Gleichstellung um jeden Preis? — Einsatz von Frauen in Kampfeinheiten

Trotz dieser Ein­schränkun­gen wird seit­ens der Poli­tik und bes­timmter Lob­by­grup­pen erwartet, dass mil­itärische Insti­tu­tio­nen sich anpassen, ohne Rück­sicht auf Zeit­pläne, Kampfleis­tung und Über­leben­szahlen. Die Wahrschein­lichkeit, dass Frauen während eines Ein­satzes getötet oder ver­wun­det wer­den, ist als Resul­tat der unter­schiedlichen Ausstat­tung der Geschlechter und aus der Beobach­tung der Aus­bil­dungs­de­fizite wesentlich höher einzuschätzen als die der Män­ner. Je ungün­stiger die Bedin­gun­gen auf dem Schlacht­feld sind, desto stärk­er ist mit höheren Ver­lus­ten bei Frauen zu rechnen. 

In den USA, die lange Erfahrun­gen mit Frauen in den Stre­itkräften haben, tagte 1992 die »Pres­i­den­tial Com­mis­sion on the Assign­ment of Women in the Armed Ser­vices« und hörte Experten­mei­n­un­gen zum Ein­satz von Frauen im Mil­itär. Das Ergeb­nis war: Von 133 »iden­ti­fizier­baren Fak­ten«, das heißt, Bes­tim­mungs­fak­toren zu den Ein­satzvo­raus­set­zun­gen für Sol­dat­en im Kampfein­satz, erfüllen Frauen nur zwei. Der Auss­chuss entsch­ied 8:2 gegen den Ein­satz von Frauen in Kampfeinheiten. 

Die Vorstel­lun­gen der Befür­worter eines inte­gra­tiv­en Konzepts für Frauen in Kampfein­heit­en erweisen sich, bei Berück­sich­ti­gung der hier dargestell­ten biol­o­gis­chen Gegeben­heit­en, als inkon­sis­tent, wenn nicht als inhu­man. Obwohl es all­ge­mein als unver­ant­wortlich, wenn nicht sog­ar als krim­inell gilt, sechzehn­jährige Jugendliche oder sechzigjährige Män­ner in den Kampf zu schick­en, da diese kör­per­lich den Anforderun­gen des Schlacht­felds noch nicht oder nicht mehr gewach­sen sind, betra­cht­en sie es als fortschrit­tlich, Frauen ohne Rück­sicht auf ihre offen­sichtlichen Nachteile im Kampf einzusetzen. 

Unter sozi­ol­o­gis­chen Gesicht­spunk­ten ergibt sich ein ähn­lich­es Bild: Das US-amerikanis­che Cen­ter for Mil­i­tary Readi­ness fasste die Ergeb­nisse der zahlre­ichen Unter­suchun­gen, die sich auf den Ein­fluss der gemis­cht­en Aus­bil­dung konzen­tri­eren, fol­gen­der­maßen zusammen: 

  • Weniger Diszi­plin, weniger Zusam­men­halt, mehr Ablenkung von Ausbildungsinhalten.
  • Absichtlich­es und unab­sichtlich­es Fehlver­hal­ten auf­grund eines emo­tion­al anfäl­li­gen Kli­mas, wofür Rekruten und Aus­bilder gle­icher­maßen schlecht vor­bere­it­et sind.
  • Erhöhte Ver­let­zungsrat­en und Krankmel­dun­gen führen zur Nichter­fül­lung von grundle­gen­den Ausbildungszielen.
  • Abwe­ichun­gen von der Ker­naus­bil­dungszeit auf­grund von zwis­chen­men­schlichen Ablenkun­gen und die Notwendigkeit, eine weit­ere Woche für das so genan­nte »Sen­si­bil­isierungstrain­ing « anzuset­zen, um die Beziehun­gen zwis­chen den Geschlechtern zu steuern.
  • Abnahme in der all­ge­meinen Qual­ität und Diszi­plin des »Gen­der Inte­grat­ed Basic Train­ing«; ein Man­gel an Ver­trauen in die Fähigkeit­en der Kam­er­aden; die Notwendigkeit für die Ein­führung von Nachaus­bil­dung, um die Aus­bil­dungsmän­gel der Grun­daus­bil­dung zu kompensieren.
  • Aus­ge­bilde­ten Sol­dat­en fehlen häu­fig jene Ken­nt­nisse und Fer­tigkeit­en, die für die fort­geschrit­tene Aus­bil­dung erforder­lich ist.

In der Summe haben die sozi­ol­o­gis­chen Auswirkun­gen eine »Fem­i­nisierung« der Stre­itkräfte zur Folge. Frauen zwin­gen den männlichen Kam­er­aden fak­tisch ihre eige­nen physis­chen Beschränkun­gen auf, indem sie die Stan­dards senken und Forderun­gen nach Verän­derun­gen stellen. Und tat­säch­lich berühren einige dieser Forderun­gen das Essen­zielle der mil­itärischen Organ­i­sa­tion. Eine ehe­ma­lige Sol­datin, Armee­of­fizier und gegen­wär­tig Dozentin am Queens Col­lege in Cam­bridge, forderte im März 2005 ein Ende des Ver­bots sex­ueller Beziehun­gen zwis­chen Offizieren und anderen Dien­st­graden. Die beste­hen­den Regeln seien über­holt und unre­al­is­tisch bei der steigen­den Zahl von Frauen im Militär. 

