Sieben Jahre nach Baubeginn war im Sommer 2005 das U‑Boot ST. PETERBURG auf der der Rüstungsmesse IMDS in St. Petersburg stolz als neueste Errungenschaft präsentiert worden.
Acht Boote der neuen LADA-Klasse (Projekt 677) wollte die russische Marine beschaffen; sie sollten bei allen Flotten die alten U‑Boote der KILO-Klasse ersetzen. Zwei weitere Boote mit den designierten Namen KRONSHTADT und SEVASTOPOL wurden denn auch bereits bei der Admiralitätswerft in Auftrag gegeben, sollten schon 2009 geliefert (KRO) bzw. 2010 zu Wasser gelassen (SEV) werden. Mit der auf nahezu allen Rüstungsmessen der Welt im Modell und in Prospekten präsentierten Variante AMUR-1650 zielte man zusätzlich auf den Exportmarkt. Nun steht Projekt 677 jedoch offenbar vor dem Ende.
Wirklich überraschend kommt das nicht. Erst fünf Jahre nach der „euphorischen“ Präsentation in St. Petersburg unterzeichnete die russische Marine im Mai 2010 die Abnahmeprotokolle für die ST. PETERBURG. Wer nun eine schnelle Indienststellung erwartete, sah sich getäuscht. Die russische Marine war mit dem neuen U‑Boot keinesfalls zufrieden. Im Dezember 2010 hieß es, man müsse erst noch weitere Erprobungen durchführen; die Entscheidung über den Bau weiterer Boote der LADA-Klasse wurde vertagt.
![]() |
ST. PETERBURG bei Probefahrten (Foto: Deutsche Marine) |
Als Grund wurden technische Probleme mit der „neuartigen“ Antriebsanlage genannt. Experten gehen davon aus, dass in der ST. PETERBURG ein „permanent erregter“ Fahrmotor installiert ist (ähnlich dem auf U‑Booten Typ 212A und 214 installierten Permasyn-Motor der deutschen Siemens). Im Gegensatz zu herkömmlichen Gleichstrom-Fahrmotoren benötigt ein solcher Motor um ein Drittel weniger Raum, ist entsprechend leichter, dreht langsamer bei höherem Drehmoment und beschleunigt stufenlos von Null bis zur Höchstdrehzahl. Die Beherrschung dieser Technik scheint den Ingenieuren der russischen Admiralitätswerft jedoch erhebliches Kopfzerbrechen bereitet zu haben.
Auch weitere im Laufe dieses Jahres durchgeführte Versuche brachten keine Besserung. Am 23. November berichteten russische Medien nun, Projekt 677 werde eingestellt. Typboot St. PETERBURG werde „endgültig“ nicht bei der aktiven Flotte eingesetzt, sondern nur als Testplattform für neue Technologien genutzt. Der Fertigbau der zwei anderen U‑Boote der LADA-Klasse werde „eingefroren“. Als Grund nennt der Medienbericht unüberwindliche Probleme bei der Antriebsanlage. Sie soll „zu keiner Zeit mehr als die Hälfte der geforderten Leistung“ entwickelt haben. Schwierigkeiten sollen darüber hinaus auch eine neue Sonaranlage sowie das eigens für die LADA-Klasse entwickelte Gefechtsführungssystem „Litiy“ und ein neuer Torpedo (TAE‑2 Igrushka) bereitet haben.
Hersteller Admiralitätswerft zeigte sich nach der Medienmeldung zunächst völlig überrascht, verweigerte jede Stellungnahme. Erst einen Tag später gab es — nun auch aus dem Marinestab — eine offizielle Presseinformation. Sie bestätigte den Verzicht auf eine operative Nutzung der ST. PETERBURG, erklärte aber zugleich auch, das Projekt 677 LADA habe „sein Potential noch nicht ausgeschöpft“. Das lässt auf eine weitere Verwendung des Typbootes als Erprobungsplattform schließen. KRONSTHTADT und SEVASTOPOL sollen nun „bis nach 2013“ fertig gebaut werden, und zwar „unter Berücksichtigung aller mit dem Typboot gemachten Erfahrungen“. Die Formulierung lässt erwarten, dass die beiden Neubauten in einem größeren Umbau eine herkömmliche Antriebsanlage erhalten werden. Von weiteren U‑Booten der LADA-Klasse ist vorerst nicht die Rede.
Die russische Marine wird sich so zumindest mittelfristig bei ihren konventionell diesel-elektrisch angetriebenen U‑Booten auf die bewährte KILO-Klasse konzentrieren. Tatsächlich wurden auch bereits weitere U‑Boote einer modernisierten (Projekt 636.3) Variante der KILO-II-Klasse bestellt. Schon im August 2010 begann die Admiralitätswerft mit dem Bau eines ersten KILO-II-mod (die NOVOROSSIYSK soll 2013 fertig sein), und in der letzten Woche wurde ein zweites Boot (designierter Name ROSTOV NA DONU) in St. Petersburg auf Kiel gelegt. Insgesamt will die russische Marine bis 2020 „acht bis zehn“ KILO-II-mod beschaffen; dabei seien „die ersten fünf Booten für die Schwarzmeerflotte bestimmt“.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
Alle Informationen entstammen frei zugänglichen Quellen.