Ein gleichzeitig mit dem NOC-Zwischenbericht bereitgestelltes Dokument über die Kräftestruktur gibt Aufschluss über die Flottenzusammensetzung, die zur Realisierung der maritimen Strategie und des in Arbeit befindlichen Einsatzkonzeptes notwendig wäre. Die wesentlichsten Feststellungen:
Flugzeugträger:
Das Dokument stellt ausdrücklich fest, dass die Navy 11 Flugzeugträger braucht, um uneingeschränkt einsetzbar zu sein; es fordert gleichzeitig zu einer Risikoanalyse auf für den Fall, dass weniger Flugzeugträger zur Verfügung stünden;Amphibische Schiffe:
Die Zunahme der Aufgaben für amphibische Kriegsschiffe erfordert die Anhebung des Bestandes von 32 auf 42 Einheiten. Das Dokument stellt fest, dass vier amphibische Kriegsschiffe (ein amphibischer Träger LHA oder LHD, ein Docklandungsschiff LSD und zwei Docklandungsschiffe LPD) die ideale Zusammensetzung einer amphibischen Bereitschaftsgruppe (Amphibious Readiness Group – ARG) darstellen. Bislang bilden drei Schiffe eine ARG. Die aus vier Schiffen bestehende ARG soll es erlauben, die an Bord befindliche Marineinfanterie über ein größeres Gebiet einzusetzen – beispielsweise durch das Aufspalten der ARG in zwei Verbände zu je zwei Schiffen. Ferner könnten zusätzliche Einsatzkräfte – Marineinfanterie, Spezialkräfte, Minenräumausrüstung oder Aufklärungskräfte – mitgeführt werden. Eines der beiden LPD soll als Führungsschiff ausgestattet sein, um ggf. als TSK-gemeinsame Einsatzzentrale dienen zu können. Auch der geplante Einsatz einzelner amphibischer Schiffe zur Unterstützung von Spezialkräften und Minenräumeinheiten erfordert die Anhebung des Schiffsbestandes. Hinzu kommt die Aussicht, dass ein Teil der globalen Flottenstationen durch amphibische Kriegsschiffe gebildet werden, stellt der Zwischenbericht fest.Die geforderten zusätzlichen amphibischen Schiffe dürften in erster Linie durch Anhebung des Beschaffungsziels der LPD-17/SAN ANTONIO Klasse erreicht werden. Zumindest für die Erweiterung der ARG auf vier Schiffe wird ausdrücklich eine zusätzliche LPD pro Einsatzgruppe gefordert. Für die Flottenstationen könnten unter Umständen ältere Einheiten über ihre vorgesehene Dienstzeit hinaus bei der Flotte bleiben.
Jagdunterseeboote:
Die Jagd-U-Boot-Flotte sollte von 48 auf 50 Einheiten erweitert werden.Überwasserkampfschiffe:
Bezüglich der weiteren Überwasserkampfschiffe ist das Dokument weniger präzise. Vielmehr werden die Stäbe und Kommandeure aufgefordert, ihre Ansichten bezüglich der erforderlichen Anzahl der Fregatten, Zerstörer, Kreuzer, und Küstenwachteinheiten mitzuteilen. Es wird auch die Frage aufgeworfen, welche zusätzlichen Fähigkeiten eventuell dem Littoral Combat Ship hinzugefügt werden könnten. Ausdrücklich wird gefragt, ob es sinnvoll sei, ein Kontingent Marineinfanterie an Bord des LCS zu führen.
Amphibische Einsatzgruppe Quelle: US-Navy |
Im Kontext dieser Aussagen bezüglich der Rüstungsplanung muss Folgendes berücksichtigt werden: Durch die Streichung des kostspieligen DDG 1000 ZUMWALT-Zerstörers wurden Beschaffungsmittel frei, die für den Kauf zusätzlicher Zerstörer der DDG 51/ ARLEIGH BURKE-Klasse [teilweise in der ABM-Konfiguration zur Zerstörung feindlicher Mittel- und Langstreckenraketen] sowie zusätzlicher amphibischer Schiffe der LPD 17 Klasse verwendet werden können und sollen. Eine Beschaffung zusätzlicher Einheiten dieser Klassen findet bereits grundsätzliche Zustimmung in weiten Kreisen des US-Kongresses.
Andererseits muss infrage gestellt werden, ob das ständige reale Wachstum des amerikanischen Verteidigungsetats unter der Regierung Obama fortgeführt werden kann oder wird. Das massive amerikanische Staatsdefizit, in Verbindung mit der gegenwärtigen Wirtschaftskrise, wird den Druck zu Einsparungen entlang des gesamten Haushaltsspektrums erhöhen. Hinzu kommt die Tatsache, dass der Wahlsieger Barack Obama während des Wahlkampfes eine breite Palette neuer Sozialprogramme sowie wirtschaftliche Infrastrukturinvestitionen ankündigte und gleichzeitig versprach, Neuausgaben durch Streichung anderer, nicht näher identifizierte Staatsausgaben auszugleichen.
Letztendlich muss noch festgehalten werden, dass das endgültige maritime Einsatzkonzept Abweichungen von den im Zwischenbericht diskutierten Feststellungen enthalten kann – und wahrscheinlich enthalten wird. Die Planungsstäbe und Einsatzkommandeure der Navy, des Marine Corps und der Coast Guard sind noch dabei, ihre jeweiligen Analysen und Vorschläge zu koordinieren und zu besprechen. Hinzu kommt, dass die zivile Führung des Verteidigungs- und des Marineministeriums im Januar wechselt. Nominierung, Bestätigung und Einarbeitung neuer Minister und Staatssekretäre müssen abgeschlossen werden, bevor die uniformierte Führung ihre Vorschläge zur Zustimmung (oder Ablehnung) vorlegen kann.
Bis zur Fertigstellung der NOC-Endfassung könnten also gut und gerne weitere sechs Monate vergehen; die Veröffentlichung des Dokuments dürfte noch länger auf sich warten lassen, da die Marineführung erst die interne Verbreitung und Diskussion durchführen muss. Teile des Dokuments dürften zudem aus Geheimhaltungsgründen niemals veröffentlicht werden.