China besitzt 40 amphibische Kriegsschiffe; neue amphibische Schiffe einheimischer Produktion ersetzen alternde Einheiten. Die PLAN verfügt zusätzlich über Hunderte kleiner Landungsboote, Barkassen und Truppentransporter, die – zusammen mit Fischerbooten, Trawlern und zivilen Handelsschiffen – die amphibischen Landungsschiffe der Marine durch eine zweite Welle unterstützten können, nachdem ein erster Brückenkopf im Landungsgebiet gesichert ist. (Diese zivilen Schiffe und Boote könnten auch zur Vorbereitung einer Offensive verdeckt Minen auslegen). Die Fähigkeit zur Durchführung groß angelegter koordinierter amphibischer Einsätze wächst und stellt einen Schwerpunkt gegenwärtiger Übungen dar.
Type 072-III / Quelle: www.sinodefence.com |
Sonstiges
China stationiert gegenwärtig 450 Kurzstreckenraketen (CSS‑6 und CSS‑7) entlang der Taiwanstraße; jährlich kommen rund 75 Raketen hinzu. China entwickelt derzeit auch eine per Satellitennavigation gesteuerte, weiterreichende Variante der CSS‑6 Kurzstreckenrakete, die künftig US-Truppen auf Okinawa gezielt angreifen könnte. n China besitzt eine beachtliche defensive und offensive Minenkriegskapazität. Die Vielfalt der zur Verfügung stehenden Minen reicht bis zu ferndetonierten Minen und Minen mit raketenangetriebenen Sprengköpfen. Letztere können in tiefen Gewässern gegnerischen Verbänden bedeutende Areale verwehren. Gezieltes Minenlegen könnte US-Verbände auch in vorbestimmte, für die PLAN günstige Gewässer zwingen – eventuell vor dem Visier lauernder Jagd-U-Boote.
China entwickelt verschiedene ISR-Systeme (Intelligence, Surveillance, Reconnaissance – Nachrichtendienst, Überwachung, Aufklärung), um ein umfassendes Lagebild eines erweiterten Einsatzgebietes erstellen zu können. Hier sind eigene Überwachungssatelliten, AWACS-Systeme, bemannte und unbemannte Langstreckenaufklärungsflugzeuge sowie fortgeschrittene weitreichende Overthe- Horizon Radarsysteme (land- wie seegestützt) entweder bereits im Einsatz oder vorgesehen; gemeinsam erhöhen diese ISR-Systeme die Fähigkeit, militärische Bewegungen im Westpazifik zu orten, zu überwachen und anzugreifen. China könnte auch akustische Passivsensoren zur Ortung von Unterseebooten entwickelt haben. Aufgrund Chinas fortwährendem Interesse an Verbesserung der U‑Boot-Bekämpfung sind Entwicklung und Dislozierung zusätzlicher Unterwassersensoren im Zeitraum bis 2020 wahrscheinlich. Einige dieser künftigen Systeme könnten bis zum Rand des Kontinentalschelfs platziert werden. Passivsensoren würden geräuscharme Unterseeboote nur innerhalb einiger Kilometer Entfernung orten, würden jedoch Handelsschiffe sowie geräuschstarke Kriegsschiffe auch in größerer Entfernung aufspüren.
