Deutschland — Personal, Ausbildung und Organisation der Marine

Vere­in­barkeit von Fam­i­lie und Dienst erfordert Fol­ge­maß­nah­men
Im Mai 2007 hat der Gen­er­alin­spek­teur die Teilkonzep­tion »Vere­in­barkeit von Fam­i­lie und Dienst in den Stre­itkräften« erlassen. Jet­zt gilt es, diesem Konzept konkrete Maß­nah­men fol­gen zu lassen. 

Die Befra­gung zum Bedarf an Kinder­be­treu­ung ist ein erster und richtiger Schritt. Noch wichtiger aber wird die Real­isierung erforder­lich­er Fol­ge­maß­nah­men. Das gilt z. B. auch für die Frage, ob und wann in aus­re­ichen­dem Maße Pendler­heime und mod­ernisierte Infra­struk­tur zur Ver­fü­gung ste­hen werden. 

Ohne neue Instru­mente und Mech­a­nis­men und ohne Erhöhung der Finan­zausstat­tung der Bun­deswehr wer­den wir im Kampf um unseren Nach­wuchs ins Hin­tertr­e­f­fen ger­at­en. Es wird jedoch nicht aus­re­ichen, sich bei der Lösung und Umset­zung dieser Konzep­tion und der damit ver­bun­de­nen Her­aus­forderun­gen allein der Hoff­nung auf mehr Geld hinzugeben. 

Es wird auch notwendig sein, kreative und unkon­ven­tionelle Prob­lem­lö­sun­gen zu entwick­eln. Hier sind wir alle gefordert, uns durch kon­struk­tive Mitar­beit, Vorschläge und Anre­gun­gen einzubrin­gen. Mit welchen Ideen kön­nten die Stre­itkräfte den aufgezeigten Entwick­lun­gen und Anforderun­gen begeg­nen? Dazu einige Beispiele: 

  • Durch Ver­längerung der Verpflich­tungs­dauer für Sol­dat­en auf Zeit auf 20 und mehr Jahre kön­nten wir den Regen­er­a­tions­be­darf deut­lich reduzieren. Damit dieses Mod­ell angenom­men wird, bedarf es aber attrak­tiv­er Gestal­tung, um eine Win-win-Sit­u­a­tion für die Stre­itkräfte und für die Bewer­ber zu ermöglichen. Dazu wären Erhöhun­gen der Berufs­förderungsansprüche und der Über­gangs­ge­bührnisse vorzunehmen. Der BO 41 wäre eine mögliche »Blau­pause« dafür.

  • Ähn­lich attrak­tiv wären die Berück­sich­ti­gung von Ein­satzzeit­en, die zu früheren Pen­sion­ierun­gen führten, und flex­i­ble Arbeit­szeitkon­ten, Alters- und Zurruhesetzungsgrenzen.

  • Es gelingt uns derzeit nicht in aus­re­ichen­dem Maße, ziv­il qual­i­fizierte Bewer­ber für Man­gelver­wen­dungs­bere­iche zu gewin­nen. Wir soll­ten daher prüfen, ob wir in noch enger­er Zusam­me­nar­beit mit den Indus­trie- und Han­del­skam­mern auch dafür Aus­bil­dung­sein­rich­tun­gen der Stre­itkräfte schaf­fen können.

  • Wir soll­ten möglichst flex­i­bel auf die Bewer­ber einge­hen. Deshalb wären Ver­wen­dun­gen für Seit­ene­in­steiger zu ermöglichen. Dabei denke ich auch an eine Art »Zeitar­beit­sagen­tur« bei den per­son­al­bear­bei­t­en­den Stellen, die durch Bekan­nt­gabe und Beset­zung frei wer­den­der Dien­st­posten zu einem Vakanzen­man­age­ment beiträgt. Das ist sich­er nicht in allen Ver­wen­dungs­bere­ichen real­isier­bar. Für die IT-Unter­stützung und manch andere Spezial­bere­iche scheint mir eine Prü­fung dieser Über­legun­gen jedoch sinnvoll.

  • Allerd­ings wären Änderun­gen des Sol­datenge­set­zes und der Sol­daten­lauf­bah­n­verord­nung erforderlich.

  • Darüber hin­aus wäre die im zivilen Bere­ich gängige Mehrfachbe­set­zung von Dien­st­posten im Rah­men der Teilzeitar­beit auch für Sol­dat­en zu ermöglichen und die zeitlich befris­tete Anstel­lung von Zivilper­son­al unter Nutzung von Wech­sel­stellen zu prüfen.

  • Ich halte es eben­falls für erforder­lich, Ergänzungsper­son­al zur Kom­pen­sa­tion von länger­fristi­gen Abwe­sen­heit­en z. B. für Erziehung­surlaub o. ä. vorzuse­hen. Dieses Per­son­al wäre über den nor­malen Ergänzung­sum­fang hin­aus einzustellen und dürfte nicht auf den Grun­dum­fang der Zeit- und Beruf­s­sol­dat­en angerech­net werden.

  • Auch die ver­stärk­te Ein­beziehung von Reservistin­nen und Reservis­ten ist zu betra­cht­en. Die derzeit­ige Recht­slage lässt eine Wehrübung grund­sät­zlich für drei Monate zu. Diese Regelung kön­nte jedoch im Sinne der Stre­itkräfte sehr viel flex­i­bler gestal­tet wer­den, als es heute der Fall ist.

Lassen Sie mich an dieser Stelle aber auch fest­stellen, dass den wach­senden Her­aus­forderun­gen mit ein­fachen Lösun­gen und den üblichen »Bor­d­mit­teln« nicht mehr lange zu begeg­nen sein wird. Eine Begren­zung des Umfanges der Marine, auf den zunehmend Per­son­al anrech­net, das abse­hbar über län­gere Zeiträume nicht zur Ver­fü­gung ste­ht, kann zu erhe­blichen per­son­ellen Eng­pässen und Ein­bußen in der Ein­satzfähigkeit führen. Hier muss also gegenges­teuert werden. 

Ungeachtet der noch guten Per­son­al­lage müssen wir bei aller Ein­sat­zori­en­tierung auch die Steigerung der Attrak­tiv­ität als Erfol­gskri­teri­um für eine zukun­fts­fähige Marine begreifen. Zu dem demografis­chen Knick, zu dem Gesund­heits- und PISA-Knick darf nicht auch noch ein Attrak­tiv­ität­sknick kom­men! Attrak­tiv zu bleiben heißt, ins­beson­dere mit Blick auf die demografis­che Entwick­lung, Maß­nah­men und Maßstäbe zu entwick­eln, um qual­i­fizierten Nach­wuchs zu gewin­nen und zu hal­ten. Das kann die Marine natür­lich nicht im Allein­gang erre­ichen. Dafür müssen sich die Führungsstäbe der Teil­stre­itkräfte und der Org­Bere­iche, der Fü S und die PSZ gemein­sam ein­set­zen und das tun sie auch. 

Team GlobDef

Seit 2001 ist GlobalDefence.net im Internet unterwegs, um mit eigenen Analysen, interessanten Kooperationen und umfassenden Informationen für einen spannenden Überblick der Weltlage zu sorgen. GlobalDefence.net war dabei die erste deutschsprachige Internetseite, die mit dem Schwerpunkt Sicherheitspolitik außerhalb von Hochschulen oder Instituten aufgetreten ist.

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