Seit mehreren Jahren war an dieser Stelle nicht so wenig zum Thema „somalische Piraten“ zu schreiben – und dies ist durchaus nicht mit Bedauern zu vermelden!
Karte: gcaptain.com |
In der abgelaufenen Woche wurde nur ein einziger versuchter Überfall gemeldet. Piraten griffen vor der omanischen Küste im Arabischen Meer den Massengutfrachter ATLANTICA an, gaben ihr Vorhaben aber sofort wieder auf, als ein eingeschifftes bewaffnetes Sicherheitsteam ihre Schüsse erwiderte.
Einziges weiteres berichtenswertes Ereignis war die „Neutralisierung“ eines Piratenbootes im Golf von Aden. Das mit sieben Männern besetzte Skiff war einem den Seeverkehrsweg (IRTC – Internationally Recommended Transit Corridor) überwachenden japanischen Seefernaufklärungsflugzeug aufgefallen. Als der an die Position geführte US-Zerstörer CARNEY (NATO) sich näherte, wurde vom Flugzeug beobachtet, wie Leitern und andere vermutliche Piratenausrüstung (sehr wahrscheinlich auch Waffen) über Bord geworfen wurden. Ein Boardingteam fand auf dem Skiff nicht mehr viel belastendes Material. Noch einige andere Gegenstände sowie „überschüssiger“ Kraftstoff wurden konfisziert, das Skiff dann samt den sieben mutmaßlich verhinderten Piraten in Richtung somalische Küste entlassen.
Alert Map der NATO (Karte: NATO) |
Die Gründe für diese positive Entwicklung wurden an dieser Stelle schon in der letzten Woche dargestellt, seien aber ruhig noch einmal wiederholt. Zum einen haben immer mehr Schiffe ein bewaffnetes Sicherheitsteam an Bord, und bisher konnten Piraten tatsächlich noch kein einziges solchermaßen geschütztes Handelsschiff kapern.
Zum anderen zeigen aber auch die zunehmend koordinierten Operationen internationaler Streitkräfte Wirkung. Immer mehr Handelsschiffskapitäne melden verdächtige Boote unmittelbar an ein zentrales Lagezentrum, das dann sofortige Aufklärung durch Flugzeuge oder ggf. in der Nähe befindliche Kriegsschiffe veranlasst. Nicht immer werden solchermaßen gemeldete mögliche Piraten dann auch tatsächlich gefunden, abgefangen und überprüft aber andere Handelsschiffe können auf jeden punktgenau gewarnt werden.
In der Folge entsteht so ein zusehends genaueres und aktuelleres Lagebild, dessen Informationen (z.B. die vom NATO Shipping Centre veröffentlichten „Alert Map“) auch Handelsschiffe in See nutzen können, und das ihnen das Ausweichen vor möglichen Piraten ermöglicht, ohne sie gleich zu großen Umwegen zu zwingen.
Daneben wird auch der Schutz von Konvois im Golf von Aden zunehmend koordinierter, und schließlich wird die Überwachung der Piratenlager an der somalischen Küste immer effektiver. Zu Kaperfahrten aufbrechende Piraten werden häufig schon beim Verlassen der somalischen Küste erkannt und dann entweder sofort abgefangen und neutralisiert, oder zumindest „getrackt“.
Politiker sollten sich allerdings hüten, die derzeitigen Erfolge zum Anlass zu nehmen, mit Blick auf finanzielle Engpässe die Einsätze von See- und Seeluftstreitkräften zurück zu fahren. Vermindertes Engagement wird den somalischen Piraten sofort wieder eine bessere Erfolgsquote bescheren. Bloße Bekämpfung der Symptome kann die „Krankheit Piraterie“ nicht heilen. Die Einsätze von Kriegsschiffen und Flugzeugen werden so lange notwendig bleiben, bis den Verbrechern auch an Land und in ihren internationalen finanziellen Verflechtungen die Basis entzogen wird. Hier ist übrigens die Politik weit deutlicher gefragt als Streitkräfte.
Aktuelle Entwicklungen bei Einsatzkräften
Bei den am Horn von Afrika eingesetzten See- und Seeluftstreitkräften ist die Zeit vor dem Jahreswechsel wie seit Jahren üblich von Umgruppierungen und Ablösungen gekennzeichnet. Bei der EU Operation „Atalanta“ hat am 6. Oktober Spanien die Führung der EU NavFor von Deutschland übernommen. Der deutsche FltlAdm Thomas Jugel wurde vom spanischen KptzS Jorge Manso abgelöst; neues Flaggschiff wird der spanische Versorger PATINO, der in dieser Funktion die deutsche Fregatte BAYERN ablöst. Einige Tage zuvor hatte sich die deutsche Fregatte LÜBECK für zwei Monate der EU NavFor angeschlossen, während die spanische Korvette INFANTA CRISTINA mit Einlaufen in den Heimathafen ihren mehrmonatigen Anti-Piraterieeinsatz beendete.
Ablösung und Führungswechsel gab es auch bei der NATO Operation „Ocean Shield“. Hier löste die Ständige Einsatzgruppe SNMG‑2 die in den letzten Monaten am Horn von Afrika eingesetzte SNMG‑1 ab. Mit Einsatzende für die SNMG‑1 wechselte dann natürlich auch die Führung für die „Ocean Shield“-Einsatzgruppe vom italienischen RAdm Gualtiero Mattesi (eingeschifft auf dem Zerstörer ANDREA DORIA) auf den türkischen RAdm Sinan Azmi Tosun, mit der Fregatte GIRESUN (OLIVER HAZARD PERRY-Klasse) als neuem Flaggschiff.
Russischer Zerstörer ADMIRAL TRIBUTS (Foto: Deutsche Marine) |
Im russischen fernöstlichen Vladivostok hat sich am 10. Dezember eine neue Einsatzgruppe der Pazifikflotte auf den Weg in den Golf von Aden gemacht. Zerstörer ADMIRAL TRIBUTS (UDALOY-Klasse), Tanker PECHENGA und Hochseebergeschlepper SORUM MB-37 sollen die derzeit vor Somalia eingesetzte Gruppe um den Zerstörer ADMIRAL PANTELEYEV ablösen.
Die bereits abgelöste 9. chinesische Einsatzgruppe mit dem Zerstörer WUHAN und der Fregatte YULIN hat nach einem kurzen Abstecher in den Persischen Golf mit Besuchen in Kuwait und Oman nun die Heimreise angetreten.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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