Iran — US-Flugzeugträger in den Persischen Golf

Am 20. Jan­u­ar „entschärfte“ ein stel­lvertre­tender Befehlshaber der Rev­o­lu­tion­s­gar­den (IRGC) die War­nung des Armee­be­fehlshabers vor ein­er Rück­kehr von US-Flugzeugträgern in den Per­sis­chen Golf.

Marineforum - Foto: MEHR
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Eine Pas­sage der Straße von Hor­muz durch US-Kriegss­chiffe sei doch nicht mehr als eine „Rou­tinean­gele­gen­heit“. Als dann zwei Tage später der US Flugzeugträger ABRAHAM LINCOLN – demon­stra­tiv begleit­et von je ein­er britis­chen und franzö­sis­chen Fre­gat­te – die Meerenge passierte und in den Golf ein­lief, gab es auch kein­er­lei Prob­leme. Ohne­hin hat­te die War­nung des Armeechefs — so man denn den Wort­laut genau las — ja spez­i­fisch dem Flugzeugträger JOHN C. STENNIS gegolten, und dieser ist inzwis­chen mit Heimatkurs aus der Region abgelaufen. 

Am 6. Jan­u­ar hat­te der Befehlshaber der IRGC Marine (Pas­daran See) für den 27. Jan­u­ar den Beginn eines Groß­manövers angekündigt. „Heiliger Prophet 7“ sollte u.a. die Fähigkeit der für die Vertei­di­gung der Gewäss­er inner­halb des Per­sis­chen Golfes zuständi­gen Rev­o­lu­tion­s­gar­den demon­stri­eren, die Straße von Hor­muz effek­tiv zu block­ieren. Bei Redak­tion­ss­chluss für diese „Wochen­schau“ hat­te die Übung allerd­ings noch nicht begonnen, und in iranis­chen Medi­en find­et sich auch kein Hin­weis darauf. Vor­erst ist unklar, ob die Übung abge­sagt oder ver­schoben wurde, oder vielle­icht abseits der Öffentlichkeit mit ein­er vor­bere­i­t­en­den Hafen­phase doch schon begonnen hat. 

Grund­sät­zlich vol­lzieht sich die Lageen­twick­lung um den Iran weit­er­hin vor allem auf der ver­balen Ebene. Pro­pa­gan­da und Dro­hge­bär­den beherrschen das Geschehen; reale Vor­bere­itun­gen für einen unmit­tel­bar bevorste­hen­den Kon­flikt sind noch nicht zu erken­nen – auch wenn Medi­en natür­lich in jed­er Flot­ten­be­we­gung diese erken­nen wollen. 

Am 24. Jan­u­ar erk­lärte der britis­che Vertei­di­gungsmin­is­ter, man sei vor­bere­it­et, weit­ere mil­itärische Kräfte in die Region ver­legen, um den Iran von jedem Ver­such abzuschreck­en, den Tankerverkehr durch die Straße von Hor­muz zu block­ieren. Britis­che Medi­en stell­ten (wie schon zuvor beim Zer­stör­er DARING) unverzüglich einen Zusam­men­hang mit dem am Vortag gemeldete Aus­laufen der Fre­gat­te WESTMINSTER aus dem Heimath­afen Portsmouth her. 

Marineforum - WESTMINSTER (Foto: Frank Findler)
WESTMINSTER (Foto: Frank Findler) 

Nun ist die Ver­legung der Fre­gat­te zunächst ein­mal nicht mehr als die seit vie­len Monat­en geplante, rou­tinemäßige Ablö­sung des Schwest­er­schiffes SOMERSET in der Anti-Ter­ror Oper­a­tion „Endur­ing Free­dom“, auch wenn das Kampf­schiff bei Bedarf natür­lich „bere­it“ stünde. Vor­bere­itun­gen für ein wirk­lich als „Indika­tor“ rel­e­vantes, kurzfristig befohlenes Aus­laufen weit­er­er Kampfein­heit­en der Roy­al Navy, ins­beson­dere der UK Response Force Task Group, sind derzeit nicht erkennbar. Auch bei der franzö­sis­chen Marine herrscht derzeit noch Ruhe. 

