Update Piraterie — Rekordsumme für Freilassung des Supertankers IRENE SL bezahlt

Medi­en­bericht­en zufolge soll für die Freilas­sung des griechis­chen Super­tankers IRENE SL (7. April) die Reko­rd­summe von 13,5 Mio. US-Dol­lar gezahlt wor­den sein. In dieser Woche kon­nten nun zwei weit­ere Schiffe nach Zahlung von Lösegeld die soma­lis­che Küste ver­lassen. Zunächst ließen Pirat­en am 12. April den im Dezem­ber gekaperten thailändis­chen Frachter THOR NEXUS frei; ange­blich flossen 5 Mio. US-Dol­lar Lösegeld. Nur einen Tag später kon­nte dann auch der im Jan­u­ar im Ara­bis­chen Meer gekaperte deutsche Schw­ergut­frachter BELUGA NOMINATION Anker-auf gehen und Kurs auf einen sicheren Hafen nehmen. Hier machte der Reed­er keine Angaben zur Höhe eines wahrschein­lich gezahlten Lösegeldes.

Marineforum - BELUGA NOMINATION (Foto: beluga)
BELUGA NOMINATION
Bildquelle: bel­u­ga

Angesichts der „erwirtschafteten“ Gewinne bei noch immer nur geringem per­sön­lichen Risiko kann nicht ver­wun­dern, dass die soma­lis­chen Pirat­en ihr „Geschäft“ zuse­hends erweit­ern. Die am 14. April vom Pira­cy Report­ing Cen­ter des Inter­na­tion­al Mar­itime Bureau veröf­fentlichte Sta­tis­tik für das erste Quar­tal 2011 zeigt einen Reko­rd­w­ert gemelde­ter Piratenüber­fälle. Weltweit waren es ins­ge­samt 142, von denen 97 (70 Prozent) auf das Kon­to soma­lis­ch­er Pirat­en gin­gen – fast eine Ver­dreifachung im Ver­gle­ich mit dem ersten Quar­tal 2010. 

Eine Trendwende ist derzeit nicht erkennbar. Im Gegen­teil: Ruhiges Wet­ter beschert den soma­lis­chen Pirat­en derzeit eine “Hoch­sai­son” — auch wenn sie in der abge­laufe­nen Woche kein weit­eres Schiff in ihre Gewalt brin­gen kon­nten. Vor allem im zen­tralen Golf von Aden erlauben die derzeit­i­gen Bedin­gun­gen auch kleinen Skiffs ohne Mut­ter­schiffe Kaper­fahrten. So sichtete ein Han­delss­chiff mit­ten im Golf von Aden einen ganzen „Schwarm“ von bis zu 20 Skiffs, von denen acht auch sofort einen Angriff starteten, nach Warn­schüssen eines eingeschifften Sicher­heit­steams aber schnell abdreht­en. Einen Tag später grif­f­en Pirat­en im gle­ichen Seege­bi­et den Tanker SAINT RAM (Flagge: Pana­ma) an, liefer­ten sich ein kurzes Feuerge­fecht mit einem eingeschifften bewaffneten Sicher­heit­steam, brachen dann aber auch hier ihren Angriff ab, um auf weniger wehrhafte Beute zu warten. An einem eingeschifften Sicher­heit­steam scheit­erte auch der Ver­such, einen iranis­chen Super­tanker zu kapern. Die VOYAGER I war am 10. April im nordöstlichen Ara­bis­chen Meer unter­wegs, als Pirat­en mit zwei Skiffs ihren Angriff starteten. Als rou­tinemäßig auf größeren iranis­chen Han­delss­chif­f­en eingeschiffte Sol­dat­en das Feuer eröffneten, brachen die Pirat­en ihren Über­fall sofort ab. 

Zwei weit­ere Piraten­mut­ter­schiffe kon­nten aus dem Verkehr gezo­gen wer­den. Bere­its am 2. April stieß das dänis­che Mehrzweckschiff ESBERN SNARE (NATO) vor der soma­lis­chen Küste auf eine iranis­che Dhau, die nach ihrer Kape­rung als Mut­ter­schiff genutzt wor­den war — mit ihren 18 Mann Besatzung als Geiseln. Aus der Luft gesichert durch einen Hub­schrauber, enterte ein Spezialkom­man­do das Fahrzeug. Nach kurzen Feuerge­fecht, bei dem drei Pirat­en ver­wun­det wur­den, gaben die Ver­brech­er auf. Alle Geiseln blieben offen­bar unver­let­zt. 15 Pirat­en wur­den an Bord der ESBERN SNARE in Gewahrsam genom­men und warten nun auf eine juris­tis­che Entschei­dung über ihr Schick­sal. Die befre­ite Dhau wurde am 9. April in Rich­tung Heimat entlassen. 

