Update Piraterie — Stand 11.12.2011

Seit mehreren Jahren war an dieser Stelle nicht so wenig zum The­ma „soma­lis­che Pirat­en“ zu schreiben – und dies ist dur­chaus nicht mit Bedauern zu ver­melden!

Marineforum - Karte: gcaptain.com
Karte: gcaptain.com

In der abge­laufe­nen Woche wurde nur ein einziger ver­suchter Über­fall gemeldet. Pirat­en grif­f­en vor der oman­is­chen Küste im Ara­bis­chen Meer den Mas­sen­gut­frachter ATLANTICA an, gaben ihr Vorhaben aber sofort wieder auf, als ein eingeschifftes bewaffnetes Sicher­heit­steam ihre Schüsse erwiderte. 

Einziges weit­eres bericht­enswertes Ereig­nis war die „Neu­tral­isierung“ eines Piraten­bootes im Golf von Aden. Das mit sieben Män­nern beset­zte Skiff war einem den Seev­erkehr­sweg (IRTC – Inter­na­tion­al­ly Rec­om­mend­ed Tran­sit Cor­ri­dor) überwachen­den japanis­chen Seefer­naufk­lärungs­flugzeug aufge­fall­en. Als der an die Posi­tion geführte US-Zer­stör­er CARNEY (NATO) sich näherte, wurde vom Flugzeug beobachtet, wie Leit­ern und andere ver­mut­liche Pirate­naus­rüs­tung (sehr wahrschein­lich auch Waf­fen) über Bord gewor­fen wur­den. Ein Board­ingteam fand auf dem Skiff nicht mehr viel belas­ten­des Mate­r­i­al. Noch einige andere Gegen­stände sowie „über­schüs­siger“ Kraft­stoff wur­den kon­fisziert, das Skiff dann samt den sieben mut­maßlich ver­hin­derten Pirat­en in Rich­tung soma­lis­che Küste entlassen. 

Alert Map der NATO (Karte: NATO)
Alert Map der NATO (Karte: NATO

Die Gründe für diese pos­i­tive Entwick­lung wur­den an dieser Stelle schon in der let­zten Woche dargestellt, seien aber ruhig noch ein­mal wieder­holt. Zum einen haben immer mehr Schiffe ein bewaffnetes Sicher­heit­steam an Bord, und bish­er kon­nten Pirat­en tat­säch­lich noch kein einziges solcher­maßen geschütztes Han­delss­chiff kapern. 

Zum anderen zeigen aber auch die zunehmend koor­dinierten Oper­a­tio­nen inter­na­tionaler Stre­itkräfte Wirkung. Immer mehr Han­delss­chiff­skapitäne melden verdächtige Boote unmit­tel­bar an ein zen­trales Lagezen­trum, das dann sofor­tige Aufk­lärung durch Flugzeuge oder ggf. in der Nähe befind­liche Kriegss­chiffe ver­an­lasst. Nicht immer wer­den solcher­maßen gemeldete mögliche Pirat­en dann auch tat­säch­lich gefun­den, abge­fan­gen und über­prüft aber andere Han­delss­chiffe kön­nen auf jeden punk­t­ge­nau gewarnt werden. 

In der Folge entste­ht so ein zuse­hends genaueres und aktuelleres Lage­bild, dessen Infor­ma­tio­nen (z.B. die vom NATO Ship­ping Cen­tre veröf­fentlicht­en „Alert Map“) auch Han­delss­chiffe in See nutzen kön­nen, und das ihnen das Auswe­ichen vor möglichen Pirat­en ermöglicht, ohne sie gle­ich zu großen Umwe­gen zu zwingen. 

Daneben wird auch der Schutz von Kon­vois im Golf von Aden zunehmend koor­diniert­er, und schließlich wird die Überwachung der Piraten­lager an der soma­lis­chen Küste immer effek­tiv­er. Zu Kaper­fahrten auf­brechende Pirat­en wer­den häu­fig schon beim Ver­lassen der soma­lis­chen Küste erkan­nt und dann entwed­er sofort abge­fan­gen und neu­tral­isiert, oder zumin­d­est „getrackt“.