Einige Medi­en greifen auch schon den erst im März begin­nen­den Ein­satz des US Flugzeugträgers ENTERPRISE in der Region auf und sprechen von der Ver­legung ein­er drit­ten US Car­ri­er Strike Group für einen möglichen Kon­flikt mit dem Iran. Auch der ENTER­PRISE-Ein­satz ist allerd­ings keine kurzfristige Reak­tion auf die aktuelle Entwick­lung. Natür­lich wäre der Flugzeugträger dann in der Region für eine mögliche Auseinan­der­set­zung ver­füg­bar, aber die Ein­satz­fahrt (übri­gens die let­zte vor Deak­tivierung des 51-jähri­gen Schiffes) ist seit mehr als einem Jahr geplant. Die ENTERPRISE wird für den Tran­sit in die Region etwa drei bis vier Wochen benöti­gen. Die derzeit dort operierende ABRAHAM LINCOLN soll aber schon Ende April zum Beginn ein­er Werftliegezeit in Nor­folk / New­port News ein­tr­e­f­fen, müsste also Anfang April ablaufen. Damit wären nach langfristiger Pla­nung nur für ein sehr begren­ztes Zeit­fen­ster tat­säch­lich drei Trägerkampf­grup­pen in der Region ver­füg­bar – wobei natür­lich immer die Option beste­ht, den Ein­satz der ABRAHAM LINCOLN kurzfristig zu verlängern. 

Ein real­er Zusam­men­hang mit der Lageen­twick­lung um den Iran ist jedoch bei der über­raschen­den Ankündi­gung der US Navy zu ver­muten, ihr Dock­lan­dungss­chiff PONCE nicht wie geplant am 30. März außer Dienst zu stellen. Das 41 Jahre alte Schiff soll vielmehr kurzfristig und schnell zum „Mut­ter­schiff“ für Minen­ab­wehrkräfte und Spe­cial Forces umge­baut wer­den und schon im Früh­som­mer als „Afloat For­ward Stag­ing Base“ in die Mit­telost-Region verlegen. 

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PONCE (Foto: US Navy)

Eine mögliche Sper­rung der Straße von Hor­muz wäre dem Iran am effek­tivsten durch Ver­min­ung möglich, und Minen­ab­wehr (MCM — Mine Coun­ter­mea­sures) kann man dur­chaus als „Achilles­ferse“ der US Navy beze­ich­nen. Sie ver­fügt nach Aus­musterung aller Minen­jagdboote der OSPREY-Klasse nur noch über 14 Boote der AVENGER-Klasse, die nicht nur die US-Küsten schützen, son­dern auch oper­a­tiv­en Bedarf fernab der Heimat deck­en sollen; einige wenige sind in Bahrain sta­tion­iert. Die Zukun­ft­s­pla­nung sieht vor allem den Ein­satz von Minen­jagddrohnen (u.a. auf Lit­toral Com­bat Ships), aber die neu entwick­el­ten Geräte sind noch nicht einge­führt. Die Haupt­last der Minen­ab­wehr müssen daher derzeit noch speziell aus­gerüstete Hub­schrauber MH-53E Sea Drag­on tra­gen – und diese benöti­gen vor allem für einen länger dauern­den Ein­satz eine Plat­tform. Natür­lich kön­nte jed­er amphibis­che Träger eine solche Plat­tform bieten, wäre dann aber in ein­er eigentlich nicht vorge­se­henen Ein­satzrolle gebun­den und kön­nte seine oper­a­tiv­en Primärauf­gaben nur noch begren­zt oder auch gar nicht wahrnehmen. 

Das Prob­lem ist für die US Navy bei Weit­em nicht neu, aber es gewin­nt mit Blick auf eine dro­hende mögliche Block­ade der Straße von Hor­muz an Brisanz. Schon 1995 hat­te die US Navy zur Schließung ihrer MCM-Fähigkeit­slücke den Hub­schrauberträger INCHON zum Führungss­chiff für Minen­ab­wehrauf­gaben umge­baut, musste das alte Schiff aber 2002 aus­mustern. Seit damals ist der Neubau eines MCM Support/Command Ships oder der Umbau eines alten Dock­lan­dungss­chiffes im Gespräch, wurde aber immer wieder ver­schoben (zwis­chen­zeitlich über­nahm ein geleast­er Hochgeschwindigkeits-Kata­ma­ran die Funk­tion). Die aktuelle Lage hat nun die US Navy offen­bar bewogen, diese Pläne schnell aus der Schublade zu holen. 

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