Im Golf von Aden sichtete die aus­tralis­che Fre­gat­te STUART (vorüberge­hend der CTF-151 angegliedert) am 11. April die kleine jemeni­tis­che Dhau AL SHAHAR 75. Diese war drei Wochen zuvor von Pirat­en gekapert und seit­dem als Mut­ter­schiff für weit­ere Über­fälle zweck­ent­fremdet worden. 

Marineforum - Boarding der AL SHAHAR 75 (Foto: austr. Marine)
Board­ing der AL SHAHAR 75
Bildquelle: aus­tr. Marine

Hier gab es keine Gegen­wehr. Nach kurzen Ver­hand­lun­gen ließen die 15 Pirat­en ihre drei Geiseln frei und ergaben sich. Waf­fen und Aus­rüs­tung wur­den kon­fisziert; die Pirat­en durften sich dann mit ihrem Skiff auf den Rück­weg zur soma­liaschen Küste machen. Warum sie trotz des ein­deutigem Tatbe­stand ein­er Schiff­sent­führung und Geisel­nahme wieder auf freien Fuß geset­zt wur­den, bleibt unklar. Aus­tralis­che Medi­en beschränken sich eben­so wie offizielle Erk­lärun­gen auf die Darstel­lung der „hero­is­chen“ Aspek­te der Geisel­be­freiung. Auch wenn eine Strafver­fol­gung nach aus­tralis­chem Recht wohl nicht möglich war, hätte man die Ver­brech­er doch sich­er an die jemeni­tis­che Küstenwache übergeben kön­nen. So wer­den sie schon bald wieder auf Kaper­fahrt ziehen. 

Marineforum - Kommandowechsel in Dschibuti (Foto: EU NavFor)
Kom­mandowech­sel in Dschibu­ti
Bildquelle: EU NavFor

Die Vere­in­ten Natio­nen unternehmen einen neuen Ver­such, festgenommene Pirat­en häu­figer als bish­er vor Gericht zu brin­gen. Am 12. April ver­ab­schiedete der UN Sicher­heit­srat ein­stim­mig eine von Rus­s­land einge­brachte Res­o­lu­tion, in der die Ein­rich­tung von inter­na­tionalen Piraten­gericht­en und Gefäng­nis­sen in der Region aber auch auf soma­lis­chem Boden sowie die Fas­sung neuer, inter­na­tion­al verbindlich­er Geset­ze zur Bekämp­fung der Pira­terie vor Soma­lia gefordert wird. Gen­er­alsekretär Ban Ki-moon wurde beauf­tragt, bin­nen zwei Monat­en Vorschläge zur Ein­rich­tung der Gerichte erar­beit­en zu lassen. 

Aktuelle Entwick­lun­gen bei Ein­satzkräften

Die nieder­ländis­che Fre­gat­te DE RUYTER hat am 9. April mit Ein­laufen im Heimath­afen Den Helder ihren Anti-Pira­terie Ein­satz im Rah­men der NATO-Oper­a­tion Ocean Shield beendet. 

Bei der EU Nav­For gab es am 14. April einen tur­nus­mäßi­gen Führungswech­sel. Im Rah­men ein­er mil­itärischen Zer­e­monie in Dschibu­ti über­gab der spanis­che RAdm Juan Rodriguez das Kom­man­do über den EU-Ver­band an den por­tugiesis­chen Cdre Alber­to Manuel Sil­vestre Cor­reia. Zugle­ich wech­selte die Flag­gschiff­funk­tion von der spanis­chen Fre­gat­te CANARIAS zur por­tugiesis­chen Fre­gat­te VASCO DA GAMA. Por­tu­gal wird nun für vier Monate den Ein­satzver­band der EU Oper­a­tion Ata­lan­ta führen. 

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