Deutschland — Rede über Marine-Offizier-Vereinigung und Deutsche Marine 2008

Mate­r­i­al und Rüs­tung
Mit dem Zulauf eines drit­ten Ein­satz­grup­pen­ver­sorg­ers (EGV) wird die Marine bess­er in der Lage sein, Oper­a­tio­nen durch­hal­te­fähig zu unter­stützen. Wie das Beispiel UNIFIL gezeigt hat, ist das mit den bish­er vorhan­de­nen zwei Schif­f­en nicht möglich, sodass die Unter­stützung der einge­set­zten Ein­heit­en eingeschränkt wer­den musste. 

Die Ein­satz­grup­pen­ver­sorg­er leis­ten dabei sowohl logis­tis­che als auch san­itäts­di­en­stliche Unter­stützung. Zurzeit wird das vor­liegende Ange­bot für das dritte Schiff ein­er Preis­prü­fung unter­zo­gen. Ziel ist die Behand­lung des Pro­jek­tes durch das Par­la­ment im Sep­tem­ber des Jahres. Konzep­tionell benötigt die Marine für ihre par­al­le­len Auf­gaben vier Schiffe. 

Die Dauer aktueller Ein­sätze und die zunehmende Ent­fer­nung von eigen­em oder ver­bün­de­tem Ter­ri­to­ri­um erhöhen den Bedarf an Unter­stützung­sein­heit­en. Daher ist die Unter­stützung durch die ziv­il beset­zten Betrieb­sstoff­trans­porter RHÖN und SPESSART ins­beson­dere für NATO Ver­bände stets nachge­fragt. Auch ein poli­tis­ches Argu­ment, wenn nicht gle­ich Kampfein­heit­en zum Ein­satz kom­men sollen, so wie Japan zurzeit han­delt. Auf­grund des abse­hbaren Endes der Nutzungs­dauer dieser Schiffe wer­den derzeit Alter­na­tiv­en unter­sucht, anstelle eines vierten EGV zwei zivile Tanker zu beschaf­fen. Neben dem Bau oder Kauf ist auch die Char­terung als Alter­na­tive zu betrachten. 

Marineforum - Fregatte 125 (Grafik: ARGE) Das Fähigkeit­spro­fil und die tech­nis­che Ausle­gung der vier Fre­gat­ten Klasse 125 trägt der sich verän­dern­den Per­son­al­si­t­u­a­tion und der aktuellen Ein­satzre­al­ität Rech­nung. Sie sind auf lang andauernde Ein­sätze in Sta­bil­isierung­sop­er­a­tio­nen aus­gerichtet, gewährleis­ten tak­tis­che Feuerun­ter­stützung von See an Land sowie die Unter­stützung von Spezialkräften. 

Vor dem Hin­ter­grund der zu erwartenden weltweit­en und lang andauern­den Ein­sätze von Sta­bil­isierungskräften wird F125 ein verän­dertes, an diese Rah­menbe­din­gun­gen angepasstes Nutzungskonzept unter­legt (»Inten­sivnutzung«). Die wesentlichen Para­me­ter dieses Konzeptes sind die Forderung nach ein­er Ver­füg­barkeit des Schiffes im Ein­satzraum von zwei Jahren, die Ver­dop­pelung der jährlichen Betrieb­sstun­den wesentlich­er Anla­gen sowie eine weitest­ge­hende Wartungsar­mut im Betrieb. 

Ein Zwei- oder Mehrbe­satzungskonzept wird – sich im Ein­satz ablösende – Stammbe­satzun­gen von ca. 110 Per­so­n­en vorse­hen. Auch Auswirkun­gen auf die Aus­bil­dung, die Kom­plex­ität des Ein­satzes und des Betriebes F125 stellt beson­dere Anforderun­gen an die logis­tis­che Unter­stützung (z. B. Kon­se­quen­zen aus dem Inten­sivnutzungskonzept) und ver­langt wirtschaftliche Lösun­gen in einem inte­gri­erten Ansatz für die Nutzung. 

Es gilt, Kom­pe­ten­zen und Know-how der Marine, des wehrtech­nis­chen Bere­ich­es sowie der Indus­trie in einem zusam­men­hän­gen­den und auf gemein­same Ziele aus­gerichteten Auf­gaben- und Leis­tungs­bere­ich zum Erhalt der Ein­satzreife F125 zu bün­deln, zu erhal­ten und auszubauen. Bedarf­sträger und Bedarfs­deck­er kön­nen so mit den gezielt einzu­binden­den Leis­tun­gen der Indus­trie gemein­sam die Ein­satzfähigkeit des Waf­fen­sys­tems in der Nutzung sicherstellen. 

Die Marine plant, Unter­suchun­gen anzustellen, ob sich ein »Kom­pe­tenzzen­trum Waf­fen­sys­tem F125« (Arbeits­be­griff) zur Weit­er­ver­fol­gung als Mod­ernisierung­spro­jekt der Marine eignet und die o. a. Zielset­zun­gen auf diesem Wege erre­icht wer­den können. 