China betreibt F&E Programme zur Einführung so genannter »Konzeptwaffen«. Dieser Begriff umfasst vor allem kinetische Energiewaffen, Laser und Radiofrequenzwaffen. n Kinetische Energiewaffen, die ein Projektil mit einer Mündungsgeschwindigkeit von bis zu zwei Kilometern pro Sekunde (7.200 Stundenkilometer) abfeuern, setzen entweder elektromagnetische Kräfte oder ionisierte Gase zur Geschossbeschleunigung ein. Wissenschaftliche Zeitschriften in China geben an, dass ein elektrothermischchemisches Geschütz – vermutlich für den Einsatz als Schiffs- Flugabwehrwaffe – in der Spätphase des Entwicklungsprozesses steht. China verfolgt auch ein robustes F&E‑Programm auf dem Sektor Laserwaffen. Hier dürfte der Schwerpunkt auf der Entwicklung von Antipersonenwaffen, von Flugabwehrwaffen gegen Präzisionsmunition sowie von ASAT-Waffen liegen. Bereits 1995 stellte die militäreigene China North Industries Corporation die ZM-87 Laserwaffe auf asiatischen Rüstungsmessen vor. Eine maritime Version der ZM-87 könnte zum Blenden fremder Schiffsbesatzungen eingesetzt werden. Doktrin und Strategie für asymmetrische Kriegsführung
Die chinesischen Streitkräfte analysierten die seit 1990 von den USA geführten Kriege und kamen zu der Überzeugung, dass ihre traditionellen Stärken der numerischen Überlegenheit und des Zermürbungskrieges nicht gegen einen technologisch überlegenen Feind siegen helfen. Schwerpunkte der neueren chinesischen Einsatzdoktrin sind folgerichtig Verschleierung, Überraschung und Schockwirkung der ersten Angriffswellen, um den Gegner zu paralysieren. Dies gilt für jeden technologisch entwickelten Gegner, ob Taiwan, Japan oder die USA.
Die chinesischen Streitkräfte suchen u.a. nach Wegen, die gefährlichsten Hightech Waffensysteme und Führungssysteme des Gegners aufzuspüren, und durch direkte Gewalteinwirkung oder durch technologische Störung zu neutralisieren. Ein besonderes Augenmerk gilt hierbei den gegnerischen Informationssystemen, insbesondere bei einem informationszentrischen Gegner wie die USA. Kapitän z.S. Shen Zhongchang vom Forschungsinstitut der Chinesischen Marine sieht beispielsweise voraus, dass eine schwächere Streitkraft einen überlegenen Gegner durch Angriffe auf dessen weltraumgestützte Kommunikations- und Überwachungssysteme besiegt.
»Die Beherrschung des Alls wird eine Voraussetzung für militärische Siege sein, wobei der Weltraum zur neuen, das Schlachtfeld beherrschenden Anhöhe wird« erklärt Shen. Er merkt auch an, dass »Blitzangriffe und mächtige Erstschläge in Zukunft häufiger durchgeführt werden«. In künftigen Kriegen werden aus Sicht Shens Radaranlagen, Führungs- und Kommunikationseinrichtungen und Kommandoschiffe – allesamt durch »intelligente « Waffen, elektronische Angriffe sowie elektromagnetische Impulswaffen (EMP) verwundbar – Prioritätsziele der Frühphase einer PLA-Offensive sein. Zur Bekämpfung amerikanischer Satelliten entwickelt China gemäß eigener Veröffentlichungen ein breites Waffenspektrum: Laser zur Sensorenzerstörung, flugzeuggestützte ASAT-Raketen und sogar Mikrosatelliten. Ferner dürfte China GPS-Störsysteme entwickeln. Das Pentagon geht davon aus, dass viele dieser Systeme im Zeitraum 2005 bis 2010 einsatzbereit sind. Auch das bemannte Raumfahrtprogramm Chinas wird aus US-Sicht mit der Streitkräftetransformation der VRC in Verbindung gebracht.
»Information Warfare« (IW) wird ebenfalls ein wichtiges Instrument der asymmetrischen Kriegsführung Chinas gegen überlegene Streitkräfte. Jüngste Übungen schließen das Konzept der IW zwischen den gegnerischen Kommandozentren zum Beginn eines Konflikts ein. Spezielle IW Einheiten sollen feindliche C4I-Einrichtungen, aber auch die ITKomponente kämpfender Verbände (u.a. durch Einschleusen von Viren) angreifen und unterbrechen und gleichzeitig chinesische Systeme schützen.
