Libyen — Fortschreibung (Informationsstand 2. April)

(nur mar­itime Aspek­te)
Kämpfe zwis­chen Rebellen und Gaddafi-Anhängern dauern an, wobei keine Seite bish­er ein­deutig die Ober­hand gewin­nt. So verkün­de­ten Rebellen am 27. März die Eroberung des wichti­gen Ölhafens Ras Lanuf, nur um sich zwei Tage später wieder von dort zurück zu ziehen.

Marineforum -

Inzwis­chen hat die NATO die Führung aller mil­itärischen Oper­a­tio­nen der inter­na­tionalen Koali­tion über­nom­men. Die mit nationalen Oper­a­tio­nen (wie „Odyssey Dawn“ der US-Stre­itkräfte) begonnenen Ein­sätze zur Ver­hin­derung von Angrif­f­en Gaddafi-treuer Trup­pen auf die Zivil­bevölkerung sowie zur Durch­set­zung ein­er Flugver­bot­szone (zu bei­den gehört weit­er­hin auch die gezielte „Neu­tral­isierung“ von Flugzeu­gen, Panz­ern, Waf­fen und Führung­sein­rich­tun­gen der libyschen Stre­itkräfte) und eines Waf­fen­em­bar­gos wer­den in der NATO Oper­a­tion Uni­fied Pro­tec­tor fort­ge­führt. Dabei erfüllt das US Führungss­chiff MOUNT WHITNEY offen­bar weit­er­hin die Funk­tio­nen eines schwim­menden Com­bined & Joint Task Force Head­quar­ters (CJTF-HQ).

Marineforum - BARRY startet Tomahawk (Foto: US Navy)
BARRY startet Tom­a­hawk
Bildquelle: US Navy

Die US Navy verkün­dete am 27. März den allmäh­lichen Abbau von Kräften in der Region; so soll ein mit Marschflugkör­pern Tom­a­hawk bestück­tes Schiff auch bere­its abge­laufen sein. Die verbliebe­nen Kräfte reichen allerd­ings zur Durch­führung aller Ein­satza­uf­gaben völ­lig aus. So schoss allein der Zer­stör­er BARRY am 29. März 22 Marschflugkör­p­er Tom­a­hawk auf ein Depot für Boden-Boden-Raketen bei Tripo­lis. Inzwis­chen hat die US Navy auch die Beteili­gung des U‑Bootes FLORIDA an den Angrif­f­en offiziell bestätigt. Die FLORIDA ist eines von vier ehe­mals strate­gis­chen U‑Booten (SSBN) der OHIO-Klasse, die nach Umbau zum SSGN nun an Stelle nuk­lear bestück­ter Tri­dent Raketen bis zu 154 Tom­a­hawk mit­führen kön­nen. Der Ein­satz vor Libyen ist der erste Kampfein­satz eines solchen U‑Bootes der OHIO-mod Klasse. 

Am 28. März griff die US Navy aktiv in Kämpfe am Hafen von Mis­ura­ta ein. Nach­dem Berichte über einen Beschuss der Stadt von Marine­booten aus dem Hafen her­aus bestätigt wor­den waren, sicherte der Zer­stör­er BARRY das Gebi­et. Ein Seefer­naufk­lärungs­flugzeug P‑3C Ori­on bekämpfte ein 12‑m Wach­boot der libyschen Marine (der genan­nte Name VITTORIA lässt auf einen ital­ienis­chen Typ schließen) mit einem Luft-Boden-FK Mav­er­ick und beschädigte es so, dass es am Strand auf Grund geset­zt wer­den musste. Gle­ichzeit­ig griff ein Erd­kampfjäger A‑10 der US Air Force zwei weit­ere kleine Boote der libyschen Küstenwache an; eines wurde zer­stört, das andere musste von sein­er Besatzung aufgegeben werden. 

Die britis­che Roy­al Navy hat am 29. März den Zer­stör­er LIVERPOOL in Marsch geset­zt. Das Schiff (TYPE 42) soll die Fre­gat­te CUMBERLAND bei Embar­go­op­er­a­tio­nen ablösen. Der ital­ienis­che Zer­stör­er ANDREA DORIA hat seinen Ein­satz zur See- und Luftraumüberwachung in der Straße von Sizilien been­det und ist am 1. April erst ein­mal wieder in den Marinestützpunkt Tar­ent zurück gekehrt. 

Marineforum - ANDREA DORIA (Foto: ital. Marine)
ANDREA DORIA
Bildquelle: ital. Marine

De fac­to gibt es neben dem Waf­fen­em­bar­go auch ein weit reichen­des Wirtschaft­sem­bar­go. So hat Mal­ta einen mit 25.000 t Ben­zin für Libyen belade­nen griechis­chen Tanker gestoppt. Libysche Ölex­porte sind seit zwei Wochen völ­lig zum Erliegen gekom­men; keine Agen­tur bemüht sich derzeit um eine Char­ter für Tanker mit Bes­tim­mung­sort Libyen. 

Die meis­ten Aus­län­der haben Libyen inzwis­chen ver­lassen – so sie denn woll­ten. Größere Evakuierun­gen laufen derzeit noch für Syr­er. Mit ins­ge­samt vier gechar­terten zivilen Schif­f­en wer­den mehr als 2.500 Syr­er von Tripo­lis nach Tar­tus gebracht. Zur Evakuierung einiger noch verblieben­er Europäer hat die ukrainis­che Marine das Lan­dungss­chiff KONSTANTIN OLSHANSKIY (ROP­UCHA-Klasse) nach Libyen ver­legt. Das Schiff kon­nte allerd­ings nicht wie geplant in Tripo­lis ein­laufen, son­dern liegt seit dem 28. März vor der Küste vor Anker. 

In den umkämpften Gebi­eten kann human­itäre Hil­fe nur schw­er von See an Land gebracht wer­den. Zwar kon­nte ein aus Mal­ta kom­mendes Fis­chereis­chiff am 1. April etwa 150 t Hil­f­s­güter in das belagerte Mis­ura­ta brin­gen. Eine türkische Fähre, die Kranken­wa­gen und medi­zinis­che Aus­rüs­tung nach Mis­ura­ta brin­gen und 450 Ver­wun­dete von dort evakuieren soll, muss aber vor der Küste abwarten bis die Lage ein Ein­laufen erlaubt. 

In Koop­er­a­tion mit “Marine­Fo­rum — Zeitschrift für mar­itime Fra­gen

Marineforum

Alle Infor­ma­tio­nen entstam­men frei zugänglichen Quellen.

Team GlobDef

Seit 2001 ist GlobalDefence.net im Internet unterwegs, um mit eigenen Analysen, interessanten Kooperationen und umfassenden Informationen für einen spannenden Überblick der Weltlage zu sorgen. GlobalDefence.net war dabei die erste deutschsprachige Internetseite, die mit dem Schwerpunkt Sicherheitspolitik außerhalb von Hochschulen oder Instituten aufgetreten ist.

Alle Beiträge ansehen von Team GlobDef →