Deutschland — Hochseefähiges Küstenwachboot der Zukunft

Entwurf­skri­te­rien und tech­nis­che Ausle­gung
Für das KWB-009 wird ein Ein­rumpf­fahrzeug (Mono­hull) mit ein­er Länge in der Wasser­lin­ie von ca. 72,50 m, ein­er Bre­ite von 12,00 m und einem Tief­gang von ca. 3,60 m bei ein­er möglichen Typver­drän­gung von 800 bis 1.000 t zugrunde gelegt.

Das KWB-009 ist mit ein­er V‑förmigen Schiffs­form, kufe­nar­ti­gen Pro­filka­n­ten am Heck und einem vari­ablen Staukeil angedacht. Der vorge­se­hene Haifis­chhaut-Unter­wasser­anstrich ist die opti­male Voraus­set­zung zum Erre­ichen von Geschwindigkeit­en bis 24 kn und, sofern vom Kun­den gefordert, von bis zu max­i­mal ca. 40 kn.

Das Gewicht spielt bei dem Sys­te­men­twurf eine Schlüs­sel­rolle. Der Schiff­s­rumpf ist daher aus hochfestem Stahl gefer­tigt, die Auf­baut­en sind in Leicht­bauweise aus­ge­führt. Für Let­ztere wer­den Glas- oder Kohle­fas­er ver­stärk­te Ver­bundw­erk­stoffe mit ein­laminierten Funkan­ten­nen sowie optis­chen Stealth-Maß­nah­men durch glat­te Flächen, geringe Bauhöhe und eine Iglu-Form vorgeschlagen.

Marineforum Die seemän­nis­che Aus­rüs­tung wie Spille, Klam­p­en, Klüsen sowie die eingerüsteten Waf­fen- und Sen­sorsys­teme wer­den verdeckt aus­gelegt. Sicht­bare Schorn­steine sind nicht vorhan­den und Sig­nal­mas­ten wer­den aus­fahrbar kon­stru­iert. Für eine große Aus­rüs­tungs­flex­i­bil­ität wird für das KWB-009 eine entsprechende mul­ti­flex­i­ble Träger­sys­tem-Architek­tur zugrunde gelegt. 

Zur Aus­rüs­tung gehört als Kän­gu­ru-Ver­sion ein schnelles Tochter­boot mit Ein­satzgeschwindigkeit­en von über 50 kn. Es ist im Heck in ein­er ver­bor­ge­nen Wanne mit Klappe und automa­tis­ch­er Slip­pan­lage ange­ord­net. Vorge­se­hen ist auch die Mit­nahme von bis zu zwei ver­tikal star­tenden und lan­den­den Drohnen (Ver­ti­cal Take-off and Land­ing Unmanned Aer­i­al Vehi­cle, VTOL-UAV). Ein entsprechen­der VTLO-Hangar ist vorhan­den. Für einen Helikopter in der Größe eines Super Sea Lynx ist ein Land­edeck einge­plant. Auf einen Hangar für den Hub­schrauber wird allerd­ings verzichtet.

Beim KWB-009-Entwurf wird von einem hohen ganzheitlichen Automa­tisierungs­grad aus­ge­gan­gen. Die auf­gaben- und ein­sat­zori­en­tierte Besatzungsstärke liegt bei 15 bis max. 27 Per­so­n­en im rotieren­den Einsatz.

Eine gute Manövri­er­fähigkeit und ein wirtschaftlich­es Antriebs- und Energieerzeu­gungssys­tem sowie eine hohe Wohn­qual­ität an Bord – wie zum Beispiel Bul­lau­gen und Kli­maan­lage in jed­er Kabine und in den Messen – sind unab­d­ing­bare Voraus­set­zun­gen zur Erfül­lung von lange andauern­den Überwachungs- und Patrouil­lenauf­gaben in frem­den Küstengewässern. 

Marineforum

Das für das KWB-009 vorge­se­hene neuar­tige, fahrpro­filo­ri­en­tierte, ganzheitlich elek­trische Hybrid-Antrieb­ssys­tem Com­bined Cycloidal­rud­der or Water­jet (COCOW) stellt auch eine neue Her­aus­forderung für den Schiff­bau bezüglich Hydro­dy­namik, Trimm, Gewichtsverteilung, Fes­tigkeit sowie Schiffs­form und ‑lin­ien dar. Hier­für ist zum Teil das Betreten von Neu­land erforder­lich. Eine High­speed-Deep-Mono­hull-Rumpf­form mit qua­si Gleit­eigen­schaften und gutem Manövri­erver­hal­ten sowie hoher Kurssta­bil­ität in Verbindung mit dem COCOW-Antrieb muss analysiert, simuliert und in Schlep­pver­suchen, zum Beispiel an der Schiff­bau-Ver­such­sanstalt Pots­dam, opti­miert werden.

Das COCOW-Antrieb­ssys­tem mit drei bis vier voneinan­der unab­hängi­gen Rud­er- und Antrieb­sein­heit­en erhält die elek­trische Energie von einem fahrpro­filo­ri­en­tierten, kom­binierten Energieerzeu­gungssys­tem. Es ist zukun­ft­sori­en­tiert, umweltscho­nend, emis­sions- und geräuscharm sowie wirtschaftlich und leis­tungs­fähig im Betrieb.

Die tiefge­taucht­en Water­jets wer­den jew­eils von einem ca. 7‑MW-Hochleis­tungse­lek­tro­mo­tor auf HTS-Basis angetrieben. Gas­tur­binen erzeu­gen über HTS-Gen­er­a­toren die Primären­ergie. Sollte die HTS-Tech­nolo­gie noch nicht ver­füg­bar sein, so ist alter­na­tiv als Zwis­chen­lö­sung für den Antrieb der Water­jets je ein 7,4‑MW-MTU-Dieselmotor Typ 1163 denkbar.

Marineforum Die Abgase der Gas­tur­binen bzw. der Diesel­mo­toren wer­den rück­gekühlt. Sie kön­nen wahlweise unter­halb der Wasser­lin­ie über den Wasser­aus­trittsstrahl der mit einem Koax­i­al-Abgas­düsenseg­ment (KADS) aus­gerüsteten Water­jets oder wie bish­er üblich über einen Glattdeck-Schorn­stein an die Atmo­sphäre aus­gestoßen werden.

Für die Manövri­er- und die Marschfahrt bis ca. 16 kn sind zwei jew­eils durch einen Per­ma­nent- Motor angetriebene 400-kW-VCR-Antriebe (Voith Cycloidal Rud­er) vorge­se­hen. Für die Energiev­er­sorgung der VCR-Antriebe wird ein 1‑MW-Diesel­mo­tor-Gen­er­a­tor einge­plant. Die anteilige Energiev­er­sorgung für den Hotel­be­trieb erfol­gt auf See vorzugsweise über vier Luft atmende 250-kW-Brennstof­fzellen. Im Hafen übernehmen diese generell die Bor­d­stromver­sorgung. Alter­na­tiv sind auf See für die Stromerzeu­gung aber auch Diesel­mo­toren denkbar, im Hafen entsprechend der Lan­dan­schluss an ein Elek­triz­itätswerk des Stützpunktes.

Bei Geschwindigkeit­en über ca. 16 kn wer­den die VCR-Antriebe in den pas­siv­en Betrieb umgeschal­tet. Das heißt: Der VCR-Rad­kör­p­er mit den bei­den arretierten, spaten­för­mi­gen und senkrecht ste­hen­den Rud­er­flächen führt Teil­drehun­gen nach Back­bord und Steuer­bord durch und funk­tion­iert so als Ruder. 

Team GlobDef

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