Maritime Sicherheit
Das Weißbuch 2006 überträgt der Marine eine besondere Verantwortung für den Schutz der Seewege. Deshalb bringen wir uns sehr engagiert in die nationalen und internationalen Initiativen zur Maritimen Sicherheit vor der eigenen Küste und auf Hoher See ein.
Zurzeit existieren allerdings mehrere rechtliche Hürden, die es der Marine erschweren, ihren Beitrag zur maritimen Sicherheit im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu leisten. Dabei geht es vor allem um die rechtlichen Möglichkeiten der Marine auf der Hohen See, also außerhalb unseres Hoheitsgebietes. Es geht nicht um den Einsatz der Marine – und damit der Bundeswehr – im Innern. Es geht um Handelsschiffe, die in entfernten Seegebieten wie am Horn von Afrika durch Piraten und Terroristen bedroht werden. Es geht damit auch um unsere Bürger in Notlagen auf See, die wir zurzeit nicht hinreichend schützen können.
In Bezug auf die jüngsten Ereignisse am Horn von Afrika wird immer deutlicher, dass die Marine in bestimmten Situationen im Einsatz vor rechtliche Herausforderungen gestellt wird, die derzeit nicht befriedigend geregelt sind.
Dies lässt sich an der Problematik des Schutzes der Welthungerhilfe vor der Küste Somalias oder den Ereignissen rund um die Fregatte EMDEN im gleichen Seegebiet verdeutlichen: Der Einsatz der Marine zur Bekämpfung der Piraterie stünde zwar im Einklang mit dem Völkerrecht, er ist aber nach vorherrschender Rechtsauffassung aufgrund von nationalen Bestimmungen nicht zulässig. Hier fehlt der politische Konsens!
Das Argument, man könne doch immer Nothilfe leisten, greift deutlich zu kurz. Denn Nothilfe erlaubt ein Eingreifen der Marine erst nach oder bei einem unmittelbar bevorstehenden Angriff von Piraten. Im Fall der entführten französischen Segeljacht bedeutete dies, dass erst nach einem Angriff ggf. unter Inkaufnahme unschuldiger Opfer die Bekämpfung der Piraten möglich wäre. Oder aber man müsste sich passiv verhalten, Lösegeld zahlen und das Beste hoffen.
Faktisch werden die Piraten durch die zum Teil erheblichen Lösegeldzahlungen in die Lage versetzt, sich immer besser auszustatten. Piraterie ist eine negative Begleiterscheinung der im Rahmen der Globalisierung gestiegenen Seetransport-Bedürfnisse und wird daher eher zu als abnehmen, wenn keine geeigneten Maßnahmen zur Bekämpfung der Piraterie getroffen werden.
Der öffentliche Druck wird mit der Zunahme der Pirateriefälle wachsen. Für eine solche Zunahme spricht vieles. Aber ohne diesen Druck ist politisches Handeln nicht zu erwarten. Wir müssen diesen Prozess begleiten, um für unsere Kommandanten die Rechtssicherheit zu erlangen, die entschlossenes Handeln erfordert. Dazu bitte ich Sie alle, als Träger maritimer Kompetenz, die Diskussion in der Öffentlichkeit zu führen. Eine grundgesetzliche Grundlage wäre der erste und wichtigste Schritt zu einer integrierten und vernetzten Sicherheitsarchitektur für unser Land. Ohne diese rechtliche Grundlage berauben wir uns wichtiger Handlungsoptionen in einer unsicheren Welt.
Bildquelle: PIZ Marine