Libyen-Krise im Detail — Fortschreibung

(Infor­ma­tion­s­stand 5. März)
Nicht uner­wartet hat die US Navy Teile ein­er amphibis­chen Ein­satz­gruppe aus dem Roten Meer ins Mit­telmeer ver­legt. Am 2. März passierten der amphibis­che Träger KEARSARGE (WASP-Klasse) und das Dock­lan­dungss­chiff PONCE den Suezkanal. Eingeschifft sind neben den jew­eili­gen Besatzun­gen min­destens 400 Marine­in­fan­ter­is­ten der 26th Marine Expe­di­tionary Unit. Die Schiffe nah­men nicht direkt Kurs auf die libysche Küste, son­dern liefen am 4. März zunächst in Sou­da Bay auf Kre­ta ein. Eine Ver­legung auch des Flugzeugträgers ENTERPRISE ist – so US Marinebe­fehlshaber Admi­ral Roug­head – „Option“, aber noch nicht entsch­ieden. Allerd­ings ver­legte am 1. März der zur ENTERPRISE Car­ri­er Strike Group gehörende Zer­stör­er BARRY durch den Suezkanal ins Mit­telmeer. Die ENTERPRISE selb­st wurde am 3. März bei Seev­er­sorgung im Roten Meer gemeldet.

Marineforum - FLORIDA im Mittelmeer (Foto: US Navy)
FLORIDA im Mit­telmeer
Bildquelle: US Navy

Im Mit­telmeer operiert im Rah­men eines ein­jähri­gen Rou­ti­neein­satzes derzeit auch das U‑Boot FLORIDA. Das frühere strate­gis­che U‑Boot ist eine von vier Ein­heit­en der OHIO-Klasse, die für den Ver­schuss von Marschflugkör­pern Tom­a­hawk (bis zu 154 an Bord) und Kom­man­doun­ternehmen (Platz für 66 Navy SEALs samt Ein­satz­mod­ulen) umgerüstet wurden. 

Marineforum - DUPUY DE LOME (Foto: Bernard Prezelin)
DUPUY DE LOME
Bildquelle: Bernard Prezelin
Marineforum - WESTMINSTER (Foto: Frank Findler)
WESTMINSTER
Bildquelle: Frank Findler

Die franzö­sis­che Marine hat am 2. März ihren im Mit­telmeer befind­lichen Aus­bil­dungsver­band mit Hub­schrauberträger MISTRAL und Zer­stör­er GEORGES LEYGUES nach Toulon beordert. Die MISTRAL soll dort zusät­zliche Trans­port- und Kampfhub­schrauber (des Heeres) sowie auch leichte Kampf­panz­er an Bord nehmen und dann in Rich­tung libysche Küste ver­legen. Ver­mut­lich in Zusam­men­hang mit der Lageen­twick­lung in Libyen ste­ht auch die Ver­legung des Aufk­lärungss­chiffes DUPUY DE LOME vom Heimat­stan­dort Brest nach Toulon. Medi­en bericht­en unter Beru­fung auf Mari­ne­of­fiziere, das Schiff „bere­ite einen Ein­satz im Mit­telmeer vor“. 

Erster Ein­satz der MISTRAL soll die Beteili­gung an der Evakuierung von mehr als 20.000 (einige Quellen nen­nen bis zu 100.000) Ägyptern sein, die vor den Kämpfen nach Tune­sien geflo­hen sind und dort nun nahe der Gren­ze fest sitzen. Zu deren Rück­führung in die Heimat hat auch die ägyp­tis­che Marine am 28. Feb­ru­ar ein Schiff in Marsch geset­zt. Die genan­nte Trans­portka­paz­ität von „1.000 Pas­sagieren“ deutet auf einen der neuen EL HURREYA Truppentransporter. 

Auch die Deutsche Marine beteiligt sich an der Evakuierung der Ägypter. Die Fre­gat­ten BRANDENBURG, RHEINLAND-PFALZ und der Ein­satz­grup­pen­ver­sorg­er BERLIN erhiel­ten am 4. März einen entsprechen­den Ein­satzbe­fehl und nah­men am 5. März in einem tune­sis­chen Hafen erste Flüchtlinge an Bord. 

Die britis­che Roy­al Navy hat inzwis­chen drei Kampf­schiffe im Ein­satz. Die Fre­gat­te CUMBERLAND (TYPE 22) hat am 27. Feb­ru­ar mit Ein­laufen in Mal­ta einen zweit­en Evakuierung­sein­satz (Beng­hazi) been­det; Zer­stör­er YORK (TYPE 42) erre­ichte am 28. Feb­ru­ar Mal­ta und lief am 2. März zur Auf­nahme weit­er­er britis­ch­er Staats­bürg­er in Rich­tung Beng­hazi aus. Als dritte Ein­heit ver­legt die Fre­gat­te WESTMINSTER (TYPE 23) nach Zwis­chen­ver­sorgung in Gibral­tar (2. März) ins Krisengebiet. 