Poli­tik­er soll­ten sich allerd­ings hüten, die derzeit­i­gen Erfolge zum Anlass zu nehmen, mit Blick auf finanzielle Eng­pässe die Ein­sätze von See- und Seeluft­stre­itkräften zurück zu fahren. Ver­min­dertes Engage­ment wird den soma­lis­chen Pirat­en sofort wieder eine bessere Erfol­gsquote bescheren. Bloße Bekämp­fung der Symp­tome kann die „Krankheit Pira­terie“ nicht heilen. Die Ein­sätze von Kriegss­chif­f­en und Flugzeu­gen wer­den so lange notwendig bleiben, bis den Ver­brech­ern auch an Land und in ihren inter­na­tionalen finanziellen Ver­flech­tun­gen die Basis ent­zo­gen wird. Hier ist übri­gens die Poli­tik weit deut­lich­er gefragt als Streitkräfte. 

Aktuelle Entwick­lun­gen bei Ein­satzkräften

Bei den am Horn von Afri­ka einge­set­zten See- und Seeluft­stre­itkräften ist die Zeit vor dem Jahreswech­sel wie seit Jahren üblich von Umgrup­pierun­gen und Ablö­sun­gen gekennze­ich­net. Bei der EU Oper­a­tion „Ata­lan­ta“ hat am 6. Okto­ber Spanien die Führung der EU Nav­For von Deutsch­land über­nom­men. Der deutsche Flt­lAdm Thomas Jugel wurde vom spanis­chen KptzS Jorge Man­so abgelöst; neues Flag­gschiff wird der spanis­che Ver­sorg­er PATINO, der in dieser Funk­tion die deutsche Fre­gat­te BAYERN ablöst. Einige Tage zuvor hat­te sich die deutsche Fre­gat­te LÜBECK für zwei Monate der EU Nav­For angeschlossen, während die spanis­che Korvette INFANTA CRISTINA mit Ein­laufen in den Heimath­afen ihren mehrmonati­gen Anti-Pira­terieein­satz beendete. 

Ablö­sung und Führungswech­sel gab es auch bei der NATO Oper­a­tion „Ocean Shield“. Hier löste die Ständi­ge Ein­satz­gruppe SNMG‑2 die in den let­zten Monat­en am Horn von Afri­ka einge­set­zte SNMG‑1 ab. Mit Ein­satzende für die SNMG‑1 wech­selte dann natür­lich auch die Führung für die „Ocean Shield“-Einsatzgruppe vom ital­ienis­chen RAdm Gualtiero Mat­te­si (eingeschifft auf dem Zer­stör­er ANDREA DORIA) auf den türkischen RAdm Sinan Azmi Tosun, mit der Fre­gat­te GIRESUN (OLIVER HAZARD PER­RY-Klasse) als neuem Flaggschiff. 

Marineforum - Russischer Zerstörer ADMIRAL TRIBUTS (Foto: Deutsche Marine)
Rus­sis­ch­er Zer­stör­er ADMIRAL TRIBUTS (Foto: Deutsche Marine) 

Im rus­sis­chen fer­nöstlichen Vladi­vos­tok hat sich am 10. Dezem­ber eine neue Ein­satz­gruppe der Paz­i­fik­flotte auf den Weg in den Golf von Aden gemacht. Zer­stör­er ADMIRAL TRIBUTS (UDALOY-Klasse), Tanker PECHENGA und Hochsee­bergeschlep­per SORUM MB-37 sollen die derzeit vor Soma­lia einge­set­zte Gruppe um den Zer­stör­er ADMIRAL PANTELEYEV ablösen. 

Die bere­its abgelöste 9. chi­ne­sis­che Ein­satz­gruppe mit dem Zer­stör­er WUHAN und der Fre­gat­te YULIN hat nach einem kurzen Abstech­er in den Per­sis­chen Golf mit Besuchen in Kuwait und Oman nun die Heim­reise angetreten. 

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