllt man sich in Schweigen. Das Bun­desvertei­di­gungsmin­is­teri­um ver­sicherte lediglich, die Deutsche Marine sei hier nicht beteiligt gewe­sen. Auf den Inter­net­seit­en der nieder­ländis­chen Marine liest man, an diesem Tag hät­ten Hub­schrauber der nieder­ländis­chen Fre­gat­te VAN AMSTEL und der spanis­chen Fre­gat­te REINA SOFIA (bei­de gehören der EU Nav­For an) „einen Aufk­lärungs­flug“ durchgeführt. 

Solche Aktio­nen sind sich­er geeignet, den Pirat­en das Gefühl der „Unan­greif­barkeit“ in ihren Sank­tu­ar­ien an der soma­lis­chen Küste zu nehmen und zugle­ich ihre materiellen Mit­tel und Möglichkeit­en zu Raubzü­gen zu begren­zen – und sie sind auch seit Langem über­fäl­lig. Bei den örtlichen Fis­ch­ern stoßen sie allerd­ings auf wenig Gegen­liebe. Unmit­tel­bar nach dem Angriff appel­lierten sie an die EU Nav­For, solche Angriffe doch bitte nicht zu wieder­holen. Die Pirat­en lebten eng verzah­nt mit der Bevölkerung, und ihre Boote unter­schieden sich in kein­er Weise von den zahlre­ichen, unmit­tel­bar daneben liegen­den Fis­cher­booten. Dem Angriff seien denn auch einige harm­lose Fis­cher­boote zum Opfer gefall­en. Ver­i­fizieren lässt sich dies aus offen zugänglichen Quellen natür­lich nicht, und bei der EU Nav­For schweigt man sich zu Details (bish­er) aus. 

Kurzmel­dun­gen

  • Die Sey­chellen haben sich am 16. Mai bere­it erk­lärt, im Rah­men eines Abkom­mens mit der Europäis­chen Union elf mut­maßliche soma­lis­che Pirat­en zur Strafver­fol­gung aufzunehmen. Die Män­ner waren am 11. Mai bei der Befreiung ein­er gekaperten iranis­chen Fis­ch­er-Dhau durch die nieder­ländis­che Fre­gat­te VAN AMSTEL (EU Nav­For) festgenom­men und seit­dem an Bord in Gewahrsam gehal­ten wor­den. Sie wur­den unmit­tel­bar nach der Entschei­dung den Behör­den in Vic­to­ria (Sey­chellen) überstellt.
  • Ein in Lon­don (Großbri­tan­nien) ansäs­siges Ver­sicherung­sun­ternehmen bietet Reed­ern an, die Prämien für eine Ver­sicherung gegen im Ent­führungs­fall zu zahlende Lösegelder um bis zu 75% zu reduzieren, wenn das betr­e­f­fende Schiff durch ein bewaffnetes Sicher­heit­steam geschützt wird. Die Kosten für die Lösegeld­ver­sicherung eines Groß­tankers kön­nten sich damit von derzeit 15.000 US-Dol­lar auf knapp 4.500 US-Dol­lar (pro ein­fache Fahrt) verringern.

Aktuelle Entwick­lun­gen bei Ein­satzkräften

Die neue rus­sis­che Ein­satz­gruppe um den Nord­flot­ten­z­er­stör­er VIZEADMIRAL KULAKOV hat ihren “Dienst” am Horn von Afri­ka aufgenom­men. Am 14. Mai begann der Zer­stör­er der UDALOY-Klasse das Geleit eines ersten Kon­vois durch den Golf von Aden. 

In Koop­er­a­tion mit “Marine­Fo­rum — Zeitschrift für mar­itime Fra­gen

Marineforum

Alle Infor­ma­tio­nen entstam­men frei zugänglichen Quellen.

Team GlobDef

Seit 2001 ist GlobalDefence.net im Internet unterwegs, um mit eigenen Analysen, interessanten Kooperationen und umfassenden Informationen für einen spannenden Überblick der Weltlage zu sorgen. GlobalDefence.net war dabei die erste deutschsprachige Internetseite, die mit dem Schwerpunkt Sicherheitspolitik außerhalb von Hochschulen oder Instituten aufgetreten ist.

Alle Beiträge ansehen von Team GlobDef →