Während der Feind durch IW Angriffe und Unterbrechung der Satellitenfunktion »geblendet « oder desorganisiert ist, greifen chinesische Streitkräfte physisch an. Im Falle der US-Streitkräfte wären an erster Stelle Flugzeugträgergruppen aber auch landgestützte Schlüsselstellungen – etwa die auf Okinawa liegenden Kasernen, Logistikzentren und Flugbasen – anvisiert. Und laut der vorab erwähnten Militärzeitschrift Junshi Wenzhai geht China davon aus, bereits die amerikanische Luftüberlegenheit im Westpazifik zerstören zu können. Demnach sollen (nach dem Abschuss der Navy AWACS-Maschinen durch weitreichende Flugabwehr und Luft- Luft-Raketen) Jagdbomber, Unterseeboote und Kriegsschiffe koordiniert und simultan aus verschiedenen Richtungen her die Flugzeugträger mit Raketen und Marschflugkörpern angreifen und »in Flammen zurücklassen «.
Thomas Woodrow, langjähriger Beamter der Defense Intelligence Agency und nun freier Mitarbeiter der konservativen Stiftung Jamestown Foundation, beschrieb die Strategie der PLAN Anfang des Jahres so: »Chinas Marine entwickelt ein Taiwanszenario, US-Seestreitkräfte in vorbestimmte Angriffszonen zu locken und sie dann mit einer Palette (von Waffensystemen) anzugreifen. « PLAN-Manöver der letzten zwei Jahre basierten auf Einsatzplänen, die sowohl eine Information Warfare Offensive, koordinierte Luft- und Raketenangriffe auf Taiwan, sowie Schläge gegen eingreifende US-Kriegsschiffe vorsahen, schrieb Woodrow in »China Brief«. So fuhren im Verlauf des 2002-Manövers, an dem sich über 50 Kriegsschiffe und ein Dutzend Jagd-U-Boote beteiligten, chinesische Schiffe und Unterseeboote »in einem präzedenzlosen Transit entlang der Ostküste Taiwans in ein Gebiet des Pazifiks, wo US-Träger im Falle einer Taiwankrise sich aufhalten dürften. Die Niederlage amerikanischer Trägergruppen wäre der Schlüssel zu einem chinesischen Sieg über Taiwan«.
Konfliktpotenzial wächst Die Kompetenz der PLAN-Mannschaften beim Einsatz der neuen Schiffe und Waffen steigt merklich, stellt das Pentagon fest. Die Ausbildungs- und Übungsaktivität der PLAN war 2002 sehr aktiv. Die im November 2002 abgehaltene Jahresendübung der PLAN war sogar die umfangreichste ihrer Art überhaupt. Diese jährlich im Südchinesischen Meer unter Einbindung aller drei chinesischer Flotten stattfindende Übung beansprucht sämtliche Elemente der Marine inklusive Überwasserverbände, Unterseeboote, amphibische Einheiten und Luftstreitkräfte.
Machtprojektionspotenzial, Langstreckenaufklärungs- und Seeüberwachungskapazitäten der PLAN sowie der PLA allgemein nehmen zu. Neue Weltraumsysteme, AWACS-Flugzeuge, Langstrecken-UAV und Over-the-Horizon-Radare werden die Fähigkeit erhöhen, militärische Bewegungen im Westpazifik zu orten, zu überwachen und anzugreifen. Das Pentagon postuliert anhand der chinesischen Luftstreitkräfte inklusive der PLANAF, dass die VRC bis 2010 in der Lage sein wird, die durch die Streitkräftedoktrin vorgesehenen regionalen Einsätze – insbesondere in und um die Taiwanstraße – durchzuführen. Dies bedeutet nicht, dass Peking zögern würde, früher einen Krieg zu beginnen, wenn ihre fundamentalen Interessen bezüglich Taiwan – etwa durch eine Unabhängigkeitserklärung der Inselrepublik – bedroht schienen. Sowohl die zunehmende Demokratisierung Taiwans wie die scheinbar enger werdenden Sicherheitsbeziehungen zwischen Taiwan und den Vereinigten Staaten werden in Peking mit Sorge betrachtet, da sie die Unabhängigkeitsbestrebungen der Inselrepublik stärken könnten. Peking behält sich offen den Einsatz militärischer Mittel gegen Taiwan vor und nennt verschiedene Szenarien, die zu Gewaltanwendung gegen Taiwan führen würden: eine Unabhängigkeitserklärung der Inselrepublik; ausländische Intervention in Taiwans internen Angelegenheiten; Taiwans Erwerb von Kernwaffen; innere Unruhen auf Taiwan. Führende Regierungsvertreter der VRC deuten ferner an, dass ein unbegrenztes Hinauszögern der Wiederaufnahme des Dialogs Peking-Taipei die Gewaltanwendung rechtfertigen würde.
