Internationale Resonanz – guter Ansatz, zu wenig Substanz
In der Fachzeitschrift »US Naval Institute Proceedings« (Ausgabe März 2006) äußerten sich die Marinestabschefs aus 25 Ländern durchwegs positiv zum Grundkonzept TSN. Allerdings betonten viele dieser Offiziere, dass auf politischer Ebene noch viel Vorarbeit zu leisten wäre, um die Kooperationsbereitschaft der Staaten zu gewährleisten.
Der damalige deutsche Marineinspekteur, Vizeadmiral Lutz Feldt, schrieb u.a.: »Globale Herausforderungen können nicht durch einzel-agierende Staaten bewältigt werden; daher ist das Konzept einer virtuellen Marine aus 1.000 Schiffen (…) mit dem Ziel eines globalen maritimen Netzwerkes eine logische Konsequenz (…) und ein Schritt in die richtige Richtung (…) Die weitläufigen Fähigkeiten der Seestreitkräfte können zu einem globalen maritimen Sicherheitsnetzwerk zusammengefügt werden. Die zunehmende Erkenntnis in politischen Kreisen, dass umfassende Sicherheit nur durch einen gemeinsamen Ansatz der verschiedenen Regierungen (…) gewährleistet werden kann, ist ein Grund zum Optimismus. Dies wird es ermöglichen, künftig vermehrt maritime Optionen anzubringen und diese zu einem umfassenden Sicherheitskonzept zu integrieren. Ein globales maritimes Netzwerk kann allerdings nur Realität werden, wenn alle beteiligten Parteien sich einig sind, dass dies die allgemeine Sicherheit erhöht. Eine Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Implementierung eines derartigen Konzeptes ist daher die Zurückstellung der wirtschaftlichen Interessen einzelner Staaten zugunsten des übergeordneten Nutzens. Die Implementierung muss auf einer echten Partnerschaft ruhen und für Jedermann transparent sein.«
Andere europäische Partner beurteilen TSN ähnlich. Großbritannien begrüßt das Konzept grundsätzlich, sieht jedoch die Gefahr, dass die bereits ausgelastete Royal Navy kaum imstande wäre, noch zusätzliche internationale Aufgaben aufzugreifen, sagen britische Verteidigungsexperten.
In den skandinavischen Ländern fand das Konzept bislang wenig Anklang. »Die Idee einer globalen Marine aus 1.000 Schiffen wurde meines Erachtens nur beiläufig unter den Ministern dieser Regierung besprochen«, erklärte der norwegische Verteidigungsstaatssekretär Kjetil Skogrand Ende 2006. »Bezüglich dieses Konzepts sind mir keine ernsthaften Diskussionen oder Gesprächspläne unter den nordischen Regierungen bekannt«, ergänzte Skogrand.
Ein führender Beamter des dänischen Verteidigungsministeriums sagte, die Initiative sei wohl gemeint, doch fehle ihr eine realistische Grundlage. »Ich kenne keine einzige europäische Regierung oder Marine, die das TSN-Konzept ernst nimmt«, sagte dieser Beamte. »Viele dürften es ablehnen, weiter in die nachrichtendienstliche Matrix der USA hineingezogen zu werden«, sagte der Beamte, der auch völkerrechtliche Probleme bei der Umsetzung des Konzepts befürchtet.