Iran — Weiterhin verbaler Schlagabtausch

Grund­sät­zlich vol­lzieht sich die Lageen­twick­lung um den Iran weit­er­hin vornehm­lich auf der ver­balen Ebene.

Pro­pa­gan­da und Dro­hge­bär­den — sich­er auch bewusst lancierte Desin­for­ma­tion — beherrschen das Geschehen. So zitierten US-Medi­en den US Vertei­di­gungsmin­is­ter Leon Panet­ta mit Bemerkun­gen zu einem „wahrschein­lichen israelis­chen Angriff im April, Mai oder Juni“. Panet­ta selb­st bestätigte die Aus­sagen nicht, demen­tierte sie aber auch nicht. Offen­bar kommt ihm wach­sender Druck auf den Iran dur­chaus nicht ungelegen. 

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DARING passiert Suezkanal (Foto: Roy­al Navy) 

Für Druck sor­gen auch die zunehmend greifend­en wirtschaftlichen Sank­tio­nen u.a. der Europäis­chen Union, auch wenn das angekündigte Öl-Embar­go erst am 1. Juli in Kraft treten soll. So wur­den mehrere Schiffe mit Getrei­deliefer­un­gen für den Iran in andere Häfen umgeleit­et, da dem Iran die bish­er übliche Bezahlung über seine inzwis­chen boykot­tierte Staats­bank nicht mehr möglich ist. Auch ohne offiziell gel­tendes Embar­go zögern immer mehr Reed­ereien mit dem Anlaufen iranis­ch­er Häfen oder dem Trans­port iranis­chen Öls. Etwa 95 Prozent aller weltweit fahren­den Tanker sind nach Regeln ver­sichert, die europäis­chem Recht unter­liegen. Angesichts der von der Europäis­chen Union erk­lärten und angekündigten Sank­tio­nen beste­ht für sie bei ein­er Havarie schon jet­zt das reale Risiko eines total­en Ver­sicherungsaus­fall, was bei größeren Ölver­schmutzun­gen extrem teuer würde. 

Die iranis­che Führung lässt zumin­d­est öffentlich kein­er­lei Bere­itschaft zum Ein­lenken erken­nen, auch wenn hin­ter den Kulis­sen ganz sich­er nach Kom­pro­mis­sen gesucht wird. In vornehm­lich auch für die eigene Bevölkerung bes­timmten öffentlichen Erk­lärun­gen herrschen mar­tialis­che Töne vor. Präsi­dent Ahmedine­jad fordert in seinem Bud­geten­twurf für das kom­mende Jahr eine Erhöhung der Vertei­di­gungsaus­gaben um 127 Prozent, und Reli­gions­führer Ali Chamenei dro­ht in ein­er Rede zum Jahrestag der Iranis­chen Rev­o­lu­tion (1979) laut­stark mit schar­fer Vergel­tung für Sank­tio­nen oder gar einen mil­itärischen Angriff. Iranis­che Waf­fen­fab­riken haben die „Massen­pro­duk­tion“ von Zafar Seeziel-FK begonnen. Die kleinen Flugkör­p­er kön­nen auch von den Speed­booten der „Pas­daran See“ einge­set­zt wer­den, haben aber nur eine kurze Reich­weite und eignen sich auch nur zur Bekämp­fung kleiner­er Seeziele. 

Am 4. Feb­ru­ar melde­ten einige Medi­en zunächst, die Marine der Rev­o­lu­tion­s­gar­den (IRGC) habe „in der Nähe der Straße von Hor­muz einen Monat dauernde Manöver“ begonnen. Spätere Mel­dun­gen macht­en klar, dass die Übung des IRGC tat­säch­lich weit im Inland (200 km nördlich der Meerenge) erfol­gt und offen­bar kein­er­lei mar­iti­men Bezug hat. Das am 6. Jan­u­ar schon für den 27. Jan­u­ar angekündigte zehn­tägige Groß­manöver „Heiliger Prophet 7“, bei dem u.a. die „Fähigkeit zur Block­ade der Straße von Hor­muz demon­stri­ert“ wer­den sollte, hat nach wie vor nicht begonnen; es wird in iranis­chen Medi­en auch seit eini­gen Wochen nicht mehr erwähnt. 

Reale Vor­bere­itun­gen für einen unmit­tel­bar bevorste­hen­den Kon­flikt sind weit­er­hin noch nicht zu erken­nen – auch wenn Medi­en natür­lich in jed­er Flot­ten­be­we­gung solche ver­muten. So wurde am 30. Jan­u­ar die Suezkanal-Süd­pas­sage des US-Zer­stör­ers MOMSEN und des US-U-Bootes ANNAPOLIS als solche bew­ertet – auch wenn bei­de Ein­heit­en zur bere­its in der Region operieren­den Car­ri­er Strike Group um die ABRAHAM LINCOLN gehören und nur ihrem Ver­band fol­gen. Gle­ich­es gilt für die Suezkanal-Pas­sage des britis­chen Zer­stör­ers DARING (am 2. Feb­ru­ar). Die weitaus meis­ten Medi­en ignori­eren die Tat­sache, dass die Ein­sätze aller bish­er in die Region ver­legten und ver­legen­den Kampf­schiffe im Rah­men langjähriger Rou­tine seit Monat­en, ja teils sog­ar seit mehr als einem Jahr geplant sind; es sind keine so genan­nten „Surge Deploy­ments“. Die Ein­heit­en bieten zwar Optio­nen für einen möglichen Kon­flikt, ihr Ein­satz ste­ht aber nicht in ursäch­lichem Zusam­men­hang mit der aktuellen Entwick­lung. Dies gilt auch für die im März geplante Ver­legung des US-Flugzeugträgers ENTERPRISE

Erste wirk­liche Reak­tion auf die Lageen­twick­lung wäre die — ange­blich — geplante Ver­legung des franzö­sis­chen Flugzeugträgers CHARLES DE GAULLE. Eine rus­sis­che Nachricht­e­na­gen­tur griff die Mel­dung ein­er einzel­nen israelis­chen Zeitung auf, nach der der franzö­sis­che Flugzeugträger sich im März/April auf den Weg in die Region machen und dort den „drei US-Flugzeugträgern anschließen“ soll. In franzö­sis­chen Medi­en sucht man dieses Gerücht bish­er vergebens. Fakt ist, dass der einzige franzö­sis­che Flugzeugträger nach ein­er mehrmonati­gen Wartungs- und Instand­set­zungspe­ri­ode erst im Dezem­ber mit Probe­fahrten begonnen hat. Nach ursprünglich­er Pla­nung der franzö­sis­chen Marine sollte oper­a­tive Ein­satzaus­bil­dung incl. Flug­be­trieb erst im März beginnen. . 

BREAKING NEWS. Am 5. Feb­ru­ar hat die CHARLES DE GAULLE nach drei Tagen Erprobun­gen vor Toulon ihre Kampf­flugzeuge an Bord genom­men. Für die kom­mende Woche ist oper­a­tive Aus­bil­dung “zur Vor­bere­itung auf eine bevorste­hende Ver­legung” geplant. Damit erhal­ten die Gerüchte erst­mals Substanz. 

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