Deutschland — Rede über Marine-Offizier-Vereinigung und Deutsche Marine 2008

Mar­itime Sicher­heit
Das Weißbuch 2006 überträgt der Marine eine beson­dere Ver­ant­wor­tung für den Schutz der Seewege. Deshalb brin­gen wir uns sehr engagiert in die nationalen und inter­na­tionalen Ini­tia­tiv­en zur Mar­iti­men Sicher­heit vor der eige­nen Küste und auf Hoher See ein. 

Zurzeit existieren allerd­ings mehrere rechtliche Hür­den, die es der Marine erschw­eren, ihren Beitrag zur mar­iti­men Sicher­heit im Rah­men ihrer Möglichkeit­en zu leis­ten. Dabei geht es vor allem um die rechtlichen Möglichkeit­en der Marine auf der Hohen See, also außer­halb unseres Hoheits­ge­bi­etes. Es geht nicht um den Ein­satz der Marine – und damit der Bun­deswehr – im Innern. Es geht um Han­delss­chiffe, die in ent­fer­n­ten Seege­bi­eten wie am Horn von Afri­ka durch Pirat­en und Ter­ror­is­ten bedro­ht wer­den. Es geht damit auch um unsere Bürg­er in Not­la­gen auf See, die wir zurzeit nicht hin­re­ichend schützen können. 

In Bezug auf die jüng­sten Ereignisse am Horn von Afri­ka wird immer deut­lich­er, dass die Marine in bes­timmten Sit­u­a­tio­nen im Ein­satz vor rechtliche Her­aus­forderun­gen gestellt wird, die derzeit nicht befriedi­gend geregelt sind. 

Marineforum - Speedbootabwehr (Foto: PIZ Marine) Dies lässt sich an der Prob­lematik des Schutzes der Welthunger­hil­fe vor der Küste Soma­lias oder den Ereignis­sen rund um die Fre­gat­te EMDEN im gle­ichen Seege­bi­et verdeut­lichen: Der Ein­satz der Marine zur Bekämp­fung der Pira­terie stünde zwar im Ein­klang mit dem Völk­er­recht, er ist aber nach vorherrschen­der Recht­sauf­fas­sung auf­grund von nationalen Bes­tim­mungen nicht zuläs­sig. Hier fehlt der poli­tis­che Konsens! 

Das Argu­ment, man könne doch immer Nothil­fe leis­ten, greift deut­lich zu kurz. Denn Nothil­fe erlaubt ein Ein­greifen der Marine erst nach oder bei einem unmit­tel­bar bevorste­hen­den Angriff von Pirat­en. Im Fall der ent­führten franzö­sis­chen Segel­jacht bedeutete dies, dass erst nach einem Angriff ggf. unter Inkauf­nahme unschuldiger Opfer die Bekämp­fung der Pirat­en möglich wäre. Oder aber man müsste sich pas­siv ver­hal­ten, Lösegeld zahlen und das Beste hoffen. 

Fak­tisch wer­den die Pirat­en durch die zum Teil erhe­blichen Lösegeldzahlun­gen in die Lage ver­set­zt, sich immer bess­er auszus­tat­ten. Pira­terie ist eine neg­a­tive Begleit­er­schei­n­ung der im Rah­men der Glob­al­isierung gestiege­nen See­trans­port-Bedürfnisse und wird daher eher zu als abnehmen, wenn keine geeigneten Maß­nah­men zur Bekämp­fung der Pira­terie getrof­fen werden. 

Der öffentliche Druck wird mit der Zunahme der Pira­teriefälle wach­sen. Für eine solche Zunahme spricht vieles. Aber ohne diesen Druck ist poli­tis­ches Han­deln nicht zu erwarten. Wir müssen diesen Prozess begleit­en, um für unsere Kom­man­dan­ten die Rechtssicher­heit zu erlan­gen, die entschlossenes Han­deln erfordert. Dazu bitte ich Sie alle, als Träger mar­itimer Kom­pe­tenz, die Diskus­sion in der Öffentlichkeit zu führen. Eine grundge­set­zliche Grund­lage wäre der erste und wichtig­ste Schritt zu ein­er inte­gri­erten und ver­net­zten Sicher­heit­sar­chitek­tur für unser Land. Ohne diese rechtliche Grund­lage berauben wir uns wichtiger Hand­lung­sop­tio­nen in ein­er unsicheren Welt. 

Bildquelle: PIZ Marine

Team GlobDef

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