Die ital­ienis­che Marine hat drei Kampfein­heit­en zur Evakuierung von EU-Bürg­ern (aber auch Ange­höri­gen ander­er Natio­nen) abgestellt. Das Dock­lan­dungss­chiff SAN GIORGIO evakuierte am 27. Feb­ru­ar 258 Flüchtlinge aus dem libyschen Hafen Mis­ura­ta. Weit­ere 305 Men­schen (meist asi­atis­che Gas­tar­beit­er) wur­den vom Zer­stör­er FRANCESCO MIMBELLI in Al Byraukah an Bord genom­men und nach Cata­nia gebracht. Dort ste­ht auch das Dock­lan­dungss­chiff SAN MARCO für einen Ein­satz bereit. 

Dass die Evakuierung­sein­sätze dur­chaus auch Risiken bergen, musste die nieder­ländis­che Marine erfahren. Der Lynx-Bor­d­hub­schrauber der vor Libyen operieren­den Fre­gat­te TROMP wollte am 3. März in der Nähe von Sirte einige nieder­ländis­che Arbeit­er aus­fliegen. Bei der Lan­dung wurde der Hub­schrauber von libyschen Sol­dat­en „emp­fan­gen“ und die Hub­schrauberbe­satzung (drei Sol­dat­en) gefan­gen genommen. 

Rus­s­land set­zt bei der Evakuierung sein­er Staat­sange­höri­gen weit­er­hin auf den Ein­satz ein­er gechar­terten zivilen Fähre. Die ST. STEFAN II der Mon­tene­gro Lines traf am 2. März mit 397 in Ras Lanuf an Bord genomme­nen Flüchtlin­gen (darunter 126 Russen) in Mal­ta ein. Über­legt wird nun die Auf­nahme weit­er­er Flüchtlinge auch in Sirte. Die Nachricht­e­na­gen­tur Novosti berichtet, man wolle vielle­icht die türkische Marine um Sicherung dieser Aktion bit­ten. Die am 3. März in Inter­netme­di­en gemeldete begonnene „Ver­legung der Lan­dungss­chiffe TSESAR KUNIKOV und YAMAL“ (bei­de ROP­UCHA-Klasse) „mit eingeschifften Marine­in­fan­ter­is­ten“ wird von der Schwarzmeer­flotte nach­haltig demen­tiert und ist zunächst auch wohl nur als Gerücht zu werten. Bish­er gibt es wenig­stens kein­er­lei Mel­dun­gen über eine Bosporus-Passage. 

Marineforum - MYSORE (Foto: US Navy)
MYSORE
Bildquelle: US Navy

Das indis­che Dock­lan­dungss­chiff JALASHWA (ex-US AUSTIN-Klasse) und der Zer­stör­er MYSORE (DEL­HI-Klasse) haben das Rote Meer erre­icht. Die Schiffe sollen nach Pas­sage des Suezkanals am 8. März in Alexan­dria (Ägypten) ein­laufen. Dort soll dann über den weit­eren Ein­satz entsch­ieden werden. 

Die chi­ne­sis­che Fre­gat­te XUZHOU (aus Anti-Pira­terie Oper­a­tio­nen im Golf von Aden abberufen) hat am 27. Feb­ru­ar den Suezkanal nord­laufend passiert. Am 2. März hat die Fre­gat­te der mod­er­nen JIANGKAI-II-Klasse mit der Sicherung ein­er zur Evakuierung von Chi­ne­sen gechar­terten griechis­chen Fähre ihren Ein­satz vor der libyschen Küste begonnen. 

Der süd­ko­re­anis­che Zer­stör­er CHOI YOUNG (aus Anti-Pira­terie Oper­a­tio­nen im Golf von Aden abberufen) sollte zur Evakuierung süd­ko­re­anis­ch­er Bürg­er zunächst Beng­hazi anlaufen, wurde dann aber kurzfristig nach Tripo­lis befohlen. Am 2. März traf das Schiff vom Typ KDX-II dort ein, nahm 32 Süd­ko­re­an­er an Bord und brachte sie nach Mal­ta (4. März). 

Marineforum - CHARLOTTETOWN (Foto: kanad. Marine)
CHARLOTTETOWN
Bildquelle: kanad. Marine

Kana­da geht offen­bar nicht von einem schnellen Ende der Libyen-Krise aus. Am 2. März wurde in Hal­i­fax die Fre­gat­te CHARLOTTETOWN in Rich­tung Krisen­ge­bi­et in Marsch geset­zt. Das Schiff soll sich der US-Ein­satz­gruppe um die KEARSARGE anschließen. 

Die Europäis­che Union denkt „laut“ über einen möglichen Ein­satz von Seestre­itkräften vor Libyen nach. Eine EU Oper­a­tion sei vor allem zur Durch­set­zung eines Embar­gos gegen Libyen denkbar. 

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