USA — Neues Einsatzkonzept der US-Navy — Naval Operations Concept 2008 (NOC 2008)

Kräftestruk­tur
Ein gle­ichzeit­ig mit dem NOC-Zwis­chen­bericht bere­it­gestelltes Doku­ment über die Kräftestruk­tur gibt Auf­schluss über die Flot­ten­zusam­menset­zung, die zur Real­isierung der mar­iti­men Strate­gie und des in Arbeit befind­lichen Ein­satzkonzeptes notwendig wäre. Die wesentlich­sten Feststellungen: 
  • Flugzeugträger:
    Das Doku­ment stellt aus­drück­lich fest, dass die Navy 11 Flugzeugträger braucht, um uneingeschränkt ein­set­zbar zu sein; es fordert gle­ichzeit­ig zu ein­er Risiko­analyse auf für den Fall, dass weniger Flugzeugträger zur Ver­fü­gung stünden;

  • Amphibis­che Schiffe:
    Die Zunahme der Auf­gaben für amphibis­che Kriegss­chiffe erfordert die Anhebung des Bestandes von 32 auf 42 Ein­heit­en. Das Doku­ment stellt fest, dass vier amphibis­che Kriegss­chiffe (ein amphibis­ch­er Träger LHA oder LHD, ein Dock­lan­dungss­chiff LSD und zwei Dock­lan­dungss­chiffe LPD) die ide­ale Zusam­menset­zung ein­er amphibis­chen Bere­itschafts­gruppe (Amphibi­ous Readi­ness Group – ARG) darstellen. Bis­lang bilden drei Schiffe eine ARG. Die aus vier Schif­f­en beste­hende ARG soll es erlauben, die an Bord befind­liche Marine­in­fan­terie über ein größeres Gebi­et einzuset­zen – beispiel­sweise durch das Auf­s­pal­ten der ARG in zwei Ver­bände zu je zwei Schif­f­en. Fern­er kön­nten zusät­zliche Ein­satzkräfte – Marine­in­fan­terie, Spezialkräfte, Minen­räu­maus­rüs­tung oder Aufk­lärungskräfte – mit­ge­führt wer­den. Eines der bei­den LPD soll als Führungss­chiff aus­ges­tat­tet sein, um ggf. als TSK-gemein­same Ein­satzzen­trale dienen zu kön­nen. Auch der geplante Ein­satz einzel­ner amphibis­ch­er Schiffe zur Unter­stützung von Spezialkräften und Minen­räumein­heit­en erfordert die Anhebung des Schiffs­be­standes. Hinzu kommt die Aus­sicht, dass ein Teil der glob­alen Flot­ten­sta­tio­nen durch amphibis­che Kriegss­chiffe gebildet wer­den, stellt der Zwis­chen­bericht fest. 

  • Amphibische Einsatzgruppe (Foto: US-Navy)
    Amphibis­che Ein­satz­gruppe
    Quelle: US-Navy
  • Die geforderten zusät­zlichen amphibis­chen Schiffe dürften in erster Lin­ie durch Anhebung des Beschaf­fungsziels der LPD-17/SAN ANTONIO Klasse erre­icht wer­den. Zumin­d­est für die Erweiterung der ARG auf vier Schiffe wird aus­drück­lich eine zusät­zliche LPD pro Ein­satz­gruppe gefordert. Für die Flot­ten­sta­tio­nen kön­nten unter Umstän­den ältere Ein­heit­en über ihre vorge­se­hene Dien­stzeit hin­aus bei der Flotte bleiben.

  • Jag­dun­ter­see­boote:
    Die Jagd-U-Boot-Flotte sollte von 48 auf 50 Ein­heit­en erweit­ert werden.

