Als russische Nachrichtenagenturen am 8. November einen Besuch von Ministerpräsident Putin bei der Sevmash Werft in Severodvinsk ankündigten, horchten Fachleute bereits auf.
Sie sollten nicht enttäuscht werden. Nur einen Tag später unterzeichneten Verteidigungsminister Serdyukov und Werftvertreter im Beisein des Ministerpräsidenten mehrere Aufträge für die vornehmlich auf den Bau großer nukleargetriebener U‑Boote spezialisierte Werft am Weißen Meer. Medien berichteten von Bestellungen mit einem Gesamtwert von umgerechnet etwa 6,7 Mrd. Euro. Dafür soll Sevmash nun fünf neue U‑Boote der YASEN-Klasse bauen sowie einen älteren, seit Jahren aufliegenden FK-Kreuzer der KIROV-Klasse wieder instand setzen und modernisieren. Eine genaue Betrachtung macht allerdings klar, dass es sich dabei um keine wirklich neuen Aufträge handelt, sondern dass lange geplante, teils auch schon begonnene Vorhaben nun endlich auch offiziell besiegelt wurden. So hatte Marinebefehlshaber Admiral Vysotksy erst im Juli den Bau von „mindestens acht YASEN (bis 2020)“ angekündigt. Nun kann Sevmash noch in diesem Jahr mit dem Bau des dritten Bootes beginnen. Ähnliches gilt für die Modernisierung des FK-Kreuzers ADMIRAL NAKHIMOV, bei dem Sevmash sogar schon mit Vorarbeiten begonnen hat.
Die nunmehrige Auftragserteilung beendet einen längeren Streit zwischen der russischen Marine (bzw. dem Verteidigungsministerium) und der Vereinigten Schiffbauholding USC. Letztere, zu der neben Sevmash auch die anderen im Kriegsschiffbau tätigen russische Werften gehören, hatte zunehmend beklagt, dass die unter staatlichem Druck geschlossenen bisherigen Verträge für Neubauten für die russische Marine nicht einmal die Kosten deckten. Grund seien vor allem stark gestiegene Preise bei Zulieferfirmen. Bei laufenden Verlusten stünden die Werften finanziell am Abgrund, könnten die Aufträge nicht mehr erfüllen. Die Marine warf im Gegenzug den Werften weit überzogene finanzielle Forderungen vor. Im Streit wurde die Arbeit an mehreren Projekten eingestellt, neue Vorhaben gar nicht erst begonnen. Als die Verzögerungen bei der Durchführung zentraler Projekte zur zyklischen Erneuerung der Flotte für die Marine schließlich nicht mehr hinnehmbar waren, setzte man sich zusammen.
In zähen Verhandlungen hat man sich nun auf neue Kostenrahmen geeinigt – und zugleich festgelegt, dass Rüstungsaufträge (und Mittelzuweisungen) nicht mehr wie bisher nur für ein Jahr, sondern für drei Jahre erteilt (fortgeschrieben) werden. Die Werften erhalten damit mehr Planungssicherheit, und auch die Marine muss bei knappem Geld nicht jedes Jahr ihre Prioritäten neu überdenken. Überdies dürfen die Werften nun auch selbst — unter wirtschaftlichen wie fachlichen Gesichtspunkten – geeignete Subunternehmen suchen und müssen nicht länger überteuerte oder qualitativ minderwertige Produkte staatlich „verordneter“ Zulieferer akzeptieren.
SEVERODVINSK (YASEN-Klasse) (Foto: Sevmash) |
Nach der neuen Vereinbarung soll Sevmash jetzt für ein neues U‑Boot der YASEN-Klasse 13,3 Mrd. Rubel statt der bisher zugestandenen 6,4 Mrd. Rubel erhalten. Mit umgerechnet nur etwas mehr als 300 Mio. Euro ist auch der neue Preis im internationalen Vergleich sehr niedrig. Immerhin handelt es sich bei der YASEN-Klasse (mit Typboot SEVERODVINSK kurz vor Indienststellung) um die derzeit modernsten nukleargetriebenen U‑Boote (SSN) der russischen Marine. Man darf aber wohl davon ausgehen, dass der vereinbarte Preis nicht sämtliche Kosten beinhaltet, dass z.B. ein Teil der Ausrüstung der U‑Boote (Gefechtsführungssystem und dessen Integration) aus einem „anderen Topf“ finanziert wird. Sevmash erklärte sich denn auch mit dem erreichten Kompromiss zufrieden; bei den jetzt vereinbarten Preisen bliebe sogar ein „kleiner Gewinn“.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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