Die Kaperung von zwei Booten mit 15 britischen Soldaten durch iranische Revolutionsgarden hat den Iran erneut in die internationalen Schlagzeilen gebracht.
Am 23. März operierte die Fregatte CORNWALL (Type 22 Batch 3) im Rahmen eines UN-Mandats im nördlichen Persischen Golf, unmittelbar vor der irakischen Küste. Das Schiff gehört zur Combined Task Force 158 (derzeit geführt vom britischen Commodore Lambert), die sich meist aus Schiffen der US-Navy, der australischen Marine und der britischen Royal Navy zusammensetzt, gelegentlich ergänzt durch Schiffe auch anderer Nationen.
Auftrag der CTF 158 sind Maritime Security Operations, zu denen die Sicherung der irakischen Territorialgewässer und der Schutz vor der Küste gelegener Ölterminals ebenso gehört, wie die Unterbindung von Waffen- und Drogenschmuggel und das Verhindern einer Infiltration von Terrorristen. Stoppen und bei Bedarf auch Durchsuchen von im Gebiet angetroffenen Schiffen ist für die eingesetzten Einheiten Routine. Dazu werden mit kleinen Beibooten (Schlauchboote / RHIB) Boarding Teams entsandt.
Ein solche Überprüfung eines aus dem Iran kommenden, mit Fahrzeugen beladenen Schiffes hatte das Boarding Team der CORNWALL gerade beendet. Die insgesamt 15 Soldaten (8 Marinesoldaten, 7 Royal Marines), unter ihnen auch Frauen, wollten mit ihren zwei Booten zur CORNWALL zurück kehren, als plötzlich mehrere schnelle Boote der iranischen Revolutionsgarden (Pasdaran) heran schlossen und sie mit vorgehaltener Waffe in iranische Gewässer zwangen. Dort wurden sie der „aggressiven Verletzung iranischer Territorialgewässer“ beschuldigt und festgenommen. Medienmeldungen zufolge sollen sie am 24. März nach Teheran gebracht worden sein.
Der Vorfall ereignete sich in der südlichen Zufahrt des Schatt el Arab. Die Royal Navy besteht darauf dass die Boote sich ohne jeden Zweifel auf irakischem Territorium, außerhalb iranischer Gewässer befunden hätten. Die hier und im Schatt el Arab selbst zwischen Iran und Irak verlaufenden Seegrenzen sind allerdings umstritten, werden an manchen Orten vom Iran offenbar deutlich anders definiert.
So kommt es hier auch immer wieder zu Zwischenfällen. Im Juni 2004 waren acht britische Soldaten mit ihren Booten während einer Überführungsfahrt auf dem Schatt el Arab von Pasdaran gefangen genommen worden. Während ihre Karten die Grenze auf dem östlichen Ufer sahen, bestand der Iran auf einem Grenzverlauf in der Gewässermitte. Damals waren die Soldaten nach mehrtägigen Verhandlungen — und z.T. demütigender Behandlung — wieder frei gekommen; Boote und Ausrüstung wurden jedoch vom Iran konfisziert.
Erst kürzlich hatte ein US-Militärsprecher mitgeteilt, dass sich seit Mitte Februar Vorfälle mehren, bei denen kleinere iranische (para-)militärische Wachboote in einem möglichen „Austesten“ der Bereitschaft zu Reaktion in irakische Territorialgewässer eindringen. Unklar ist, wie weit beim aktuellen Vorfall die CORNWALL als Mutterschiff der zwei kleinen Boote vom Ort des Geschehens entfernt stand, ob es von ihr Versuche gegeben hat, die iranische Aktion zu unterbinden oder ob die für den Einsatz unter UN-Mandat geltenden Rules of Engagement (RoE) eine aktive Gegenwehr bis hin zu z.B. Warnschüssen überhaupt zulassen.
Man kann aber wohl davon ausgehen, dass man an Bord eines Kriegsschiffes der US-Navy mit nationalen RoE sicher deutlich „robuster“ auf eine Entführung von US-Soldaten reagiert hätte als auf der CORNWALL. So drängt sich der Verdacht auf, dass die britische Fregatte ganz bewusst zum Ziel genommen wurde. Nicht von ungefähr sehen internationale Medien einen zeitlichen Zusammenhang mit der im UN-Sicherheitsrat geplanten Verabschiedung einer neuen, verschärften Resolution gegen den Iran wegen dessen Atomprogramm. Es sei nicht auszuschließen, dass Teheran mit der Aktion versuche, ein Ständiges Mitglied des Sicherheitsrates unter Druck setzen.
Während auf den ihren Auftrag fortsetzenden Schiffen der CTF 158 die Wachsamkeit deutlich erhöht sein dürfte, vielleicht auch RoE klarer oder gar neu definiert wurden, bestimmen Verhandlungen auf höchster diplomatischer Ebene das Geschehen. Man darf wohl erwarten, dass die 15 Briten schon bald unversehrt wieder frei kommen – aber erst nachdem der Iran aus dem Vorkommnis den gewünschten politischen Nutzen gezogen hat.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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