Allgemein — Satellitenfunk auf U‑Booten – das Ende von Längstwellenkommunikation?

VLF

Neben den Emp­fangsmöglichkeit­en wie Über­wasser­schiffe nutzen die U‑Boote eine Beson­der­heit von Längst­wellen. Schon im Zweit­en Weltkrieg hat sich die U‑Boot-Führung die Erken­nt­nis nutzbar gemacht, dass Längst­wellen (VLF) in das Wass­er ein­drin­gen und zur Infor­ma­tion­süber­mit­tlung an getauchte U‑Boote genutzt wer­den kön­nen. Der von der Fir­ma C. Lorenz ent­wor­fene und mit Röhren der Fir­ma Tele­funken bestück­te Sender Goliath wurde 1943 bei der Stadt Kalbe (Nähe Sten­dal) errichtet. 18 bis zu 203 m hohen Mas­ten tru­gen ein gewaltiges Dachanten­nen­netz, das fast die gesamte Fläche von 270 Hek­tar der Sendean­lage ein­nahm. Die abges­trahlte Leis­tung betrug 900 KW und erre­ichte U‑Boote auf 12 Wasser­tiefe bis vor Kap­stadt und im Indis­chen Ozean. 

Marineforum

Mit im Turm einge­baut­en Emp­fangsan­ten­nen kön­nen U‑Boote Längst­wellen bis zu Wasser­tiefen von 20 Meter emp­fan­gen. Dieses ist eine einzi­gar­tige Möglichkeit der Erre­ich­barkeit der U‑Boote, die sie zwar auch ein­schränken, weil sie ihre bevorzugte Oper­a­tionstiefe ver­lassen müssen. Doch der Vorteil ist, dass kein ver­rä­ter­isches Teil an der Wasser­ober­fläche ist. Die Gefährdung des Bootes ist während des Emp­fanges minimiert. 

Die Reich­weite und die Emp­fangstiefe hän­gen sender­seit­ig von der Fre­quenz und der Sendeleis­tung ab. Emp­fangs­seit­ig ist die Qual­ität der Antenne und des Empfängers auss­chlaggebend. Die amerikanis­che Fir­ma SPAWAR hat mit NCAT eine Fre­quen­zprog­nosesoft­ware, mit deren Hil­fe man Reich­weit­en ein­schätzen kann, wenn alle Vari­ablen bekan­nt sind. 

Marineforum - Rhauderfehn Während offene Quellen wenig über die Emp­fangs­seite Auskun­ft geben, sind Infor­ma­tio­nen über Sender offen zugänglich. Der nor­wegis­che Sender Novik hat mit 16.4 KHz die beste Fre­quenz und neben dem amerikanis­chen Sender Cut­ler, Maine, mit 1.000 KW abges­trahlter Leis­tung ist der deutsche Sender Rhaud­er­fehn im Sater­land mit 670 KW Leis­tung hervorzuheben. 

Die USA, Frankre­ich und Rus­s­land betreiben VLF Sender aus Flugzeu­gen. Trotz des hohen Aufwands ist der Vorteil, dass die Sender näher an den Posi­tio­nen der U‑Boote ste­hen kön­nen und so mit weniger Leis­tung größere Tiefen erreichen. 

Die Nachteile von VLF sollen nicht ver­schwiegen wer­den. Die Band­bre­ite in diesen Fre­quen­zen ist sehr ger­ing und lässt nur eine geringe Datenüber­tra­gungsrate zu. Zurzeit von »Goliath« wurde A1 (Morse) betrieben, später dann F1 (Telegrafie). Die Daten­rate für F1 liegt bei 50 baud, d. h. eine Fern­schreib­seite im ITA 2 code benötigt ca. 3 Minuten Über­tra­gungszeit. Daran hat sich wenig geän­dert. Zwar nutzt die NATO heute das MSK 4 Ver­fahren, in dem vier sep­a­rate 50 baud Infor­ma­tion­sströme im Mul­ti­plexver­fahren zusam­men über­tra­gen wer­den. Eine Nutzung von ein­mal 200 baud ist hier­bei zur Zeit nicht möglich. 

Neue Über­tra­gungsver­fahren wer­den abse­hbar zu ein­er höheren Daten­rate oder auch ein­er größeren Reich­weite führen. Doch die Physik lässt sich nicht überlis­ten, die Band­bre­ite bei diesen Fre­quen­zen bleibt begren­zt. Ein Erre­ichen von Über­tra­gungsrat­en, die mit denen von höheren Fre­quen­zen konkur­ri­eren kön­nen, bleibt aus­geschlossen. Auch muss beachtet wer­den, dass eine Erhöhung der Gesamt­daten­rate nicht zulas­ten der Nutz­daten­rate gehen darf. (Bessere Les­barkeit durch einen größeren Zeichen­vor­rat, Struk­turierung des Textes und Kor­rek­turmech­a­nis­men erzeu­gen »Over­head-Infor­ma­tio­nen«, die die zu über­tra­gene Infor­ma­tion­s­menge erhöht, ohne die Nutz­daten­rate, den eigentlichen Inhalt, zu verbessern). 

Natür­lich drin­gen noch niedrigere Fre­quen­zen tiefer ins Wass­er ein und reichen weltweit. Doch es sind riesige Anla­gen erforder­lich und die Datenüber­tra­gungsrate reicht nur für wenige Zeichen. Die Sow­je­tu­nion und die USA haben diese Anla­gen betrieben, um die Nuk­lear­waf­fen tra­gen­den U‑Boote zu erre­ichen. Die USA haben ihre Anla­gen still­gelegt (die Umweltschützer danken es ihnen) und auch von den nun­mehr rus­sis­chen Anla­gen sind keine Ausstrahlun­gen mehr gemeldet worden. 

Der Voll­ständigkeit hal­ber muss gesagt wer­den, dass im elek­tro­mag­netis­chen Spek­trum auch die Fre­quenz des blau­grü­nen Lasers in das Wass­er ein­dringt. Diese Fre­quenz lässt sehr hohe Datenüber­tra­gungsrat­en zu. In der Prax­is lässt sich das nur aufwendig nutzen, da der Laser­strahl von einem Satel­liten zu ein­er rel­a­tiv unge­nauen Posi­tion eines getaucht­en U‑Bootes gelenkt wer­den muss. Die Lit­er­atur erwäh­nt im Jahr 1995 Ver­suche der USA. Weit­ere Ergeb­nisse sind nicht nachweisbar. 

Team GlobDef

Seit 2001 ist GlobalDefence.net im Internet unterwegs, um mit eigenen Analysen, interessanten Kooperationen und umfassenden Informationen für einen spannenden Überblick der Weltlage zu sorgen. GlobalDefence.net war dabei die erste deutschsprachige Internetseite, die mit dem Schwerpunkt Sicherheitspolitik außerhalb von Hochschulen oder Instituten aufgetreten ist.

Alle Beiträge ansehen von Team GlobDef →