Terrorismus, Gewalt und Kriminalität werden sich aller Voraussicht nach auf See und mehr noch in den Häfen stärker entfalten. Wie überall ist der »Angreifer« im Vorteil, weil er Zeitpunkt und Ziel auswählt. Selbstmordattentäter, die sich innerhalb eines Systems bewegen, sind kaum zu verhindern. Der Verteidiger muss permanent in Wachsamkeit und Abwehr präsent sein – eine enorme Herausforderung, wenn man an die Vielfalt der maritimen Verkehrsströme denkt. Jede Abwehr muss permanent und kollektiv sein und die Option militärischer Reaktionen einschließen.
Mögliche Terrorziele sind Öl- und Gastanker, Gefahrgutladungen, Passagier- und Kreuzfahrtschiffe, Kriegsschiffe, Bohrinseln. Pipelines und Kabel sind wegen ihrer Versorgungs- und Kommunikationsrolle ebenfalls gefährdet. Alle diese Ziele sind verletzlich durch Speedboot-Angriffe, eingeschleuste Kämpfer, Sprengstoff in Fahrzeugen und Containern, Seeminen, Hijacking, Geiselnahme und Sabotagehandlungen – auch Angriffe mit Tarnkappenbooten und Hubschraubern sind vorstellbar. Der Einsatz von »Schiffen als (Umwelt)- Waffe« ist zur Erpressung von Staaten denkbar. Passagierschiffe wären analog zu Flugzeugen dabei besonders sensible »weiche« und symbolhafte Ziele. Ein einziger erfolgreicher Angriff auf ein voll besetztes Kreuzfahrtschiff würde diesen Markt weltweit paralysieren.
Ein gezielter Anschlag in Meerengen, auf Flüssen, Kanälen oder in Häfen und ihren Zufahrten kann zum Zusammenbruch einzelner Schifffahrtsmärkte führen. So würden Terrorakte in den Straßen von Hormuz oder Malakka jeweils 40 Prozent aller Erdöltransporte massiv beeinträchtigen und eine Explosion der Ölpreise nach sich ziehen, während ein versenktes Schiff in der Elbe den deutschen Außenhandel für einige Zeit deutlich einschränken könnte. Im Panamakanal gibt es deshalb militärische Übungen zur Terrorabwehr.
Bisher sind folgende »maritime« Terroranschläge belegt:
ACHILLE LAURO Foto: Singas |
- Kreuzfahrer ACHILLE LAURO, 1985,Hijakking durch Palästinenser, ein Passagier ermordet;
- USS COLE, Hafen Aden 2000, Sprengstoffangriff mit Speedboot, 19 tote US-Soldaten;
- Tanker LIMBURG, Jemen 2002, Sprengstoffangriff mit Speedboot, Tote/Ölverschmutzung;
- Fähre SUPERFERRY 14, 2004, Philippinen, Sprengstoffanschlag durch Abu Sayaf, 116 Passagiere getötet, Rettung über die Heckklappe, Totalverlust;
- Hafen Ashdod, Israel, zwei Selbstmordattentäter im Container, zehn tote Hafenarbeiter;
- Basra Oil Terminal, 2004, gescheiterter Sprengstoffanschlag mit Speedboot auf Tanker TAKASUZA, drei tote US-Soldaten;
- Verhinderter Anschlag August 2005 auf israelisches Kreuzfahrtschiff in Antalya/Türkei;
- Sprengstoffanschlag (Abu Sayaf ) am 28.08.2005 auf Fähre DONNARAMONA in den Philippinen;
- Kaperung der LE PONANT, April 2008 durch somalische Piraten, Freilassung gegen Lösegeld.
In Nordsee, Ostsee und Mittelmeer blieb es bisher bei einigen blinden Alarmen für Fähr- und Kreuzfahrtschiffe.
Seeräuber und Terroristen sind trotz unterschiedlicher Motivation keine grundverschiedenen Kategorien. Der Unterschied zwischen äußerer und innerer Sicherheit, zwischen Terror und Kriminalität, verschwimmt. Erschwerend kommt hinzu, dass man auf See häufig kein klares Bild über den Aggressor gewinnen kann, der unter dem Deckmantel einer fremden Flagge, einer Freiheitsbewegung, eines privaten Unternehmens oder gar einer nationalen Marine auftritt. Der Übergang von Polizeiarbeit und Nachrichtendiensten, vorbeugendem Schutz und Militäreinsatz ist deshalb fließend. Für die Sicherheit auf See ergibt sich die Erkenntnis, dass »Safety + Security « ein Gesamtrisiko darstellen.
Als Folge der Ereignisse von »9/11« wurde 2002 das Schiffssicherheitsübereinkommen (SOLAS) um den so genannten International Ship and Port Facility Code (ISPS-Code) ergänzt. Ziel ist es, die Terrorgefahr für Schiffe und Häfen durch standardisierte und nachprüfbare Maßnahmen weltweit zu verbessern. Der Code gilt auch für Fähr- und Kreuzfahrer. Die Staaten haben den ISPS-Code termingerecht zum 1. Juli 2004 umgesetzt. Neue Zäune um die Terminals, Zugangs- und Gepäckkontrollen sowie diverse Kontrollen an Land und an Bord sind sichtbare Zeichen.
Allerdings gibt es praktische Unterschiede. In der Kreuzfahrt ist die Identitätskontrolle der Passagiere, die Gepäckkontrolle und der Bordbetrieb relativ gut zu überwachen. Bei Fähren hat man es dagegen mit einer großen Anzahl von Menschen, PKW, LKW, Bussen und Containern zu tun, die häufig spontan die Reise antreten. Das Fährschiff muss dem Fahrplan folgend schnell ent- und beladen werden. Häufig sind nur Stichproben in der Personen‑, Gepäck- und Fahrzeugkontrolle möglich. Speziell für die Durchleuchtung von Fahrzeugen und Containern ist eine zeitaufwendige Technik erforderlich, über deren Einführung und deren sachgerechten Einsatz noch diskutiert wird.