(nur maritime Aspekte)
Kämpfe zwischen Rebellen und Gaddafi-Anhängern dauern an, wobei keine Seite bisher eindeutig die Oberhand gewinnt. So verkündeten Rebellen am 27. März die Eroberung des wichtigen Ölhafens Ras Lanuf, nur um sich zwei Tage später wieder von dort zurück zu ziehen.
Inzwischen hat die NATO die Führung aller militärischen Operationen der internationalen Koalition übernommen. Die mit nationalen Operationen (wie „Odyssey Dawn“ der US-Streitkräfte) begonnenen Einsätze zur Verhinderung von Angriffen Gaddafi-treuer Truppen auf die Zivilbevölkerung sowie zur Durchsetzung einer Flugverbotszone (zu beiden gehört weiterhin auch die gezielte „Neutralisierung“ von Flugzeugen, Panzern, Waffen und Führungseinrichtungen der libyschen Streitkräfte) und eines Waffenembargos werden in der NATO Operation Unified Protector fortgeführt. Dabei erfüllt das US Führungsschiff MOUNT WHITNEY offenbar weiterhin die Funktionen eines schwimmenden Combined & Joint Task Force Headquarters (CJTF-HQ).
BARRY startet Tomahawk Bildquelle: US Navy |
Die US Navy verkündete am 27. März den allmählichen Abbau von Kräften in der Region; so soll ein mit Marschflugkörpern Tomahawk bestücktes Schiff auch bereits abgelaufen sein. Die verbliebenen Kräfte reichen allerdings zur Durchführung aller Einsatzaufgaben völlig aus. So schoss allein der Zerstörer BARRY am 29. März 22 Marschflugkörper Tomahawk auf ein Depot für Boden-Boden-Raketen bei Tripolis. Inzwischen hat die US Navy auch die Beteiligung des U‑Bootes FLORIDA an den Angriffen offiziell bestätigt. Die FLORIDA ist eines von vier ehemals strategischen U‑Booten (SSBN) der OHIO-Klasse, die nach Umbau zum SSGN nun an Stelle nuklear bestückter Trident Raketen bis zu 154 Tomahawk mitführen können. Der Einsatz vor Libyen ist der erste Kampfeinsatz eines solchen U‑Bootes der OHIO-mod Klasse.
Am 28. März griff die US Navy aktiv in Kämpfe am Hafen von Misurata ein. Nachdem Berichte über einen Beschuss der Stadt von Marinebooten aus dem Hafen heraus bestätigt worden waren, sicherte der Zerstörer BARRY das Gebiet. Ein Seefernaufklärungsflugzeug P‑3C Orion bekämpfte ein 12‑m Wachboot der libyschen Marine (der genannte Name VITTORIA lässt auf einen italienischen Typ schließen) mit einem Luft-Boden-FK Maverick und beschädigte es so, dass es am Strand auf Grund gesetzt werden musste. Gleichzeitig griff ein Erdkampfjäger A‑10 der US Air Force zwei weitere kleine Boote der libyschen Küstenwache an; eines wurde zerstört, das andere musste von seiner Besatzung aufgegeben werden.
Die britische Royal Navy hat am 29. März den Zerstörer LIVERPOOL in Marsch gesetzt. Das Schiff (TYPE 42) soll die Fregatte CUMBERLAND bei Embargooperationen ablösen. Der italienische Zerstörer ANDREA DORIA hat seinen Einsatz zur See- und Luftraumüberwachung in der Straße von Sizilien beendet und ist am 1. April erst einmal wieder in den Marinestützpunkt Tarent zurück gekehrt.
ANDREA DORIA Bildquelle: ital. Marine |
De facto gibt es neben dem Waffenembargo auch ein weit reichendes Wirtschaftsembargo. So hat Malta einen mit 25.000 t Benzin für Libyen beladenen griechischen Tanker gestoppt. Libysche Ölexporte sind seit zwei Wochen völlig zum Erliegen gekommen; keine Agentur bemüht sich derzeit um eine Charter für Tanker mit Bestimmungsort Libyen.
Die meisten Ausländer haben Libyen inzwischen verlassen – so sie denn wollten. Größere Evakuierungen laufen derzeit noch für Syrer. Mit insgesamt vier gecharterten zivilen Schiffen werden mehr als 2.500 Syrer von Tripolis nach Tartus gebracht. Zur Evakuierung einiger noch verbliebener Europäer hat die ukrainische Marine das Landungsschiff KONSTANTIN OLSHANSKIY (ROPUCHA-Klasse) nach Libyen verlegt. Das Schiff konnte allerdings nicht wie geplant in Tripolis einlaufen, sondern liegt seit dem 28. März vor der Küste vor Anker.
In den umkämpften Gebieten kann humanitäre Hilfe nur schwer von See an Land gebracht werden. Zwar konnte ein aus Malta kommendes Fischereischiff am 1. April etwa 150 t Hilfsgüter in das belagerte Misurata bringen. Eine türkische Fähre, die Krankenwagen und medizinische Ausrüstung nach Misurata bringen und 450 Verwundete von dort evakuieren soll, muss aber vor der Küste abwarten bis die Lage ein Einlaufen erlaubt.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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