  • Über­wasserkampf­schiffe:
    Bezüglich der weit­eren Über­wasserkampf­schiffe ist das Doku­ment weniger präzise. Vielmehr wer­den die Stäbe und Kom­man­deure aufge­fordert, ihre Ansicht­en bezüglich der erforder­lichen Anzahl der Fre­gat­ten, Zer­stör­er, Kreuzer, und Küstenwachtein­heit­en mitzuteilen. Es wird auch die Frage aufge­wor­fen, welche zusät­zlichen Fähigkeit­en eventuell dem Lit­toral Com­bat Ship hinzuge­fügt wer­den kön­nten. Aus­drück­lich wird gefragt, ob es sin­nvoll sei, ein Kontin­gent Marine­in­fan­terie an Bord des LCS zu führen.

Im Kon­text dieser Aus­sagen bezüglich der Rüs­tungs­pla­nung muss Fol­gen­des berück­sichtigt wer­den: Durch die Stre­ichung des kost­spieli­gen DDG 1000 ZUMWALT-Zer­stör­ers wur­den Beschaf­fungsmit­tel frei, die für den Kauf zusät­zlich­er Zer­stör­er der DDG 51/ ARLEIGH BURKE-Klasse [teil­weise in der ABM-Kon­fig­u­ra­tion zur Zer­störung feindlich­er Mit­tel- und Langstreck­en­raketen] sowie zusät­zlich­er amphibis­ch­er Schiffe der LPD 17 Klasse ver­wen­det wer­den kön­nen und sollen. Eine Beschaf­fung zusät­zlich­er Ein­heit­en dieser Klassen find­et bere­its grund­sät­zliche Zus­tim­mung in weit­en Kreisen des US-Kongresses. 

Ander­er­seits muss infrage gestellt wer­den, ob das ständi­ge reale Wach­s­tum des amerikanis­chen Vertei­di­gungse­tats unter der Regierung Oba­ma fort­ge­führt wer­den kann oder wird. Das mas­sive amerikanis­che Staats­de­fiz­it, in Verbindung mit der gegen­wär­ti­gen Wirtschaft­skrise, wird den Druck zu Einsparun­gen ent­lang des gesamten Haushaltsspek­trums erhöhen. Hinzu kommt die Tat­sache, dass der Wahlsieger Barack Oba­ma während des Wahlkampfes eine bre­ite Palette neuer Sozial­pro­gramme sowie wirtschaftliche Infra­struk­tur­in­vesti­tio­nen ankündigte und gle­ichzeit­ig ver­sprach, Neuaus­gaben durch Stre­ichung ander­er, nicht näher iden­ti­fizierte Staat­saus­gaben auszugleichen. 

Let­z­tendlich muss noch fest­ge­hal­ten wer­den, dass das endgültige mar­itime Ein­satzkonzept Abwe­ichun­gen von den im Zwis­chen­bericht disku­tierten Fest­stel­lun­gen enthal­ten kann – und wahrschein­lich enthal­ten wird. Die Pla­nungsstäbe und Ein­satzkom­man­deure der Navy, des Marine Corps und der Coast Guard sind noch dabei, ihre jew­eili­gen Analy­sen und Vorschläge zu koor­dinieren und zu besprechen. Hinzu kommt, dass die zivile Führung des Vertei­di­gungs- und des Marine­m­i­nis­teri­ums im Jan­u­ar wech­selt. Nominierung, Bestä­ti­gung und Einar­beitung neuer Min­is­ter und Staatssekretäre müssen abgeschlossen wer­den, bevor die uni­formierte Führung ihre Vorschläge zur Zus­tim­mung (oder Ablehnung) vor­legen kann. 

Bis zur Fer­tig­stel­lung der NOC-End­fas­sung kön­nten also gut und gerne weit­ere sechs Monate verge­hen; die Veröf­fentlichung des Doku­ments dürfte noch länger auf sich warten lassen, da die Marine­führung erst die interne Ver­bre­itung und Diskus­sion durch­führen muss. Teile des Doku­ments dürften zudem aus Geheimhal­tungs­grün­den niemals veröf­fentlicht wer­den.

Team GlobDef

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