Eigentlich sollte das U‑Boot VICTORIA im Juli dieses Jahres zur fahrenden Flotte zurückkehren.
Dann wollte man die jahrelange Modernisierung und Umrüstung („Kanadisierung“) endgültig abgeschlossen haben. Der Sommer verstrich, und wie schon mehrmals zuvor wurde nun mal wieder ein neues Datum genannt. Marinechef VAdm Maddison kündigte die Fertigstellung der VICTORIA jetzt für das Frühjahr 2012 an; ein halbes Jahr später soll dann auch Schwesterboot WINDSOR seine lange Werftliegezeit beenden. Damit würde zum Ende des kommenden Jahres vor der kanadischen Ost- und Westküste jeweils ein einsatzklares U‑Boot verfügbar sein. Der Admiral betonte, dass U‑Boote dann auch „operativ voll einsatzfähig“ sein würden – vor allem endlich auch Torpedos schießen könnten.
2013 soll die CHICOUTIMI als drittes Boot ihre Instandsetzung und Umrüstung abschließen. Sie stünde dann grundsätzlich für beide Flottenbereiche zur Verfügung, könne als „swing boat“ eines der anderen beiden Boote bei Bedarf ersetzen. Eine Verlegung der CHICOUTIMI zwischen den beiden Flottenbereichen wäre allerdings relativ aufwändig, könnte derzeit nur auf der Südroute über den Panamakanal erfolgen. Für längere Fahrten unter dem Eis (Nord-West-Passage) sind die kanadischen U‑Boote mit ihrem diesel-elektrischen Antrieb nicht geeignet. Das vierte U‑Boot CORNER BROOK wurde nach einer Havarie zunächst aus dem aktiven Dienst genommen. Es soll erst 2016 — nach Abschluss einer geplanten Werftgrundinstandsetzung – zur Flotte zurück kehren.
Kanadisches U‑Boot VICTORIA (Foto: kanad. Marine) |
So positiv VAdm Maddison die nun baldige volle operative Verfügbarkeit der VICTORIA auch darstellte: Tatsache ist, dass auch der zuletzt verkündete Zeitplan wieder einmal nicht eingehalten werden konnte, und dass die kanadische Marine mehr als 13 Jahren nach dem Kauf noch immer kein einziges ihrer U‑Boote der VICTORIA-Klasse uneingeschränkt einsetzen kann. 1998 hatte sie für umgerechnet nur 750 Mio. Euro alle vier 1994 von der britischen Royal Navy ausgemusterten und seitdem aufliegenden U‑Boote der (damals) UPHOLDER-Klasse erworben. Binnen nur drei Jahren wollte man sie für die eigene Marine umrüsten und modernisieren; schon ab 2001 sollten sie in der aktiven Flotte die Nachfolge der veralteten U‑Boote der OBERON-Klasse antreten.
Sehr schnell zeigte sich dann aber, dass die Jahre zwischen Ausmusterung durch die Royal Navy und Übergabe an den neuen Besitzer „ihre Spuren hinterlassen“ hatten. Gravierende technische Mängel (bis hin zu Wassereinbruch und Leckagen an Treibstofftanks) führten zu mehrjährigen Verzögerungen und bedeuteten zugleich auch erhebliche Zusatzkosten für die Instandsetzung und Modernisierung der „Schnäppchen“.
Hinzu kamen erhebliche Probleme bei der „Kanadisierung“ der ex-britischen U‑Boote. Um Geld zu sparen, sollten alte Systeme (Torpedos) der OBERON-Klasse übernommen werden – ein Unterfangen, dass sich als schwierigste Hürde heraus stellte. Um überhaupt U‑Boote in See zu bekommen, stellte man die Fähigkeit zum Torpedoeinsatz schließlich hintan. CORNER BROOK nahm so in den letzten Jahren öffentlichkeitswirksam an Übungen teil, ohne dabei je wirklich voll operativ einsatzklar zu sein. Das ging so weit, dass man stolz ihre Teilnahme an einem Torpedoschießen der US Navy verkündete, quasi in einem Nebensatz dann durchblicken ließ, sie sei dort lediglich „Zieldarsteller“ für US U‑Boote gewesen.
Ob die von VAdm Maddison genannten neuen Termine diesmal eingehalten werden, bleibt zunächst abzuwarten. In öffentlichen Medien macht sich neben verständlichem Unmut zunehmend auch Häme breit, und die Politik nimmt dies zur Kenntnis. Ende Oktober deutete Verteidigungsminister MacKay an, dass die vier ex-britischen U‑Boote durch neue U‑Boote ersetzt werden könnten, die mit Nuklearantrieb dann auch für Operationen unter dem arktischen Eis geeignet seien. Der Ersatz der VICTORIA U‑Boote durch Neubauten steht zwar schon seit mehreren Jahren als „langfristige“ Planung auf der Agenda. Allmählich entsteht aber der Eindruck, dass weitere Negativ-Schlagzeilen zu den VICTORIA dieses Projekt deutlich beschleunigen könnten. Der Hinweis, zur Sicherung der territorialen Integrität unter sich „rapide“ verändernden klimatischen Bedingungen auch unter dem Eis operieren zu müssen, könnte dann als Katalysator für eine vorgezogene Verfügbarmachung von Haushaltsmitteln herhalten.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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