Die Autoren der jüngsten Chinastudie des Pentagons gehen davon aus, dass China bei einer Taiwankrise zwei Ziele hätte: Taiwan (durch die drohende militärische Übermacht) zu Verhandlungen zu Pekinger Bedingungen zu zwingen;
Den Militäreinsatz so zügig durchzuführen, dass Drittparteien mit einem fait accomplis konfrontiert sind. Die Fähigkeit der PLAN, der US Navy unzumutbare Verluste zuzufügen, soll nach der Pekinger Strategie eine amerikanische Intervention von vorneherein abschrecken.
Woodrow zitiert im Januar Generalmajor Huang Bin von der Nationalen Wehruniversität Chinas: »Wenn ein Militärkonflikt in der Taiwanstraße erst einmal stattfindet, dann werden die Vereinigten Staaten sicherlich intervenieren, aber das Ausmaß wird beschränkt bleiben. Die Vereinigten Staaten mögen mehrere Flugzeugträgergruppen entsenden, aber sie werden es (aufgrund der dort lauernden Gefahren) niemals wagen, in die Taiwanstraße einzufahren …Wenn die Träger bedroht sind, werden die Amerikaner fliehen.« Nach Aussagen der Navy-Führung bleibt dies, trotz der steigenden Kampfkraft der PLAN, Wunschdenken. So erklärte Admiral Thomas B. Fargo, Oberbefehlshaber des Teilstreitkraft übergreifenden US-Pazifikkommandos (USPACOM), am 23. Juni vor dem Kongress: »Präsident Bush hat klargemacht … dass unsere nationale Führung und auch das Pazifikkommando bereit und entschlossen sind, unsere Verpflichtungen unter dem Beistandsabkommen für Taiwan zu erfüllen.«
Admiral Fargo bestätigte, dass sein Kommando die steigende Militärmacht Chinas ebenso wie die Entwicklungen um Taiwan intensiv verfolgt und erklärte, dass der sich ändernden Sicherheitslage durch Anpassung der amerikanischen Streitkräftestruktur begegnet wird. Schutz der C4I Infrastruktur genießt ebenso Priorität wie Erhöhung der Mobilität und Flexibilität. PACOM entwickelt neue Einsatzkonzepte. »Entsendungskräfte, im Verbund mit angemessenen Transportkapazitäten und Angriffssystemen, gewährleisten, dass wir mit einer auf die Region zugeschnittenen Einsatzkraft kurzfristig reagieren können. Fortschritte bei der Präzision und der Zerstörungskraft (unserer Waffensysteme) bieten ebenso wie Fortschritte bei den Fähigkeiten unserer Freunde und Verbündeten die Möglichkeit, unsere Streitkräftestruktur und Präsenz weltweit zu optimieren«, erklärte Admiral Fargo weiter. »Wir suchen nach Wegen, unsere Kampfkraft innerhalb der Region zu erhöhen, während wir gleichzeitig die Belastung für unsere Freunde und Alliierten reduzieren. Unser Ziel ist eine anhaltende langfristige Präsenz, die unsere Entschlossenheit demonstriert.«