Ani­ta Blair, Vor­sitzende des Unter­suchungsauss­chuss­es des US-Kon­gress­es zum The­ma Aus­bil­dung und mit »Geschlecht« ein­herge­hen­den Fra­gen, teilte die Sorge um die »Fem­i­nisierung« schon 1994, als sie zusam­men­fasste: »Infolge mein­er Arbeit im Unter­suchungsauss­chuss, kam ich zu der Überzeu­gung, dass es vie­len Befür­wortern größeren weib­lichen Ein­flusses in den Stre­itkräften nicht um die Eroberung des Mil­itärs geht, son­dern um die Über­win­dung von Männlichkeit. Sie beab­sichti­gen, die quin­tes­sen­ziell maskulin­ste unser­er Insti­tu­tio­nen fem­i­nin­er zu machen.« Konzepte des »gen­der main­stream­ing« und »gen­der norm­ing« spie­len auf­grund ihres Stel­len­werts in gesellschaftlichen Debat­ten eine zunehmende Rolle in west­lichen Stre­itkräften. Diskus­sio­nen über die Zuteilung von »Gen­der­ber­atern« während der Aus­bil­dung und im Ein­satz find­en in europäis­chen Par­la­menten statt. 

Soldatin beim Ausbringen eines Fenders (Foto: PIZ Marine)
Sol­datin beim Aus­brin­gen eines Fend­ers
PIZ Marine

Dage­gen ste­ht die schlichte Ein­sicht, dass die Anforderun­gen des Kriegs gefährlich bleiben und jen­seits der kör­per­lichen Fähigkeit­en der meis­ten Frauen liegen. Frauen in den Kampf zu schick­en, bedeutet insofern eine ver­mei­d­bare Steigerung der Wahrschein­lichkeit von Ver­lus­ten in den eige­nen Rei­hen, ins­beson­dere aber bei den einge­set­zten Frauen. Die kom­pen­satorischen Maß­nah­men zur Inte­gra­tion von Frauen in Kampf- und Kamp­fun­ter­stützung­sein­heit­en zie­len ange­blich darauf ab, Vorurteile und nut­zlose »Bar­ri­eren« abzubauen. In der Prax­is haben sie sich lediglich neg­a­tiv auf Stan­dards und Kampf­bere­itschaft aus­gewirkt. West­liche Stre­itkräfte riskieren dadurch den Ver­lust ihres kom­pet­i­tiv­en Vorteils. 

Die einzige Alter­na­tive zu dieser Fehlen­twick­lung ist, dass per­sön­liche Fähigkeit und Ver­di­enst wieder die auss­chließlichen Qual­i­fika­tion­skri­te­rien wer­den. Die Chan­cen sind jedoch ger­ing, diese Posi­tion gegen poli­tis­chen Druck »von oben« beziehungsweise gesellschaftlich ein­flussre­iche Sozialin­ge­nieure durchzuset­zen, wenn selb­st der Tod von zwei Kadet­tin­nen auf der GORCH FOCK nicht zu ein­er The­ma­tisierung der Unter­schiede zwis­chen Mann und Frau und deren Auswirkun­gen auf den Ein­satz im Mil­itär führt. 

In der ganzen Debat­te um die GORCH FOCK kam die Geschlechter­frage nur am Rande vor, bildete aber das eigentliche Zen­trum der Aufre­gung. Auch früher, in Zeit­en rein männlich­er Offizier­san­wärter, hat es, sehr sel­ten (in 50 Jahren vier), Unglücks­fälle auf der GORCH FOCK gegeben, doch löste das niemals Empörung oder stärkere Irri­ta­tio­nen aus. Dass das heute anders ist, hat ver­schiedene Ursachen. Die wichtig­sten sind die gegen­wär­tige Inter­pre­ta­tion des Sol­dat­seins als Beruf wie jed­er andere auch sowie das schlechte Gewis­sen ein­er Öffentlichkeit, die Frauen in den let­zten Jahrzehn­ten diese Tätigkeit als Emanzi­pa­tion­spflicht qua­si aufgezwun­gen hat. Unter Abse­hung von der Real­ität wurde den jun­gen Frauen vorge­gaukelt, ihr Geschlecht sei nur eine Kon­struk­tion und es bedürfe nur der Über­win­dung dieses Vorurteils, um es den Män­nern in allen Belan­gen gleichzutun. 

Insofern sind die bei­den verunglück­ten Kadet­tin­nen (2008, 2010) Opfer ein­er Ide­olo­gie, die aus ver­meintlich guter Absicht die Kon­se­quen­zen solch­er »Gle­ich­berech­ti­gung« ver­schwiegen hat. Unter dieser welt­frem­den Ide­olo­gie haben aber nicht nur die einzel­nen Frauen zu lei­den, son­dern auch die Bun­deswehr ins­ge­samt, die durch die »Zivil­isierung« nach und nach ihre Schlagkraft ver­liert. Wahrschein­lich wer­den erst die Härten der sicher­heit­spoli­tis­chen Ein­satzre­al­ität, schlimm­sten­falls mil­itärische Katas­tro­phen, zum Umdenken führen. 

Zum Autor
Dr. Erik Lehn­ert ist Geschäfts­führer des Insti­tuts für Staatspolitik 

Team GlobDef

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