Mit dem abse­hbaren Ende der Nutzungs­dauer der in den Zeit­en des Kalten Krieges beschafften Waf­fen­sys­teme stellt sich die Frage, ob hoch spezial­isierte Nach­folgesys­teme die richtige Antwort auf die schnell wech­sel­nden Anforderun­gen des 21. Jahrhun­derts sind. Die Lösung scheint eher bei durch Mod­ule und Sub­sys­teme verän­der­baren Plat­tfor­men zu liegen. Eine Vielzahl unter­schiedlich spezial­isiert­er Ein­heit­en ist ökonomisch nicht sin­nvoll und mit einem engen Per­son­alkör­p­er nicht zu betreiben. 

Die Verzögerun­gen bei der Real­isierung der Marine­hub­schrauber 90 (MH 90) führen dazu, dass der Zulauf für die drin­gend benötigten Bor­d­hub­schrauber für die Fre­gat­ten Klassen 124 und 125 sowie den Ersatz für die Hub­schrauber Sea King MK 41 in dessen bord- und landge­bun­de­nen Ein­satzrollen nicht wie vorge­se­hen erfol­gen kann. Par­al­lel zur laufend­en Beschaf­fungs­pla­nung MH 90 prüft die Marine deshalb Alter­na­tiv­en ein­schließlich des Kaufes eines mark­tver­füg­baren Hub­schraubers zur Schließung des Bedar­fes ab 2015. 

Sowohl die Konzep­tion der Bun­deswehr als auch die Konzep­tionellen Grund­vorstel­lun­gen Basis See fordern die Ver­legung von Ein­satzkontin­gen­ten über See und deren Unter­stützung von See aus. Im Rah­men der Über­legun­gen zu den Zielvorstel­lun­gen der Marine wer­den die in diesem Kon­text beste­hen­den Defizite analysiert. Unter dem Arbeits­be­griff »Joint Sup­port Ship« wird nach Lösungsmöglichkeit­en zur Gesicherten Mil­itärischen Seev­er­lege­fähigkeit (GMSV) gesucht. 

Die beson­dere Ver­ant­wor­tung für den Schutz der Sol­dat­en lässt zunehmend unbe­man­nte Sys­teme in den Vorder­grund rück­en. Drohnen (z.b. Unmanned Aer­i­al Vehi­cle UAV, Autonomous Unter­wa­ter Vehi­cle AUV, Autonomous Sur­face Vehi­cle ASV) kön­nen ins­beson­dere in den wahrschein­lichen Ein­sätzen zur Kon­flik­tver­hü­tung und Krisen­be­wäl­ti­gung ein­schließlich des Kampfes gegen den inter­na­tionalen Ter­ror­is­mus – bei auch asym­metrisch­er Bedro­hung – ein weites Auf­gaben­spek­trum wahrnehmen und gle­ichzeit­ig die Gefährdung des einge­set­zten Per­son­als reduzieren. 

Die Marine unter­sucht derzeit die Eig­nung eines mark­tver­füg­baren und preiswerten Sys­tems (Cam­copter der Fa. Schiebel) zur luft­gestützten Wirk- und Zielaufk­lärung, das von Schif­f­en und Booten aus einge­set­zt wer­den kann. 

Die Marine hat ihre Großvorhaben im Plan_und entwick­elt sich gemäß den konzep­tionellen Vor­gaben fort. Die Großvorhaben gehen jedoch zulas­ten viel­er Klein­pro­jek­te, die für den Sub­stanz­er­halt, die Ein­satzfähigkeit und die Attrak­tiv­ität notwendig sind. Beispiel: Ausstat­tung mit mod­ernem Fer­n­meldegerät. Ger­ade der­ar­tige Män­gel empfind­et die Truppe als unat­trak­tive und schlechte Ausstattung. 

Eine Sorge: Der Umgang mit der Indus­trie: Pro­duk­te der deutsch/europäischen Rüs­tungsin­dus­trie sind oft von ent­täuschen­der Qual­ität und mit stark­er zeitlich­er Verzögerung in der Fer­tig­stel­lung, Beispiele: F124MH-90

Das Prob­lem dabei: Wir haben im Rah­men gewoll­ter Ver­schlankung z.T. zu viel Kom­pe­tenz an die Indus­trie „out­ge­sourct“, ver­lieren eigenes Beurteilungsver­mö­gen. Hier kostet Sparen Lehrgeld. Beispiel Marine Arse­nal (mit seinen bei­den Betrieben in Wil­helmshaven und Kiel): Die Einsparung von Zivilper­son­al führt dazu, dass wir Leis­tun­gen immer teur­er bei Werft­mo­nop­o­lis­ten einkaufen müssen. 

Zugle­ich: Wir helfen der Indus­trie bei der Export­förderung, wo wir kön­nen. Das geschieht auch aus poli­tis­chen Grün­den zur Sta­bil­itäts­förderung. Weil wir kon­se­quent alle Struk­turen auf die mil­itärischen Auf­gaben opti­miert haben, benöti­gen wir für diese Auf­gabe eigen­ständi­ge Struk­turen. Beispiel: U‑Boote, Fre­gat­ten für Südafri­ka, kün­ftig Fre­gat­ten für Alge­rien. Per­son­al für Aus­bil­dung ist nicht als Ker­nauf­gabe definiert und somit nicht strukturbestimmend. 

Bildquelle: ARGE

Team GlobDef

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